TE Vwgh Erkenntnis 2007/11/27 2006/06/0175

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.11.2007
beobachten
merken

Index

24/01 Strafgesetzbuch;
25/02 Strafvollzug;

Norm

StGB §21 Abs2;
StVG §47 Abs1;
StVG §50;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des P A N in G, vertreten durch Dr. Hubert Niedermayr, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Grünmarkt 8, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Graz vom 10. Jänner 2006, Zl. Vk 46/05-5, betreffend eine Angelegenheit nach dem Strafvollzugsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verbüßt auf Grund strafgerichtlicher Verurteilungen eine Freiheitsstrafe und war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum in der Justizanstalt G-K untergebracht.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde einer Beschwerde des Beschwerdeführers gegen eine Entscheidung des Anstaltsleiters vom 5. September 2005 nicht Folge gegeben.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer wende sich gegen eine Entscheidung des Anstaltsleiters vom 5. September 2005, mit welcher er von seiner bisherigen Arbeit als Hausarbeiter der Abteilung B1 abberufen und der Arbeitsverwendung als Hausarbeiter im Unternehmerbetrieb II zugewiesen worden sei.

Auf Grund der Stellungnahme des Anstaltsleiters, insbesondere auf Grund der Ausführungen einer näheren bezeichneten Person, werde nachstehender Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer sei vom 16. Juni 2005 bis 5. September 2005 in der Abteilung Trakt I/B1 untergebracht und auf dieser Abteilung als Hausarbeiter in der Entlohnungsstufe A eingeteilt gewesen. Ab September 2005 sollte die Abteilung B1 als reine Sonderabteilung gemäß § 21 Abs. 2 StGB geführt werden, weshalb es notwendig gewesen sei, alle Insassen der Abteilung B1, die nicht dem Maßnahmenvollzug unterstellt gewesen seien, in andere Abteilungen zu verlegen. Da der Beschwerdeführer nicht dem Maßnahmenvollzug unterstellt gewesen sei, sei es notwendig gewesen, für ihn einen Ersatzarbeitsplatz zu finden, weshalb neben einem Haftraumwechsel ein Arbeitsplatzwechsel zum Unternehmerbetrieb II per 5. September 2005 erfolgt sei. Er sei in eine näher bezeichnete Abteilung verlegt und dem Unternehmerbetrieb II zugeteilt worden, wobei diese Zuteilung ebenfalls der Entlohnungsstufe A unterliege.

Nach Hinweis auf § 44 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 StVG heißt es begründend weiter, im Beschwerdefall sei seitens der Justizanstalt G-K nachvollziehbar dargestellt worden, weshalb die Abberufung des Beschwerdeführers von der Abteilung Trakt I/B1 notwendig gewesen sei, nämlich deshalb, weil diese Abteilung nunmehr mit Insassen geführt werden sollte, die dem Maßnahmenvollzug unterstellt gewesen seien. Dementsprechend sei davon auszugehen, dass der Wechsel der Beschäftigung des Beschwerdeführers zur zweckmäßigen Führung der Anstalt geboten gewesen sei. Der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, dass § 47 StVG einschränkend dahin zu interpretieren sei, dass rasche, unbegründete Wechsel des Arbeitsplatzes auch im Sinne des Auftrages zum sozialen Lernen, insbesondere einer gewissen Beharrlichkeit in der Verfolgung sozial anerkannter Ziele, nicht stattfinden sollten. Keineswegs aber sei eine Art der Definitivstellung darin zu erblicken. Ein subjektiv-öffentliches Recht, eine einmal gewählte Arbeitsstelle zu behalten, bestehe nicht (Hinweis auf Drexler, Kommentar zum Strafvollzugsgesetz, Rz 1 zu § 47 StVG).

Daraus ergebe sich, dass ein subjektiv-öffentliches Recht des Beschwerdeführers auf Unterbleiben des Wechsels der Arbeitszuweisung erst dann gegeben sei, wenn rasche und unbegründete Wechsel des Arbeitsplatzes erfolgten. Dementsprechend sei die Beschwerde unbegründet.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet. Kostenersatz wird nicht angesprochen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 (StVG), in der Fassung BGBl. I Nr. 136/2004, anzuwenden.

Im Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen des StVG von Bedeutung (der in § 50 genannte § 61 betrifft Arbeiten der Strafgefangenen in ihrer Freizeit in ihren Hafträumen und ist hier nicht relevant):

"Arbeitspflicht

§ 44. (1) Jeder arbeitsfähige Strafgefangene ist verpflichtet, Arbeit zu leisten.

(2) Zur Arbeit verpflichtete Strafgefangene haben die Arbeiten zu verrichten, die ihnen zugewiesen werden. Zu Arbeiten, die für die Strafgefangenen mit einer Lebensgefahr oder Gefahr schweren Schadens an ihrer Gesundheit verbunden sind, dürfen sie nicht herangezogen werden."

"Arbeitszuweisung

§ 47. (1) Bei der Zuweisung der Arbeit ist auf den Gesundheitszustand, das Alter, die Kenntnisse und Fähigkeiten des Strafgefangenen, die Dauer der Strafe, das Verhalten des Strafgefangenen im Vollzuge und sein Fortkommen nach der Entlassung, endlich auch auf seine Neigungen angemessene Rücksicht zu nehmen. Die Art der Beschäftigung darf nur geändert werden, wenn es zur sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Führung der Anstalt geboten ist.

(2) Zu Hausarbeiten sind Strafgefangene heranzuziehen, die sich gut führen und von denen ein Missbrauch dieser Stellung nicht zu befürchten ist.

(3) ..."

"Arbeitszeit und Arbeitsleistung

§ 50. (1) Das Ausmaß der Arbeitszeit ist den in der gewerblichen Wirtschaft üblichen Verhältnissen, soweit es sich aber um land- und forstwirtschaftliche Arbeiten handelt, den in der Land- und Forstwirtschaft üblichen Verhältnissen möglichst anzugleichen. Das Ausmaß der gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeit darf jedoch unbeschadet des im § 61 genannten Rechtes nicht überschritten werden.

(2) Soweit es die Art der Arbeit zulässt, hat der Anstaltsleiter unter Berücksichtigung der mittleren Leistung eines freien Arbeiters und der Arbeitsbedingungen in der Anstalt die Arbeitsleistung festzusetzen, die von einem Strafgefangenen an einem Arbeitstag zu erbringen ist.

(3) An Sonntagen und an den gesetzlichen Feiertagen hat die Arbeit zu ruhen, soweit sie nicht für die Anstaltswirtschaft oder für sonstige Fälle unaufschiebbaren Bedarfes der Anstalt oder deshalb notwendig ist, weil die Arbeit ihrer Art nach keine Unterbrechung duldet. Mit der gleichen Einschränkung dürfen Strafgefangene auch zu anderen Zeiten, für die nach ihrem Glaubensbekenntnis Arbeitsruhe geboten ist, nicht beschäftigt werden."

Der Beschwerdeführer bringt, wie schon im Verwaltungsverfahren, vor, er erleide durch den verfügten Arbeitsplatzwechsel einen beträchtlichen, sachlich nicht gerechtfertigten Einkommensverlust. Er sei nämlich an seiner früheren Arbeitsstelle von Montag bis Sonntag (einschließlich der Feiertage) täglich fünf Stunden beschäftigt gewesen, seine Arbeitszeit an seiner neuen Arbeitsstelle im Unternehmerbetrieb II beschränke sich aber von Montag bis Donnerstag jeweils auf fünf Stunden täglich. Von Freitag bis Sonntag (einschließlich der Feiertage) sei er nicht beschäftigt. Als unmittelbare Folge der Zuweisung zur neuen Arbeitsstelle reduziere sich seine Arbeitszeit auf etwa die Hälfte. Seitens der Justizanstalt Graz-Karlau sei der Wechsel der Arbeitsstelle damit begründet worden, dass die Abteilung B1 nunmehr von Insassen geführt werden solle, welche dem Maßnahmenvollzug unterstellt seien. Diese Argumentation sei allerdings nicht ausreichend, um die gegenständliche, für ihn sehr nachteilige Verfügung zu rechtfertigen. Tatsächlich wäre der Anstalt durch seine weitere Verwendung in seiner früheren Arbeitsstelle keinerlei finanzieller Nachteil entstanden, vielmehr hätten sich, wenn auch nicht unmittelbar messbare, deutliche Vorteile ergeben: er sei eingearbeitet und im Hinblick auf das Wach- und Betreuungspersonal bestens integriert. Man kenne ihn und seine Arbeitsweise und schätze seine Verlässlichkeit. Es sei fraglich, ob sich ein entsprechender Ersatz finden lasse und wenn ja, sei es gerade in den ersten Monaten sehr wahrscheinlich, wenn nicht gewiss, dass hier ein deutlicher Niveauabfall gegeben wäre. Ein Arbeitswechsel entspreche daher nicht dem Gebot der Zweckmäßigkeit, Effizienz und Interessenswahrung. Darauf sei die belangte Behörde aber nicht eingegangen.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Das StVG unterscheidet (ua.) zwischen der Art der Beschäftigung (siehe den vom Beschwerdeführer bezogenen § 47 Abs. 1 StVG) und dem Ausmaß der Arbeit bzw. Arbeitszeit (siehe § 50 StVG). Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers wird deutlich, dass er sich nicht primär gegen die Art der neuen Beschäftigung wendet, sondern vielmehr gegen die mit dem Wechsel verbundene Reduzierung des Ausmaßes der Beschäftigung, womit ein erheblicher Einkommensverlust verbunden sei. Ein subjektiv-öffentliches Recht des Strafgefangenen auf ein bestimmtes Ausmaß der Arbeitsleistung (oder darauf, dass ein solches Ausmaß nicht verändert werde) ist aber dem StVG nicht zu entnehmen (vgl. auch die Ausführungen in Drexler, Kommentar zum Strafvollzugsgesetz, Rz 1 zu § 50 StVG). Im Übrigen war im Beschwerdefall die Änderung der Arbeitszuweisung die Folge einer Organisationsänderung, wonach die Abteilung, in welcher der Beschwerdeführer zuvor untergebracht war, nur mehr als reine Sonderabteilung gemäß § 21 Abs. 2 StGB geführt werden sollte (was der Beschwerdeführer auch nicht bestreitet). Dass nun als Folge dieser Organisationsänderung Personen, die bislang in dieser Abteilung untergebracht waren und dort arbeiteten, aber nicht dem Maßnahmenvollzug unterstellt sind, was auf den Beschwerdeführer zutrifft (und was er auch nicht in Zweifel zieht), von dort verlegt werden sollen und ihnen dementsprechend eine neue Arbeitsstelle zugewiesen werden soll, kann im Lichte des § 47 Abs. 1 StVG nicht als bedenklich erkannt werden. Konkrete Hinweise dafür, dass die gegenständliche Organisationsänderung auf eine für den Beschwerdeführer diskriminierende Weise eingesetzt worden wäre, haben sich nicht ergeben.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. November 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060175.X00

Im RIS seit

10.01.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten