TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/12 2005/04/0244

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Veröffentlicht am 12.12.2007
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
16/02 Rundfunk;

Norm

B-VG Art140;
KOG 2001 §11;
ORF-G 2001 §13 Abs1;
ORF-G 2001 §13 Abs6;
ORF-G 2001 §36 Abs5;
ORF-G 2001 §37 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schenk, über die Beschwerde des Österreichischen Rundfunks (ORF) in Wien, vertreten durch Korn Frauenberger Rechtsanwälte OEG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 6. September 2005, Zl. 611.009/0042-BKS/2005, betreffend Verletzung des ORF-Gesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde unter Spruchpunkt I. fest, die beschwerdeführende Partei habe am 23. Mai 2005 im Rahmen der Sendung "GMÖ" im Radioprogramm Ö1 um ca. 7:51 Uhr durch die Ausstrahlung einer Werbung für die im ORF-Shop erhältliche CD-Reihe "Ö1-K" § 13 Abs. 6 ORF-Gesetz (ORF-G) verletzt.

Unter Spruchpunkt II. wurde die beschwerdeführende Partei gemäß § 37 Abs. 4 ORF-G in näher bezeichneter Weise zur Veröffentlichung der genannten Entscheidung und gemäß § 36 Abs. 5 leg. cit. zur Erbringung eines Nachweises in Form einer Aufzeichnung dieser Sendung verpflichtet.

In der Begründung verwies die belangte Behörde auf die Anzeige der KommAustria und stellte auf Grund der mit dieser Anzeige übermittelten Sendungsaufzeichnung fest:

"Im Rahmen der Sendung 'GMÖ' wird um 7:35 Uhr unter Angabe des Titels (8. Satz, Hornpipe aus der 1. Suite in F-Dur) und Nennung des Komponisten ein Stück von Georg Friedrich Händel gespielt. Im Anschluss nennt der Moderator nochmals Titel und Komponisten des Werks, sowie den Namen des Orchesters. Nachfolgend wird das Stück 'Trio für Blockflöte, Viola und Basso Continuo in F-Dur' von Georg Philipp Telemann gesendet. Auch hier gibt der Moderator Auskunft zu Titel und Komponisten des Stücks und nennt auch die Namen der einzelnen Musiker.

Angekündigt durch den Moderator folgt um etwa 7:47 Uhr das 'Allegro ma non tanto' von Johann Sebastian Bach. Im Anschluss um etwa 7:51 Uhr führt der Moderator aus: 'Allegro ma non tanto, der dritte Satz aus dem Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 in A-Dur, Bachwerkverzeichnis 1055 von Johann Sebastian Bach (...). Ganz ist dieses Werk in der CD-Reihe 'Ö1-K' enthalten. Mit dieser Sammlung können sie sich Monat für Monat eine klassische, musikalische Basisbibliothek aufbauen! Erhältlich über den ORF-Shop, shop.orf.at, zum Sonderpreis für Ö1 Clubmitglieder.'"

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 13 Abs. 6 erster Satz ORF-G eines der österreichweiten Hörfunkprogramme des ORF von Werbesendungen frei zu bleiben habe, dies sei unstrittig das Programm Ö1. Gegen dieses Gebot habe die beschwerdeführende Partei mit dem letztgenannten (in der Sachverhaltsfeststellung hervorgehobenen) Hinweis verstoßen, weil er eine Anregung zum Kauf der CD-Reihe "Ö1-K" mit der Ergänzung, Ö1 Clubmitglieder würden Sonderkonditionen in Form von Sonderpreisen genießen, enthalte. Die spezifische Nennung einer Bezugsquelle - des ORF-Shops - und die Kaufanregung seien nicht als redaktioneller Hinweis anzusehen, weil dieser Hinweis das Ziel verfolge, den Absatz von CD der CD-Reihe "Ö1-K" zu fördern und daher Eigenwerbung darstelle.

Die CD-Reihe "Ö1 K" stelle im Übrigen auch kein Begleitmaterial im Sinne des § 13 Abs. 5 ORF-G dar. Begleitmaterialien im Sinn der letztgenannten Bestimmung seien nämlich Produkte, die dazu bestimmt seien, die interaktive Nutzung der betreffenden Sendung zu ermöglichen, also etwa Zeitschriften oder eine CD, die sich auf den Inhalt einer speziellen Sendung beziehen. Dies treffe auf die gegenständlich beworbene CD-Reihe "Ö1-K" schon deshalb nicht zu, weil sie keine Zusammenstellung der in der konkreten Sendung gespielten Musikstücke enthalte, sondern darüber hinaus gehe und ganz allgemein eine Zusammenstellung der 100 bedeutendsten Werke der klassischen Musik umfasse. Da somit kein Hinweis auf Begleitmaterialien im Sinne des § 13 Abs. 5 ORF-G vorliege, könne dahingestellt bleiben, ob ein solcher geeignet wäre, das Werbeverbot des § 13 Abs. 6 erster Satz ORF-G zu verletzen.

Zu Spruchpunkt II. verwies die belangte Behörde im Wesentlichen auf die in diesem Spruchteil zitierten gesetzlichen Bestimmungen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorlegte und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Zu Spruchpunkt I.:

§ 13 ORF-G lautet:

"§ 13. (1) Der Österreichische Rundfunk kann im Rahmen seiner Hörfunk- und Fernsehprogramme Sendezeiten gegen Bezahlung für kommerzielle Werbung vergeben. Kommerzielle Werbung ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern.

...

(5) Soweit nach diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, setzt der Stiftungsrat auf Vorschlag des Generaldirektors den Umfang der Werbesendungen in den Programmen des Österreichischen Rundfunks fest. Sendezeiten für kommerzielle Werbung dürfen am Karfreitag sowie am 1. November und am 24. Dezember nicht vergeben werden. Für die Berechnung der höchstzulässigen Werbezeit nach diesem Bundesgesetz gelten Hinweise des Österreichischen Rundfunks auf eigene Programme und Sendungen sowie auf Begleitmaterialien, die direkt von diesen abgeleitet sind, sowie Beiträge im Dienste der Allgemeinheit und kostenlose Spendenaufrufe zu wohltätigen Zwecken nicht als Werbung.

(6) Eines der österreichweiten Programme des Hörfunks gemäß § 3 hat von Werbesendungen frei zu bleiben. ..."

In der Beschwerde bleibt der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt, insbesondere auch der Umstand, dass Ö1 jenes Hörfunkprogramm des ORF ist, das von Werbesendungen frei zu bleiben hat, unbestritten. Die beschwerdeführende Partei führt aus, der gesendete Hinweis sei nicht werblicher Art, sondern redaktioneller Natur, weil der ORF im Interesse der vollständigen Information der Hörer auf Detailinformationen betreffend Musikträger - hier auf den außergewöhnlichen Vertriebsweg - hinzuweisen habe. Selbst wenn der gegenständliche Hinweis als Eigenwerbung zu qualifizieren wäre, sei § 13 Abs. 6 ORF-G auf den gegenständlichen Hinweis nicht anwendbar, da sich diese Bestimmung lediglich auf die Vergabe von Werbezeit an Dritte beziehe. Auch der OGH habe in seinem Urteil 4Ob 407/81 ausgesprochen, dass Eigenwerbung des ORF nicht als in die Werbezeit einzurechnende kommerzielle Webung anzusehen sei.

Die beschwerdeführende Partei bringt weiter vor, § 13 Abs. 6 leg. cit. regle nur die Beschränkung von Werbezeiten, sodass sich der Begriff "Werbesendungen" lediglich auf solche Programmteile beziehe, für die eine Werbezeit im Sinn des § 13 Abs. 5 ORF-G zu vergeben wäre. Aus § 13 Abs. 5 ORF-G ergebe sich aber, dass sämtliche vom ORF im Rahmen des Unternehmensgegenstands zulässigerweise hergestellten und vertriebenen Produkte (um solche handle es sich gemäß § 9 Abs. 6 Z. 1 ORF-G bei der gegenständlichen CD-Reihe "Ö1-K") als Hinweis auf Begleitmaterialien von der Einrechnung in die Werbezeit auszunehmen seien.

Im vorliegenden Fall ist zunächst strittig, ob der gegenständliche Hinweis auf die CD-Reihe "Ö1-K" als Werbung im Sinne des § 13 Abs. 1 ORF-G anzusehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 14. November 2007, Zl. 2005/04/0167, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, mit der Frage auseinander gesetzt, ab wann eine Äußerung als Werbung im Sinne der letztgenannten Bestimmung anzusehen ist. Entscheidend ist demnach, ob die (gegen eine Gegenleistung bzw. für ein eigenes Produkt gesendete) Äußerung bzw. Darstellung insgesamt geeignet ist, das bislang uninformierte oder unentschlossene Publikum für den Erwerb dieses Produktes (Waren, Dienstleistungen) zu gewinnen, sodass auf das Ziel der Darstellung, nämlich den Absatz dieser Produkte zu fördern (§ 13 Abs. 1 ORF-G), geschlossen werden kann.

Vor diesem Hintergrund ist der Hinweis auf die CD-Reihe "Ö1- K" mit der belangten Behörde als Werbung im Hörfunk zu qualifizieren, hat doch der Radiomoderator im Anschluss an das gespielte Musikstück nicht bloß den Namen des Werkes und des Komponisten genannt hat, sondern die Zuhörer vor allem darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Musikstück als Teil einer CD-Reihe erhältlich sei mit der eine Basisbibliothek aufgebaut werden könne, wobei zusätzlich die Bezugsquelle genannt und Sonderkonditionen für Ö1-Clubmitglieder angekündigt wurden. Die letztgenannten Hinweise lassen berechtigter Weise den Schluss zu, die beschwerdeführende Partei habe damit beim uninformierten oder unentschlossenen Hörer besonderes Interesse an der CD-Reihe wecken und damit den Kauf ihres eigenen Produktes fördern wollen (vgl. zur Eigenwerbung im Sinne des § 13 Abs. 1 ORF-G auch Laiß, Werberegulierung der österreichischen Rundfunkmedien (2007), S. 204 ff).

Wenn die beschwerdeführende Partei meint, § 13 Abs. 6 ORF-G sei von vornherein nur auf Werbung für die Produkte Dritter, nicht aber auf die Eigenwerbung des ORF anwendbar, so ist ihr der Wortlaut dieser Bestimmung entgegen zu halten, der eine solche Einschränkung nicht vorsieht. Vielmehr betrifft § 13 Abs. 6 ORF-G "Werbesendungen" schlechthin, nach der Legaldefinition des § 13 Abs. 1 leg. cit. sohin auch Eigenwerbung. Daher ist mit dem Hinweis auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes 4 Ob 407/81, das noch zur Rechtslage des Rundfunkgesetzes erging, nichts zu gewinnen (vgl. zur mittlerweiligen Einbeziehung der Eigenwerbung unter den Begriff der Werbung im Sinne des § 13 ORF-G auch Laiß, aaO, S. 211).

Soweit die beschwerdeführende Partei schließlich § 13 Abs. 5 letzter Satz ORF-G ins Treffen führt und meint, der Hinweis auf die gegenständliche CD-Reihe, die entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde Begleitmaterial zur Radiosendung darstelle, gelte nach dieser Bestimmung nicht als Werbung, so verkennt die Beschwerde den Regelungsinhalt dieser Bestimmung. Hinweise auf Begleitmaterialien gelten gemäß § 13 Abs. 5 letzter Satz ORF-G nämlich nur "für die Berechnung der höchstzulässigen Werbezeiten" nicht als Werbung. Daher ist aus der letztgenannten Bestimmung für die Frage, ob die gegenständliche Textpassage unter den Begriff "Werbung" fällt, nichts zu gewinnen. Dass dieser Hinweis auf die CD-Reihe Werbung darstellt, wurde aber bereits dargelegt.

Zu Recht hat die belangte Behörde daher im vorliegenden Fall eine Verletzung des § 13 Abs. 6 ORF-G festgestellt.

Zu Spruchpunkt II.:

Was den Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides betrifft, so hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2006/04/0204, und darauf Bezug nehmend in weiteren Erkenntnissen ausgesprochen, dass er die Anordnung, die Beschwerdeführerin habe eine Entscheidung über die Verletzung des ORF-G zu veröffentlichen und hierüber Nachweise zu erbringen, nicht für rechtswidrig erachtet.

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 12. Dezember 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005040244.X00

Im RIS seit

04.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

28.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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