TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/18 2006/06/0226

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Veröffentlicht am 18.12.2007
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Index

L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §38;
AVG §73 Abs1;
BauO Tir 2001 §26 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde der Gemeinde A, vertreten durch DDr. Christian C. Schwaighofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 3. Juli 2006, GZ. Ve1-8-1/320-1, betreffend einen Antrag auf Devolution gemäß § 73 Abs. 1 AVG in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: GS in A, vertreten durch Stix Rechtsanwälte Partnerschaft in 6020 Innsbruck, Franz-Fischer-Straße 17), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aus den vorliegenden Akten ergibt sich zunächst zu dem im vorliegenden Fall zentralen Verfahrensablauf vor der erstinstanzlichen Behörde Folgendes:

Der Mitbeteiligte beantragte mit dem Baugesuch vom 10. Mai 2005 (bei der Beschwerdeführerin eingelangt am 12. Mai 2005) die Erteilung der Baubewilligung für ein Mehrfamilienhaus mit überdachten Abstellplätzen auf dem Grundstück Nr. 1031/8, KG A.

Aus einem Schreiben des Mitbeteiligten vom 5. Juli 2005 geht in der Folge hervor, dass er am 30. Juni 2005 mit dem Bürgermeister der Beschwerdeführerin u.a. über das Bauansuchen auf den Grundstücken Nr. 1031/8 gesprochen habe. Dabei habe sich herausgestellt, dass noch nicht geklärt sei, ob die Baumassendichte eingehalten werde. Fraglich sei, ob die beiden Aufschüttungen (im Osten unter dem Carport und neben dem Zubau) so für die Baumassendichte-Berechnung gültig seien. Es sei vereinbart worden, dass der Mitbeteiligte diese Frage mit dem Sachverständigen Dipl. Ing. M.S. von der Abteilung Raumordnung/Statistik des Amtes der Tiroler Landesregierung kläre.

Bei einer neuerlichen Besprechung mit dem Bürgermeister am selben Tag (5. Juli 2005) sei diesem Sachverständigen die detaillierte Baumassendichte-Berechnung vom 4. Juli 2005 überreicht worden. Dieser Sachverständige habe nach ihrer Durchsicht bestätigt, dass die Art und Weise der Berechnungen sowie die Geländeverschneidungen, die zur Bewertung der unter- und oberirdischen Baumasse herangezogen worden seien, korrekt seien.

Der Bürgermeister beauftragte den Mitbeteiligten mit Schreiben vom 20. Juli 2005 u.a. betreffend das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben den Baukörper als Modell (Baumassenmodell) darzustellen. Auch eine schlüssige, in den Maßen nachvollziehbare Fotomontage bzw. Computersimulation werde anerkannt. Die Planunterlagen reichten im Hinblick auf die Auswirkung auf das Ortsbild nicht aus. Die angrenzenden Bestandsobjekte sowie das Gelände bis zur östlichen Hangkante seien jedenfalls darzustellen.

Unbestritten (in den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich dazu nichts) fand die Präsentation der Ortsbildcomputersimulation am 28. Juli 2005 in Anwesenheit von 35 Personen statt.

In einem Aktenvermerk vom 5. August 2005 ist über ein Telefongespräch des Mitbeteiligten mit dem Bürgermeister festgehalten, es sei vereinbart worden, dass der Sachverständige Dipl. Ing. M.S. gemeinsam mit Dipl. Ing. M.U. ein Ortsbildgutachten erstellen solle. Die Gemeinde werde am Montag, den 8. August 2005 einen diesbezüglichen Auftrag erteilen.

Mit Schreiben vom 8. August 2005 ersuchte der Bürgermeister der Beschwerdeführerin das Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Raumordnung, zur ergänzenden Beurteilung des Bauvorhabens durch die Abgabe eines Ortsbildgutachtens.

Dieses Gutachten langte bei der Gemeinde am 12. August 2005 ein.

In dem Schreiben vom 22. August 2005 stellte der Mitbeteiligte das bisherige Verfahren seit dem 22. Juni 2004 bis zum 12. August 2005 dar und ersuchte im Hinblick auf die mittlerweile bereits erteilte Baubewilligung des Vorhabens auf dem nahe gelegenen Grundstück Nr. 1031/5 um Gleichbehandlung im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes und um Anberaumung einer Bauverhandlung ohne vorhergehende Erstellung bzw. Beschlussfassung eines ergänzenden Bebauungsplanes.

Aus dem weiteren, im Akt einliegenden Schreiben des Mitbeteiligten vom 24. Oktober 2005 an die Beschwerdeführerin geht hervor, dass ihm der Bürgermeister am 24. August 2005 mündlich mitgeteilt habe, er müsse, um einen positiven Baubescheid zu erlangen, folgende Änderungen des eingereichten Bauvorhabens vornehmen:

-

Tieferlegung des gesamten geplanten Projektes um 50 cm

-

Änderung der Dachform/Anbringung eines Walben (südlich) beim Satteldach des oberen Hauses

-

Einhaltung einer Baufluchtlinie von 5 m.

Der Bürgermeister und Teile des Gemeinderates würden diese Änderungen verlangen. Bei der Gemeinderatssitzung vom 13. Oktober 2005 habe sich der Mitbeteiligte - nach diesem Schreiben - erkundigt, wie es mit dm Bauverfahren stehe und ob das Ansuchen genehmigt werde. Der Bürgermeister habe hierauf erklärt, dass das Bauvorhaben genehmigt werde, wenn er die drei genannten Bedingungen einhalte. Der Mitbeteiligte habe dazu in diesem Schreiben angegeben, in welcher Form er sein Bauansuchen abändern würde (nämlich die Tieferlegung des Projektes um 25 cm und die Anbringung eines Walben beim oberen Haus).

Der Mitbeteiligte erhob mit Schreiben vom 14. November 2005 beim Gemeindevorstand der Beschwerdeführerin einen Devolutionsantrag betreffend das Bauansuchen vom 12. Mai 2005.

Der Gemeindevorstand der Beschwerdeführerin wies diesen Devolutionsantrag mit Bescheid vom 24. März 2006 ab, da die Verzögerung der Behandlung des Antrages nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen sei. Das Baugesuch sei am 12. Mai 2005 eingebracht worden. Mit Schreiben vom 5. Juli 2005 habe der Mitbeteiligte nach Klärung der Berechnung der Baumassendichte ausdrücklich um die Erstellung eines ergänzenden Bebauungsplanes gebeten. Der Bebauungsplan sei vom Raumplaner der Gemeinde umgehend erstellt und in der Sitzung des Gemeinderates vom 14. Juli 2005 behandelt worden. Es werde festgehalten, dass in diesem allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan neben dem gegenständlichen Wohnhaus auch die zwei geplanten Reihenhausanlagen, die ebenfalls vom Mitbeteiligten errichtet würden, enthalten gewesen seien.

Bei der Gemeinderatssitzung am 14. Juli 2005 sei vor der Genehmigung des Bebauungsplanes die Vorlage eines Baumassenmodells zur besseren Veranschaulichung beschlossen worden. Mit Schreiben vom 20. Juli 2005 sei der Mitbeteiligte beauftragt worden, die Baukörper modellhaft darzustellen oder statt dem Modell eine schlüssige Fotomontage vorzulegen. Am 28. Juli 2005 sei die Fotomontage den Anrainern und dem Gemeinderat präsentiert worden. Am 5. August 2005 habe der Bürgermeister mit dem Mitbeteiligten mündlich vereinbart, dass vom Amt der Tiroler Landesregierung ein Ortsbildgutachten erstellt werden solle. Am 8. August 2005 sei die Abteilung Raumordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung ersucht worden, ein solches Gutachten zu erstellen. Am 12. August 2005 sei das Gutachten im Gemeindeamt eingelangt.

Der Bürgermeister habe dem Mitbeteiligten mündlich mitgeteilt, dass das Bauansuchen in einigen Punkten zu ändern sei. Am 24. Oktober 2005 habe der Mitbeteiligte dazu schriftlich mitgeteilt, dass er diese Bedingungen nur teilweise erfüllen möchte.

Um den Baubeginn für die zwei Reihenhausanlagen nicht zu verzögern, seien in der Zwischenzeit auf Grundlage des Gutachtens diese Anlagen baubehördlich genehmigt worden. Am 14. November 2005 habe der Mitbeteiligte den Devolutionsantrag eingebracht. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Säumnis nicht auf ein Verschulden der Unterbehörde zurückzuführen sei. Der Bürgermeister sei bislang in diesem Verfahren seiner Entscheidungspflicht in gebotener Art und Weise ordnungsgemäß nachgekommen. Der Devolutionsantrag sei daher abzuweisen gewesen.

Die belangte Behörde gab der dagegen erhobenen Vorstellung des Mitbeteiligten mit dem angefochtenen Bescheid Folge, behob den bekämpften Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand. Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, § 26 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001) sehe eine Entscheidung spätestens innerhalb von 3 Monaten nach Einlangen des Bauansuchens vor, wenn keine Bauverhandlung durchgeführt werde. Werde ein Bauansuchen von der Baubehörde einer Prüfung unterzogen, bei der sich herausstelle, dass die vorgelegten planlichen Unterlagen Mängel aufwiesen bzw. weitere Unterlagen fehlten, so beginne die Devolutionsfrist erst mit dem Vorliegen ausreichender Pläne zu laufen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1986, Zl. 86/06/0186, u.a.).

Im vorliegenden Fall habe die säumige Behörde am 20. Juli 2005 einen Verbesserungsauftrag ohne Fristsetzung erteilt. Diesem Auftrag habe der Mitbeteiligte mit der Projektvorstellung am 28. Juli 2005 im kleinen Gemeindesaal entsprochen. Aktenkundig sei, dass in der vorliegenden Bausache keine mündliche Verhandlung stattgefunden habe und somit die dreimonatige Entscheidungsfrist zur Anwendung gelange. Der Mitbeteiligte habe am 24. Oktober 2005 ein Schreiben an die Beschwerdeführerin gerichtet, wonach er den vom Bürgermeister mündlich mitgeteilten Änderungswünschen nur bedingt nachkommen wolle. Da der Mitbeteiligte mit diesem Schreiben der Gemeinde lediglich Änderungsvorschläge unterbreitet habe, könne dieses Schreiben keinesfalls als "eine Antragsänderung im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG gesehen werden" (gemeint: offensichtlich als eine unzulässige Antragsänderung im Sinne des § 13 Abs. 8 AVG).

Bei der Prüfung des Verschuldens der erstinstanzlichen Behörde sei darauf Bedacht zu nehmen, ob die Behörde es rechtswidrigerweise unterlassen habe, unverzüglich einen Mängelbehebungsauftrag zu erteilen. Das Wort "unverzüglich" in § 13 Abs. 3 AVG ziele darauf ab, die Behörde zur umgehenden Prüfung der Mängelfreiheit des Antrages und der Vollständigkeit der Unterlagen zu verhalten. Die erläuternden Bemerkungen zu § 13 Abs. 3 AVG gingen von einer zulässigen Frist von vier Wochen aus, eine darüber hinausgehende Verzögerung begründe ein überwiegendes Verschulden der Behörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG. Im vorliegenden Fall sei das Bauansuchen am 12. Mai 2005 bei der Beschwerdeführerin eingebracht worden. Ein Verbesserungsauftrag sei am 20. Juli 2005, also rund 8 Wochen später, schriftlich erteilt worden. Im Sinne der vorstehenden Ausführungen lasse sich daraus ein Verschulden der Unterbehörde ableiten.

Ein weiteres Indiz für das Verschulden der erstinstanzlichen Behörde erkenne die belangte Behörde darin, dass die erstinstanzliche Behörde im konkreten Fall nach dem Einlangen des Ortsbildschutzgutachtens am 12. August 2005, mit dem im Übrigen die betreffenden Bauvorhaben grundsätzlich positiv beurteilt worden seien, bis zum Einbringen des Devolutionsantrages am 14. November 2005 untätig gewesen sei. Eine zwischenzeitlich erfolgte mündliche Mitteilung des Bürgermeisters gegenüber dem Mitbeteiligten, wonach die Genehmigung nur unter Einhaltung bestimmter Kriterien erteilt werden könne, könne nicht als Verbesserungsauftrag im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG qualifiziert werden. Der Gemeindevorstand der Beschwerdeführerin liste in der Bescheidbegründung die zeitliche Abfolge des Verfahrens auf, bleibe aber jede Erklärung schuldig, weshalb im vorhin genannten Zeitraum keine behördlichen Maßnahmen gesetzt worden seien. Auch dem vorliegenden Bauakt sei nicht zu entnehmen, warum auf Grund des positiv beurteilten Ortsbildgutachtens keine Entscheidung getroffen worden sei. Es bestand somit für den Gemeindevorstand kein Grund zur Abweisung des Devolutionsantrages.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt (die aber weder den verfahrensgegenständlichen Devolutionsantrag noch die erstinstanzliche Entscheidung des Gemeindevorstandes der Beschwerdeführerin enthalten). Ergänzend dazu holte der Verwaltungsgerichtshof die dem Verfassungsgerichtshof zu dessen Geschäftszahl B 622/07 vorgelegten Bauakten ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 erster Satz AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber 6 Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung geht, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird, auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Gemäß § 26 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (TBO 2001), hat die Entscheidung über ein Bauansuchen mit schriftlichem Bescheid spätestens innerhalb von drei Monaten nach dem Einlangen des Bauansuchens zu erfolgen, wenn keine Bauverhandlung durchgeführt wird.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, die Baubehörde erster Instanz habe erst am 20. Juli 2005 einen Verbesserungsauftrag ohne Fristsetzung erteilt. Die Baubehörde habe vielmehr zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt den hinsichtlich der Baumassenberechnung bestandenen Antragsmangel aufgegriffen und dem Mitbeteiligten eine entsprechende Verbesserung aufgetragen. Diesem Auftrag sei die mitbeteiligte Partei auch am 5. Juli 2005 nachgekommen.

Dazu ist festzustellen, dass ein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG betreffend die Baumassendichte-Berechnung nicht erfolgt ist. Aus dem im Akt einliegenden Schreiben des Mitbeteiligten vom 5. Juli 2005 ergibt sich lediglich, dass die Baumassendichte-Berechnung vom Bürgermeister als klärungsbedürftig angesehen wurde. Der in der Folge mit Schreiben vom 20. Juli 2005 erteilte Auftrag, die Baukörper als Modell (Baumassenmodell) darzustellen, stellt nach den eigenen zutreffenden Ausführungen der Beschwerdeführerin keinen Verbesserungsauftrag dar. Knapp vor Ablauf der in § 26 Abs. 1 TBO 2001 vorgesehenen Entscheidungsfrist erging dann das Ersuchen der erstinstanzlichen Baubehörde an das Amt der Tiroler Landesregierung, ein Ortsbildgutachten zu erstatten. Die erstinstanzliche Behörde ist somit in den ersten drei Monaten mit dem Auftrag vom 20. Juli 2005 und dem Ersuchen vom 8. August 2005, um Erstattung eines Gutachtens, tätig geworden. Nach Einlangen des Ortsbildgutachtens bei der Gemeinde am 12. August 2005 erfolgte lediglich mündlich am 24. August 2005 ohne Fristsetzung die Mitteilung des Bürgermeisters, dass das Ansuchen für eine positive Erledigung in bestimmter Hinsicht geändert werden müsste. Auf Grund einer entsprechenden Nachfrage des Mitbeteiligten in der Gemeinderatssitzung vom 13. Oktober 2005 erstattete der Mitbeteiligte einen eingeschränkten Änderungsvorschlag.

Schon allein auf Grund der Vorgangsweise der erstinstanzlichen Behörde in den ersten drei Monaten, also bis zum Einlangen des erwähnten Ortsbildgutachtens, ergibt sich, dass die belangte Behörde die verfahrensgegenständliche Verzögerung zutreffend auf ein überwiegendes Verschulden der erstinstanzlichen Baubehörde zurückgeführt hat. So hat die erstinstanzliche Baubehörde zur Baumassendichteberechnung jedenfalls keinen entsprechenden Verbesserungsauftrag erlassen, abgesehen davon, dass es überhaupt fraglich ist, ob es sich dabei um einen Mangel des Bauansuchens gehandelt hat. Der Mitbeteiligte hat vielmehr 6 Wochen nach Einbringung seines Bauansuchens das Gespräch mit der erstinstanzlichen Behörde gesucht, worauf ihm mitgeteilt wurde, dass die Frage der Baumassendichte-Berechnung von der Behörde noch nicht geklärt sei. Der Mitbeteiligte hat darauf 5 Tage später, am 5. Juli 2005, die detaillierte Baumassendichteberechnung vom 4. Juli 2005 vorgelegt, der der von der Erstbehörde benannte Amtssachverständige am selben Tag die Richtigkeit attestierte. Weitere zwei Wochen später sah es die erstinstanzliche Baubehörde als notwendig an - mittlerweile waren zwei Monate seit der Antragstellung vergangen -, dass noch ein Baumassenmodell zur besseren Veranschaulichung des Vorhabens vorgelegt werde. Der Mitbeteiligte entsprach diesem Auftrag innerhalb von 8 Tagen. Eine weitere Woche später, also eine Woche vor Ablauf der dreimonatigen Entscheidungsfrist, hielt es die erstinstanzliche Behörde für erforderlich, ein Ortsbildgutachten beim Amt der Tiroler Landesregierung einzuholen.

Allein aus diesem Verfahrensablauf ergibt sich das überwiegende Verschulden der erstinstanzlichen Behörde an der Verletzung der dreimonatigen Entscheidungspflicht gemäß § 26 Abs. 1 TBO 2001.

Was den weiteren Verfahrensablauf betrifft, die Zeit zwischen dem Einlangen des Ortsbildgutachtens (am 12. August 2005) bis zum Einlangen des Devolutionsantrages am 14. November 2005, ist festzustellen, dass eine mündliche Mitteilung der Behörde, das Bauansuchen müsse für eine positive Erledigung in bestimmter Hinsicht geändert werden, die weitere Untätigkeit der Behörde von drei Monaten in diesem Bauverfahren nicht rechtfertigt. Bei einer zügigen Abwicklung des Verfahrens hätte dem Mitbeteiligten unter Setzung einer kürzeren Frist auf Grund einer formellen Aufforderung die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, sein Bauansuchen zu ändern.

Die Beschwerdeführerin rechtfertigt diese Zeitspanne damit, dass gemäß § 54 Tiroler RaumordnungsG 2001 (TROG 2001) die Erlassung eines allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplanes erforderlich gewesen wäre, weil gemäß § 54 Abs. 5 TROG 2001 ohne das Vorliegen derartiger Pläne die Erteilung der Baubewilligung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen möglich sei. Es sei daher der Baubehörde nichts anderes übrig geblieben, als zuzuwarten, bis der Gemeinderat über die Frage der Notwendigkeit einer Bebauungsplanung entscheide. Dieser Umstand stelle ein gesetzliches Hindernis im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dar. Die Baubehörde sei jedenfalls berechtigt gewesen, das Verfahren gemäß § 38 AVG auszusetzen, um die Entscheidung des dafür zuständigen Gemeinderates abzuwarten. Es schade nicht, wenn die Behörde keinen formellen Aussetzungsbescheid erlassen habe.

Dem ist entgegenzuhalten, dass das Recht auf Entscheidung gemäß § 73 Abs. 1 AVG nicht als ein Recht auf positive Entscheidung über ein Ansuchen zu verstehen ist. Der Umstand, dass nach der anzuwendenden Rechtslage allenfalls ein inhaltliches Kriterium der positiven Erledigung des Ansuchens entgegenstand, rechtfertigt nicht die Untätigkeit einer Behörde. Soll der Partei die Möglichkeit eingeräumt werden, das Bauvorhaben zu ändern, damit es positiv erledigt werden könne, muss dies formell und unter Setzung einer angemessenen, eher kurzen Frist erfolgen. Das Vorliegen eines Bebauungsplanes, bei dem es sich um eine generelle Norm, nämlich eine Rechtsverordnung, handelt, stellt weiters im vorliegenden Verfahren keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Solange der Gemeinderat keinen allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan beschließt, ergibt sich für die Baubehörde daraus, dass vom Nichtvorliegen derartiger Pläne in dem bezüglichen Bauverfahren auszugehen ist. Dieser Umstand stellt entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kein gesetzliches Hindernis zur Entscheidung über das vorliegende Bauvorhaben dar, er hat lediglich Einfluss darauf, von welcher generellen Rechtslage in diesem Fall auszugehen ist bzw. wie darüber zu entscheiden ist.

Es kann daher auch nicht die Rede davon sein, dass die belangte Behörde zur fraglichen Säumnis der erstinstanzlichen Behörde ein nicht ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt hätte. Auch eine andere wesentliche Verfahrensverletzung kann der belangten Behörde nicht vorgehalten werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. Dezember 2007

Schlagworte

Verbesserungsauftrag BejahungPflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages Frist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006060226.X00

Im RIS seit

01.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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