TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/23 2003/10/0234

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Veröffentlicht am 23.04.2007
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
70/05 Schulpflicht;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
SchPflG 1985 §8 Abs1 idF 1993/513;
SchPflG 1985 §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der GB in S, vertreten durch Mag. Dr. Marlies Folger, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Hauptplatz 20, gegen den Bescheid des Landesschulrates für Steiermark vom 10. März 2003, Zl. VIII Be 4/4- 2003, betreffend sonderpädagogischen Förderbedarf, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Antrag vom 7. Dezember 2001 stellte die Beschwerdeführerin an den Bezirksschulrat Fürstenfeld den Antrag auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs für ihren Sohn. Mit Bescheid vom 4. Juli 2002 lehnte der Bezirksschulrat Fürstenfeld die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs ab.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass auf Grund des in erster Instanz eingeholten sonderpädagogischen Gutachtens und eines schulpsychologischen Gutachtens sowie auf Grund der Berichte der Volksschule, die der Sohn der Beschwerdeführerin besuchte, feststehe, dass er ein hyperaktives Kind sei, das am Vormittag regelmäßig Ritalin einnehme. Dadurch könne er auch ohne sonderpädagogische Förderung dem Unterricht folgen und habe die Lehrziele der ersten Klasse erfüllt. Bei der schulpsychologischen Testung habe der Schüler bereitwillig, kooperativ und absolut konzentriert mitgearbeitet. Auffälligkeiten im Sinne negativer Verhaltensweisen hätten nicht beobachtet werden können. Bei einer Untersuchung im März 2002 sei der HAWIK-R-Test durchgeführt worden. Der Schüler könne einen altersadäquaten Durchschnittswert erreichen, sein Begabungsniveau sei somit als altersentsprechend durchschnittlich zu beurteilen. In den sprachlichen Leistungen wie Wortschatzumfang, allgemeines Verständnis für soziale Situationen, abstrahierendes Denken, im akustischen Gedächtnis und im rechnerischen Denken erreiche er Durchschnittswerte. Lediglich in zwei Untertests hätten schwache Leistungen beobachtet werden können: in der visuomotorischen Koordination und der visuellen Beobachtungsfähigkeit. Seine Leistungen habe der Schüler allein aus sich heraus, ohne Nachhilfe, ohne Erschöpfung und ohne kommunikative Auffälligkeiten erbracht. Seine Zeichnungen zeichneten sich durch originelle Elemente aus. Eine projektive Deutung derselben stehe im vorliegenden Kontext nicht zur Debatte. Seine Schwierigkeiten in der Feinmotorik und Beobachtungsfähigkeit seien also auch im objektiven Intelligenztest feststellbar. Hier bedürfe es besonderer Übung und Rücksichtnahme.

Zusammenfassend sei festzustellen, dass der Schüler zum Entscheidungszeitpunkt als ein durchschnittlich intelligentes und auch in seinem Verhalten dem Durchschnitt entsprechendes Kind zu beurteilen sei. Er habe in der Volksschule N und mit seiner Klassenlehrerin die persönliche Zuwendung und liebevolle Betreuung, die er brauche. Zum Zeitpunkt des sonderpädagogischen Gutachtens habe der Schüler die Lehrplanerfordernisse der ersten Schulstufe erfüllt, bei der Endbesprechung im März 2002 sei auch von Seiten der Schulpsychologie auf Grund des schulpsychologischen Gutachtens zwar in einzelnen Subtests unterschiedliche Leistungsfähigkeit diagnostiziert, insgesamt aber eine eher durchschnittliche Leistungsfähigkeit festgestellt worden.

Mit den Anforderungen des Stoffes der zweiten Schulstufe habe sich das Verhalten des Schülers (Wutausbrüche) entsprechend verändert. Bei Einzel- oder Kleingruppenbetreuung träten beim Schüler weit weniger Probleme auf und er sei in der Lage, zufriedenstellende schulische Leistungen zu erbringen. Die Schulleitung könne sich eine Hilfestellung für einige Unterrichtsstunden in Form einer Stützlehrerin vorstellen. Der Schüler erledige Arbeitsaufträge vor allem in den ersten Unterrichtsstunden ohne tiefgreifende Probleme, sofern sie einfach zu bewältigen seien. Er brauche sehr oft die Einzelzuwendung bzw. einen Helfer, z.B. beim Erarbeiten eines neuen Lehrstoffes, bei intensiver Übungsphase, um eine Arbeit durchzuhalten und zu beenden, beim Wörter-Auswendig-Schreiben oder beim Herrichten und Wegräumen von Schulsachen. Müsse er diese Tätigkeiten im Klassenverband ohne Helferin bewältigen, komme es dazu, dass er sein Arbeitsmaterial vom Tisch werfe und jede weitere Arbeit verweigere. Der Schüler reagiere positiv auf gutes Zureden bei Einzelzuwendung. Dann gebe er sich sehr vernünftig und durchaus interessiert daran, Arbeitsaufträge bestmöglich zu erledigen und mit entsprechender Lehrerhilfe gelinge ihm dies auch. Infolge dessen blieben auch andere Probleme, z.B. mit seinen Mitschülern und Mitschülerinnen, aus. Eine zusätzliche Lehrperson wäre für ihn sehr von Vorteil.

Nach Aufzählung der weiteren, von den Erziehungsberechtigten vorgelegten Gutachten wird im Ergebnis festgehalten, dass für den Schüler eine Unterstützung durch einen zusätzlichen Lehrer bzw. eine zusätzliche Lehrerin wünschenswert wäre. Diese medizinischen Gutachten seien allerdings für die schulische Situation insofern nicht relevant, als entgegen der Ansicht der gutachtenden Ärzte sich dieses Verhalten des Schülers nicht negativ auf die schulischen Leistungen auswirke. Er sei vielmehr in allen Gegenständen positiv zu beurteilen.

In rechtlicher Hinsicht sei festzuhalten, dass gemäß § 8 Abs. 1 des Schulpflichtgesetzes 1985 der Bezirksschulrat u.a. auf Antrag der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes den sonderpädagogischen Förderbedarf festzustellen habe, sofern das Kind infolge physischer oder psychischer Behinderung dem Unterricht in der Volks- oder Hauptschule oder polytechnischen Schule ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermöge, aber dennoch schulfähig sei. Es ergebe sich somit, dass ein sonderpädagogischer Förderbedarf nur ausgesprochen werden könne, wenn das Kind einerseits eine physische oder psychische Behinderung aufweise und andererseits diese Behinderung zur Folge habe, dass das Kind dem Unterricht nicht folgen könne, sofern ihm nicht eine sonderpädagogische Förderung gewährt werde. Sofern das Kind in der Lage sei, dem Unterricht auch ohne sonderpädagogische Förderung zu folgen, sei die Zuerkennung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs gesetzlich nicht gedeckt.

Im Beschwerdefall habe sich eindeutig ergeben, dass der Schüler in allen Gegenständen positiv zu beurteilen sei. In der konkreten Klassensituation mit 14 Schülern der Klasse könne sich die Klassenlehrerin allen Kindern, auch dem Sohn der Beschwerdeführerin, gezielt und individuell widmen. Wenn auch der Einsatz eines weiteren Lehrers bzw. einer weiteren Lehrerin in der Klasse wünschenswert sein möge, wie dies in der Stellungnahme des Schulleiters und der Klassenlehrerin im Verfahren zum Ausdruck gebracht worden sei, so könne dennoch nicht die Rede davon sein, dass ohne sonderpädagogische Förderung der Schüler dem Unterricht nicht zu folgen vermöge. Es könne daher den Gutachten des sonderpädagogischen Sachverständigen bzw. der schulpsychologischen Sachverständigen gefolgt werden, denen zufolge die Notwendigkeit eines sonderpädagogischen Förderbedarfs zum Entscheidungszeitpunkt nicht gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 8 des Bundesgesetzes über die Schulpflicht (Schulpflichtgesetz 1985), BGBl. Nr. 76/1985 in der Fassung BGBl. Nr. 513/1993, lautet:

"§ 8. (1) Der Bezirksschulrat hat den sonderpädagogischen Förderbedarf für ein Kind auf Antrag der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes, auf Antrag des Leiters der Schule, dem das Kind zur Aufnahme vorgestellt worden ist oder dessen Schule es besucht, oder sonst von Amts wegen festzustellen, sofern dieses infolge physischer oder psychischer Behinderung dem Unterricht in der Volks- oder Hauptschule oder im Polytechnischen Lehrgang ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermag, aber dennoch schulfähig ist. Zuständig zur Entscheidung ist der Bezirksschulrat, in dessen Bereich das Kind seinen Wohnsitz hat; wenn das Kind bereits eine Schule besucht, ist der Bezirksschulrat, in dessen Bereich die Schule gelegen ist, zuständig. Der Bezirksschulrat hat zur Feststellung, ob ein sonderpädagogischer Förderbedarf besteht, ein sonderpädagogisches Gutachten sowie erforderlichenfalls ein schul- oder amtsärztliches Gutachten und mit Zustimmung der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes ein schulpsychologisches Gutachten einzuholen. Ferner können Eltern oder sonstige Erziehungsberechtigte im Rahmen des Verfahrens Gutachten von Personen, welche das Kind bisher pädagogisch, therapeutisch oder ärztlich betreut haben, vorlegen. Auf Antrag der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten ist eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Der Bezirksschulrat hat die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten auf die Möglichkeit der genannten Antragstellungen hinzuweisen.

(2) Im Rahmen der Verfahren gemäß Abs. 1 kann auf Verlangen oder mit Zustimmung der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten das Kind, sofern es die Volksschule oder die Hauptschule noch nicht besucht, für höchstens fünf Monate in die Volksschule oder die Hauptschule oder eine Sonderschule der beantragten Art, sofern es die Volksschule oder die Hauptschule bereits besucht, in eine Sonderschule der beantragten Art zur Beobachtung aufgenommen werden."

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird in der Beschwerde ausgeführt, dass die Intention des Gesetzes bei der Regelung des sonderpädagogischen Förderbedarfs wohl darin zu sehen sei, einen Schüler vor einer negativen Beurteilung zu bewahren und ihm die Teilnahme am Schulunterricht sowie die Absolvierung der Pflichtschule und den Erhalt einer Schulausbildung zu ermöglichen. Es könne in keinster Weise der Intention des Gesetzes entsprechen, dass der Schüler, welcher nachweislich an einer Behinderung leide, eine negative Beurteilung und somit eine Wiederholung der Schulstufe in Kauf nehmen müsse, ehe zu seinen Gunsten ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt werde. Soweit die belangte Behörde davon ausgehe, dass Voraussetzung für die Zuerkennung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs neben der Behinderung auch eine ungenügende Schulleistung sei, könne darin keine gesetzmäßige Interpretation der gesetzlichen Bestimmung liegen.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dargetan. Nach den EB zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl. Nr. 513/1993, durch welche § 8 Schulpflichtgesetz 1985 seine im Beschwerdefall maßgebliche Fassung erhalten hat, 1045 BlgNR 18. GP, war es primäres Ziel dieser Novelle, die Integration vorher als sonderschulbedürftig geltender Schüler zu erreichen. Durch die Verwendung der gleichen Formulierung wie in § 8 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 vor der Novelle 1993 sollte klargestellt werden, dass es nicht zu einer Ausweitung des Kreises der als behindert einzustufenden Kinder kommen sollte. Die Tatbestandsvoraussetzung, dass der Schüler infolge physischer oder psychischer Behinderung dem Unterricht nicht zu folgen vermöge, blieb gegenüber der früheren Fassung des Gesetzes (in der dieses Tatbestandsmerkmal Voraussetzung für die Aufnahme in die Sonderschule war) unverändert. Durch die genannte Novelle wurde aber das Verfahren zur Aufnahme in die Sonderschule durch das Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfes ersetzt (§ 8 Abs. 1 in der neuen Fassung). Nach der neuen Fassung des Gesetzes waren Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf berechtigt (§ 8a neue Fassung), die allgemeine Schulpflicht entweder in einer für sie geeigneten Sonderschule oder Sonderschulklasse oder in einer den sonderpädagogischen Förderbedarf erfüllenden Volksschule zu erfüllen.

Die Voraussetzungen zur Feststellung des sonderpädagogischen Bedarfes nach § 8 Abs. 1 neue Fassung des Gesetzes blieben somit gegenüber den früher gegebenen Voraussetzungen für die Aufnahme in die Sonderschule in § 8 Abs. 1 der alten Fassung des Gesetzes unverändert. Insofern ist die Rechtsprechung zu § 8 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 in der Fassung vor BGBl. Nr. 513/1993 auch für die hier anzuwendende Rechtslage maßgebend.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 8 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 in der Fassung vor der Novelle 1993 festgestellt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1992, Zl. 91/10/0154), war Beweisthema des Verwaltungsverfahrens bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für den Sonderschulbesuch nach § 8 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 vorliegen, ob der Schüler infolge physischer oder psychischer Behinderung dem Unterricht in der Volks- oder Hauptschule zu folgen vermag. Dieses Beweisthema blieb nach dem Vorgesagten auch für die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs nach § 8 Abs. 1 Schulpflichtgesetz 1985 in der hier anzuwendenden Fassung maßgeblich.

In Ansehung der Beweiswürdigung ist die verwaltungsgerichtliche Prüfungsbefugnis dahingehend beschränkt, ob die Behörde den Sachverhalt genügend erhoben hat und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind (vgl. neuerlich das genannte Erkenntnis vom 20. Jänner 1992).

Entscheidungswesentlich ist somit im Beschwerdefall, ob die belangte Behörde auf Grund der eingeholten Gutachten davon ausgehen konnte, dass die Voraussetzung, dass der Schüler dem Unterricht in der Volksschule auch ohne sonderpädagogische Förderung zu folgen vermöge, gegeben war. Wenn die belangte Behörde (worauf in der Beschwerde hingewiesen wird) bei der Beantwortung der Frage ergänzend auf den bisherigen Schulerfolg des Schülers hingewiesen hat, so liegt darin für sich allein insofern keine Rechtswidrigkeit, als die belangte Behörde - entgegen der Auffassung der Beschwerde - den Umstand der positiven Benotung auch ohne sonderpädagogische Förderung nicht als zusätzliche gesetzliche Voraussetzung behandelt hat, sondern im Rahmen der Beantwortung der Frage, ob der Schüler dem Unterricht folgen könne, ergänzend zu den verwendeten Gutachten auch das bis dahin festgestellte Faktum der Absolvierung der ersten Schulstufe im Rahmen der Beweiswürdigung herangezogen hat.

Im Zusammenhang mit der Begründung des angefochtenen Bescheides kommt dem Hinweis auf die positive Beurteilung in allen Gegenständen offensichtlich die Funktion einer ergänzenden Bestätigung der Ergebnisse des sonderpädagogischen und des schulpsychologischen Gutachtens zu, sodass die belangte Behörde keinen Grund sah, von den sich aus den genannten Gutachten ergebenden Feststellungen abzuweichen oder neue Gutachten einzuholen.

Soweit in der Beschwerde die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird, weil die von der Beschwerdeführerin im Antrag vom 7. Dezember 2001 beantragte mündliche Verhandlung nicht durchgeführt wurde, ist darauf hinzuweisen, dass die Unterlassung der für das Verfahren erster Instanz vorgesehenen mündlichen Verhandlung als Verfahrensmangel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen könnte, wenn die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels dargetan würde. Im Hinblick auf den Verfahrensgang in zweiter Instanz, in dessen Rahmen der Beschwerdeführerin ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben war, ist jedoch nicht ersichtlich, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde im Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung in erster Instanz oder bei Nachholung der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hätte kommen können.

Wenn in der Beschwerde weiters moniert wird, dass die im Berufungsverfahren eingeholte Stellungnahme zum sonderpädagogischen Gutachten nicht den Anforderungen eines Gutachtens entspricht, so ist darauf zu verweisen, dass die Verwaltungsbehörden berechtigt sind, zu eingeholten Gutachten auch weitere, ergänzende Stellungnahmen einzuholen. Es trifft nicht zu, dass auch derartige ergänzende Stellungnahmen den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Voraussetzungen für ein Sachverständigengutachten zu entsprechen hätten. Der in diesem Zusammenhang enthaltene Hinweis auf § 8a Abs. 2 des Schulpflichtgesetzes 1985 geht insoweit ins Leere, als sich diese Bestimmung mit dem Fall der (positiven) Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs befasst. § 8a Abs. 2 Schulpflichtgesetz 1985 betreffend den von der Beschwerde genannten Inhalt eines Gutachtens gemäß § 8 Abs. 1 ist ausdrücklich auf den Fall beschränkt, "sofern sie (d.s. die Gutachten) für einen sonderpädagogischen Förderbedarf sprechen".

Wenn schließlich unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften die Unterlassung der Würdigung des von der Beschwerdeführerin für ihren Sohn im Verfahren vorgelegten Schulheftes, aus dem Rechtschreibmängel hervorgingen bzw. die auf Grund seiner Aggressionsausbrüche vorgenommenen unmotivierten Kritzeleien ersichtlich gewesen wären, gerügt wird, ist auch dieser Vorwurf nicht geeignet, einen relevanten Verfahrensmangel darzutun. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass gemäß § 8 Abs. 1 des Schulpflichtgesetzes 1985 ausschließlich maßgeblich ist, ob der betreffende Schüler dem Unterricht in der Volksschule zu folgen vermag. Wenn die belangte Behörde das Auftreten der in der Beschwerde genannten "Wutkritzeleien" für diese Rechtsfrage nicht als maßgeblich erachtet und insofern das vorgelegte Beweismittel nicht verwertet hat, kann dem nicht entgegengetreten werden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 23. April 2007

Schlagworte

Anforderung an ein Gutachten Beweismittel Auskünfte Bestätigungen Stellungnahmen Beweismittel Sachverständigenbeweis Beweismittel Sachverständigengutachten Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis Vorliegen eines Gutachtens Stellungnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2003100234.X00

Im RIS seit

13.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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