TE Vwgh Beschluss 2007/2/28 AW 2007/17/0006

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Veröffentlicht am 28.02.2007
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Index

L37163 Kanalabgabe Niederösterreich;
L82303 Abwasser Kanalisation Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art119a Abs5;
KanalG NÖ 1977;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §42 Abs3;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Stadtgemeinde W, vertreten durch K Rechtsanwälte GmbH, der gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. Jänner 2007, Zl. IVW3-BE-3222001/012-2006, betreffend Kanalbenützungsgebühr (mitbeteiligte Parteien: 1. A und 2. R), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1. Die antragstellende Gemeinde bekämpft mit der zur hg. Zl. 2007/17/0037 protokollierten Beschwerde die Aufhebung der Entscheidung des Gemeindevorstandes der beschwerdeführenden Partei über die Berufung der mitbeteiligten Parteien gegen die Abweisung eines Antrags auf Herabsetzung der Kanalbenützungsgebühr nach dem NÖ Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230, durch die belangte Behörde als Vorstellungsbehörde.

2. Mit der Beschwerde ist der Antrag verbunden, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wird unter Hinweis auf zwei Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass der Vorstellungsbescheid trotz seines kassatorischen Charakters einem Vollzug zugänglich sei und auf Grund seiner Bindungswirkung der Gemeindevorstand dazu verpflichtet sei, "gegenüber den Mitbeteiligten einen - möglicherweise nicht mehr aus dem Rechtsbestand zu beseitigenden -

Bescheid zu erlassen, in dem diesen eine niedrigere Kanalbenützungsgebühr vorgeschrieben" werde. Der Bewilligung stünden auch keine öffentlichen Interessen entgegen und die Güterabwägung schlage aus verfassungsrechtlichen Erwägungen zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei aus, zumal die Gefahr, dass tatsächlich ein irreversibler Zustand geschaffen werde, ein größerer Nachteil sei als derjenige, der den Mitbeteiligten dadurch entstehe, dass der Bescheid über die Herabsetzung der Kanalbenützungsgebühr später erlassen werde.

3. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Antragstellers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Der Antragsteller hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. 10.381 A/1981).

4. Der von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführte Nachteil liegt nicht vor. Abgesehen davon, dass die im Antrag erwähnten Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 2004, Zl. AW 2003/06/0055, und vom 3. Mai 2006, Zl. AW 2006/05/0026, baurechtliche Sachverhalte betrafen, ist auf § 42 Abs. 3 VwGG zu verweisen, dem zu Folge die Rechtssache durch die Aufhebung eines Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof wieder in die Lage zurücktritt, "in der sie sich vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte". Diese Rückwirkung der Aufhebung hat nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Folge, dass einerseits zwischenzeitig erlassene Bescheide in derselben Rechtssache gegebenenfalls außer Kraft treten, wenn der angefochtene Bescheid durch den Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wird, und andererseits nach dem angefochtenen Bescheid erlassenen Rechtsakten, die auf der Grundlage des angefochtenen Bescheides (aber in einem anderen Verfahren) ergangen sind, rückwirkend die Rechtsgrundlage entzogen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni  1994, Zl. 91/06/0174, mwN und zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2005, Zl. 2002/17/0179, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 7908/1976, zu dem der vorliegenden Rechtssache entsprechenden Sachverhalt der Aufhebung eines aufhebenden Vorstellungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof bei zwischenzeitig ergangenem Berufungsbescheid auf Grund des aufgehobenen Vorstellungsbescheides, sowie Grabenwarter, Verfahrensgarantien in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, 399 ff, und Stöger, Verwaltungsgerichtliche Kassation und aufbauende Bescheide, 2002, passim). Da in der vorliegenden Abgabensache ein im fortgesetzten Verfahren allenfalls erlassener Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der beschwerdeführenden Partei in derselben Sache erginge, käme er im Falle des Erfolgs der Beschwerde nach der zitierten Rechtsprechung auf Grund der Rückwirkung des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses in Wegfall; die belangte Behörde hätte im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides in Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes neuerlich über die Vorstellung der mitbeteiligten Parteien zu entscheiden, ohne dass auf einen möglicherweise zwischenzeitig ergangenen Berufungsbescheid (der mit der Aufhebung des ersten Vorstellungsbescheides aus dem Rechtsbestand ausscheidet) Rücksicht zu nehmen wäre.

Die Gefahr des Eintritts einer irreversiblen Rechtslage für den Fall der Erlassung des Ersatzbescheides vor dem Ergehen des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses ist daher nicht gegeben.

Auf die Frage, ob sich aus dem von der beschwerdeführenden Partei auf der Grundlage der vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht befürchteten Einnahmenausfall ein unverhältnismäßiger Nachteil ergäbe, braucht daher nicht mehr eingegangen werden.

5. Aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.

Wien, am 28. Februar 2007

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Finanzrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:AW2007170006.A00

Im RIS seit

04.05.2007

Zuletzt aktualisiert am

29.04.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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