TE Vwgh Erkenntnis 2007/10/9 2007/02/0176

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Veröffentlicht am 09.10.2007
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

B-VG Art90 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des KL in H, vertreten durch Dr. Robert Müller und Mag. Gregor Riess, Rechtsanwälte in 3170 Hainfeld, Hauptstraße 35, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 24. April 2007, Zl. Senat-BN-06-1180, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. April 2007 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 14. Jänner 2006 um 20.10 Uhr in K ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden und der Alkoholgehalt seines Blutes 2,15 Promille, somit 1,6 Promille oder mehr, betragen habe.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 5 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.500,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 480 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, er sei zum Zeitpunkt der Aufforderung im Spital, sich Blut abnehmen zu lassen, nicht zurechnungsfähig gewesen, weswegen die Blutabnahme nicht zulässig gewesen sei. Die belangte Behörde hätte zur Zurechnungsfähigkeit ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Er bezieht sich auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Dezember 1988, VfSlg. 11.923/1988, wonach insoweit ein "Beweisverwertungsverbot" vorliege (vgl. näher auch das hg. Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 2000/02/0232), dies jedoch ohne Erfolg:

Die belangte Behörde stützte sich zur Feststellung des Sachverhaltes auf Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde einvernommenen Zeugen, die Polizeibeamten S und P. Diese gaben u.a. an, dass der Beschwerdeführer im Spital nach Bekanntgabe des behandelnden Arztes, dass eine Atemalkoholuntersuchung aus in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Gründen nicht möglich sei, zu einer Blutabnahme aufgefordert worden sei. Der Beschwerdeführer habe mit Worten wie "des is ma wurscht oder ähnliches" bzw. "ein Blut könnts haben" und durch Ausstrecken des Armes nach außen zugestimmt. Die belangte Behörde wertete diese Aussagen als glaubwürdig.

Der Beschwerdeführer gibt lediglich an, dass er an die Zeit seit dem zuvor stattgefundenen Verkehrsunfall bis nach der Operation keine Erinnerung habe. Damit ist er aber den obigen Aussagen nicht konkret entgegengetreten. Wenn sich der Beschwerdeführer zur Stützung seines Standpunktes auf eine Aussage des Arztes Dr. D beruft, dass er "schlecht ansprechbar" gewesen sei, so zeigt dies sogar auf, dass der Beschwerdeführer ansprechbar - wenn auch schlecht - war, weswegen die Kommunikation mit den Zeugen S und P in der dargestellten Weise jedenfalls nicht unmöglich war. Im Übrigen lässt der Beschwerdeführer die weitere Aussage des Arztes Dr. D außer Acht, dass der Beschwerdeführer "unruhig gewesen sei und sich agitiert verhalten habe". Auch der Hinweis darauf, dass der Zeuge P bei einer früheren Einvernahme nichts über den Hergang bei der Aufforderung zur Blutabnahme ausgeführt habe, zeigt nicht auf, dass seine Aussage vor der belangten Behörde unglaubwürdig sein müsse. Der Hinweis darauf, dass auch in einer Aussage des Zeugen R vom 4. April 2006 keine Rede von einer Einwilligung des Beschwerdeführers gewesen sei, geht schon deshalb ins Leere, weil dieser Zeuge im Spital gar nicht zugegen war. Damit ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde hinsichtlich des festgestellten situationsbezogenen Verhaltens des Beschwerdeführers (wörtliche Zustimmung und Ausstrecken des Armes; zu letzterem ist darauf hinzuweisen, dass die Zustimmung auch durch konkludente Handlung erteilt werden kann (vgl. zutreffend Pürstl/Somereder, StVO11, (2003), § 5, S 117, Anm. 31)) auf die Aufforderung zur Blutabnahme nicht als unschlüssig zu erkennen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5 Abs. 2 StVO (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 21. September 2006, Zl. 2006/02/0196), dass es schon auf Grund eines "situationsbezogenen" Verhaltens eines Probanden entbehrlich ist, ein ärztliches Sachverständigengutachten über die Zurechnungsfähigkeit einzuholen und es auf Grund eines solchen Verhaltens zulässig ist, diese zu bejahen. Diese Rechtsprechung ist gleichermaßen auf das Verhalten eines Probanden zu einer Aufforderung gemäß § 5 Abs. 6 StVO und dessen Zustimmung zur Blutabnahme anzuwenden.

Damit ist den weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers, die auf einer Unzurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Blutabnahme aufbauen, der Boden entzogen.

Im Übrigen sei neuerlich auf das zitierte hg. Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 2000/02/0232, verwiesen, wonach eine aus Gründen der Heilbehandlung erfolgte Blutabnahme samt Auswertung zulässig ist.

Sodann bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe "die Blutidentität, ohne dass es eine ausreichende Dokumentation mit zumindest der Blutgruppe gebe, einfach angenommen und nicht überprüft". Damit verkennt er, dass die belangte Behörde ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Blutprobe mit einem den Namen des Beschwerdeführers enthaltenden Etikett vor den Augen der Zeugen S und P versehen, von S anschließend in eine von ihm mit dem Namen des Beschwerdeführers beschriftete Plastikbox gegeben und in der Folge im Kühlschrank der Dienststelle bis zum Transport "in die Gerichtsmedizin nach Wien" verwahrt worden sei. Demgegenüber ist der Zweifel des Beschwerdeführers durch keine konkrete Angabe begründet. Allein dass "die Blutgruppe" nicht genannt wird, ist kein Hinweis darauf, dass es "nicht nachvollziehbar sei, dass dieses untersuchte Blut vom Rechtsmittelwerber stamme" (so der Vertreter des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung), kann doch die Blutgruppe in diesem Untersuchungsstadium in der Regel nur auf einer Angabe des Probanden beruhen; diesbezüglich lässt der Beschwerdeführer außer Acht, dass er in der mündlichen Verhandlung im Zusammenhang mit dem genannten Vorbringen seines Vertreters erklärt hat, "dass ihm seine Blutgruppe nicht bekannt sei". Bestand aber kein ernst zu nehmender Hinweis darauf, dass das abgenommene Blut entgegen der eindeutigen Beschriftung nicht mit dem untersuchten Blut ident sein könnte, so war die belangte Behörde auch nicht zu weiterführenden Ermittlungen verpflichtet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 9. Oktober 2007

Schlagworte

Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Blutabnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007020176.X00

Im RIS seit

06.11.2007

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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