TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/22 2005/09/0076

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.11.2007
beobachten
merken

Index

L24009 Gemeindebedienstete Wien;
24/01 Strafgesetzbuch;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §112 Abs1 impl;
DO Wr 1994 §18;
DO Wr 1994 §74 Z1;
DO Wr 1994 §94 Abs1;
DO Wr 1994 §94 Abs2;
StGB §153a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde des Ing. TB in R, vertreten durch Dr. Brigitte Stampfer, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Stadlergasse 27, gegen den Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom 21. April 2005, Zl. DS-D - 201/2005, betreffend Suspendierung nach der Wiener Dienstordnung 1994, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen der Vertreterin der beschwerdeführenden Partei, Rechtsanwalt Dr. Brigitte Stampfer, und des Vertreters des Dienstrechtssenates der Stadt Wien, Obersenatsrat Mag. Helmut Hutterer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 794,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Fachbediensteter des Technischen Dienstes in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. In der Zeit von 1993 bis 2003 war er in seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis karenziert und befand sich in einem Dienstverhältnis zur K-Management und B-GesmbH. Nach der Auflösung dieses Beschäftigungsverhältnisses war der Beschwerdeführer bis zu seiner Suspendierung vom Dienst als Beamter der Stadt Wien in der technischen Direktion des Allgemeinen Krankenhauses Wien tätig.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. April 2005 wurde der Beschwerdeführer - nachdem er mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 4. Jänner 2005 vorläufig vom Dienst suspendiert worden war - gemäß § 94 Abs. 1 und 2 der Wiener Dienstordnung - DO 1994, LGBl. Nr. 56/1994 in der geltenden Fassung, wegen des Verdachtes, näher dargestellte Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, vom Dienst suspendiert. Der gegen den Beschwerdeführer erhobene Verdacht wurde zusammengefasst dahingehend umschrieben, dass er es als karenzierter Beamter des Magistrats der Stadt Wien unterlassen habe, außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung als Fachbeamter des Technischen Dienstes entgegen gebracht werden, untergraben könnte, und er habe gegen das Verbot, sich, seinen Angehörigen oder sonstigen Dritten Geschenke oder sonstige Vorteile, die mit der dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen, zuwenden oder zusichern lassen, verstoßen. Die Verdachtsmomente gegen den Beschwerdeführer formulierte die belangte Behörde wie folgt: Der Beschwerdeführer habe die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen begangen, "indem Sie

1) (nur bei 1) c): sich) vom Geschäftsführer der Fa. O GmbH, Herrn Ing. JB (Anmerkung des Verwaltungsgerichtshofes, im Folgenden: B) - welcher mit Ihrer damaligen Dienstgeberin K von 1999 bis 2003 in geschäftlicher Verbindung stand und welcher annahm, dass Ihnen eine Entscheidungsbefugnis bei der Beauftragung der genannten Firma zukam und dass Aufträge an die genannte Firma in einem Auftragsvolumen von 304.254,20 EUR von der K nicht zuletzt durch an Sie gemachter Zuwendungen vergeben wurden-,

a) im September und Oktober 2001 die von Ihnen von der Firma Q für das Badezimmer in Ihrem privaten Haus in R bezogenen Leistungen in der Höhe von 16.290,22 EUR begleichen ließen, wobei dieser seine zur Firma S BaugesellschaftmbH bestehenden Kontakte mit dem Wissen dieser Firma nutzte, und die Rechnungen für Ihre Badezimmereinrichtung mit den Belegnummern 23/216.725, 23/216.726 vom 17. September 2001, 23/232.477 vom 27. September 2001, 23/249.800 vom 10. Oktober 2001, 23/700.734 vom 15. Oktober 2001, 23/258.875 vom 16. Oktober 2001 und 23/268.453 vom 22. Oktober 2001 auf die Firma S BaugesellschaftmbH ausstellen und von dieser begleichen ließ, um deren Konditionen für einen Preisnachlass in der Höhe von 20 bis 30% bei der Firma Q zu nutzen und er diese Kosten mit der Firma S derart abrechnete, dass er die Firma S eine Rechnung mit fiktiven Materialkosten erstellen ließ, die er der Firma S BaugesellschaftmbH beglich,

b) in den Telefongesprächen vom 10. Dezember 2002, vom 10. Februar 2003 sowie vom 19. Februar 2003 forderten, die Kosten in der Höhe von 6.000 EUR für Ihr von der Firma Baumeister

R & H GmbH in R zwischen Oktober 2002 und Mai 2003 errichtetes Schwimmbad, dessen Gesamterrichtung sich in einer Höhe von 9.010,05 EUR exkl. MwSt belief, zu übernehmen,

c) am 23. März 2000 in das Gasthaus M mit einem Gesamtrechnungsbetrag von 553,- ATS (dies entspricht 40,19 EUR), am 16. Mai 2000 in die Pizzeria L mit einem Gesamtrechnungsbetrag von 900,- ATS (dies entspricht 65,41 EUR), am 14. Juni 2000 in das Gasthaus M mit einem Gesamtrechnungsbetrag von 826,- ATS (dies entspricht 60,03 EUR), am 5. September 2000 in die Pizzeria L mit einem Gesamtrechnungsbetrag von 496,- ATS (dies entspricht 36,05 EUR), am 28. September 2000 in das Gasthaus M mit einem Gesamtrechnungsbetrag von 600,- ATS (dies entspricht 43,60 EUR) und am 27. Februar 2001 in das Gasthaus M mit einem Gesamtrechnungsbetrag von 640,- ATS (dies entspricht 46,51 EUR) einladen ließen, wobei die Rechnungen sich auf einen Gesamtbetrag von damals 4.015,- ATS (dies entspricht nunmehr 291,78 EUR) beliefen,

2) von der Firma Dipl. Ing. HD BAU GmbH, W,

H Straße 34, mit welcher Ihre damalige Dienstgeberin zumindest bis zum 2. April 2004 in geschäftlicher Verbindung stand, zu Weihnachten 2000, 2001 und 2002 Wein, Lebensmittelgutscheine und/oder Benzingutscheine im Wert von je 72,60 EUR angenommen haben,

3) von der Firma R Austria GmbH, W, K-Gasse 16/Stg. 2, mit welcher Ihre damalige Dienstgeberin zumindest bis 2. April 2004 in geschäftlicher Verbindung stand, ab 2000 zu Weihnachten Lebensmittelgutscheine im Wert von 36,30 bis 50,80 EUR und zu Ihrem Geburtstag ab dem Jahr 2000 Gutscheine in der Höhe von 21,80 bis 36,30 EUR angenommen haben."

Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer insbesondere durch die Aussagen des Ing. JB vom 2. und 8. April 2003 und des Ing. GH vom 30. April 2003 vor dem Landesgendarmeriekommando Burgenland sowie durch die Aussage des Ing. WA vom 16. März 2004, des NL vom 5. Februar 2004 sowie durch die Vernehmung des Ing. JB vor der Richterin des Landesgerichts Eisenstadt vom 4. April 2003 schwer belastet werde.

Ing. B habe hinsichtlich der Errichtung eines privaten Schwimmbades für den Beschwerdeführer am 4. April 2003 vor dem Landesgericht Eisenstadt angegeben, dass seine Leute laufend während der letzten vier Jahre im Haus und Garten des Beschwerdeführers gearbeitet hätten. Der Beschwerdeführer habe dann ein Schwimmbad errichten wollen und die Arbeiten dazu von Professionisten und nicht von den Leuten des Ing. B durchführen lassen. Der Beschwerdeführer habe Ing. B aber gefragt, ob er sich vorstellen könne, die Rechnung über S 80.000,-- zu übernehmen. Dies sei Ing. B zu viel gewesen und er habe die Zahlung hinausgezögert. Im April 2003 habe Ing. B angegeben, dass ihm der Beschwerdeführer bei Aufträgen im Gesamtausmaß von S 4,682.000,-- behilflich gewesen sei, wobei er dem Beschwerdeführer S 239.518,80 an Geschenken habe zukommen lassen. Hinsichtlich des Grundes für die Geschenkübergaben an den Beschwerdeführer gab Ing. B an, dass für die laufende Sanierung von Objekten der V alle drei Jahre Rahmenvereinbarungen bis zu einer bestimmten Geldsumme öffentlich ausgeschrieben worden seien. Durch seine guten Kontakte u.a. zum Beschwerdeführer habe er für diese Rahmenausschreibungen so viel Hintergrundwissen wie kein anderer gehabt und habe entsprechend diesem Wissen seine Preise ansetzen können, wodurch er mindestens schon zweimal Bestbieter gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe im Rahmen des gegen ihn eingeleiteten Suspendierungsverfahrens angegeben, sich mit Ing. B angefreundet zu haben und hiebei öfters von diesem eingeladen worden zu sein. Hinsichtlich des Schwimmbadbaues habe sich der Beschwerdeführer dahingehend gerechtfertigt, dass ihm Ing. B angeboten habe, die Arbeiten über ein anderes Unternehmen als dessen Firma durchführen zu lassen, weil Ing. B in Erfahrung gebracht habe, es gebe ein neues Gesetz, welches zur Abschreibung von Subunternehmerleistungen berechtige. Den Erhalt von Gutscheinen von diversen Firmen zu Weihnachten habe er nicht abgestritten. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung gegen den Bescheid der Behörde erster Instanz geltend gemacht, dass er in der für die gegen ihn erhobenen Vorwürfe maßgeblichen Zeit von der Stadt Wien karenziert gewesen sei. Die Anordnung einer Disziplinarmaßnahme für Verfehlungen im außerdienstlichen Bereich setze einen Dienstbezug voraus, der im vorliegenden Fall deswegen nicht gegeben sei, weil bei einer typischen Durchschnittsbetrachtung sein Verhalten nicht geeignet sei, Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben nicht in sachlicher Weise erfüllen. Dem sei jedoch zu entgegnen, dass während der Zeit eines Karenzurlaubes nur jene Dienstpflichten des Beamten ruhten, die unmittelbar mit der Besorgung von "dienstlichen Aufgaben" im Zusammenhang stünden (z.B. Einhaltung der Arbeitszeit etc.), andere Dienstpflichten wie beispielsweise jene zur Vertrauenswahrung blieben jedoch aufrecht. Der Beamte habe auch während eines Karenzurlaubes alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegen gebracht werden, untergraben könnte. Eine Rückwirkung des Verhaltens des Beamten auf den Dienst sei dann gegeben, wenn sein Verhalten bei objektiver Betrachtung geeignet sei, Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen. Der Beschwerdeführer sei in der Technischen Direktion des Allgemeinen Krankenhauses als Projektkoordinator in der Abteilung Projektmanagement und Projektcontrolling tätig. Zu seinen Aufgaben gehöre die Abwicklung von paktierten Bau- und Haustechnik-Investitionsprojekten sowie das diesbezügliche Projektcontrolling. Hiebei habe der Beschwerdeführer umfangreiche Kompetenzen wie eigenständige Entscheidungskompetenz im betrieblichen Rahmen sowie die Kompetenz zur Abwicklung von Beauftragungen von Projekten und die Durchführung von eigenständigen Besprechungen. Wesentliche Voraussetzung dafür seien Verantwortungsbewusstsein und Vertrauenswürdigkeit. Durch die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten sei das Vertrauen des Magistrates der Stadt Wien in eine ordnungsgemäße und unparteiische Besorgung dieser dem Beschwerdeführer übertragenen Aufgaben massiv erschüttert. Es liege zweifellos im Interesse des Dienstes, dass sich Mitarbeiter der Stadt Wien keine Geschenke oder sonstigen Vorteile im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit zuwenden ließen oder diese gar forderten, da eine solche Geschenkzuwendung eines Dritten in der Regel nicht ohne Erwartung einer entsprechenden "Gegenleistung" erfolge. Die Annahme solcher Zuwendungen lasse den Bediensteten schnell in ein "Abhängigkeitsverhältnis" zum Schenker geraten, und mache eine unbefangene und unparteiische Erfüllung seiner Aufgaben und damit eine korrekte Amtsausübung unmöglich. Auch das Ansehen des Amtes und das Vertrauen der Bevölkerung in die ordnungsgemäße Verwaltung und deren Mitarbeiter werde beträchtlich gemindert, wenn ein Beamter des Technischen Fachdienstes, der im Verdacht stehe, sich im Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit Geschenke oder sonstige Vorteile zuwenden oder zusichern zu lassen, bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens weiter als Projektkoordinator in der Technischen Direktion des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien tätig wäre.

Der Beschwerdeführer habe geltend gemacht, dass in der Angelegenheit bereits Verjährung gemäß § 79 DO 1994 eingetreten sei. Er habe nämlich mit 24. Juni 2003 an die Geschäftsleitung der K eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt, die bei der Magistratsabteilung 2 - Personalservice mit 12. August 2003 eingegangen sei. Jedoch sei er erst am 3. Jänner 2005 von der Disziplinarbehörde vernommen und seine vorläufige Suspendierung erst am 4. Jänner 2005 ausgesprochen worden. Dazu führte die belangte Behörde aus, dass womöglich der eine oder andere dem Beschwerdeführer nunmehr zur Last gelegte Sachverhalt verjährt sein könnte. Jedenfalls einige der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Taten (Forderung der Erstattung der Kosten für den Bau eines Schwimmbades, Annahme von Wein-, Lebensmittel- und Benzingutscheinen anlässlich der Weihnachtsfeste 2001 und 2002 und Annahme von Lebensmittelgutscheinen anlässlich der Weihnachtsfeste 2001 und 2002 sowie des Geburtstages des Beschwerdeführers im Februar 2002 und 2003) seien jedoch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass diese Sachverhalte der mit den Aufgaben der Disziplinarbehörde betrauten Dienststelle des Magistrats erst am 9. November 2004 mit dem Einlangen der Strafanzeige des Landesgendarmeriekommandos für Burgenland bekannt geworden seien, noch nicht verjährt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über das Dienstrecht der Beamten der Bundeshauptstadt Wien (Dienstordnung 1994 - DO 1994, LGBl. Nr. 56, i.d.F. LGBl. Nr. 44/2004) lauten:

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 18. (1) Der Beamte hat die ihm übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit zu besorgen. Er hat sich hiebei von den Grundsätzen größtmöglicher Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

(2) Der Beamte hat gegenüber den Vorgesetzten, den Mitarbeitern, den Parteien und Kunden ein höfliches und hilfsbereites Verhalten an den Tag zu legen. Er hat im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte.

(3) Dem Beamten ist es verboten, sich, seinen Angehörigen oder sonstigen Dritten Geschenke oder sonstige Vorteile, die mit der dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen, zuwenden oder zusichern zu lassen. Zuwendungen von geringem Wert, wie sie insbesondere aus Anlass von Festen üblich sind, dürfen angenommen werden.

...

Verjährung

§ 79. (1) Ein Beamter darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nur bestraft werden, wenn gegen ihn

1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem die nach der Geschäftseinteilung für den Magistrat der Stadt Wien oder nach § 3 Abs. 2 des Wiener Stadtwerke - Zuweisungsgesetzes, LGBl. für Wien Nr. 17/1999, mit den Aufgaben der Disziplinarbehörde (§ 81 Z 1) betrauten Dienststellen des Magistrats von der Dienstpflichtverletzung Kenntnis erlangt haben, und

2. innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde.

...

(3) Sind seit dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung fünf Jahre verstrichen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden. ...

     (4) Der Lauf der Fristen nach Abs. 1 bis 3 wird gehemmt

     1.        für den Zeitraum zwischen der Erstattung der

Anzeige durch die Disziplinarbehörde an die Staatsanwaltschaft

oder die Sicherheitsbehörde und

     a)        dem Beginn der Anhängigkeit des Strafverfahrens bei

Gericht oder

     b)        dem Einlangen der Mitteilung des Staatsanwaltes

über die Zurücklegung der Anzeige bei der Disziplinarbehörde,

     2.        für die Dauer eines bei einem Gericht oder einer

Verwaltungsbehörde anhängigen Strafverfahrens,

     2a.        für die Dauer eines Verfahrens vor der

Gleichbehandlungskommission,

     2b.        für den Zeitraum ab Antragstellung des Magistrats

oder des Disziplinaranwaltes auf Erteilung der Zustimmung gemäß

§ 37 Abs. 5 des Wiener Personalvertretungsgesetzes bis zum

Einlangen der Entscheidung des Zentralausschusses beim Antragsteller,

     3.        für die Dauer eines Verfahrens vor dem

Verfassungsgerichtshof oder dem Verwaltungsgerichtshof und

     4.        für den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen

Beendigung oder, wenn auch nur vorläufigen, Einstellung eines Strafverfahrens und dem Einlangen einer diesbezüglichen Mitteilung bei der Disziplinarbehörde,

sofern der der Dienstpflichtverletzung zu Grunde liegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines solchen Verfahrens ist.

(5) Das Disziplinarverfahren gilt mit dem Zeitpunkt der ersten vom Magistrat gegen einen bestimmten Beamten als Beschuldigten gerichteten Amtshandlung (Verfolgungshandlung) als eingeleitet, und zwar auch dann, wenn die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Zu den Verfolgungshandlungen zählen insbesondere die Ladung, die Vernehmung, das Ersuchen um Vernehmung, die Zeugeneinvernahme, die Einholung eines Sachverständigengutachtens, die Disziplinaranzeige und die vorläufige Suspendierung.

...

Suspendierung

§ 94. (1) Würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung(en) das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, hat der Magistrat die vorläufige Suspendierung zu verfügen. Gegen die vorläufige Suspendierung ist kein Rechtsmittel zulässig.

(2) Jede vorläufige Suspendierung ist unter Anschluss einer Sachverhaltsdarstellung unverzüglich der Disziplinarkommission im Wege des Vorsitzenden der Disziplinarkommission und dem Disziplinaranwalt schriftlich mitzuteilen. Bis zur Entscheidung der Disziplinarkommission kann der Magistrat die vorläufige Suspendierung wegen Wegfalls der Umstände, durch die sie veranlasst worden ist, aufheben. Gegen diese Aufhebung ist kein Rechtsmittel zulässig. Wurde die vorläufige Suspendierung nicht bereits vom Magistrat aufgehoben, hat die Disziplinarkommission zu entscheiden, ob sie aufzuheben oder ob die Suspendierung zu verfügen ist. Mit der Suspendierung endet die vorläufige Suspendierung."

Die Suspendierung im Disziplinarrecht der Beamten ist ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Es braucht dabei nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten (objektiv) ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte auf das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung hindeuten. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die sachliche Rechtfertigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern.

Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung dürfen an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Ähnlich wie beim Einleitungsbeschluss etwa nach § 123 BDG 1979 muss das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das im Verdachtsbereich als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, das heißt in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist aber darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt (vgl. zum Ganzen mit ausführlichen Verweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das hg. Erkenntnis vom 29. November 2002, Zl. 95/09/0039).

Jene Behörde, welche über die Suspendierung entscheidet, hat zu beurteilen, ob dem Beamten/der Beamtin ausreichend schwere Dienstpflichtverletzungen zur Last liegen, um ihn/sie vorläufig an der Ausübung seines/ihres weiteren Dienstes hindern zu dürfen. Die Verfügung der Suspendierung setzt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen ihrer "Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwer wiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwer wiegend zu vermuten ist. Auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, z. B. bei denkbarer Verdunkelungsgefahr im Dienst oder schwerer Belastung des Betriebsklimas (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1990, Zl. 89/09/0163, und vom 10. März 1999, Zl. 97/09/0093). Dagegen liegt das dienstliche Interesse, und zwar sowohl vor wie auch nach Aufklärung, bei Verfehlungen auf der Hand, die zur Disziplinarstrafe der Entlassung führen. Denn darin kommen eine so erhebliche Unzuverlässigkeit und ein so schwerer Vertrauensbruch zum Ausdruck, dass der Verwaltung und der Allgemeinheit bis zur Klärung und zum Abschluss des Falles eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.

Es ist eine Suspendierung anderseits insbesondere dann unzulässig, wenn etwa bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1995, Zl. 94/09/0105). Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen zur Verfügung der Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive wie auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die für eine Suspendierung geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt (vgl. zum Ganzen etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. April 2004, Zl. 2001/09/0089, und vom 24. April 2006, Zl. 2003/09/0002, jeweils mit weiteren Nachweisen, zu dem mit § 94 DO weitgehend gleich lautendem § 112 Abs. 1 BDG 1979 und zu § 94 DO die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0006, vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0226, und vom 20. November 2001, Zl. 2000/09/0133).

Der Beschwerdeführer macht - wie bereits im Verwaltungsverfahren - Verjährung geltend und meint, die belangte Behörde hätte ihrer Entscheidung über seine Suspendierung bloß jene ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen zu Grunde legen dürfen, die der Dienstbehörde erst mit dem Einlangen der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos Burgenland (wegen des Verdachtes nach § 153a StGB (Geschenkannahme durch Machthaber)) am 9. November 2004 bekannt geworden seien. Dies seien bloß die Verdachtsmomente im Zusammenhang mit dem Bau seines Schwimmbades sowie mit der Entgegennahme von Geschenkgutscheinen. Das erstere Verdachtsmoment sei wenig substanziiert, weil es dem Beschwerdeführer gelungen sei, glaubhaft darzulegen, dass es hier bloß darum gegangen sei, sich die Mehrwertsteuer zu ersparen. Hinsichtlich der Entgegennahme von Geschenkgutscheinen sei von Bedeutung, dass es sich dabei jeweils nur um einen Wert unter S 1.000,-- bzw. EUR 72,67 handle, was der OGH als Geringfügigkeitsgrenze angesehen habe.

Der Beschwerdeführer stellt aber nicht in Frage, dass die jedenfalls nicht verjährten Verdachtsmomente, also jene, die in Pkt. 1) b und jene, die in Pkt. 2 des angefochtenen Bescheides für das Jahr 2002 umschrieben sind, für die mit dem angefochtenen Bescheid gegen ihn ausgesprochene Suspendierung grundsätzlich herangezogen werden durften.

In diesem Umfang sind die im angefochtenen Bescheid dargestellten Ermittlungsergebnisse der Sicherheitsbehörden auf nachvollziehbare Weise rückführbar und es war nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde angesichts der Ergebnisse von Zeugen- und Beschuldigteneinvernahmen vor dem Landesgendarmeriekommando Burgenland und dem Landesgericht Eisenstadt vom Vorliegen ausreichend substanziierter Verdachtsmomente ausging. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, im Jahr 2002 von verschiedenen Unternehmen Gutscheine entgegen genommen zu haben. Wenn er sich in dieser Hinsicht darauf beruft, es habe sich um Gutscheine im Wert von jeweils nur S 1.000,-- bzw. EUR 72,67 gehandelt, also Beträgen, die jeweils unterhalb der vom OGH angenommenen Geringfügigkeitsgrenze im Sinne des § 153a StGB lägen, so vermag auch dies das von der belangte Behörde angenommene Vorliegen von Verdachtsmomenten nicht in Zweifel zu ziehen.

Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht auf substanziierte Weise das Vorliegen des in Punkt 1) b gegen ihn erhobenen Verdachtes, im Zusammenhang mit der Errichtung eines Schwimmbades von Ing. B die dort angeführte Geldsumme verlangt zu haben. Die belangte Behörde durfte ohne Rechtsirrtum auch angesichts des - von ihr zu Recht als nicht ausreichend nachvollziehbar erachteten - Vorbringens des Beschwerdeführers, es sei ihm dabei nur darum gegangen, die Mehrwertsteuer zu ersparen, von einem für eine Suspendierung ausreichend schweren und ausreichend substanziierten Verdacht ausgehen.

Die gegen den Beschwerdeführer - im Verdachtsbereich - erhobenen Vorwürfe betreffen auch Verfehlungen des Beschwerdeführers von ausreichender Schwere, weil bei Vorliegen des Verdachtes der Geschenkannahme im Sinne des § 153a StGB gegen einen Beamten in der Position des Beschwerdeführers, der zuletzt im Controllingbereich einer großen Krankenanstalt tätig war, nicht zweifelhaft ist, dass seine Belassung im Dienst angesichts der Art der ihm zur Last gelegten Verhaltensweisen während seiner Karenzierung das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet wären.

Daher durfte die belangte Behörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung auch bei Zugrundelegung der jedenfalls nicht verjährten Verdachtsmomente den gegen den Beschwerdeführer vorliegenden Verdacht als ausreichend schwer erachten, weshalb im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in dieser Hinsicht nicht erblickt werden kann.

Mit seinem Beschwerdeeinwand, er sei zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen als Beamter karenziert gewesen, weshalb auch kein Anlass für die Disziplinarbehörden bestanden habe, hinsichtlich der gegen ihn erhobenen Vorwürfe einen Bezug zu dienstlichem Verhalten zu erblicken, zeigt der Beschwerdeführer ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Auch als karenzierter Beamter war der Beschwerdeführer nämlich - wie die belangte Behörde zutreffend aufzeigt - zur Einhaltung seiner allgemeinen Dienstpflichten, insbesondere der Vertrauenswahrung gemäß § 18 DO 1994 verpflichtet, weil er sich eben - ungeachtet seines Karenzurlaubes - noch in einem für den öffentlichen Dienst kennzeichnenden besonderen Treue- und Pflichtverhältnis befand und die Stadt Wien ihm gegenüber als ihrem Beamten auch in dieser Zeit besondere Fürsorgepflichten hatte (vgl. auch etwa die hg. Erkenntnisse vom 4. September 1989, Zl. 89/09/0076, und vom 16. Oktober 2001, Zl. 2000/09/0012).

Soweit sich der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung auf eine während laufender Erhebungen erfolgte ausgezeichnete Dienstbeschreibung berufen hat, verkennt er, dass dieser Umstand an den für den angefochtenen Bescheid maßgeblichen Verdachtsmomenten nichts zu ändern vermochte.

Nach dem Gesagten vermag der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden ist, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 22. November 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005090076.X00

Im RIS seit

21.12.2007

Zuletzt aktualisiert am

06.11.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten