TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/27 2004/13/0129

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Veröffentlicht am 27.02.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der T Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch die Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 24. August 2004, Zl. RV/1137-W/04, betreffend vorläufige Festsetzung der Körperschaftsteuer 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einer "Mitteilung" vom 11. Dezember 2003 an das Finanzamt wurde seitens der beschwerdeführenden GmbH vorgebracht, angesichts "der nunmehr beendeten Betriebsprüfung, angesichts des Verkaufs unseres gesamten Vermögens zum 31.12.2001 und angesichts der Beendigung der gesamten Tätigkeit unserer Gesellschaft in Österreich besteht seit 31.12.2001 in Österreich keine Betriebsstätte mehr, sodass die unbeschränkte Steuerpflicht unserer Gesellschaft in Österreich weggefallen ist". Die Betriebsstätte sei mit 31. Dezember 2001 nach Italien (Südtirol) verlegt worden, wobei dies nunmehr auch rechtlich durchgeführt worden sei. Eine österreichische Steuerpflicht sei somit ab 1. Jänner 2002 nicht mehr gegeben.

In den vorgelegten Verwaltungsakten befindet sich eine Körperschaftsteuererklärung für 2002 samt dem Ausdruck eines Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2002. In der Gewinn- und Verlustrechnung für den Zeitraum 1. Jänner bis 31. Dezember 2002 ist lt. Jahresabschluss ein positives Gesamtergebnis von 4.454,35 EUR ausgewiesen. Dieser Betrag (offensichtlich versehentlich als "Verlust" tituliert) findet sich auch in der Körperschaftsteuererklärung 2002 - unter Hinweis auf die beiliegende Bilanz zum 31. Dezember 2002 - als Ausgangspunkt für die Berechnung der Einkünfte. Abzüglich eines Betrages für Körperschaftsteuer in Höhe von 16.217,69 EUR und zuzüglich eines Betrages von 21.386,49 EUR für einen "Verlust Zweigniederlassung Berlin" sind in der Körperschaftsteuererklärung 2002 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.623,15 EUR ausgewiesen.

In den vorgelegten Verwaltungsakten liegt ein Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom 4. Juni 2004 ein, der den Zusatz "Gem. § 200 (1) BAO vorläufiger Bescheid" aufweist. In diesem Bescheid wird das Einkommen für das Jahr 2002 in Höhe von 9.623,15 EUR festgesetzt und die darauf entfallende Körperschaftsteuer gemäß § 22 KStG 1988 mit einem Prozentsatz von 34 v.H. mit einem Betrag von 3.271,87 EUR ausgewiesen. Abzüglich einer "anrechenbaren Mindestkörperschaftsteuer" in Höhe von 1.521,87 EUR ergibt sich ein Betrag an Körperschaftsteuer in Höhe von 1.750 EUR, welcher der "vorläufig für 2002" festgesetzten Körperschaftsteuer entspricht. In der Begründung zum Körperschaftsteuerbescheid 2002 ist der Hinweis enthalten, dass für die nächsten Veranlagungsjahre ein Betrag von 1.978,05 EUR als anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer zur Verfügung stehe.

Weiters enthält die Begründung den Satz: "Auf die Begründung des Körperschaftsteuerbescheides 2001 wird verwiesen".

Mit dem - ebenfalls in den Verwaltungsakten einliegenden - Körperschaftsteuerbescheid 2001 wurde die Körperschaftsteuer vorläufig mit 3.499,92 EUR festgesetzt, wobei dieser Betrag lt. Begründung (die Beschwerdeführerin war offensichtlich Organträgerin) der Mindestkörperschaftsteuer nach § 24 Abs. 4 Z 1 KStG 1988 entsprach. In der Bescheidbegründung ist weiters der Hinweis enthalten, dass für die nächsten Jahre 48.160 S (das entspricht 3.499,92 EUR) als anrechenbare Mindestkörperschaftsteuer zur Verfügung stehen. Im Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2001 wird weiters ausgeführt, bis zur Vorlage der deutschen Steuerbescheide ergehe die Veranlagung 2001 vorläufig. Auf die Ausführungen im (nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen) "Bp-Bericht" werde verwiesen.

Gegen den vorläufigen Körperschaftsteuerbescheid 2002 vom 4. Juni 2004 erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 12. Juni 2004 Berufung. Wie der Finanzbehörde bekannt und auch aus der Gewinn- und Verlustrechnung zu entnehmen sei, sei die beschwerdeführende Gesellschaft seit 1. Jänner 2002 in Österreich nicht mehr werbend tätig. Die Geschäftsleitung sei nach Italien verlegt worden und nach den Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens Österreichs mit Italien (BGBl 125/1985, im Folgenden: DBA-Italien) sei eine Gesellschaft in jenem Staat steuerpflichtig, in dem sich ihre "tatsächliche Geschäftsleitung" befinde (Art. 4 Abs. 3 DBA-Italien). Wegen des in Wien verbliebenen juristischen Sitzes der Beschwerdeführerin sei diese zwar grundsätzlich unbeschränkt steuerpflichtig, dies könne aber angesichts der eindeutigen Bestimmung des Doppelbesteuerungsabkommens körperschaftsteuerrechtlich keine Auswirkungen haben, "nicht einmal für die Festsetzung der Mindestkörperschaftsteuer". Es werde daher der Antrag gestellt, den bekämpften Bescheid dahingehend zu ändern, dass die Körperschaftsteuer 2002 "mit Null" festgesetzt werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab (der erstinstanzliche Bescheid bleibe unverändert). In den Entscheidungsgründen wird einleitend ausgeführt, das Finanzamt habe "ausgehend von der eingereichten Erklärung unter Zugrundelegung eines Einkommens in Höhe von 9.623,15 EUR die Körperschaftsteuer 2002 vorläufig in Höhe der Mindestkörperschaftsteuer" festgesetzt. Nach einem Zitat der Bestimmungen des § 24 Abs. 1 Z 1 und 4 KStG 1988 idF BGBl. I Nr. 155/2002 wird im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides darauf hingewiesen, dass nach dieser gesetzlichen Regelung ausgehend vom Stammkapital der GmbH die Mindestkörperschaftsteuer für das Jahr 2002 1.750 EUR betragen habe. Nach Art. 7 Abs. 1 des DBA-Italien dürften Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaates nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte ausübe. Übe das Unternehmen seine Tätigkeit in dieser Weise aus, so dürften die Gewinne des Unternehmens in dem anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden könnten.

Nach einem Zitat des Urteils des EuGH vom 18. Jänner 2001, C- 113/99, (zur Gemeinschaftsrechtskonformität der Mindestkörperschaftsteuer) wird im angefochtenen Bescheid zum Berufungsbegehren ausgeführt, das Doppelbesteuerungsabkommen enthalte Zuteilungsregeln, die das Besteuerungsrecht für bestimmte Einkünfte den einzelnen Vertragsstaaten zuwiesen. Für die Erhebung der Mindestkörperschaftsteuer sei das Erzielen bestimmter Einkünfte jedoch nicht erforderlich (die Mindestkörperschaftsteuer werde auch dann erhoben, wenn keine Geschäftstätigkeit ausgeübt werde, wenn keine Einkünfte oder wenn Verluste erzielt würden sowie wenn sich ein Unternehmen in Liquidation oder im Konkurs befinde; Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Februar 1995, 95/15/0016). Durch die Erhebung der Mindestkörperschaftsteuer sei daher nicht das Besteuerungsrecht für bestimmte von der Beschwerdeführerin erzielte Einkünfte beansprucht worden, weshalb ein Konflikt zum Doppelbesteuerungsabkommen nicht gegeben sei. Da der von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverstoß nicht vorliege, sei die Berufung abzuweisen gewesen.

In der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem "Recht auf Freiheit von der Mindestkörperschaftsteuer verletzt, weiters im Recht auf Erlassung eines endgültigen Bescheides".

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie einer Replik durch die Beschwerdeführerin erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Begründung eines Abgabenbescheides in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Falle der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist. Von zentraler Bedeutung ist dabei die zusammenhängende Darstellung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes, den die belangte Behörde als Ergebnis ihrer - nachvollziehbar darzustellenden - Überlegungen zur Beweiswürdigung als erwiesen annimmt, wobei die Wiedergabe des Vorbringens des Abgabepflichtigen oder sonstiger Bekundungen für sich nicht ausreicht (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2007, 2006/14/0042).

In der Begründung der Beschwerde wird unter der Überschrift "A. Rechtslage" (noch vor der Beschäftigung mit "B. Mindestkörperschaftsteuer") unter Hinweis auf Art. 7 Abs. 1 DBA-Italien vorgebracht, weil die Beschwerdeführerin im Jahr 2002 in Österreich nicht mehr werbend tätig gewesen sei und der österreichischen Betriebsstätte "keine Gewinne zugerechnet werden durften, steht Österreich das Besteuerungsrecht (für KöSt) nicht zu". Dies sei mit "endgültigem" Bescheid auszusprechen.

Bereits mit diesem Vorbringen wird ein relevanter Feststellungsmangel des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Im angefochtenen Bescheid ist davon die Rede, dass das Finanzamt ausgehend von der eingereichten Erklärung unter Zugrundelegung eines Einkommens in Höhe von 9.623,15 EUR die Körperschaftsteuer 2002 vorläufig in Höhe der Mindestkörperschaftsteuer festgesetzt habe. Dazu ist nach dem oben wiedergegebenen Inhalt des Körperschaftsteuerbescheides 2002 vom 4. Juni 2004 festzustellen, dass mit diesem Bescheid ausgehend von den Einkünften aus Gewerbebetrieb lt. Steuererklärung in Höhe von 9.623,15 EUR die tatsächliche Körperschaftsteuer gemäß § 22 KStG 1988 lt. Tarif mit 3.271,87 EUR berechnet wurde. Darauf wurde die für das Jahr 2001 vorgeschriebene Mindestkörperschaftsteuer nach § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 angerechnet. Diese Anrechnung war nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung mit dem Betrag begrenzt, der über die Höhe der Mindestkörperschaftsteuer für diesen Veranlagungszeitraum (das sind 1.750 EUR) hinausging. Damit kam es im Ergebnis zu einer Vorschreibung an tatsächlicher Körperschaftsteuer (und nicht der Mindestkörperschaftsteuer) für das Jahr 2002 in Höhe von

1.750 EUR, wobei (vgl. auch die Bescheidbegründung) ein Betrag an verrechenbarer Mindestkörperschaftsteuer 2001 für die Folgejahre von 1.978,05 EUR verblieb (das sind 3.499,92 EUR Mindestkörperschaftsteuer 2001 abzüglich - betragsbegrenzter Verrechnung - 2002 von 1.521,87 EUR).

Der angefochtene Bescheid, der von einer Erhebung der Mindestkörperschaftsteuer für das Streitjahr spricht, enthält keinerlei Auseinandersetzung mit der Frage, ob oder aus welchen Gründen Österreich auch in Ansehung der Bestimmungen des DBA-Italien ein Besteuerungsrecht an dem im erstinstanzlichen Bescheid festgesetzten Einkommen in Höhe von 9.623,15 EUR zustand. Damit fehlen aber Feststellungen darüber, ob überhaupt die in der Beschwerde zur Bekämpfung der Bestimmungen über die Mindestkörperschaftsteuer vorgetragene Annahme zutrifft, dass ("sachverhaltsbezogen und rechtlich") das Besteuerungsrecht an den Einkünften einem anderen Staat zugestanden sei (somit es zu keiner tatsächlichen Schuld österreichischer Körperschaftsteuer hätte kommen können und deshalb die österreichische Mindestkörperschaftsteuer - nach Ansicht der Beschwerdeführerin - zu einer gemeinschaftsrechtlich verbotenen reinen "einkommensunabhängigen Registergebühr" geworden sei).

Der angefochtene Bescheid war somit bereits deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Februar 2008

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel Sachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2004130129.X00

Im RIS seit

20.03.2008

Zuletzt aktualisiert am

12.07.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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