TE Vwgh Erkenntnis 2007/4/23 2005/10/0110

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.04.2007
beobachten
merken

Index

70/06 Schulunterricht;

Norm

SchUG 1986 §23 Abs6;
SchUG 1986 §71 Abs5;
SchUG LeistungsbeurteilungsV 1974 §22;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der UN in F, vertreten durch Dr. Josef Lagler, Rechtsanwalt in 7132 Frauenkirchen, Franziskanerstraße 62, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 17. Mai 2005, Zl. BMBWK-1.200/0011-III/3/2005, betreffend nichtbestandene Reife- und Diplomprüfung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 17. Mai 2005 wurde in Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landesschulrates für Burgenland vom 1. Februar 2005 ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin die Reife- und Diplomprüfung nicht bestanden habe und dass das Prüfungsgebiet "Mathematik und angewandte Mathematik" bei der ersten Wiederholung richtig mit "Nicht genügend" beurteilt worden sei.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe im Schuljahr 2003/2004 den 5. Jahrgang der Handelsakademie an der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Frauenkirchen besucht. Sie sei im Haupttermin des Schuljahres 2003/2004 zum Antreten zur Reifprüfung berechtigt gewesen und habe in allen Prüfungsgebieten ausgenommen das Prüfungsgebiet "Mathematik und angewandte Mathematik" positive Beurteilungen erhalten. Nachdem die Wiederholung dieses Prüfungsgebietes im Herbsttermin von der Prüfungskommission negativ beurteilt worden sei, habe die Vorsitzende der Prüfungskommission am 14. Oktober 2004 die Entscheidung getroffen, dass die Beschwerdeführerin die Reife- und Diplomprüfung wegen negativer Beurteilung der ersten Wiederholung des Prüfungsgebietes Mathematik und angewandte Mathematik nicht bestanden habe. In ihrer Berufung gegen diese Entscheidung habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, die Gegenstände der Teilprüfung vom 14. Oktober 2004 seien einseitig bestimmt und zu schwierig gewesen. Im Übrigen sei die Entscheidung der Vorsitzenden bereits zu einem Zeitpunkt ausgedruckt worden, zu dem die Beratung und Abstimmung durch die Prüfungskommission noch gar nicht stattgefunden habe.

Mit Verfügung vom 5. November 2004 habe der Landesschulrat für Burgenland die Durchführung einer kommissionellen Prüfung am 12. November 2004 angeordnet. Die Beschwerdeführerin sei zu dieser Prüfung angetreten, habe sie aber nicht bestanden. Nach Einholung eines pädagogischen Gutachtens sei der Beschwerdeführerin Parteiengehör eingeräumt und die Berufung mit Bescheid des Landesschulrates für Burgenland vom 1. Februar 2005 schließlich abgewiesen worden.

Die Beschwerdeführerin habe auch gegen diesen Bescheid Berufung erhoben und vorgebracht, es seien bei der kommissionellen Prüfung die Bestimmungen des § 22 der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) nicht eingehalten worden. Insbesondere habe die Arbeitszeit bei der schriftlichen Teilprüfung nicht 100 Minuten sondern weniger betragen und es habe der zeitliche Abstand zwischen der schriftlichen und der mündlichen Prüfung nur 30 Minuten und nicht wie vorgesehen eine Stunde betragen.

Bei diesem Vorbringen übersehe die Beschwerdeführerin nach Auffassung der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, dass die Bestimmungen der LBVO für die Durchführung einer kommissionellen Prüfung gemäß § 71 Abs. 4 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) nicht anzuwenden seien. Von den Bestimmungen für die Wiederholungsprüfung seien bei einer kommissionellen Prüfung nämlich nur die im § 23 Abs. 6 SchUG genannten Bestimmungen anzuwenden. Für den besonderen Fall der kommissionellen Prüfung sei es erforderlich, die Erfordernisse des Einzelfalles besonders berücksichtigen zu können; bei der Gestaltung dieser Prüfung sei daher ein größerer Ermessensspielraum eingeräumt als bei der Wiederholungsprüfung. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin die Arbeit an der schriftlichen Teilarbeit von sich aus vor dem Ende der vorgesehenen Prüfungszeit eingestellt. Die Beschwerdeführerin habe auch nicht einmal behauptet, bei der kommissionellen Prüfung eine positiv zu beurteilende Leistung erbracht zu haben. Eine inhaltliche Überprüfung dieser Prüfung sei nicht erforderlich gewesen. Eine Überschreitung des der Prüfungskommission bei Gestaltung der Prüfung eingeräumten Ermessensspielraumes sei nicht ersichtlich; auch dem pädagogischen Gutachten sei kein Hinweis darauf zu entnehmen. Schließlich sei betreffend das Vorbringen über den Zeitpunkt des Formularausdrucks darauf hinzuweisen, dass dieser Zeitpunkt nicht mit jenem der Unterfertigung ident sei. Das vorzeitige Ausdrucken des Formulars ermögliche es auch, dessen Inhalt in Ruhe auf Richtigkeit überprüfen zu können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 71 Abs. 2 lit. e Schulunterrichtsgesetz (SchUG) ist gegen die Entscheidung, dass eine Reifeprüfung, Reife- und Befähigungsprüfung, eine Befähigungsprüfung, eine Abschlussprüfung, eine Zusatzprüfung oder eine Externistenprüfung nicht bestanden worden ist, die Berufung an die Schulbehörde erster Instanz zulässig.

Die Schulbehörde erster Instanz hat u.a. in diesen Fällen, insoweit sich die Berufung auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit "Nicht genügend" stützt, diese gemäß § 71 Abs. 4 SchUG zu überprüfen. Wenn die Unterlagen nicht zur Feststellung, dass eine auf "Nicht genügend" lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Berufungswerber ist zu einer kommissionellen Prüfung (Abs. 5) zuzulassen. Die Überprüfung der Beurteilungen bzw. die Zulassung zur kommissionellen Prüfung hat auch dann zu erfolgen, wenn deren Ergebnis keine Grundlage für eine Änderung der angefochtenen Entscheidung gibt.

Gemäß § 71 Abs. 5 SchUG gelten für die Durchführung der kommissionellen Prüfung die Bestimmungen über die Wiederholungsprüfung (§ 23 Abs. 6) mit der Maßgabe, dass die Prüfung unter dem Vorsitz eines Schulaufsichtsbeamten oder eines von diesem bestimmten Vertreters stattzufinden hat und für den Fall, dass eine rechtzeitige ordnungsgemäße Zusammensetzung der Prüfungskommission nicht möglich ist, der Vorsitzende einen für den betreffenden Unterrichtsgegenstand (das Prüfungsgebiet) lehrbefähigten Lehrer als Prüfer und einen weiteren Lehrer als Beisitzer zu bestellen hat. Wenn eine Einigung über die Beurteilung des Ergebnisses dieser Prüfung nicht zu Stande kommt, entscheidet der Vorsitzende.

Gemäß § 71 Abs. 6 SchUG ist der der Berufung stattgebenden oder diese abweisenden Entscheidung die Beurteilung zu Grunde zu legen, die die Behörde nach Überprüfung bzw. die Prüfungskommission nach Durchführung der Prüfung für richtig hält. Im Berufungsverfahren gegen die Entscheidung der Schulbehörde erster Instanz darf eine kommissionelle Prüfung im Sinn des Abs. 4 und 5 nicht wiederholt werden.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die vom Landesschulrat für Burgenland angeordnete kommissionelle Prüfung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Diese habe erbracht, dass die Beschwerdeführerin im Prüfungsgebiet "Mathematik und angewandte Mathematik" zu Recht mit "Nicht genügend" beurteilt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe daher die Reife- und Diplomprüfung nicht bestanden.

Die Beschwerdeführerin hält dagegen, es seien bei Durchführung der kommissionellen Prüfung die Bestimmungen über die Wiederholungsprüfung nicht eingehalten worden, insbesondere nicht § 22 der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) und zwar hinsichtlich der Dauer der schriftlichen Teilprüfung (Abs. 3) und hinsichtlich der Pause zwischen der schriftlichen und der mündlichen Teilprüfung (Abs. 6). Im Übrigen sei die Entscheidung über die Wiederholungsprüfung am 14. Oktober 2004 bereits vor Beendigung der Prüfung ausgedruckt vorgelegt. Eine Beratung und Beschlussfassung hierüber könne daher gar nicht stattgefunden haben. Dadurch sei § 35 Abs. 4 SchUG in Ansehung der zwingend vorgeschriebenen Anwesenheit des Vorsitzenden und von zumindest zwei Drittel der übrigen Mitglieder verletzt wurden. Darauf sei im angefochtenen Bescheid überhaupt nicht eingegangen worden.

Wie dargestellt normiert § 71 Abs. 5 SchUG, dass für "die Durchführung" der kommissionellen Prüfung "die Bestimmungen über die Wiederholungsprüfung (§ 23 Abs. 6)" mit der Maßgabe speziellerer Regelungen gelten. Damit wird § 23 Abs. 6 SchUG als eine für die Durchführung der kommissionellen Prüfung anwendbare Bestimmung erklärt (so auch RV, 401 Blg. Nr., 14 GP, S 17). Dass die kommissionelle Prüfung über den Regelungsgehalt des § 23 Abs. 6 SchUG hinaus nach den Bestimmungen über die Wiederholungsprüfung vorzunehmen sei, ist § 71 Abs. 5 SchUG aber nicht zu entnehmen; erklärt diese Bestimmung doch nicht schlechthin die für die Wiederholungsprüfung geltenden Regelungen als anwendbar, sondern lediglich § 23 Abs. 6 SchUG. Es trifft daher auch die Auffassung der Beschwerdeführerin nicht zu, dass die für Wiederholungsprüfungen in § 22 der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) normierten Regelungen auf die kommissionelle Prüfung gemäß § 71 Abs. 5 SchUG anzuwenden gewesen wären.

Soweit die Beschwerde Mängel der Entscheidung über die Wiederholungsprüfung (vom 14. Oktober 2004) geltend macht, übersieht sie, dass die Beurteilung des Prüfungsgebietes "Mathematik und angewandte Mathematik" durch die kommissionelle Prüfung gemäß § 71 Abs. 5 SchUG auf eine neue Grundlage gestellt wurde (vgl. § 71 Abs. 6 SchUG). Selbst wenn die geltend gemachten Mängel entgegen der Auffassung der belangten Behörde vorlägen, wären sie daher nicht relevant im Sinn des § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. April 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005100110.X00

Im RIS seit

13.06.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten