TE Vwgh Erkenntnis 2007/10/16 2004/18/0286

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Veröffentlicht am 16.10.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §24;
AVG §13;
AVG §37;
FrG 1997 §18 Abs1 Z1;
FrGDV 1997/II/418 §4 Abs2 Z11;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des FS in L, geboren 1971, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Juli 2004, Zl. 312.799/3- III/4/03, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 22. Juli 2004 wurde der am 26. April 2001 bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangte Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Serbien und Montenegro, vom 3. April 2001 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung - von der belangten Behörde als für den Aufenthaltszweck "Schlüsselkraft-selbständig, § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG" gestellt gewertet - gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) abgewiesen. (Zur weiteren Vorgeschichte des Falles wird auf das den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis betreffende hg. Erkenntnis vom 31. März 2004, Zl. 2003/18/0076, verwiesen.)

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Linz vom 23. März 2001 sei festgestellt worden, der Beschwerdeführer wäre selbständiger Erwerbstätiger iSd § 2 Abs. 2 AuslBG, weil er persönlich haftender Gesellschafter der Montagen H. KEG wäre, er die Gesellschaft vertreten und somit auch einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben würde. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, es wäre für ihn nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich in ihrem gemäß § 24 AuslBG erstatteten negativen Gutachten vom 6. Februar 2003 trotz des "enormen Umsatzes im Jahre 2001 und dem Bilanzgewinn von ATS 323.000,--, zu diesem Schluss gekommen wäre". In dem Gutachten sei festgestellt worden, dass auf Grund der Tätigkeit des Beschwerdeführers im Unternehmen kein nachhaltiger Transfer von Investitionskapital erfolgen würde. Auch würden keine neuen Arbeitsplätze in großer Anzahl geschaffen oder gesichert. Die beabsichtigte Tätigkeit wäre auch nicht von gesamtwirtschaftlichem Nutzen. Laut Firmenbuchauszug vom 11. Juni 2004 - so die belangte Behörde weiter - handle es sich beim Geschäftszweig der Montagen H. KEG um "Überlassung von Arbeitskräften". Die Firma sei im Bereich "Fenster- und Türenmontagen" tätig. Die F. Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungs GesmbH (die Steuerberaterin der Montagen H. KEG) habe zur Tätigkeit des Beschwerdeführers Stellung genommen.

Das im Verwaltungsakt erliegende (undatierte) Schreiben dieser Steuerberatungskanzlei lautet:

"Namens und Auftrags unserer Klientin, der Firma H. KEG ... teilen wir Ihnen mit, dass (der Beschwerdeführer) die Montageleitung selbständig durchführt, wenn er keinen Aufenthaltstitel erhält müssen wir leider einige Baustellen schließen, da ansonsten die korrekte Ausführung und ordentliche Erledigung der Baustellen nicht gewährt ist. Wenn es zu den Schließungen kommt müssen wir auch einige Mitarbeiter (ca. 5- 7 Personen) entlassen.

Um das zu verhindern bitten wir Sie den Herrn (Beschwerdeführer) die Aufenthaltsbewilligung zu genehmigen.

Wir hoffen keine Fehlbitte geäußert zu haben und verbleiben ..."

Die monatliche Entnahme des Beschwerdeführers aus der Montagen H. KEG für die selbständige Montageleitung betrage - so die belangte Behörde weiter - EUR 1.850,-- netto. Es sei ersichtlich, dass es sich bei der Montagen H. KEG um ein gut funktionierendes Unternehmen mit entsprechender Auftragslage handle. Aus den vorgelegten Unterlagen und den getätigten Ausführungen habe kein Transfer von Investitionskapital nachgewiesen werden können, welcher durch den Beschwerdeführer ermöglicht worden wäre. Aus dem Lohn- und Gehaltsjournal sei zwar ersichtlich, dass das Unternehmen zehn Arbeitnehmer beschäftige. Es habe jedoch kein direkter Zusammenhang mit der Schaffung und Sicherung dieser Arbeitsplätze auf Grund der Mitarbeit des Beschwerdeführers im Unternehmen nachgewiesen werden können. Es sei dem Beschwerdeführer auch nicht möglich gewesen, Unterlagen bzw. sonstige Beweise für den gesamtwirtschaftlichen Nutzen seiner Erwerbstätigkeit vorzulegen. Es handle sich um die Schaffung seines eigenen Arbeitsplatzes als Mitglied der Geschäftsführung. Die belangte Behörde gelange auch zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen gemäß § 24 AuslBG nicht vorlägen.

Bei Abwägung der privaten Interessen des Beschwerdeführers mit den öffentlichen Interessen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK hätten keinerlei zu berücksichtigende familiäre Bindungen zum Bundesgebiet vorgefunden werden können. Die öffentlichen Interessen zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele seien höher zu bewerten als die nachteiligen Folgen der Verweigerung des Aufenthaltstitels auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Für die Beurteilung, ob eine - beabsichtigte - selbständige Tätigkeit zur Stellung als "Schlüsselkraft" führt, ist der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich (§ 24 AuslBG). Der gesamtwirtschaftliche Nutzen hängt davon ab, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist bzw. ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt darauf ab, dass ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist. Dieser Impuls muss durch die selbständige Tätigkeit des Fremden bewirkt werden. Dies bedeutet, dass die unternehmerischen Entscheidungen, die den zusätzlichen positiven Impuls für die Wirtschaft erwarten lassen, vom Fremden selbst getroffen werden müssen. Maßgebend für die Beurteilung des in diesem Sinn von einem antragstellenden Fremden ausgehenden wirtschaftlichen Nutzens ist zunächst das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 2006, Zl. 2005/18/0525, vom 27. Februar 2007, Zl. 2005/21/0430, und vom 13. März 2007, Zl. 2004/18/0405).

2.1. Das im Akt erliegende Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 6. Februar 2003 lautet auszugsweise:

"Ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen der beabsichtigten Erwerbstätigkeit des Ausländers kann nur dann angenommen werden, wenn diese einen über den betrieblichen Nutzen hinausgehenden wirtschaftlichen Nutzen erwarten lässt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn

-

mit der Erwerbstätigkeit ein nachhaltiger Transfer von Investitionskapital (zumindest EUR 100.000,--) nach Österreich verbunden ist oder

-

die beabsichtigte Erwerbstätigkeit neue Arbeitsplätze in erheblichem Umfang schaffen oder bestehende Arbeitsplätze sichern wird oder

-

mit der Niederlassung der Schlüsselkraft der Transfer von Know-How oder die Einführung neuer Technologien verbunden ist oder

-

das Unternehmen der Schlüsselkraft wesentliche Bedeutung für eine ganze Region hat.

Nach den vorgelegten Unterlagen erfüllt die beabsichtigte Erwerbstätigkeit (des Beschwerdeführers) (Beteiligung als Komplementär an der Montagen H. KEG, dort insbesondere Einsatz als Baustellenleiter im Bereich Fenstermontagen) keine dieser Kriterien, weshalb darin kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen gesehen werden kann."

2.2. Die Beschwerde wendet gegen dieses Gutachten bzw. gegen die diesem folgenden Feststellungen der belangten Behörde ein, er sei "für dieses Unternehmen derart bedeutend ..., dass mein Ausscheiden aus der Gesellschaft im Zusammenhang mit der Verweigerung des Aufenthaltstitels dazu führen würde, dass zumindest fünf-sieben Arbeitsplätze in dem genannten Unternehmen gefährdet werden und abgebaut werden müssten." Es lägen keine Beweisergebnisse vor, die die Stellungnahme der F. Wirtschaftstreuhand und Steuerberatungs GesmbH entkräften könnten. Die belangte Behörde bleibe für ihre Annahme, es bestehe kein Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Beschwerdeführers für das Unternehmen und dem Bestand der Arbeitsplätze für die zehn Mitarbeiter, jedwede Begründung schuldig.

2.3. Der Beschwerdeführer verkennt, dass es seine Aufgabe gewesen wäre, einen Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit und der Schaffung bzw. der Sicherung von Arbeitsplätzen nachzuweisen und im Verwaltungsverfahren ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Der zitierten Stellungnahme der Steuerberatungskanzlei ist ein solcher Zusammenhang nicht zu entnehmen, zumal nicht einmal ersichtlich ist, wieso die Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht auch von anderen Montageleitern ausgeübt werden könnte. Im Übrigen ist bei der Beurteilung des gesamtwirtschaftlichen Nutzens einer selbständigen Erwerbstätigkeit - wie ausgeführt - darauf abzustellen, dass die unternehmerischen Entscheidungen, die den zusätzlichen positiven Impuls für die Wirtschaft erwarten lassen, vom Fremden selbst getroffen werden. Mit seinem Vorbringen, er würde für die Montagen H. KEG als Montageleiter arbeiten, hat sich der Beschwerdeführer nicht auf unternehmerische Entscheidungen berufen. Schon aus diesem Grund kann die Ansicht der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer komme die Stellung als selbständige Schlüsselkraft nicht zu, nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2005/18/0525).

3. Die Beschwerde rügt, weder der Beschwerdeführer noch die anderen Gesellschafter seien als Zeugen vernommen worden. Es sei keine ergänzende Stellungnahme des Arbeitsmarktservice eingeholt und auch die Mitarbeiter nicht befragt worden. All dies wäre "sinnvoll und zweckmäßig gewesen, um die Frage zu überprüfen, ob meine Tätigkeit für das genannte Unternehmen tatsächlich nachhaltig zumindest fünf Arbeitsplätze im Unternehmen sichert".

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund des oben Gesagten die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel nicht darzutun.

4.

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. Oktober 2007

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2004180286.X00

Im RIS seit

15.11.2007

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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