TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/19 2006/15/0345

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.04.2007
beobachten
merken

Index

L34006 Abgabenordnung Steiermark;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
LAO Stmk 1963 §153 Abs2;
LAO Stmk 1963 §153;
LAO Stmk 1963 §232 Abs2;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kinsky, über die Beschwerde des Mag. H S in Graz, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P GmbH in W, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8, gegen den Gemeinderat der Marktgemeinde W wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Festsetzung von Kommunalsteuer), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Antrag des Beschwerdeführers vom 14. Juni 2004 wird zurückgewiesen.

Die Marktgemeinde W hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P-GmbH.

In der am 22. November 2006 gemäß Art 132 B-VG iVm § 27 VwGG an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Säumnisbeschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, die Gemeinde W habe am 28. Mai 2004 einen Rückstandsausweis gegen die P-GmbH erlassen. Der Beschwerdeführer habe daraufhin am 14. Juni 2004 bei der Bürgermeisterin der Gemeinde W einen Antrag auf Erlassung eines Bescheides betreffend (Festsetzung von) Kommunalsteuer der P-GmbH für die Jahre 1997 bis 2003 gestellt. Er habe den Antrag damit begründet, "dass jedermann das Recht hat, behördliche Entscheidungen ordnungsgemäß zu überprüfen und dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgehalten hat, dass über Antrag eines Bescheidadressaten ein Rückstandsausweis aufzuheben und ein ordnungsgemäßer Bescheid auszufertigen ist." Der Beschwerdeführer habe auch darauf verwiesen, dass per 29. April 2004 Adressat eines Rückstandsausweises nicht mehr die P-GmbH sein könne, sondern er als Masseverwalter der Adressat sein müsste.

Die Bürgermeisterin der Gemeinde W habe über den Antrag des Beschwerdeführers nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden. Der Beschwerdeführer habe daraufhin am 2. Februar 2006 einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde (Gemeinderat) gestellt. Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 habe die Bürgermeisterin der Gemeinde W mitgeteilt, dass der Rückstandsausweis Kommunalsteuer 1997 bis 2003 betreffe und die Höhe der Abgaben, bei denen es sich um selbst zu bemessende Abgaben handle, durch Abgabenerklärungen der P-GmbH festgesetzt worden seien. Gemäß § 153 Abs 1 der Steiermärkischen LAO gelte nämlich eine Abgabe durch Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung als festgesetzt, wobei die Ausstellung eines Bescheides nicht erforderlich sei.

Die belangte Behörde sei in der Folge untätig geblieben.

In der Säumnisbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer, dass der Verwaltungsgerichtshof den beantragten Bescheid betreffend Kommunalsteuer der P-GmbH 1997 bis 2003 erlasse.

Die belangte Behörde hat es nicht nur unterlassen den versäumten Bescheid nachzuholen, sondern sie hat es auch unterlassen, die Verwaltungsakten vorzulegen, obwohl sie in der mit der hg Verfügung vom 21. Dezember 2006 erfolgten Einleitung des Vorverfahrens auf die Säumnisfolgen des § 38 Abs 2 VwGG hingewiesen worden ist. Solcherart erkennt der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers.

Auf Grund der - zulässigen - Säumnisbeschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs 4 zweiter Satz VwGG in der Sache selbst erwogen:

§ 153 der Steiermärkischen LAO lautet:

"(1) Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstbemessung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, gilt die Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung festgesetzt.

(2) Die Abgabenbehörde hat die Abgabe mit Bescheid festzusetzen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstbemessung als unrichtig erweist. Von der bescheidmäßigen Festsetzung ist abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Mängel behebt.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstbemessung und Einreichung der Erklärung einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. An die Stelle eines Abgabenbescheides tritt ein Haftungsbescheid (§ 172)."

Die Abgabenbehörde ist verpflichtet, die zugelassene Selbstbemessung durch den Steuerpflichtigen zu überprüfen und - soweit sie es wegen deren Unrichtigkeit nicht bei der Selbstbemessung bewenden lassen kann - die Abgabe gemäß § 153 Abs 2 der Steiermärkischen LAO durch Bescheid richtig festzusetzen. Auf einen solchen Bescheid hat der Abgabepflichtige einen Anspruch, wenn über die Richtigkeit der Selbstbemessung Meinungsverschiedenheit besteht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. November 2004, 2000/15/0148, und vom 10. September 1998, 96/15/0053).

In der Beschwerde wird nicht behauptet, dass der Beschwerdeführer der Bürgermeisterin der Gemeinde W bzw der belangten Behörde gegenüber zum Ausdruck gebracht habe, dass über die Richtigkeit der Selbstbemessung der Kommunalsteuer Streit bestehe. Ein solches Vorbringen erstattet der Beschwerdeführer auch nicht gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof. Mit dem im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen, dass jedermann das Recht habe, behördliche Erledigungen zu überprüfen, wird nicht dargetan, dass der Beschwerdeführer vom Fehlen oder von einer anderen Höhe der Kommunalsteuerpflicht ausgeht. Solcherart hat ein Anspruch auf meritorische Erledigung des Antrages vom 14. Juni 2004, also ein Anspruch auf Festsetzung der Kommunalsteuer nicht bestanden. Die Bürgermeisterin bzw nach Einbringung des Devolutionsantrages gemäß § 232 Abs 2 LAO die belangte Behörde (§ 93 Abs 2 der Steiermärkischen Gemeindeordnung) wäre aber verpflichtet gewesen, den Antrag durch eine bescheidmäßige Zurückweisung einer Erledigung zuzuführen.

Die Zurückweisung des Antrages wird nunmehr durch den auf Grund der Säumnisbeschwerde zuständig gewordenen Verwaltungsgerichthof ausgesprochen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, 934, 1223/73, VwSlg 9458 A/1973, ausgesprochen hat, ist ein Antragsteller, der als Partei im Verwaltungsverfahren berechtigt war, die Entscheidungspflicht der belangten Behörde geltend zu machen, gemäß Art 132 B-VG zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde auch dann berechtigt, wenn die Entscheidung nach der Rechtslage nur in einer Zurückweisung bestehen kann.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff, insbesondere § 55 VwGG iVm der Verordnung BGBl II 333/2003.

Wien, am 19. April 2007

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Allgemein Kassatorische Entscheidung Formalentscheidung Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006150345.X00

Im RIS seit

08.05.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten