TE Vfgh Beschluss 2008/12/11 U413/08

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Veröffentlicht am 11.12.2008
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
VfGG §82 Abs1

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags mangels Vorliegen einesunvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignisses bei Erkrankung desRechtsanwaltes; Zurückweisung der Beschwerde als verspätet

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Mit dem am 17. Oktober 2008 zur Post gegebenen Schriftsatz

begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde und erhebt unter einem Beschwerde gegen die Entscheidung des Asylgerichthofes, Z C7 318403-1/2008/2E, vom 18. August 2008.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages führt er im Wesentlichen aus, dass der Rechtsvertreter erst am 29. September 2008 mit der Abfassung einer Beschwerde an das Höchstgericht beauftragt worden ist, in der Folge erkrankte und am 1. und 2. Oktober nicht in der Lage gewesen sei, das Rechtsmittel auszuführen.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen

die Versäumung der Beschwerdefrist ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144a B-VG wegen Versäumung einer Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 VfGG die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden.

a) Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg. 9817/1981, 14.639/1996, 15.913/2000 und 16.325/2001 mwN).

Aus §39 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ergibt sich, dass das Verschulden des Bevollmächtigten eines Beschwerdeführers einem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten ist.

b) Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung muss gemäß §148 Abs2 ZPO innerhalb von vierzehn Tagen gestellt werden. Diese Frist beginnt mit dem Tage, an welchem das Hindernis, welches die Versäumung verursachte, weggefallen ist; sie kann nicht verlängert werden. Zugleich mit dem Antrag ist dem §149 Abs1 ZPO zufolge auch die versäumte Prozesshandlung nachzuholen.

2. Das Hindernis für die rechtzeitige Einbringung der Beschwerde gemäß Art144a B-VG fiel am 3. Oktober 2008 weg. Mit dem am 17. Oktober 2008 zur Post gegebenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde daher diese Frist gewahrt.

3. Jedoch kann von einem minderen Grad des Versehens seines Bevollmächtigten im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden.

Gemäß §14 RAO hat der Rechtsanwalt nämlich die Möglichkeit, im Verhinderungsfalle einen anderen Rechtsanwalt unter gesetzlicher Haftung zu substituieren. Die Erkrankung des vertretenden Rechtsanwaltes kann für sich allein niemals Grund für eine Wiedereinsetzung sein. Nur dann, wenn zufolge der Krankheit die Dispositionsfähigkeit des Rechtsanwaltes ausgeschlossen wäre, wenn er also zufolge der Krankheit nicht einmal mehr für eine Stellvertretung sorgen könnte, wäre die Erkrankung ein Ereignis, auf Grund dessen es unmöglich wäre, die versäumte Frist einzuhalten (vgl. VfSlg. 16.526/2002 und OGH 10.1.2002 15 Os 163/01 uHa. VfSlg. 8801/1980).

Der Antragsteller behauptet im Wiedereinsetzungsantrag, dass er am 1. und 2. Oktober 2008 nicht in der Lage war, die Beschwerde auszuführen. Als Bescheinigungsmittel legt er eine ärztliche Bestätigung vom 15. Oktober 2008 vor, aus welcher hervorgeht, dass der Rechtsvertreter an diesen Tagen "wegen Erkrankung nicht ausgehfähig war". Dass die krankheitsbedingte Verhinderung des Rechtsanwaltes im konkreten Fall dergestalt gewesen sei, dass er nicht für eine Vertretung Vorsorge treffen hätte können, wurde im Wiedereinsetzungsantrag nicht einmal behauptet, noch ergibt es sich aus der ärztlichen Bestätigung.

4. Damit lagen aber die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vor, weshalb der darauf gerichtete Antrag abzuweisen war.

III. Die Beschwerde wurde erst nach Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist (§82 Abs1 VfGG) eingebracht und ist somit als verspätet zurückzuweisen.

IV. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2 litb VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Fristen, Beschwerdefrist

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:U413.2008

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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