TE Vfgh Beschluss 2008/6/16 B89/08

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Veröffentlicht am 16.06.2008
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
BundesimmobilienG §1 Abs2 Z2, §22, §23
VfGG §17 Abs2
VfGG §24 Abs2
Wr AbfallwirtschaftsG

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde des durch eine Rechtsanwaltsgesellschaftvertretenen Bundes gegen die Versagung der Ausnahme bestimmter fürden Betrieb der Porzellanmanufaktur Augarten genützter Grundstückevon der öffentlichen Müllabfuhr nach dem Wr Abfallwirtschaftsgesetzmangels Legitimation; keine Vollmachtserteilung an die einschreitendeRechtsanwaltsgesellschaft durch ein Organ des Bundes; Unzulässigkeiteiner "Kettenvollmacht"

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. Jänner

2007 wies der Berufungssenat der Stadt Wien den Antrag der "Republik Österreich, im Wege der Burghauptmannschaft Österreich" auf Ausnahme näher bezeichneter (für den Betrieb der Porzellanmanufaktur Augarten genützter) Grundstücke von der öffentlichen Müllabfuhr ab.

Dieser Bescheid wurde laut Zustellnachweis am 21. Dezember 2007 der "Republik Österreich, im Wege der Burghauptmannschaft Österreich, z.H. S D AG" zugestellt.

2. Dagegen richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde der "Republik Österreich (Bundesgebäudeverwaltung), Burghauptmannschaft Österreich (Burghauptmannschaft in Wien), vertreten durch die S D AG, diese vertreten durch die

S Rechtsanwaltsgesellschaft mbH", in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet wird.

Die einschreitende Rechtsanwaltsgesellschaft beruft sich hiezu auf eine von der S D AG (als "bevollmächtigte Vertreterin") erteilte Vollmacht. Zur Zulässigkeit der Beschwerde wird u.a. ausgeführt:

"Die vormalige Berufungswerberin / nunmehrige Beschwerdeführerin hat, als Eigentümer der in Rede stehenden Grundstücke bzw Liegenschaften, der S D AG Vollmacht gem §10 AVG erteilt, eine Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr der Stadt Wien gem §18 Abs1 Z1 Wr. AWG für den in Pkt A genannten Betrieb zu erwirken."

Der Beschwerde liegt eine Vollmacht bei, die lautet:

"V O L L M A C H T

        Die Burghauptmannschaft Österreich als

Liegenschaftseigentümer der EZ ... und EZ ... hat keinen Einwand,

dass die von der Neuen Wiener Prozellanmanufaktur Augarten GmbH, ...,

beauftragte Firma S D AG, ..., die Abmeldung von der öffentlichen

Restmüllabfuhr für die Liegenschaft ... durchführt.

Sämtlicher Schriftverkehr, der in Zusammenhang mit der Abmeldung geführt wird, ist an die Firma S D AG zu richten.

...

Wien, am 10.11.2005

Der Burghauptmann:
...

HR DI W B"

3. Der Verfassungsgerichtshof richtete an den Bund, zu eigenen Handen der Rechtsanwaltsgesellschaft, ein Schreiben mit nachstehendem Inhalt:

"Die S Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, ..., hat namens der 'Republik Österreich' (gemeint wohl: Bund) eine Beschwerde gegen den

Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien ... eingebracht und sich

hiezu auf eine von der S D AG erteilte Vollmacht berufen.

Gemäß §24 Abs2 VfGG wird der Bund vor dem Verfassungsgerichtshof durch seine 'vertretungsbefugten oder bevollmächtigten Organe' vertreten (vgl. VfSlg. 17.738/2005). Eine 'Kettenvollmacht' ist nicht zulässig (vgl. VfSlg. 15.121/1998).

Sie werden daher gemäß §18 VfGG aufgefordert, innerhalb von z w e i Wochen eine vom Bund, vertreten durch ein Organ iSd §24 Abs2 VfGG, zur Beschwerdeführung gegen den Bescheid des Berufungssenates

der Stadt Wien ... erteilte Vollmacht nachzuweisen.

Auf die nach §19 Abs3 VfGG eintretenden Säumnisfolgen wird hingewiesen."

4. Innerhalb der gesetzten Frist legte die beschwerdeführende Partei folgenden Vollmachtsnachweis vor:

"Republik Österreich, vertreten durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Bundesgebäudeverwaltung, Burghauptmannschaft Österreich

Unter Bezugnahme auf die am 10.11.2005 an die Firma S D AG,

..., erteilte Vollmacht zur Abmeldung der Liegenschaft ... von der

öffentlichen Restmüllabfuhr (...) wird auf diesem Wege die

Bestätigung

ausgestellt, dass von der Republik Österreich, vertreten durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, durch den Burghauptmann Hofrat Diplomingenieur W B am 16.1.2008 mündlich Vollmacht an die Firma S D AG, ..., erteilt wurde, im Hinblick auf

die Abmeldung der Liegenschaft ... von der öffentlichen

Restmüllabfuhr (Ausnahmebewilligung gem §18 Abs1 Z1 Wiener Abfallwirtschaftsgesetz) gegen den abweisenden Bescheid des Berufungssenats der Stadt Wien vom 25.1.2007, Zahl MA 64 - 7329/2006, Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Zugleich wird bestätigt, dass anlässlich der mündlichen Vollmachtserteilung am 16.1.2008 die Firma S D AG beauftragt und ermächtigt wurde, einen befugten Rechtsvertreter, namentlich die S Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Wien, mit der Erhebung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof zu beauftragen und diesen Rechtsvertreter entsprechend zu bevollmächtigen.

Bestätigt wird weiters die am 16.1.2008 an die Firma S D AG erteilte Vollmacht, sämtlichen Schriftverkehr zu führen und alle Zustellungen, die in diesem Zusammenhang vorgenommen werden, entgegenzunehmen. Festgehalten wird die Vereinbarung vom 16.1.2008, dass anfallende Verfahrenskosten von der Firma S D AG zu tragen sind.

Der Burghauptmann:
Dipl.-Ing. B
...

Wien, am 11.2.2008"

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

1. Das Bundesgesetz, mit dem die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Bundes neu organisiert sowie über Bundesvermögen verfügt wird (Bundesimmobiliengesetz), BGBl. I 141/2000 idF BGBl. I 144/2005, lautet auszugsweise:

"6. Abschnitt

Neuorganisation innerhalb des Bundes - Aufgaben des Bundes

Burghauptmannschaft Österreich

§22. Die 'Burghauptmannschaft Österreich' ist eine nachgeordnete Dienststelle des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit im Sinne des §2 der Dienstrechtsverfahrensverordnung, BGBl. Nr. 162/1981. Sie ist Dienstbehörde erster Instanz, gegen deren Entscheidungen der Rechtszug an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit offen steht. Der Umfang ihrer Befugnisse richtet sich nach §1 der Dienstrechtsverfahrensverordnung, BGBl. Nr. 162/1981, in der jeweils geltenden Fassung. Der Burghauptmannschaft Österreich obliegt spätestens ab 1. Jänner 2001 die Verwaltung und bautechnische Betreuung aller bundeseigenen Liegenschaften - insbesondere der historischen Objekte gemäß Anlage B (§1 Abs2) - die in die Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit fallen, soweit nicht Sonderregelungen getroffen wurden bzw. werden.

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit

§23. (1) Die strategischen ministeriellen Kompetenzen des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit für die Bau- und Liegenschaftsverwaltung, die im Abschnitt L Z21 des Teiles 2 der Anlage zu §2 Bundesministeriengesetz 1986 idF BGBl. I Nr. 16/2000 beispielhaft aufgezählt sind, bleiben auch nach der Neuorganisation und den Eigentumsübertragungen aufrecht. Zu diesen Aufgaben zählen weiters insbesondere

[...]

5. die Wahrnehmung der Eigentümerrechte und der Bauherren- und Betreuungsaufgaben hinsichtlich der nicht übertragenen Liegenschaften (§22 letzter Satz) sowie

[...]

(2) [...]"

2. Die in Rede stehenden Grundstücke finden sich in der Anlage B zu Art1 Bundesimmobiliengesetz ("Historische Objekte"). Sie zählen damit nicht zu den in das Eigentum der Bundesimmobiliengesellschaft mbH übertragenen, sondern zu den im Eigentum des Bundes verbliebenen, in die Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit fallenden und von der Burghauptmannschaft Österreich (einer dem BMWA nachgeordneten Dienststelle) verwalteten sowie bautechnisch betreuten Liegenschaften ("historische Objekte" gemäß §1 Abs2 Z2 Bundesimmobiliengesetz).

3. Gemäß §24 Abs2 VfGG wird der Bund vor dem Verfassungsgerichtshof durch seine vertretungsbefugten oder bevollmächtigten Organe vertreten. Für den Bund können daher vor dem Verfassungsgerichtshof nur Organe des Bundes - unter der (weiteren) Voraussetzung, dass sie entweder kraft des Organisationsrechtes allgemein für diesen vertretungsbefugt oder im Einzelnen dazu bevollmächtigt worden sind - auftreten. Nicht ausgeschlossen ist durch die angeführte Bestimmung die Einschaltung eines Rechtsanwaltes; dieser muss sich aber auf eine Vollmacht berufen können, die ein Organ des Bundes erteilt hat (VfSlg. 17.738/2005).

4. Die für den Bund in der vorliegenden Beschwerdesache einschreitende Rechtsanwaltsgesellschaft beruft sich auf eine Vollmacht, die ihr die S D AG als bevollmächtigte Vertreterin der Burghauptmannschaft Österreich erteilt hat.

Der S D AG kommt jedoch die Eigenschaft eines Organs des Bundes im Sinne des §24 Abs2 VfGG nicht zu. Die von dieser AG erteilte Vollmacht vermochte daher auch keine Befugnis der Rechtsanwaltsgesellschaft zur Beschwerdeführung für den Bund zu begründen. Die Rechtsanwaltsgesellschaft konnte sich aber auch nicht auf eine von der Burghauptmannschaft Österreich (die gemäß §22 iVm §23 Bundesimmobiliengesetz als Organ des Bundes iSd §24 Abs2 VfGG zu dessen Vertretung befugt wäre) erteilte Vollmacht berufen, sodass eine ordnungsgemäße Vollmachtserteilung der einschreitenden Rechtsanwaltsgesellschaft zur Beschwerdeführung durch eine hiezu befugte Person fehlt. Zudem ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine "Kettenvollmacht" (wie sie hier vorliegt) nicht zulässig (VfSlg. 15.121/1998).

Die Beschwerde war daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.

5. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Formerfordernisse, VfGH / Prozeßvollmacht, Vollmacht, VfGH /Legitimation, VfGH / Vertreter, Abfallwirtschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B89.2008

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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