TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/20 2007/16/0173

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Veröffentlicht am 20.11.2007
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Index

22/01 Jurisdiktionsnorm;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §14;
JN §55 Abs2;
JN §55;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des DK in T, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Templstraße 6, gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. Juli 2007, Zl. Jv 2305-33/07, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In seiner am 14. Juli 2004 eingebrachten, gegen die Eduard

K. Bäckerei GmbH & Co KG als ehemaligen Arbeitgeber und die Eduard

K. Bäckerei GmbH als deren Komplementärin gerichteten Klage erhob der Beschwerdeführer folgendes Urteilsbegehren:

"1. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beschwerdeführer binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution den sich aus brutto EUR 1.603,71 ergebenden Nettobetrag samt ... Zinsen ... zu bezahlen.

2. Die erstbeklagte Partei ist schuldig, dem Beschwerdeführer binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Dienstzeugnis ... auszustellen.

3. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, ... die Kosten dieses Rechtsstreites ... zu ersetzen."

Die beklagten Parteien bestritten dieses Klagebegehren. Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. Juni 2005 wurde über das Vermögen der erstbeklagten Partei der Konkurs eröffnet. Der Beschwerdeführer beantragte in seiner Eingabe vom 15. November 2005 die Fortsetzung des Verfahrens und änderte sein Klagebegehren dahingehend, dass es wie folgt zu lauten hatte:

"1. a) Die vom Beschwerdeführer im Konkurs der Eduard

K. Bäckerei GmbH & Co KG angemeldete Forderung wird mit EUR 3.911,64 als Konkursforderung festgestellt.

b) Die erstbeklagte Partei ist schuldig, ... die Kosten des fortgesetzten Verfahrens aus der Konkursmasse zu ersetzen.

2. a) Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, dem Beschwerdeführer binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution, den sich aus brutto EUR 1.603,71 ergebenden Nettobetrag zuzüglich EUR 1.500,-- netto samt 9,47 % Zinsen hieraus seit 4. 3. 2004 ... zu bezahlen.

b) Die zweitbeklagte Partei ist zur ungeteilten Hand mit der erstbeklagten Partei weiters schuldig, ... die Kosten dieses Rechtsstreites zu ersetzen.

3. Die zweitbeklagte Partei ist weiters schuldig, dem Beschwerdeführer binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Dienstzeugnis ... auszustellen und herauszugeben."

Mit Zahlungsauftrag vom 9. Mai 2007 wurde dem Beschwerdeführer eine restliche Pauschalgebühr für die Änderung (Ausdehnung) des Klagebegehrens im Schriftsatz vom 15. November 2005 im Betrag von EUR 139,70 zur Zahlung vorgeschrieben.

In seinem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag brachte der Beschwerdeführer vor, er habe auch nach Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens weiterhin nur einen einzigen Anspruch geltend gemacht, und zwar gegenüber dem Masseverwalter als Feststellungsbegehren und gegenüber der persönlich haftenden zweitbeklagten Partei als Zahlungsbegehren. Im vorliegenden Fall gehe es in Wahrheit nur um einen Anspruch gegenüber zwei solidarisch haftenden Beklagten. Da nicht mehrere Ansprüche, sondern nur ein einziger Anspruch, für den mehrere Personen solidarisch hafteten, geltend gemacht werde, bilde die gegen die erstbeklagte Partei geltend gemachte Forderung gemäß § 15 Abs. 2 GGG die Bemessungsgrundlage für das gesamte Verfahren. Darüber hinaus übersehe der Kostenbeamte, dass Feststellungsbegehren im arbeitsgerichtlichen Verfahren gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 lit. a GGG in jedem Fall nur mit EUR 694,-- zu bewerten seien. Selbst wenn die Begehren gegen die erst- und gegen die zweitbeklagte Partei tatsächlich zusammenzurechnen wären, ergäbe sich daher nur eine Bemessungsgrundlage in der Höhe von EUR 4.363,71.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag keine Folge. Begründend führte sie aus, dem Beschwerdeführer sei zunächst dahingehend beizupflichten, dass in der Klagschrift ursprünglich ein Streitwert in der Höhe von EUR 1.603,71 (Zahlung) zuzüglich EUR 630,-- (Ausstellung eines Dienstzeugnisses), insgesamt daher EUR 2.223,71, für den die erst- und zweitbeklagte Partei solidarisch hafteten, als Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren heranzuziehen gewesen sei. Der Schriftsatz vom (richtig:) 15. November 2005 beinhalte entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers tatsächlich mehrere Ansprüche, welche in den gegenüber den beklagten Parteien gestellten, unterschiedlichen Urteilsbegehren, nämlich auf Feststellung einer Konkursforderung, auf Zahlung einer bestimmten Forderung (aus einem Dienstverhältnis sowie ein Schmerzengeld bzw. Entschädigung) sowie Ausstellung eines Dienstzeugnisses, geltend gemacht würden, ohne auch nur annähernd eine Solidarhaftung zwischen den beklagten Parteien und auch nur hinsichtlich eines dieser Urteilsbegehren klarzustellen. Aus dem abgeänderten bzw. ausgedehnten Urteilsbegehren sei die Begründung einer Solidarhaftung zwischen der erst- und zweitbeklagten Partei daher nicht mehr nachvollziehbar bzw. bleibe das Urteilsbegehren diesbezüglich völlig unklar. Zur Bewertung des tatsächlichen Streitgegenstandes könne im vorliegenden Fall daher ausschließlich auf das Urteilsbegehren abgestellt werden. Dieses hingegen sei aber so formuliert, dass sich eine Solidarhaftung zwischen den Parteien nicht daraus ableite. Daher seien die erst- und zweitbeklagten Parteien als Streitgenossen im Sinn des § 11 Z. 2 ZPO anzusehen, für die - im Hinblick auf obige Darstellung - die Zusammenrechnung gemäß § 15 Abs. 2 GGG zu gelten habe. Schließlich knüpfe das Gerichtsgebührengesetz bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entferne, als sie über das Fehlen eines Elements des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon angeknüpft sei, hinwegsehe, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf gesetzmäßige Festsetzung der Pauschalgebühr und damit im Recht, die ihm vorgeschriebene Gerichtsgebühr nicht zahlen zu müssen, verletzt.

Die belangte Behörde hat Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer zieht nicht mehr in Betracht, dass die Feststellung einer Geldforderung den Tatbestand des § 16 Abs. 1 Z. 1 lit. a GGG erfüllen könnte; er sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zusammengefasst darin, gemäß der nach § 14 GGG anzuwendenden Bestimmung des § 55 Abs. 2 JN richte sich die Bemessungsgrundlage nach der Höhe des einfachen Anspruches, wenn der gleiche Anspruch gegen mehrere Personen geltend gemacht werde, für den diese solidarisch hafteten. An der solidarischen Haftung der beklagten Parteien für den Anspruch des Beschwerdeführers habe sich durch die Umstellung des Klagebegehrens auf den Masseverwalter nichts geändert. Es sei rechtlich nicht möglich, in einem Urteilsantrag eine solidarische Haftung für einen Feststellungs- und einen Leistungsanspruch zu formulieren. Im vorliegenden Fall gehe es in Wahrheit nur um einen einzigen Anspruch, für den mehrere Personen solidarisch hafteten, sodass die gegen die erstbeklagte Partei geltend gemachte Forderung gemäß § 14 GGG iVm § 55 Abs. 2 JN die Bemessungsgrundlage für das gesamte Verfahren bilde.

Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Gemäß § 15 Abs. 2 GGG sind mehrere in einem zivilgerichtlichen Verfahren von einer einzelnen Partei oder von Streitgenossen geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen; die Summe der geltend gemachten Ansprüche bildet, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, eine einheitliche Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren.

Ist ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren, Gegenstand einer Klage, so bildet nach Abs. 3a leg. cit. - ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger nach § 56 Abs. 2 JN - dieser Geldbetrag die Bemessungsgrundlage.

Wird der gleiche Anspruch durch oder gegen mehrere Personen geltend gemacht, denen der Anspruch solidarisch zusteht oder für den sie solidarisch haften, so richtet sich nach § 55 Abs. 2 JN der Wert nach der Höhe des einfachen Anspruches.

Die Zusammenrechnungsregelung des § 55 JN geht vom Grundsatz aus, dass mehrere Begehren nur insoweit zusammenzurechnen sind, als sie auf eine mehrfache Leistung gehen. Aus diesem Grund ordnet § 55 Abs. 2 JN für die Fälle der Gesamtschuldverhältnisse an, dass sich der Wert des Streitgegenstandes nach der Höhe des einfachen Anspruches richtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2001, Zl. 2000/16/0650, mwN).

Nach dem Inhalt des eingangs wiedergegebenen modifizierten Klagebegehrens begehrte der Beschwerdeführer gegenüber dem erstbeklagten Masseverwalter die Feststellung einer Forderung von EUR 3.911,64 als Konkursforderung, dem gegenüber die Verpflichtung der zweitbeklagten Partei zur Zahlung des sich aus brutto EUR 1.603,71 ergebenden Nettobetrages sowie weiterer EUR 1.500,-- samt Zinsen und - ebenfalls ausschließlich von der zweitbeklagten Partei - die Ausstellung und Herausgabe eines Dienstzeugnisses.

Eine Anwendung des § 55 Abs. 2 JN iVm § 14 GGG scheitert hier schon daran, dass der gegenüber der erstbeklagten Partei geltend gemachte Anspruch auf Feststellung einer Konkursforderung, anhand derer sich der Anspruch des Beschwerdeführers auf Teilnahme am Konkursverfahren über das Vermögen der ehemals erstbeklagten Partei beurteilt, nicht mit den gegenüber der zweitbeklagten Partei erhobenen Ansprüchen, nämlich auf Zahlung sowie auf Herausgabe, gleichgesetzt werden kann. Dem entsprechend entbehrte das geänderte Urteilsbegehren auch jeglichen Anhaltspunktes für eine solidarische Haftung der beklagten Parteien, was auch die Beschwerde einräumen muss. Die belangte Behörde konnte daher bei der Bemessung der Pauschalgebühr mit Recht von der Zusammenrechnung der Streitwerte nach § 15 Abs. 2 GGG ausgehen (vgl. wiederum das zitierte hg. Erkenntnis vom 26. April 2001 betreffend die Zusammenrechnung zweier konkursrechtlicher Feststellungsklagen gegenüber der Kommanditgesellschaft und ihrer Komplementärin).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 20. November 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007160173.X00

Im RIS seit

27.12.2007

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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