TE Vwgh Erkenntnis 2008/1/31 2004/06/0022

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Veröffentlicht am 31.01.2008
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Index

L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
BauO Tir 2001 §45 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der Außenwerbung Dr. H AG in Wien, vertreten durch Tramposch & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Franz-Fischer-Straße 17a, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 5. Jänner 2004, Zl. II-AL-78e/2003, wegen Untersagung der Aufstellung von Werbetafeln, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit einem am 6. März beim Stadtmagistrat Innsbruck eingelangten Schreiben vom 5. März 2003 zeigte die Beschwerdeführerin die Errichtung einer Werbetafel auf einem näher bezeichneten Grundstück in der KG H in I an.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen die Untersagung der angezeigten Errichtung der Werbetafel durch den Stadtmagistrat Innsbruck keine Folge gegeben.

Begründend wurde ausgeführt, im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren habe das Stadtplanungsamt/Magistratsabteilung III - Planung und Baurecht mit schriftlicher Stellungnahme vom 7. April 2003 dargelegt, dass der Aufstellungsort der Werbetafel nach dem geltenden Flächenwidmungsplan als Sonderfläche/Sportanlage gewidmet sei. Für den gegenständlichen Bereich F-Weg zwischen S-Weg und Flughafen bestehe ein Werbetafelkonzept der Stadtplanung. Es sei unter besonderer Berücksichtigung des Orts- und Straßenbildes des Einfallstores Flughafen/Stadtzentrum erstellt. Danach hätten vier Werbeträger insgesamt zwölf Werbetafeln errichtet. Das Konzept sei diesen Werbeträgern bekannt. Auf dem gegenständlichen Bauplatz würden dem Vorhaben der Beschwerdeführerin zufolge zwei Werbetafeln am Straßenrand entfernt. Der beantragte Standort für eine neue Werbetafel befinde sich an der östlichen Grundgrenze, ca. 12 m vom Straßenrand entfernt mit senkrechter Anordnung zur Straße. Diese senkrechte Anordnung zur Straße sei gemäß dem genannten Werbetafelkonzept F-Weg nicht vorgesehen. Die grundsätzlich gegebene Beeinträchtigung der Orts- und Straßenbilder durch Großtafeln als Werbeeinrichtung, besonders wie in einem hier gegebenen städtebaulich qualitätsvollen Bereich, werde durch die gesteigerte Wahrnehmbarkeit dieser Anordnung vergrößert und somit aus der Sicht der Straßenbenützer erheblich erhöht und es ergebe sich daraus auf Grund der Größe, Farbgestaltung und Form dieser Werbeeinrichtung eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes in diesem Bereich.

Die beschwerdeführende Partei habe diese gutachtliche Stellungnahme durch die bloße Behauptung, das Vorhaben würde das Orts- und Straßenbild nicht beeinträchtigen, auf fachlicher Ebene nicht zu entkräften vermocht. Auch sei sie bis zum heutigen Tage das von ihr in der Berufung angekündigte Privatsachverständigengutachten schuldig geblieben. Daher sei davon auszugehen, dass durch das zur Anzeige gebrachte Werbeschild eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes stattfinde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Gesetzesbestimmungen der Tiroler Bauordnung 2001 (LGBl. 94; TBO 2001) idF LGBl. 89/2003 lauten:

"§ 45 Werbeeinrichtungen, Zulässigkeit und Verfahren

(1) Die Errichtung, Aufstellung und Änderung von frei stehenden Werbeeinrichtungen innerhalb geschlossener Ortschaften ist der Behörde schriftlich anzuzeigen, sofern hiefür nicht eine Bewilligung nach § 14 Abs. 1 lit. e des Tiroler Stadt- und Ortsbildschutzgesetzes 2003 erforderlich ist.

...

(3) Die Errichtung, Aufstellung oder Änderung einer anzeigepflichtigen Werbeeinrichtung ist unzulässig, wenn durch die Materialbeschaffenheit, Größe, Form, Farbe oder Lichtwirkung der Werbeeinrichtung das Orts- oder Straßenbild erheblich beeinträchtigt würde.

(4) Die Behörde hat die angezeigte Errichtung, Aufstellung oder Änderung einer Werbeeinrichtung zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Vorhaben nach Abs. 3 unzulässig ist, so hat die Behörde dessen Ausführung innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Anzeige mit schriftlichem Bescheid zu untersagen. Sind zur Wahrung der nach Abs. 3 geschützten Interessen Auflagen, Bedingungen oder eine Befristung notwendig, so hat die Behörde innerhalb derselben Frist die Zustimmung zur Ausführung des angezeigten Vorhabens mit schriftlichem Bescheid mit entsprechenden Auflagen, unter entsprechenden Bedingungen oder befristet zu erteilen. Besteht Grund zur Annahme, dass ein Bescheid nach dem zweiten oder dritten Satz nicht fristgerecht rechtswirksam zugestellt werden kann, so hat ihn die Behörde nach § 23 des Zustellgesetzes ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen."

Die belangte Behörde legt ihrer Entscheidung die Rechtsansicht zu Grunde, dass die Errichtung der Werbetafel unzulässig sei, weil das Orts- oder Straßenbild durch diese erheblich beeinträchtigt werde. Dazu stützt sie sich auf die angeführte, bereits dem Verfahren erster Instanz zu Grunde gelegte Stellungnahme des Stadtplanungsamtes. Ein Vorbringen der beschwerdeführenden Partei auf gleicher fachlicher Ebene sei nicht erfolgt.

Die beschwerdeführende Partei erachtet den Bescheid als rechtswidrig, weil die gutachterliche Stellungnahme unrichtig und völlig kritiklos übernommen worden und völlig falsch sei. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes liege im vorliegenden Fall nicht vor. Auch habe die Beschwerdeführerin diese Stellungnahme im Verwaltungsverfahren nicht erhalten und somit keine Gelegenheit eingeräumt bekommen, sich dazu zu äußern.

Zwar wurde die Stellungnahme im erstinstanzlichen Bescheid vom 24. April 2003 zur Gänze zitiert, sodass die Beschwerdeführerin Gelegenheit hatte, in ihrer Berufung dazu Stellung zu nehmen. Jedoch ist die Frage, ob dem Vorhaben der Errichtung eines Werbeträgers Interessen des Ortsbildschutzes entgegenstehen, im Verwaltungsverfahren durch ein in Befund und Gutachten gegliedertes Sachverständigengutachten zu klären, welches die Einflüsse des Gebäudes auf das Ortsbild darlegt und die getroffene Schlussfolgerung ausreichend begründet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1998, Zl. 95/06/0007). Dabei muss der Befund eine detaillierte Beschreibung der örtlichen Situation, möglichst untermauert durch Planskizzen oder Fotos, enthalten. Die charakteristischen Merkmale der für die Beurteilung einer allfälligen Störung in Betracht kommenden Teile des Ortsbildes und Landschaftsbildes müssen durch das Gutachten erkennbar sein (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 21. November 2002, Zl. 2002/07/0046, ebenfalls zur Frage der Störung des Orts- und Landschaftsbildes durch ein Vorhaben). Die Frage, ob Werbeeinrichtungen das Orts- oder Landschaftsbild beeinträchtigen, ist deshalb Gegenstand des Beweises durch Sachverständige, weil nur der Sachverständige auf Grund seines Fachwissens in der Lage ist, objektive Beurteilungsmaßstäbe heranzuziehen. Aufgabe der entscheidenden Behörde ist es, das Gutachten auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 2007, Zl. 2004/06/0038).

Die Stellungnahme der Magistratsabteilung III genügt diesen Anforderungen nicht. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sind aus der Stellungnahme keine ausreichenden, objektivierten Anhaltspunkte für die Ortsbildunverträglichkeit der zu errichtenden Werbetafel zu gewinnen. Weder werden der Einfluss der geplanten baulichen Maßnahme auf das Ortsbild erhoben, noch die getroffene Wertung ausreichend begründet. Auch wurden keine Angaben zur Werbetafel erhoben, eine Beeinträchtigung des Ortsbildes jedoch auf deren Größe, Farbgestaltung und Form der Werbeeinrichtung zurückgeführt. Die bloße Feststellung, die senkrechte Anordnung zur Straße sei im Werbetafelkonzept F-Weg nicht vorgesehen, reicht nicht aus, um eine Beeinträchtigung des Orts- und Straßenbildes zu begründen. In dieser Hinsicht ist auf das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2005, Zl. 2004/06/0089, zu verweisen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof dargelegt hat, dass der Verweis auf den Inhalt einer nicht näher offen gelegten "Richtlinie" nicht geeignet ist, die notwendige Begründung eines Gutachtens zu ersetzen, weil der Verwaltungsgerichtshof daran gehindert ist, die Schlüssigkeit eines derart begründeten Gutachtens zu überprüfen. Dies gilt im vorliegenden Fall für das in der gutachtlichen Stellungnahme verwiesene, nicht näher offen gelegte "Werbetafelkonzept".

Da der bekämpfte Bescheid sich lediglich auf diese Stellungnahme stützt, war er wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das Mehrbegehren war im Hinblick darauf abzuweisen, dass die in der angeführten Verordnung normierten Pauschbeträge die Umsatzsteuer einschließen.

Wien, am 31. Jänner 2008

Schlagworte

Anforderung an ein GutachtenBeweiswürdigung Wertung der BeweismittelBeweismittel SachverständigengutachtenSachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild LandschaftsbildBeweismittel Sachverständigenbeweis Technischer Sachverständiger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2004060022.X00

Im RIS seit

06.03.2008

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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