TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/18 2007/16/0058

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Veröffentlicht am 18.09.2007
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Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §229;
BAO §92;
LAO Tir 1984 §177;
LAO Tir 1984 §187a Abs1;
LAO Tir 1984 §72;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der EG Inh. MW in Z, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 21. Juni 2006, Zl. Ib-1646/38-2006, betreffend Rückzahlung von Abgaben nach § 188 Abs. 1 TLAO und Aufhebung des Rückstandsausweises vom 21. Dezember 2000 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird in dieser Angelegenheit auf die hg. Erkenntnisse vom 18. September 2003, Zlen. 2002/16/0204 und 2002/16/0205, sowie auf das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2006, Zl. 2005/16/0141, verwiesen.

Die beschwerdeführende Partei brachte bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde nachstehendes Schreiben vom 19. November 2003 ein:

"Betr. (beschwerdeführende Partei), ...

Verrechnung von Getränkesteuerguthaben betreffend vorstehende Firma

Wie der Verwaltungsgerichtshof in zwei faktisch gleichlautenden Erkenntnissen vom 18. September 2003 (Hinweis auf Beilage) ausgesprochen hat, führt eine Nullfestsetzung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke hinsichtlich der Mehrleistungen zwingend zu einer Gutschrift, die mit der Bekanntgabe des Bescheides über die Nullfestsetzung wirksam wurde, was unter den gesetzlichen Voraussetzungen der TLAO über die Einhebung der Abgaben zu einem Guthaben führte.

Die Aussetzung eines Erstattungsantrages hinsichtlich eines derartigen Guthabens nach § 187a TLAO berührt jedoch keineswegs dessen weiteren Bestand und damit auch nicht die Möglichkeit, mit diesem Guthaben Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen. Daraus ergibt sich zwingend, dass die Verrechnungsanträge auf Verwendung des aus der Erbringung von Mehrleistungen betr. Getränkesteuer auf alkoholische Getränke entstandenen Guthabens der TLAO entsprechende Wirkungen erzeugt haben; d.h. dass die zur Verrechnung bekannt gegebenen Abgabenbeträge gem. § 159 Abs. 1 lit. g am Tage der Entstehung des Guthabens als entrichtet gelten. Alle zur Hereinbringung dieser Abgabenbeträge seitens der Abgabenbehörde gesetzten Maßnahmen waren dementsprechend rechtswidrig; das gilt insbesondere für diesbezüglich ausgestellte Rückstandsausweise und die auf deren Grundlage durchgeführten Zwangsmaßnahmen:

Gem. § 188 Abs. 1 TLAO sind zu Unrecht entrichtete oder zu Unrecht zwangsweise eingebrachte Abgabenbeträge auf Antrag zurückzubezahlen. Im Sinne dieser Gesetzesbestimmung wird hiemit die umgehende Rückzahlung folgender Beträge beantragt. (Diese Beträge wurden trotz Tilgung durch Verrechnung zu Unrecht zwangsweise eingebracht).

...

Gesamtsumme

EUR 14.610,36

Es wird ersucht, diesen Betrag umgehend auf das Konto ... zu

überweisen. ...

Gleichzeitig wird beantragt, die oa. Rückstandsausweise umgehend aufzuheben (Begründung: Hinweis auf oben dargestellte Verrechnungssituation und VwGH v. 10.6.2002, Zl. 2002/17/0063).

Verrechnungsaufstellung

In der Anlage wird des weiteren eine Aufstellung übermittelt, aus der ersichtlich ist, welche Beträge zu verrechnen sind."

In einem Schreiben vom 23. Dezember 2003 stellte die beschwerdeführende Partei "unter Bezugnahme auf den Rückzahlungsantrag vom 19.11. 2003... ergänzend (den) Antrag..., den Rückstandsausweis, der als Grundlage für die zu Unrecht gesetzten Einbringungsmaßnahmen gedient" habe, "im Sinne und in Beachtung der im Rückzahlungsantrag angeführten VwGH-Rechtsprechung umgehend als gegenstandslos zu erklären bzw. zurückzunehmen".

Mit der Eingabe vom 7. Juni 2004 stellte die beschwerdeführende Partei folgenden Antrag:

"Es wird hiemit hinsichtlich des mit Eingabe vom 19.11.2003 gestellten Begehrens um Verrechnung von Getränkesteuerguthaben, Aufhebung des Rückstandsausweises vom 21. Dezember 2000 sowie Rückzahlung gem. § 188 Abs. 1 TLAO das Verlangen nach Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt."

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2004 wies der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde den Devolutionsantrag vom 7. Juni 2004 gemäß § 234 Abs. 4 TLAO als unbegründet ab.

Die belangte Behörde gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung mit Bescheid vom 9. Februar 2005 Folge, behob den angefochtenen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde zurück. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, ein Hinweis auf die Überlastung der Behörde allein könne die Geltendmachung des Übergangs der Entscheidungspflicht nicht verhindern.

Mit Bescheid vom 10. August 2005 setzte der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde "das abgabenbehördliche Verfahren - Antrag vom 19. 11. 2003 auf Verrechnung eines Getränkesteuerguthabens mit bereits früher entrichteten bzw. zwangsweise eingebrachten Gemeindeabgaben, Aufhebung des Rückstandsausweises vom 21. 12. 2000" gemäß § 212 TLAO aus.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 20. Dezember 2005 als unbegründet ab.

Der im weitergeführten Verfahren ergangene Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 18. Mai 2006 hat nachstehenden Inhalt:

"Das mit Bescheid des Stadtrates vom 10. August 2005 ausgesetzte Verfahren betreffend den Antrag vom 19.11.2003 auf Verrechnung eines Getränkesteuerguthabens mit bereits früher entrichteten bzw. zwangsweise eingebrachten Gemeindeabgaben und Aufhebung des Rückstandsausweises vom 21. Dezember 2000 - wird laut Stadtratsbeschluss vom 18. Mai 2006 gemäß § 212 (2) der Tiroler Landesabgabenordnung von Amts wegen fortgesetzt.

Der Stadtrat entscheidet über den o.a. Antrag auf Grund des am 07.06.2004 eingebrachten Antrages auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde 2. Instanz gemäß § 188 TLAO wie folgt:

Der Antrag wird als unbegründet abgewiesen."

In der Begründung heißt es, bei der Abgabenbehörde "behänge" ein Verfahren gemäß § 187a TLAO, welches bis jetzt nicht abgeschlossen sei. Es komme daher bis jetzt nicht zu einer Gutschrift, weshalb auch nicht von einem Guthaben der beschwerdeführenden Partei gesprochen werden könne. Eine Verrechnung oder Verwendung von Guthaben erfolge jedoch nicht von selbst, sondern bedürfe einer Veranlassung der Abgabenbehörde. Die Abgabenbehörde habe im Antragsfall keine Verrechnung des Guthabens veranlasst. Damit komme es hinsichtlich der in Rede stehenden und fällig gewordenen Abgaben gemäß § 159 Abs. 1 lit. g TLAO entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei zu keiner Entrichtung aus dem durch die Herabsetzung der Getränkesteuer für alkoholische Getränke entstandenen Guthaben. Die entrichteten bzw. zwangsweise eingebrachten Abgaben seien somit nicht zu Unrecht entrichtet oder zwangsweise eingebracht worden. Der Antrag sei daher als unbegründet abzuweisen."

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 21. Juni 2006 die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung als unbegründet ab. In der Begründung führte sie aus, eingangs sei festgestellt, dass die Kritik der beschwerdeführenden Partei, der Spruch des bekämpften Bescheides stimme mit dem als unbegründet abgewiesenen Antrag vom 19. November 2003 nur teilweise überein, durchaus berechtigt sei. Wie dem Vorstellungsbegehren aber weiter zu entnehmen sei, und darin sei der beschwerdeführenden Partei zuzustimmen, gebe der normative Teil des Vorstandsbescheides den Bescheidwillen ausreichend wieder. Der Zusammenschau aus Spruch und Begründung sei eindeutig zu entnehmen, dass die Behörde im Devolutionswege den (infolge behaupteter Verrechnung vorliegenden) Rückzahlungsantrag vom 19. November 2003 nach § 188 Abs. 1 TLAO sowie die Anträge auf Aufhebung des Rückstandsausweises vom 21. Dezember 2000 als unbegründet abgewiesen habe.

Dem Vorbringen vom 19. November 2003 sei entgegenzuhalten, dass gemäß § 188 Abs. 1 TLAO ein Betrag dann auf Antrag zurückzuzahlen sei, wenn eine Abgabe zu Unrecht entrichtet oder zu Unrecht zwangsweise eingebracht worden sei. Die Gesetzesstelle könne aber nicht so verstanden werden, dass damit die normative Wirkungen eines rechtskräftigen Bescheides über die Festsetzung von Abgaben unterlaufen werden könnten. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinen Erkenntnissen vom 23. Februar 2006, Zl. 2005/16/0141, und vom 20. April 2006, Zl. 2006/15/0128, festgestellt, dass ein Guthaben dann entstehe, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) diese Summe der Lastschriften übersteige. Maßgeblich seien die tatsächlich durchgeführten Gutschriften (Lastschriften) und nicht diejenigen, die nach der Meinung des Abgabepflichtigen durchgeführt hätten werden müssen. Zur Rechtsansicht der beschwerdeführenden Partei, dass die mit den Verrechnungsanträgen bekannt gegebenen Abgabenbeträge nach § 159 Abs. 1 lit. g TLAO mit dem Tag der Entstehung eines Guthabens als entrichtet gälten, sohin, dass die Bekanntgabe der Verrechnungsbeträge und ein Guthaben bereits genüge, dass diese Abgabenbeträge entrichtet seien, habe der Gerichtshof festgestellt, dass eine Verrechnung oder Verwendung von Guthaben nicht von selbst erfolge, sondern es hiefür einer Veranlassung der Abgabenbehörde bedürfe. Wenn die Abgabenbehörde aber keine Verrechnung des Guthabens veranlasst habe, könne es hinsichtlich der in Rede stehenden und fällig gewordenen Abgaben gemäß § 159 Abs. 1 lit. g TLAO nicht zur Entrichtung aus dem durch die Herabsetzung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke entstandenen Guthabens gekommen sein. Den Feststellungen sei zu entnehmen, dass die Abgabenbehörden keine Verrechnung eines Guthabens aus der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke veranlasst hätten. Da keine Verrechnung des Guthabens erfolgt sei und sonst keine Umstände vorlägen, welche der Entrichtung der Abgaben entgegenstünden, seien die fällig gewordenen Gemeindeabgaben von der beschwerdeführenden Partei durch Leistung der jeweiligen Beträge zu entrichten und diese könnten im Falle der Nichtentrichtung auch zwangsweise eingebracht werden. Die derart entrichteten und zwangsweise eingebrachten Abgaben seien demnach nicht zu Unrecht entrichtet oder zwangsweise eingebracht worden, womit sich der auf § 188 Abs. 1 TLAO gestützte Anspruch auf Rückzahlung als unbegründet erweise. Aus diesem Grund bestehe für die Abgabenbehörde auch kein Anlass, den der Einbringung der Abgaben zugrunde liegenden Rückstandsausweis zurückzunehmen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst vor ihm erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 26. Februar 2007, B 1422/06 - 3, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf "Rückzahlung zu Unrecht entrichteter bzw. zu Unrecht zwangsweiser eingebrachter Abgaben im Betrag von EUR 14.610,36" und "Gegenstandsloserklärung/Zurücknahme des Rückstandsausweises vom 21.12.2000" verletzt und macht sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei äußerte sich zur Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die §§ 162, 163, 187, 187a und 188 TLAO lauten:

"§ 162

(1) Guthaben eines Abgabepflichtigen, auf die die Voraussetzungen für eine Rückzahlung nach § 187 Abs. 3 zutreffen, sind zur Tilgung vollstreckbarer Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat.

(2) Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so ist ein nach Anwendung des Abs. 1 noch verbleibendes Guthaben unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmung zugunsten derjenigen zu verwenden, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes im eigenen Namen über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

(3) Soweit Guthaben nicht nach Abs. 1 und 2 zu verwenden sind, sind sie nach Maßgabe der Bestimmungen des § 187 zurückzuzahlen.

§ 163

Bestehen zwischen einem Abgabepflichtigen und der Abgabenbehörde Meinungsverschiedenheiten, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, so hat die Abgabenbehörde darüber auf Antrag zu entscheiden (Abrechnungsbescheid).

§ 187

(1) Die Rückzahlung von Guthaben kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen. Ist der Abgabepflichtige nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähig, so können Rückzahlungen mit Wirkung für ihn unbeschadet der Vorschrift des § 60 Abs. 2 nur an diejenigen erfolgen, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über das Guthaben zu verfügen berechtigt sind.

(2) Die Abgabenbehörde kann den Rückzahlungsbetrag auf jenen Teil des Guthabens beschränken, der die der Höhe nach festgesetzten Abgabenschuldigkeiten übersteigt, die der Abgabepflichtige nicht später als drei Monate nach der Stellung des Rückzahlungsantrages zu entrichten haben wird.

(3) Anträge nach Abs. 1 können bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres gestellt werden, das auf das Jahr folgt, in dem das Guthaben entstanden ist.

§ 187a

Ausschluss der Verrechnung, der Verwendung von Guthaben und der Rückzahlung von Selbstbemessungsabgaben, bescheidmäßige Vorschreibung

(1) Besteht bei Selbstbemessungsabgaben für die Abgabenbehörde aus europarechtlichen Gründen oder nach dem Ausspruch der Rechtswidrigkeit einer innerstaatlichen Norm die Verpflichtung,

a) eine durch Erklärung festgesetzte Abgabe mit Bescheid neu festzusetzen oder

b) einen Abgabenbescheid aufzuheben oder zu ändern, so hat sie ein dadurch entstehendes Guthaben insoweit nicht mit Abgabenschulden zu verrechnen, zur Tilgung vollstreckbarer Abgabenschulden zu verwenden oder zu erstatten, als sie dem Abgabepflichtigen nachweist, dass die Abgabe von einem anderen als dem Abgabepflichtigen getragen wurde und die Verrechnung, Verwendung oder Erstattung zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Abgabepflichtigen führen würde. Dies gilt auch, wenn das Guthaben aufgrund einer Abgabenerklärung entstanden ist.

(2) Kann der Nachweis im Sinne des Abs. 1 hinsichtlich einer gänzlich oder teilweise noch nicht entrichteten Abgabe erbracht werden, so hat die Abgabenbehörde diese in der entsprechenden Höhe mit gesondertem Bescheid vorzuschreiben.

§ 188

(1) Wurde eine Abgabe zu Unrecht entrichtet oder zu Unrecht zwangsweise eingebracht, so ist dieser Betrag auf Antrag zurückzuzahlen.

(2) Wurden Wertzeichen in der Absicht verwendet, eine Abgabe zu entrichten, so ist der entrichtete Betrag, soweit eine Abgabenschuld nicht besteht, von der zur Erhebung der Abgabe zuständigen Abgabenbehörde auf Antrag zurückzuzahlen.

(3) Anträge nach Abs. 1 und 2 können bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres gestellt werden, das auf das Jahr folgt, in dem der Betrag zu Unrecht entrichtet bzw. zu Unrecht zwangsweise eingebracht wurde."

Mit den Erkenntnissen vom 18. September 2003, Zlen. 2002/16/0204 und 2002/16/0205, hat der Verwaltungsgerichtshof die Bescheide der belangten Behörde vom 4. Juli 2002 betreffend Verrechnung von Abgaben mit einem Getränkesteuerguthaben wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. In den Entscheidungsgründen wurde u.a. ausgeführt:

"Die belangte Behörde begründet die Abweisung der Verrechnung damit, dass von einem Guthaben nicht gesprochen werden könne, solange die entrichtete Getränkesteuer auf alkoholische Getränke durch eine Abgabenerklärung oder durch einen Abgabenbescheid gebunden sei. Die Getränkesteuer sei für den Zeitraum 1. Jänner 1995 bis 31. Dezember 1999 festgesetzt und es sei ein Verfahren betreffend Erstattung eingeleitet bzw. ausgesetzt worden.

Bei dieser Argumentation übersieht die belangte Behörde, dass die Abgabenbehörde die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke mit Null festgesetzt und auf Grund dieser Nullfestsetzung hinsichtlich der Mehrleistungen zwingend eine Gutschrift zu erfolgen hatte (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/13/0098), die mit der Bekanntgabe des Bescheides über die Nullfestsetzung wirksam wurde (vgl.  Ritz, BAO-Kommentar, § 210, Rz 5) und unter den gesetzlichen Voraussetzungen der TLAO über die Einhebung der Abgaben zu einem Guthaben führte.

Mit Bescheid vom 14. Jänner 2002 setzte der Gemeindevorstand das Verfahren betreffend Erstattung der Getränkesteuer nach § 187a TLAO aus. Damit hat eine Erstattung des Guthabens nach § 187a TLAO wegen dieser Aussetzung des Verfahrens bis zur Klärung der in diesem Zusammenhang maßgebenden gemeinschaftsrechtlichen Fragen durch den EuGH nicht zu erfolgen. Ausgesetzt ist jedoch nur das Verfahren betreffend Erstattung nicht aber der Verrechnung der Getränkesteuer nach § 187a TLAO und insoweit besteht auch eine Bindung der Behörden und Parteien. Dadurch ist die beschwerdeführende Partei aber nicht gehindert, einen Antrag auf Verrechnung eines allfälligen Getränkesteuerguthabens mit anderen Abgaben zu stellen. Mit der Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens betreffend Erstattung eines Guthabens nach § 187a TLAO blieb nämlich das nach erfolgter Nullfestsetzung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke entstandene Guthaben weiterhin ein Guthaben, das nach den Bestimmungen der TLAO zu verwenden ist.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die Ansicht vertrat, es läge auf Grund der Aussetzung des Verfahrens bloß über den Erstattungsantrag kein Guthaben im Sinne des § 162 TLAO vor, hat sie den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet."

Der weitere Gang des Verfahrens auf Grund der gestellten Anträge vom 19. November 2001 und 24. August 2001 auf Verrechnung der Abgaben ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass über diese "Verrechnungsanträge" zu entscheiden ist. Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist aber nunmehr der weitere Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 19. November 2003. In diesem Antrag wird die "Rückzahlung" von Abgabenbeträgen und die Aufhebung der "oa. Rückstandsausweise" begehrt. In diesem Schreiben vom 19. November 2003 wird zwar auch die "Verrechnung" der Abgabenbeträge angesprochen, ein Antrag auf Verrechnung wird dabei jedoch nicht gestellt.

Auch im Schreiben vom 23. Dezember 2003 wird "unter Bezugnahme auf den Rückzahlungsantrag vom 19.11.2003" ergänzend ein Antrag gestellt. Erst im Devolutionsantrag vom 7. Juni 2004 wird erstmalig auch "hinsichtlich des mit Eingabe vom 19.11.2003 gestellten Begehrens um Verrechnung von Getränkesteuerguthaben ... das Verlangen nach Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt".

Im Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 18. Mai 2006 wird auf den Antrag vom 19. November 2003 Bezug genommen, der als solcher "auf Verrechnung eines Getränkesteuerguthabens mit bereits früher entrichteten bzw. zwangsweise eingebrachten Gemeindeabgaben und Aufhebung des Rückstandsausweises vom 21.12.2000" bezeichnet wird. Der genannte Stadtrat weist dann den Antrag vom 19. November 2003 (arg.: o. a. Antrag) auf Grund des Devolutionsantrages vom "07.06.2004" als unbegründet ab.

Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Ansicht, der Zusammenschau aus Spruch und Begründung sei eindeutig zu entnehmen, dass die Behörde im Devolutionswege den Rückzahlungsantrag vom 19. November 2003 nach § 188 Abs. 1 TLAO sowie die Anträge auf Aufhebung des Rückstandsausweises vom 21. Dezember 2000 als unbegründet abgewiesen habe.

In der Beschwerde erachtet sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf "Rückzahlung" der Abgaben und "Gegenstandsloserklärung/Zurücknahme" des Rückstandsausweises verletzt.

Zur Klarstellung ist zunächst nochmals darauf hinzuweisen, dass nach Ergehen der Erkenntnisse vom 18. September 2003, Zlen. 2002/16/0204 und 2002/16/0205, das Verfahren betreffend die beantragte "Verrechnung" von Abgaben weiterzuführen war, was allerdings den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen ist. Solche beantragten Verrechnungen dürfen nur unterbleiben, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Die ohne rechtliche Grundlage unterbliebene Verrechnung ist rechtswidrig; eine Verrechnung ist bei Vorliegen der gesetzlichen Vorraussetzungen nach den Bestimmungen der TLAO zwingend vorzunehmen.

Im Beschwerdefall ist von folgender Verfahrenslage auszugehen:

Mit dem Schreiben vom 19. November 2003 wurde der Antrag auf "Rückzahlung" von insgesamt EUR 14.610,36 und "Aufhebung" von Rückstandsausweisen gestellt.

Die Abgabenbehörde erster Instanz hätte danach über diese Anträge zu entscheiden gehabt.

Im Devolutionsantrag vom 7. Juni 2004 wird erstmals auch ein angeblich bereits in der Eingabe vom 19. November 2003 gestelltes Begehren auf "Verrechnung" von Getränkesteuerguthaben angeführt. Ein solcher Antrag wurde aber mit der Eingabe vom 19. November 2003 nicht gestellt und es wäre Sache der Abgabenbehörde gewesen, undeutliches oder widersprüchliches Parteibegehren und unrichtige Angaben in einem Ermittlungsverfahren zu klären und richtig zu stellen.

Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hatte - auf Grund der an sie übergegangenen Zuständigkeit - über den Antrag vom 19. November 2003 zu entscheiden. Hinsichtlich allfälliger weiterer, erstmalig im Devolutionsantrag oder in anderen Schreiben gestellter Anträge war die Entscheidungspflicht mit dem Devolutionsantrag nicht übergegangen und es hätten insofern über diese Anträge - soweit erforderlich - Entscheidungen der ersten Instanz zu ergehen gehabt.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie auch bei der fehlerhaften Formulierung des Spruches der Entscheidung des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde diese im Ergebnis als eine Entscheidung über den Antrag vom 19. November 2003 auf Rückzahlung nach § 188 TLAO sowie auf Aufhebung des Rückstandsausweises vom 21. Dezember 2000 beurteilt hat. Weitere Anträge waren nicht Gegenstand der Eingabe vom 19. November 2003 und für weitere Anträge bestand auch keine Zuständigkeit der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung in dieser Sache.

Ausgehend davon erweist sich die Beschwerde in Ansehung der Beschwerdepunkte als unbegründet. Betreffend die beantragte Rückzahlung der Abgaben wird insbesondere auf das hg. Erkenntnis vom 18. September 2003, Zl. 2002/16/0204, sowie auf das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2006, Zl. 2005/16/0141, verwiesen. Auf die dort genannten Gründe wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Gegenstand des verwaltungsbehördlichen Verfahrens war auf Grund des Antrages vom 19. November 2003, der Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz und der Vorstellungsbehörde auch die "Aufhebung" des Rückstandsausweises vom 21. Dezember 2000 und nicht die "Gegenstandsloserklärung/Zurücknahme" des Rückstandsausweises, sodass die beschwerdeführende Partei schon deswegen nicht in ihrem Recht auf "Gegenstandsloserklärung/Zurücknahme" des Rückstandsausweises vom 21.12.2000, verletzt wurde. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass Rückstandsausweise keine Bescheide sind (vgl.  Ritz, BAO 3, § 93, Tz 17 sowie das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 2005, Zl. 2005/17/0174).

Aus diesen Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. September 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007160058.X00

Im RIS seit

24.10.2007

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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