TE Vwgh Erkenntnis 2008/2/29 2007/02/0140

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.02.2008
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §45 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des F M in T, vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 8/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 6. März 2007. Zl. KUVS-1201/15/2006, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. März 2007 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 17. März 2006, um 22.35 Uhr ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug (PKW) an einem näher genannten Ort in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l gelenkt. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 1 StVO verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Insoweit der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde bezüglich seiner Lenkereigenschaft als rechtswidrig erachtet, vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu erkennen, zumal sich die belangte Behörde diesbezüglich insbesondere auf die im Zuge der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde getätigten und übereinstimmenden Aussagen der Zeugin S. M. und der Polizeibeamten G. und W. stützen konnte. Danach hat die Zeugin S. M. ihre zunächst in der Polizeiinspektion P. aufgestellte Behauptung, sie selbst sei zum Unfallszeitpunkt die Lenkerin des in Rede stehenden Fahrzeugs gewesen, bei der weiteren Befragung durch die Polizeibeamten widerrufen und den Beschwerdeführer als Lenker bezeichnet. Auch wurde vom Zeugen RI W. bestätigt, dass sich der Beschwerdeführer bei der Befragung auf der Polizeiinspektion P. selbst mehrfach als Lenker bezeichnete. Dass die belangte Behörde unter diesen Umständen der Darstellung des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren, die Zeugin S. M. habe seinerzeit schließlich nur verneint, selbst Lenkerin des gegenständlichen Fahrzeugs gewesen zu sein, sie habe jedoch nicht den Beschwerdeführer als Lenker bezeichnet, dies habe auch der Beschwerdeführer damals nicht getan, keinen Glauben schenkte, zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Dem steht auch nicht entgegen, dass dieses seinerzeitige "Eingeständnis" des Beschwerdeführers nicht durch eine Beschuldigtenvernehmung "abgesichert" und später vom Beschwerdeführer widerrufen wurde. Ferner kann die Beweiswürdigung der belangten Behörde, wonach sie der Aussage der Zeugin S. M. bei der Polizeiinspektion P., dass nicht sie, sondern der Beschwerdeführer zum Unfallszeitpunkt der Lenker des gegenständlichen Fahrzeugs gewesen sei, mehr Glauben schenkte, als der nachfolgenden (auch im Berufungsverfahren gemachten) Behauptung dieser (nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides in einem persönlichen Naheverhältnis zum Beschwerdeführer stehenden) Zeugin, sie selbst habe zum Unfallszeitpunkt das Fahrzeug gelenkt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Der hg. Judikatur kann entgegen der in der Beschwerde vorgebrachten Ansicht auch nicht entnommen werden, dass in jedem Fall bei der Beweiswürdigung nur den ursprünglichen Aussagen des Beschuldigten bzw. von Zeugen ("Erstangaben") zu folgen sei.

Auch die Beweiswürdigung der belangten Behörde, wonach es möglich sei, dass der Beschwerdeführer, nachdem er von der Zeugin B. M. zu dem näher genannten Cafe gebracht worden sei, sein Fahrzeug zur Unfallstelle gelenkt habe und anschließend daran wieder zu diesem Cafe zurückgefahren sei, begegnet keinen Bedenken, zumal zwischen dem Unfallsort und dem Cafe nach den Feststellungen der belangten Behörde nur eine kurze Entfernung (nach Aussage des Zeugen BI E. G. ca. ½ bis 1 Minute Fahrzeit) liegt.

In der Beschwerde wird ferner eingewendet, der von der belangten Behörde abgeänderte Spruch laute - bezogen auf den Vorwurf der Alkoholisierung -, der Alkoholgehalt der Atemluft des Beschwerdeführers habe 0,4 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,6 mg/l betragen. Gestützt werde diese Annahme auf das Gutachten der amtsärztlichen Sachverständigen, die - unter Zugrundelegung unrichtiger Berechnungsmethoden - dem Beschwerdeführer zur Tatzeit eine Atemluftalkoholmenge von 0,42 mg/l zugeordnet habe. So habe die Amtssachverständige dem (von ihr zunächst angenommenen) Nachtrunk des Beschwerdeführers von 1 ½ großen Bier nur einen AAK von 0,16 mg/l zugeordnet und dabei offenbar übersehen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs der Genuss einer Flasche Bier zu einer AAK-Konzentration von (bereits) 0,2 mg/l führe. Selbst wenn man bloß einen Nachtrunk in der zitierten Größenordnung zugrunde legte, würde dies einen AAK von 0,3 mg/l ergeben, sohin annähernd das Doppelte des von der Amtsärztin angenommenen Wertes.

Die belangte Behörde nehme selbst als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer einen Nachtrunk von 2 ½ großen Bier konsumiert habe, die einer AAK von etwa 0,5 mg/l entspreche. Subtrahiere man diesen Wert von dem behördlichen Testergebnis (von 0,66 mg/l), gelange man - bezogen auf das Unfallgeschehen - zu einem Wert von (nur noch) 0,16 mg/l; dies sei ein Wert, der sogar unter der gemäß § 14 Abs. 8 FSG normierten Verbotsgrenze (von 0,25 mg/l) zu liegen komme. Die von der belangten Behörde gezogene Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer habe zum Unfallszeitpunkt (22.35 Uhr) einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,6 mg/l aufgewiesen, sei somit auf das Ergebnis rechtswidriger Berechnungen und Schlussfolgerungen zurückzuführen. Ausgehend von dem von der Behörde als erwiesen angenommenen Nachtrunk des Beschwerdeführers von 2 ½ großen Bier wäre bei rechtsrichtiger Beurteilung zu erkennen gewesen, dass der Beschwerdeführer zum angelasteten Tatzeitpunkt nur eine AAK im Bereich von 0,2 mg/l aufgewiesen habe.

Die Behörde habe im Falle der Unschlüssigkeit eines Gutachtens den Sachverständigen zur Aufklärung von Widersprüchen aufzufordern. Da eine solche Aufklärung unterblieben sei, sei die belangte Behörde aufgrund von Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit im Gutachten der Amtsärztin nicht berechtigt, eine Würdigung des Gutachtens vorzunehmen.

Die belangte Behörde konnte sich bei der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Berechnung der Alkoholisierung des Beschwerdeführers unter der Annahme der ursprünglich vom Beschwerdeführer angegebenen Nachtrunkmenge von 1250 ml Bier (= 2 ½ große Bier) auf ein Gutachten einer medizinischen Amtssachverständigen stützen, das unter Berücksichtigung neuerer medizinischer Erkenntnisse betreffend wesentliche Einflussgrößen bei der Alkoholisierung von Personen (vgl. hiezu Fous-Pürstl-Somereder, Alkohol und Suchtgift im Straßenverkehr, RZ 72 ff), insbesondere unter Berücksichtigung des Gewichtes und der Körperoberfläche des Beschwerdeführers, rückgerechnet auf den Tatzeitpunkt zu einer Alkoholisierung von 0,42 mg/l kam. Diesem nach der Wermuth Fous'schen Formel erstellten Gutachten, das von der medizinischen Amtssachverständigen im Zuge der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 19. Jänner 2007 näher erörtert wurde, ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Eine Unschlüssigkeit der Ausführungen der Amtssachverständigen ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, zumal sich die Amtssachverständige auf eine nach medizinischen Erkenntnissen erstellte Berechnungsmethode der Alkoholisierung nach der vorgenannten Formel berufen konnte.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. Februar 2008

Schlagworte

Beweismittel Sachverständigenbeweis Medizinischer Sachverständiger Besondere Rechtsgebiete StVO Besondere Rechtsgebiete Alkoholisierung Verfahrensrecht Beweiswürdigung freie Beweiswürdigung Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Nachtrunk Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung Gutachten Polizeiarzt Amtsarzt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007020140.X00

Im RIS seit

25.03.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten