TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/21 2007/17/0078

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Veröffentlicht am 21.12.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
27/04 Sonstige Rechtspflege;

Norm

GebAG 1975 §21 Abs2 Z1;
GebAG 1975 §37 Abs2;
GebAG 1975 §42 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des Mag. MP in Wien, vertreten durch Rechtsanwälte Pieler & Pieler & Partner KEG in 1010 Wien, Lichtenfelsgasse 5, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 5. Februar 2007, Zl. Jv 3682-33a/06, betreffend Bestimmung der Zeugengebühr (mitbeteiligte Parteien: 1. CA in M und 2. ME in M, vertreten durch Dr. Edwin Morent, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, war in einem zwischen den Mitbeteiligten anhängigen Zivilprozess für den 5. April 2006 als Zeuge geladen. Er kam dieser Zeugenladung nach.

Mit Antrag vom 13. April 2006 machte der Beschwerdeführer Stellvertreterkosten in der Höhe von EUR 744,48 geltend. Er legte eine Kostennote seines Substituten Rechtsanwalt Mag. I vom 10. April 2006 vor, in welcher es heißt, letzterer habe auftragsgemäß am 5. April 2006 vor Ort im Museum G interveniert und insbesondere die Sach- und Rechtslage mit Herrn Dr. B ausführlich erörtert.

Die Zweitmitbeteiligte erstattete eine Äußerung, in welcher sie die Abweisung des Antrages auf Bestimmung der Vertreterkosten als Zeugengebühr beantragte.

Mit Bescheid des Kostenbeamten beim Landesgericht Wiener Neustadt vom 15. September 2006 wurde die Zeugengebühr des Beschwerdeführers mit EUR 762,10 bestimmt. Hievon entfielen EUR 17,60 auf Fahrtkosten (von Wien nach Wiener Neustadt) sowie EUR 744,48 auf die geltend gemachten Vertreterkosten. Der Rechnungsführer wurde unter einem angewiesen, die bestimmten Gebühren aus Amtsgeldern zur Auszahlung zu bringen.

Gegen diesen Bescheid richtete sich eine Administrativbeschwerde der Revisorin. Der erstinstanzliche Bescheid wurde insoweit angefochten, als die geltend gemachten Vertreterkosten zuerkannt wurden.

Zu dieser Beschwerde der Revisorin erstattete der Beschwerdeführer eine inhaltliche Stellungnahme.

Sodann heißt es in dieser Eingabe:

"Für den Fall, dass das LG Wr. Neustadt dennoch der Rechtsmeinung der Revisorin folgt, verzichtet der Antragsteller ausdrücklich auf Vorauszahlung der Zeugengebühr aus Amtsgeldern. Damit fällt die Beschwer des Bundesschatzes weg. Mangels rechtlichen Interesses des Bundesschatzes ist die Beschwerde damit abzuweisen. Die Parteien des gegenständlichen Verfahrens haben sich nicht gegen die Bestimmung der Zeugengebühren in der bescheidmäßigen Höhe ausgesprochen und genießt auch keine der Parteien Verfahrenshilfe, sodass es auch so nicht zu einer Inanspruchnahme des Bundesschatzes kommen kann."

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. Februar 2007 wurde der Beschwerde der Revisorin Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass an Zeugengebühren lediglich EUR 17,60 für Reisekosten bestimmt wurden. Demgegenüber wurde das Begehren auf Zuspruch der Kosten eines Stellvertreters abgewiesen. Der Rechnungsführer wurde unter einem angewiesen, (lediglich) die nunmehr in geringerem Umfang bestimmten Gebühren aus Amtsgeldern zur Auszahlung zu bringen.

Nach Schilderung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, die Zeugenladung sei dem Beschwerdeführer am 20. März 2006 zugegangen. Er habe daher die Möglichkeit gehabt, hinsichtlich zu vereinbarender bzw. bereits vereinbarter Termine zu disponieren. Weder in seinem Antrag auf Zeugengebühren noch in seiner Stellungnahme zur Beschwerde der Revisorin seien Argumente vorgebracht worden, weshalb die auswärtige Besprechung nicht habe verlegt werden können. Hiezu sei es auch keinesfalls notwendig, die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht zu verletzen.

Die Möglichkeit, von der Bestimmung der Zeugengebühren abzusehen, sei nur dann gegeben, wenn mit Zustimmung der Parteien, die keine Verfahrenshilfe genössen, die vom Zeugen geltend gemachten Gebühren auch sofort bezahlt würden. Es spreche nichts dagegen, wenn Stellvertreterkosten von den Prozessparteien einvernehmlich getragen und bezahlt würden, im Rahmen einer gerichtlichen Bestimmung sei dies - da dies offenbar nicht geschehen sei - jedoch nicht möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die Zweitmitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in welcher gleichfalls die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 21 Abs. 2 Z 1, § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 42 Abs. 1 GebAG lauten (auszugsweise):

"§ 21. ...

     (2) Übersteigt die bestimmte Gebühr 100 EUR, so ist eine

schriftliche Ausfertigung der Entscheidung über die

Gebührenbestimmung außerdem zuzustellen

     1.        in Zivilsachen

     a)        den Parteien und

     b)        dem Revisor, sofern diese Gebühr nicht ganz aus

einem bereits erlegten Vorschuss gezahlt werden kann,

...

§ 22. (1) Gegen die Entscheidung über die Gebühr können der Zeuge und unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 die dort genannten Personen binnen 14 Tagen die Beschwerde an den Leiter des Gerichtes, hat aber dieser entschieden, an den Leiter des übergeordneten Gerichtshofs, ..., erheben. ...

...

§ 23. (1) Die Gebühr ist dem Zeugen aus den Amtsgeldern des Gerichtes, ist aber ein Kostenvorschuss erlegt worden, aus diesem kostenfrei zu zahlen.

...

§ 37. ...

(2) Verzichtet der Sachverständige auf die Zahlung der Gebühr aus den Amtsgeldern, so steht ihm in zivilgerichtlichen Verfahren eine höhere als die vorgesehene Gebühr dann zu, wenn die Parteien einvernehmlich der Bestimmung der Gebühr in dieser Höhe zustimmen oder wenn die Parteien durch einen Rechtsanwalt oder Notar vertreten sind und innerhalb der gemäß § 39 Abs. 1 letzter Satz festgesetzten Frist gegen die vom Sachverständigen verzeichnete Gebühr keine Einwendungen erheben.

...

§ 42. (1) Bei der Bestimmung der Sachverständigengebühren nach § 34 Abs. 1 oder § 37 Abs. 2 hat das Gericht, soweit die Zahlung nicht aus einem erliegenden Kostenvorschuss erfolgen kann, unter sinngemäßer Anwendung des § 2 Abs. 1 GEG 1962, BGBl. Nr. 288, auszusprechen, welche Partei zur Bezahlung der Gebühren an den Sachverständigen verpflichtet ist. Gegen diesen Beschluss ist der Rekurs zulässig. Ersucht der Sachverständige um die Einhebung des durch einen erliegenden Kostenvorschuss nicht gedeckten Betrags, so ist dieser nach den für die Einbringung der gerichtlichen Gebühren und Kosten geltenden Vorschriften für den Sachverständigen einzubringen. In den Fällen des § 34 Abs. 2 erster Satz sind dem Sachverständigen die Gebühren, soweit die Zahlung nicht aus einem erliegenden Kostenvorschuss erfolgen kann, aus den Amtsgeldern des Gerichtes zu zahlen. ..."

In den Erläuterungen zu § 21 Abs. 2 GebAG idF BGBl. Nr. 343/1989 (888 BlgNR XVII. GP, 28) heißt es:

"Die Einführung einer Rechtsmittelbefugnis des Revisors und der Parteien bei der Bestimmung der Zeugengebühr erscheint geboten, um die Interessen des Bundes bzw. der Parteien entsprechend wahrnehmen zu können."

In seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof verweist der Beschwerdeführer u.a. darauf, dass durch seine Erklärung betreffend den Verzicht auf Auszahlung der Gebühren aus Amtsgeldern die Beschwer des Bundesschatzes, zu deren Verfolgung die Einrichtung der Administrativbeschwerdemöglichkeit der Revisorin erfolgt sei, jedenfalls weggefallen sei. Schon damit zeigt er eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Zwar enthält das GebAG für den Verzicht auf die Auszahlung von Zeugengebühren aus Amtsgeldern - anders als für denselben in Ansehung von Sachverständigengebühren; vgl. hiezu das Regelungssystem des § 37 Abs. 2 i.V.m. § 42 Abs. 1 GebAG - keine ausdrücklichen Regelungen. Jedoch ist von der grundsätzlichen Zulässigkeit eines Verzichtes auch auf im öffentlichen Recht gegründeter Ansprüche auszugehen (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 9. April 1984, Zl. 83/12/0059). Ein Verzicht auf Auszahlung von Zeugengebühren aus Amtsgeldern macht auch durchaus Sinn, kann doch diesfalls dessen ungeachtet eine (teilweise) Auszahlung bestimmter Zeugengebühren aus einem erliegenden Kostenvorschuss oder aus einem - in der Praxis der Gerichte durchaus nicht unüblichen - erst nach Durchführung von Zeugenvernehmung und Gebührenbestimmung erlegten nachträglichen "Kostenvorschuss" in Betracht kommen.

Geht man im Sinne der vorstehenden Ausführungen von der Zulässigkeit eines Verzichts auf Auszahlung von Zeugengebühren aus Amtsgeldern aus, so ist - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - infolge Eintritts der dafür umschriebenen Bedingung (die belangte Behörde folgte im angefochtenen Bescheid der Rechtsansicht der Revisorin) der Verzicht des Beschwerdeführers auf Auszahlung der vom Kostenbeamten bestimmten Gebühren aus Amtsgeldern (unter dem vom Beschwerdeführer verwendeten Begriff "vorschussweise" kann in diesem Zusammenhang nur eine Zahlung vor und damit an Stelle der Entrichtung der Gebühren durch die Parteien oder aus einem von diesen erlegten Kostenvorschuss gemeint sein) wirksam geworden.

Wie der Gesetzeswortlaut im Zusammenhalt mit den oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zeigt, dient die dem Revisor in § 21 Abs. 2 Z 1 GebAG eingeräumte Legitimation zur Einbringung einer Administrativbeschwerde ausschließlich der Verfolgung der Interessen des Bundesschatzes. Es ist dem Beschwerdeführer daher auch beizupflichten, wenn er die Auffassung vertritt, dass mit Wirksamkeit des Verzichts auf Auszahlung der vom Kostenbeamten bestimmten Zeugengebühren aus Amtsgeldern die Beschwerdelegitimation der Revisorin (nachträglich) weggefallen ist. Die belangte Behörde hätte die dadurch unzulässig gewordene Administrativbeschwerde der Revisorin daher zurückzuweisen gehabt.

Indem die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Festzuhalten ist freilich, dass eine Auszahlung der bestimmten Gebühren aus Amtsgeldern infolge Verzichts des Beschwerdeführers nicht zu erfolgen haben wird. Die - nicht Teil des Gebührenbestimmungsbescheides bildende - Auszahlungsanordnung aus Amtsgeldern wird daher durch den Kostenbeamten dem Verzicht entsprechend zu adaptieren sein. Eine Auszahlung von Gebühren an den Beschwerdeführer durch die Justizverwaltungsbehörden wird wohl nur mehr im Fall des Erlages eines - allenfalls nachträglichen - "Kostenvorschusses" durch eine der Parteien in Betracht kommen (zumal § 42 Abs. 1 GebAG für Zeugengebühren nicht gilt).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 21. Dezember 2007

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Rechtsgrundsätze Verzicht Widerruf VwRallg6/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007170078.X00

Im RIS seit

07.02.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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