TE Vwgh Erkenntnis 2007/3/29 2004/16/0185

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Veröffentlicht am 29.03.2007
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Index

32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;
32/08 Sonstiges Steuerrecht;

Norm

GebG 1957 §21;
UmgrStG 1991 §42;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2004/16/0186 2004/16/0187

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der H GmbH in H, vertreten durch Mag. Werner Tschapeller, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 43, gegen die Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien (Senat 20), jeweils vom 11. August 2004, Zlen. RV/2707-W/02, RV/2708-W/02 und RV/2709-W/02, jeweils betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die H GmbH schloss am 24. Februar 1984 und am 30. Dezember 1985 mit der L GmbH zwei Leasingverträge betreffend näher bezeichnete Liegenschaften und am 21. September 1990 mit der C GmbH einen Leasingvertrag über eine näher bezeichnete Liegenschaft ab.

Mit Einbringungsvertrag vom 24. September 1996 wurde die H GmbH nach Art. III UmgrStG auf den Einbringungsstichtag 31. Dezember 1995 in die beschwerdeführende Gesellschaft eingebracht.

In zwei Vereinbarungen der beschwerdeführenden Gesellschaft mit der L GmbH und einer Vereinbarung mit der C GmbH, jeweils vom 3. August 1999, wurde jeweils unter Punkt I Präambel übereinstimmend ausgeführt:

"Die Leasinggeberin hat am ... mit der Rechtsvorgängerin der Leasingnehmerin einen Immobilienleasingvertrag betreffend die Liegenschaft EZ ... Grundstück Nr. ... abgeschlossen, welcher im Folgenden als 'Leasingvertrag' bezeichnet wird. ...

Die Leasinggeberin und die Leasingnehmerin vereinbaren nunmehr einvernehmlich die Änderung der Bestimmungen des Leasingvertrages wie folgt: ..."

Punkt II der Vereinbarungen mit der L GmbH enthalten jeweils eine Verlängerung der Restlaufzeit des Kündigungsverzichts der Leasingnehmerin von 1 Monat bzw. 7 Monate um weitere 91 bzw. 134 Monate und die Verpflichtung der Leasinggeberin, der Leasingnehmerin die von dieser bereits angesparten, ziffernmäßig bestimmten Kautionen nach Unterfertigung dieser Vereinbarung auszuzahlen.

Alle drei Vereinbarungen enthalten weiters in diesem Punkt jeweils u.a. "auf Wunsch der Leasingnehmerin" eine Verpflichtung der Leasinggeberin, die Refinanzierung der Leasingverträge in der Währung Schweizer Franken vorzunehmen. Das Leasingentgelt wurde jeweils unter der hilfsweisen Annahme eines bestimmten Devisengeldkurses in Beträgen in Schweizer Franken festgesetzt.

In Punkt III enthalten die drei Vereinbarungen weiters die Bestimmung, dass der jeweilige (der Vereinbarung zu Grunde liegende) Leasingvertrag (samt allfälligen Nebenvereinbarungen) als ergänzt gelte und die Zusatzvereinbarung einen integrierenden Bestandteil desselben, der im Übrigen vollinhaltlich aufrecht bleibe, bilde.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern schrieb der beschwerdeführenden Gesellschaft für diese Rechtsgeschäfte mit drei Bescheiden jeweils vom 25. Jänner 2000 vorläufig Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG vor.

In den dagegen erhobenen Berufungen brachte die beschwerdeführende Gesellschaft vor, die Neuausfertigung der Bestandverträge sei "lediglich dadurch erforderlich" gewesen, "weil eine Umfinanzierung auf Basis Schweizer Franken vorgenommen wurde, um unserem Unternehmen im Hinblick auf die geringeren Refinanzierungskosten einen Zinsvorteil zu verschaffen". Die Verträge seien somit bereits einmal der Vergebührung unterzogen worden, wobei derselbe Rechtsgrund zu Grunde liege.

Mit Berufungsvorentscheidungen jeweils vom 8. Oktober 2001 wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.

In ihren Vorlageanträgen brachte die beschwerdeführende Gesellschaft jeweils vor, § 42 UmgrStG sehe für Vertragsübernahmen eine Befreiung von den Rechtsgebühren vor. Es sei nicht sachgerecht und im Umgründungssteuergesetz ebenso wenig wie im Gebührengesetz vorgesehen, bei einem zeitlich nach der Einbringung erfolgenden Zusatz oder Nachtrag zu einem Vertrag, der nichts an den beurkundeten Rechten oder Verbindlichkeiten ändere, mangelnde Parteienidentität als Grundlage für eine Gebührenvorschreibung heranzuziehen. Damit werde der Zielsetzung des § 42 UmgrStG nicht entsprochen.

Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde übereinstimmend aus, strittig sei in den Beschwerdefällen, ob in den Vereinbarungen jeweils vom 3. August 1999 neue Mietverträge zu sehen seien oder ob auf Grund einer Vertragsübernahme infolge Einbringung nach Art. III UmgrStG Nachträge zu den ursprünglichen Leasingverträgen (aus 1984 bzw. 1985 und 1990) vorlägen.

Von einem Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits voll ausgefertigten Urkunde iSd § 21 GebG könne nur dann gesprochen werden, wenn die Parteien des Zusatzes oder Nachtrages dieselben seien wie die, welche in der ursprünglichen Urkunde als Parteien des Rechtsgeschäftes ausgewiesen worden seien. Diese Voraussetzungen lägen im Beschwerdefall nicht vor, weil, wie in der Präambel zur jeweiligen Vereinbarung ausgeführt, die Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Gesellschaft die ursprünglichen Leasingverträge mit der jeweiligen Leasinggeberin 1984 bzw. 1985 und 1990 abgeschlossen habe. In der Folge sei mit Einbringungsvertrag vom 24. September 1996 der Betrieb der Rechtsvorgängerin nach Art. III UmgrStG eingebracht worden. Der Vermögensübergang sei somit im Wege einer Einzelrechtsnachfolge erfolgt. Trete nun in einen bestehenden Bestandvertrag ein anderer Bestandnehmer ein, so komme ein neuer Bestandvertrag zu Stande. Ebenso müsse auch eine vom Einzelrechtsnachfolger der Leasingnehmerin mit der Leasinggeberin abgeschlossene nachträgliche Vereinbarung als Neuabschluss des Vertrages angesehen werden. Zum Einwand, dass gemäß § 42 UmgrStG Rechtsgeschäfte, mit denen anlässlich eines gebühren- oder kapitalverkehrsteuerbegünstigten Vorganges nach Art. III bis VI UmgrStG eine Vertragsstellung übertragen werde (Vertragsübernahme) von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit seien, sei Folgendes zu sagen:

"Anlässlich" bedeute, dass die Umgründungsmaßnahme das auslösende Glied in der ablaufenden Kausalkette bilde. Damit die Befreiung zur Anwendung komme, müsse einerseits ein kausaler Zusammenhang mit der entsprechenden Umgründungsmaßnahme gegeben seien. Andererseits müsse es sich um einen gebühren- oder kapitalverkehrsteuerbegünstigten Vorgang handeln, weshalb für die Gebührenfreiheit von Vertragsübernahmen die Zweijahresfrist Voraussetzung sei. Hinsichtlich der Frage einer zeitlichen Begrenzung sei zu sagen, dass ein kausaler und in gewisser Weise auch zeitlicher Zusammenhang mit dem Vorgang zur Bedingung gemacht werde. Enthalte die Urkunde über das mit dem Rechtsnachfolger abgeschlossene neue Rechtsgeschäft eine Änderung oder bereits eine Verlängerung des ursprünglichen Rechtsgeschäftes, so sei nach § 21 GebG vorzugehen. Diese Aussage sei bereits durch die Anordnung der Gebührenfreiheit sowohl im Gesetzestext des § 13 Abs. 5 StruktVG als auch in der Nachfolgebestimmung des § 42 UmgrStG bedingt. Der Abschluss eines neuen Vertrages und dann erst der Abschluss eines Zusatzes/Nachtrages werde nicht gefordert, sodass der Teil, der die Änderung oder Verlängerung darstelle, bereits als Zusatz angesehen werden müsse. Eine zeitliche Limitierung für den Abschluss des Rechtsgeschäftes sei nicht vorgesehen. Es sei daher davon auszugehen, dass auch eine einige Zeit nach der Umgründung durchgeführte Beurkundung einer Vertragsübernahme nach § 42 UmgrStG gebührenfrei sei, wenn die kausale Verknüpfung mit der Umgründung gegeben sei. In den Beschwerdefällen seien neue Verträge (Vertragsübernahmen) weder zur Zeit der Einbringung 1996 noch in den verfahrensgegenständlichen Vereinbarungen vom 3. August 1999 abgeschlossen worden. Allein aus dem Umstand, dass drei Jahre nach der Einbringung ein Nachtrag wegen einer Umfinanzierung auf Basis Schweizer Franken erforderlich gewesen sei, könne auf einen kausalen Zusammenhang mit der Einbringung nicht geschlossen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter einer Vertragsübernahme wird ein rechtsgeschäftlicher Vorgang verstanden, im Zuge dessen unter Zustimmung aller Beteiligten eine gesamte Vertragsstellung mit allen Rechten und Pflichten von einem Vertragspartner auf einen neuen Partner übertragen wird, mit welchem das Schuldverhältnis in seiner Gesamtheit fortgesetzt wird, ohne dass sich an der Identität des betreffenden Vertrages etwas ändert. Gebührenrechtlich ist die Vertragsübernahme dem Abschluss eines neuen Rechtsgeschäftes gleichzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 2004, Zl. 2004/16/0075).

Nach § 42 UmgrStG sind Rechtsgeschäfte, mit denen anlässlich eines gebühren- oder kapitalverkehrsteuerbegünstigten Vorganges nach Art. III bis VI des ersten Hauptstückes eine Vertragsstellung übertragen wird (Vertragsübernahme) von den Stempel- und Rechtsgebühren befreit.

Zur Beurteilung der Anwendbarkeit der Gebührenbefreiung nach § 42 UmgrStG stellt sich somit zunächst die Frage nach dem Anlass der Errichtung der zu beurteilenden Urkunde.

Gemäß § 17 Abs. 1 erster Satz GebG ist für die Festsetzung der Gebühr der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Gemäß Abs. 2 leg. cit. wird, wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühr bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Die belangte Behörde hat die Steuerbefreiung nach § 42 UmgrStG im Wesentlichen mit der Begründung versagt, dass die Vereinbarungen vom 3. August 1999 keinen kausalen Zusammenhang mit der Einbringung der Rechtsvorgängerin in die beschwerdeführende Gesellschaft aufwiesen, sondern der Umstellung der Refinanzierung auf Schweizer Franken dienen sollten.

Dieser Beurteilung durch die belangte Behörde tritt die beschwerdeführende Gesellschaft nicht entgegen.

Auch dem Inhalt der Vereinbarungen vom 3. August 1999 ist eine Verbindung mit dem Einbringungsvorgang im Jahre 1996 nicht zu entnehmen. Vielmehr wird bereits in der Präambel zum Ausdruck gebracht, dass damit lediglich Änderungen gegenüber den Leasingverträgen aus den Jahren 1984, 1985 und 1990 vereinbart werden sollten.

Damit kann es aber schon aus diesem Grunde nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn die belangte Behörde die Einbringung der Rechtsvorgängerin in die beschwerdeführende Gesellschaft nicht als kausal für die Vertragsabschlüsse vom 3. August 1999 und daher die Befreiungsbestimmung des § 42 UmgrStG nicht als anwendbar erachtet hat.

Das Beschwerdevorbringen, dass durch eine solche Auslegung des § 42 UmgrStG das Ziel, Umgründungen von Gebührenlasten freizustellen "konterkarriert" würde, geht schon deswegen ins Leere, weil im Beschwerdefall zu Recht kein Kausalzusammenhang mit Umgründungen festgestellt wurde.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. März 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004160185.X00

Im RIS seit

11.05.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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