TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/19 2006/08/0339

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Veröffentlicht am 19.09.2007
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977;
ASVG §4;
AVG §38;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des M B in S, vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Stelzhamerstraße 9, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 18. Dezember 2006, Zl. BMSG-322262/0007- II/A/3/2006, betreffend Unterbrechung eines Verfahrens nach § 38 AVG (mitbeteiligte Partei: Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Dr.-Karl-Renner-Promenade 14- 16), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die im Devolutionszug angerufene belangte Behörde gemäß § 38 AVG das Verfahren betreffend die Höhe der Beitragsbemessungsgrundlage des Beschwerdeführers bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage der Versicherungspflicht nach § 4 ASVG aus. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 17. November 2004 beim Arbeitsmarktservice Steyr einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld gestellt habe. Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steyr vom 13. Jänner 2005 sei ihm Arbeitslosengeld in der Höhe von täglich EUR 34,42 zuerkannt worden. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer Berufung erhoben und darin im Wesentlichen dargelegt, dass nicht alle Lohnzahlungen in der Bemessungsgrundlage für das Arbeitslosengeld berücksichtigt worden seien. Die Frage der Versicherungspflicht des Beschwerdeführers sei bereits Gegenstand eines Verfahrens bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse. Da im gegenständlichen Fall die Vorfrage der Pflichtversicherung nicht ausdrücklich geklärt sei, auf Grund des Akteninhalts nicht geklärt werden könne, worum es sich beim gegenständlichen Beschäftigungsverhältnis zur S KG tatsächlich gehandelt habe, und überdies Hinweise vorlägen, dass es gar kein Dienstverhältnis im Sinne des ASVG gewesen sei, werde das Verfahren ausgesetzt und die rechtskräftige Entscheidung über die Pflichtversicherung nach § 4 ASVG abgewartet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet und ebenfalls die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen zunächst geltend, dass keine Vorfrage im Sinne des eine § 38 AVG vorliege, daher eine Unterbrechung nicht zulässig gewesen sei und die belangte Behörde die Frage der Beitragspflicht hätte selbst entscheiden müssen.

§ 38 AVG lautet:

"Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

Unter einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG ist eine für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage zu verstehen, über die als Hauptfrage - als Gegenstand eines rechtsfeststellenden oder rechtsgestaltenden Abspruches - von einer anderen Verwaltungsbehörde oder von einem Gericht oder auch von derselben Behörde, jedoch in einem anderen Verfahren, zu entscheiden ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S. 506 unter E 5 zitierte hg. Judikatur). Im Fall der Anhängigkeit eines Verfahrens in der Vorfrage steht es im Ermessen der Behörde, das Verfahren zu unterbrechen oder selbst die Vorfrage zu beurteilen. Im Rahmen der Ermessensübung ist dabei insbesondere der Aspekt der Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis einerseits und andererseits der Aspekt möglichst richtiger und einheitlicher Entscheidungen zu berücksichtigen (vgl. die bei Walter/Thienel, aaO, S. 521 f. unter E 105 ff. zitierte hg. Judikatur).

Im Verfahren betreffend die Beitragspflicht - und damit auch betreffend die entsprechenden Beitragsgrundlagen - bildet die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 2005, Zl. 2003/08/0012). Seitens der belangten Behörde ergaben sich Zweifel am Bestehen der Versicherungspflicht. Wie der Beschwerdeführer selbst darlegt, sind bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse andere Daten zur Berechnung der Beitragsgrundlage vermerkt als es seiner Auffassung nach der Fall sein müsste. Alleine eine derartige Ungereimtheit, die auch aus der Aktenlage hervorgeht, rechtfertigt es aber im Sinne der Verfahrensökonomie, zunächst eine Klärung darüber herbeizuführen, ob die vom Beschwerdeführer behaupteten Lohnzahlungen auf ein für die Bemessung der Beitragsgrundlage relevantes Dienstverhältnis zurückgehen. Die Unterbrechung des Verfahrens durch die belangte Behörde ist daher nach den genannten Kriterien der Ermessensübung nicht zu beanstanden.

Der vom Beschwerdeführer gerügte Mangel der Begründung des Bescheides der belangten Behörde liegt nicht vor, da diese nachvollziehbar dargestellt hat, dass die Vorfrage noch nicht entscheidungsreif und auch nicht ohne weitere umfangreichere Ermittlungen zu klären ist.

Der Beschwerdeführer macht auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften wegen der Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs geltend, führt jedoch nicht aus, was er vorgebracht hätte, das zu einer anderen Entscheidung der belangten Behörde hätte führen können. Es ist daher nicht ersichtlich, inwiefern dem behaupteten Verfahrensmangel Relevanz zukommt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. September 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006080339.X00

Im RIS seit

29.10.2007

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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