Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Schütz als Vorsitzenden, Dr. Gföllner und Dr. Koch in der Strafsache gegen M***** C***** wegen des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Linz gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 10.3.2008, 29 Hv 20/08w-6, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richter Dr. Schütz als Vorsitzenden, Dr. Gföllner und Dr. Koch in der Strafsache gegen M***** C***** wegen des Vergehens der Freiheitsentziehung nach Paragraph 99, Absatz eins, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Linz gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 10.3.2008, 29 Hv 20/08w-6, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Einzelrichter des Landesgerichtes Linz die Anordnung einer Hauptverhandlung aufgetragen.
Text
Begründung:
Am 6.3.2008 brachte die Staatsanwaltschaft Linz beim Landesgericht Linz Strafantrag gegen M***** C***** wegen der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB ein (ON 4).Am 6.3.2008 brachte die Staatsanwaltschaft Linz beim Landesgericht Linz Strafantrag gegen M***** C***** wegen der Vergehen der Körperverletzung nach Paragraph 83, Absatz eins, StGB, der Nötigung nach Paragraph 105, Absatz eins, StGB und der Freiheitsentziehung nach Paragraph 99, Absatz eins, StGB ein (ON 4).
Demnach habe M***** C***** in Pasching und Neuhofen an der Krems
1) im Dezember 2007 K*****-S***** C***** vorsätzlich am Körper verletzt, und zwar
a) dadurch, dass er sie am Hals packte und würgte, in Form einer Rötung am Hals,
b) dadurch, dass er sie auf das Bett im Wohnzimmer drückte, ihre Unterarme festhielt und sie würgte, in Form von Rötungen am Hals und an den Unterarmen sowie von Abschürfungen am rechten Unterarm;
2) im Dezember 2007 K*****-S***** C***** dadurch, dass er sie heftig gegen die Wand stieß, sohin mit Gewalt, zu einer Handlung, nämlich zur Herausgabe der gemeinsamen Autoschlüssel, genötigt;
3) am 27.12.2007 K*****-S***** C*****, B***** C*****, P***** C***** und D***** C***** dadurch, dass er gegen ihren Willen seinen PKW von Pasching nach Wels und wieder retour lenkte und sie durch lautes Anschreien und aggressives Verhalten für die Dauer von zwei Stunden daran hinderte, das Fahrzeug zu verlassen, widerrechtlich gefangen gehalten bzw ihnen auf andere Weise die persönliche Freiheit entzogen.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies der Einzelrichter des Landesgerichtes Linz den Strafantrag der Staatsanwaltschaft Linz vom 29.2.2008 gemäß § 485 Abs 1 Z 2 StPO iVm § 212 Z 3 StPO zurück. Der dagegen erhobenen Beschwerde der Staatsanwaltschaft Linz (ON 7) kommt Berechtigung zu.Mit dem angefochtenen Beschluss wies der Einzelrichter des Landesgerichtes Linz den Strafantrag der Staatsanwaltschaft Linz vom 29.2.2008 gemäß Paragraph 485, Absatz eins, Ziffer 2, StPO in Verbindung mit Paragraph 212, Ziffer 3, StPO zurück. Der dagegen erhobenen Beschwerde der Staatsanwaltschaft Linz (ON 7) kommt Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 485 Abs 1 StPO hat der Einzelrichter vor Anordnung der Hauptverhandlung den Strafantrag von Amts wegen zu prüfen und gegebenenfalls zurückzuweisen, wenn der Sachverhalt nicht soweit geklärt ist, dass eine Verurteilung des Angeklagten nahe liegt (§ 485 Abs 1 Z 2 StPO). Damit soll eine voreilige Anklageerhebung (auf Basis eines nicht hinreichend geklärten Sachverhaltes) und die Durchführung einer Hauptverhandlung vermieden werden, wenn bei Einbringung des Strafantrages realistischerweise nicht mit einer Verurteilung gerechnet werden kann. Die Einbringung eines Strafantrages setzt mithin eine sich aus den Akten ergebende einfache Wahrscheinlichkeit voraus, das Gericht werde auf Grund des in der Hauptverhandlung durchzuführenden Beweisverfahrens den Angeklagten der ihm vorgeworfenen Tat(en) schuldig erkennen (Pilnacek/Pleischl, Das neue Vorverfahren, Rz 807; vgl auch Mayrhofer in WK-StPO Vor § 207 Rz 14 und § 213 Rz 5 f).Gemäß Paragraph 485, Absatz eins, StPO hat der Einzelrichter vor Anordnung der Hauptverhandlung den Strafantrag von Amts wegen zu prüfen und gegebenenfalls zurückzuweisen, wenn der Sachverhalt nicht soweit geklärt ist, dass eine Verurteilung des Angeklagten nahe liegt (Paragraph 485, Absatz eins, Ziffer 2, StPO). Damit soll eine voreilige Anklageerhebung (auf Basis eines nicht hinreichend geklärten Sachverhaltes) und die Durchführung einer Hauptverhandlung vermieden werden, wenn bei Einbringung des Strafantrages realistischerweise nicht mit einer Verurteilung gerechnet werden kann. Die Einbringung eines Strafantrages setzt mithin eine sich aus den Akten ergebende einfache Wahrscheinlichkeit voraus, das Gericht werde auf Grund des in der Hauptverhandlung durchzuführenden Beweisverfahrens den Angeklagten der ihm vorgeworfenen Tat(en) schuldig erkennen (Pilnacek/Pleischl, Das neue Vorverfahren, Rz 807; vergleiche auch Mayrhofer in WK-StPO Vor Paragraph 207, Rz 14 und Paragraph 213, Rz 5 f).
Der von der Staatsanwaltschaft erhobene Strafantrag gründet sich auf die Ermittlungsergebnisse der PI Neuhofen an der Krems, insbesondere die den Angeklagten nachhaltig belastenden Angaben der Zeugin K*****-S***** C*****. Dem Abschluss- Bericht der PI Neuhofen an der Krems vom 30.1.2008 zufolge erstattete K*****-S***** C***** am 9.1.2008 im Zusammenhang mit teils länger zurückliegenden Vorfällen Anzeige gegen ihren Gatten M***** C***** wegen Körperverletzung (die diesbezügliche Niederschrift wurde mittlerweile über Anforderung der Staatsanwaltschaft übermittelt) und präzisierte bei ihrer ergänzenden niederschriftlichen Vernehmung am 25.1.2008, dass der Angeklagte ihr im Dezember 2007 den Autoschlüssel gewaltsam weggenommen und sie in zwei Angriffen vorsätzlich am Körper verletzt habe; überdies habe er am 27.12.2007 bei einer Fahrt mit dem PKW von Pasching nach Wels und retour sie und die drei gemeinsamen Kinder daran gehindert, das Fahrzeug zu verlassen (AS 13 ff in ON 2). Der 1993 geborene B***** C***** und der 1995 geborene P***** C***** bestätigten anlässlich einer mündlichen Befragung gegenüber Beamten der PI Neuhofen an der Krems nicht nur die Angaben der K*****-S***** C***** zum Vorfall vom 27.12.2007, sondern berichteten auch von Streitigkeiten der Eltern bzw (angeblichen) Übergriffen des Vaters gegenüber der Mutter (AS 3 in ON 2). Die Zeugin K*****-S***** C***** hielt ihre Anschuldigungen auch bei einer neuerlichen Befragung am 24.2.2008 aufrecht. B***** und P***** C***** erklärten am 24.2.2008 gleichfalls, bei ihren Angaben zu bleiben (ON 3). Der Angeklagte leugnete bei seiner Einvernahme am 30.1.2008 die gegen ihn erhobenen Vorwürfe (AS 21 ff in ON 2). Der sowohl von der Anzeigerin als auch vom Angeklagten als Zeuge einer Auseinandersetzung genannte Pastor D***** M***** lehnte hingegen jegliche Angaben zur Klärung des Sachverhaltes ab, weshalb seine niederschriftliche Einvernahme unterblieb (AS 5 in ON 2). Diese Ermittlungsergebnisse begründen einen ausreichenden Tatverdacht. Schon die Angaben der K*****-S***** C*****, die teilweise auch von den Söhnen B***** und P***** bestätigt werden, lassen eine Verurteilung des Angeklagten als wahrscheinlich genug erscheinen. Einer weiteren Beweisaufnahme im Ermittlungsverfahren bedurfte es bei dieser Verdachtslage nicht. Insbesondere bietet auch die (leugnenden) Einlassung des Angeklagten keine Anhaltspunkte für zusätzliche, ihn entlastende Beweismittel.
Zutreffend weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die Hauptverhandlung den Schwerpunkt des Strafverfahrens bildet (§ 13 Abs 1 StPO), während dem Ermittlungsverfahren (§ 91 Abs 1 StPO) bloß eine vorbereitende und unterstützende Funktion zukommt. Einerseits dient das Ermittlungsverfahren dazu, den Sachverhalt so weit zu klären, dass die Staatsanwaltschaft über Anklage oder sonstige Beendigung des Verfahrens entscheiden kann. Andererseits soll es im Fall der Anklage eine Grundlage für die Beweisführung in der Hauptverhandlung bilden und dem Gericht eine zügige Durchführung der Hauptverhandlung ermöglichen (Pilnacek/Pleischl, Das neue Vorverfahren, Rz 54 und 364).Zutreffend weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die Hauptverhandlung den Schwerpunkt des Strafverfahrens bildet (Paragraph 13, Absatz eins, StPO), während dem Ermittlungsverfahren (Paragraph 91, Absatz eins, StPO) bloß eine vorbereitende und unterstützende Funktion zukommt. Einerseits dient das Ermittlungsverfahren dazu, den Sachverhalt so weit zu klären, dass die Staatsanwaltschaft über Anklage oder sonstige Beendigung des Verfahrens entscheiden kann. Andererseits soll es im Fall der Anklage eine Grundlage für die Beweisführung in der Hauptverhandlung bilden und dem Gericht eine zügige Durchführung der Hauptverhandlung ermöglichen (Pilnacek/Pleischl, Das neue Vorverfahren, Rz 54 und 364).
Allein der Umstand, dass die Gattin und die Söhne des Angeklagten gemäß § 156 Abs 1 Z 1 StPO von der Pflicht zu Aussage befreit sind, erfordert nicht zwangsläufig eine kontradiktorische Einvernahme dieser Zeugen nach § 165 Abs 1 StPO, wenngleich eine schonende Vernehmung der unmündigen Kinder schon im Ermittlungsverfahren psychische Drucksituationen eher entschärft hätte, als ein weiteres zeitliches Zuwarten bis zur Hauptverhandlung. Auch das Risiko der Unverwertbarkeit dieser Aussagen aufgrund der Bestimmung des § 156 Abs 1 Z 1 StPO ist evident.Allein der Umstand, dass die Gattin und die Söhne des Angeklagten gemäß Paragraph 156, Absatz eins, Ziffer eins, StPO von der Pflicht zu Aussage befreit sind, erfordert nicht zwangsläufig eine kontradiktorische Einvernahme dieser Zeugen nach Paragraph 165, Absatz eins, StPO, wenngleich eine schonende Vernehmung der unmündigen Kinder schon im Ermittlungsverfahren psychische Drucksituationen eher entschärft hätte, als ein weiteres zeitliches Zuwarten bis zur Hauptverhandlung. Auch das Risiko der Unverwertbarkeit dieser Aussagen aufgrund der Bestimmung des Paragraph 156, Absatz eins, Ziffer eins, StPO ist evident.
Wenngleich sich die mündliche Befragung der Zeugen B***** und P***** C***** als (bloße) Erkundigung iSd § 152 StPO darstellt und derart ihren im Abschluss-Bericht festgehaltenen Angaben nicht die gleiche Beweiskraft wie einer förmlichen Vernehmung zukommt, besteht kein generelles Verwertungsverbot (Pilnacek/Pleischl, Das neue Vorverfahren, Rz 627). Angesichts der vorgenommenen Belehrung vor der mündlichen Befragung (AS 7 in ON 3) kann auch von einer Umgehung der Bestimmungen über die Vernehmung von Zeugen nicht die Rede sein. Eine formelle Einvernahme der Zeugen B***** und P***** C***** war nach Lage des Falles - auch mit Blick auf die unmittelbare Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung - nicht zwingend geboten. Bilden doch bereits die Angaben der Zeugin K*****-S***** C***** eine ausreichende Grundlage für die Einbringung des Strafantrages. Wozu kommt, dass nach der Aktenlage aus den Angaben dieser Zeugen eine Entlastung des Angeklagten nicht zu erwarten ist.Wenngleich sich die mündliche Befragung der Zeugen B***** und P***** C***** als (bloße) Erkundigung iSd Paragraph 152, StPO darstellt und derart ihren im Abschluss-Bericht festgehaltenen Angaben nicht die gleiche Beweiskraft wie einer förmlichen Vernehmung zukommt, besteht kein generelles Verwertungsverbot (Pilnacek/Pleischl, Das neue Vorverfahren, Rz 627). Angesichts der vorgenommenen Belehrung vor der mündlichen Befragung (AS 7 in ON 3) kann auch von einer Umgehung der Bestimmungen über die Vernehmung von Zeugen nicht die Rede sein. Eine formelle Einvernahme der Zeugen B***** und P***** C***** war nach Lage des Falles - auch mit Blick auf die unmittelbare Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung - nicht zwingend geboten. Bilden doch bereits die Angaben der Zeugin K*****-S***** C***** eine ausreichende Grundlage für die Einbringung des Strafantrages. Wozu kommt, dass nach der Aktenlage aus den Angaben dieser Zeugen eine Entlastung des Angeklagten nicht zu erwarten ist.
Ebenso wenig bedurfte es im konkreten Fall einer niederschriftlichen Einvernahme des Zeugen D***** M***** (vgl AS 17 und 23) oder der Auswertung der von P***** C***** vorgelegten Audio-Aufzeichnung (vgl AS 9).Ebenso wenig bedurfte es im konkreten Fall einer niederschriftlichen Einvernahme des Zeugen D***** M***** vergleiche AS 17 und 23) oder der Auswertung der von P***** C***** vorgelegten Audio-Aufzeichnung vergleiche AS 9).
Entgegen der Auffassung des Erstrichters ist von einem hinreichend geklärten Sachverhalt und einer durch die Ermittlungsergebnisse entsprechend vorbereiteten Hauptverhandlung auszugehen. Die in Betracht kommenden Beweismittel sind der Aktenlage nach so aufbereitet, dass sie in der Hauptverhandlung ohne Verzögerung unmittelbar durchgeführt werden können.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu. Oberlandesgericht Linz, Abt. 9,
Anmerkung
EL00091 9Bs111.08zEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0459:2008:0090BS00111.08Z.0410.000Zuletzt aktualisiert am
16.10.2008