TE Vwgh Beschluss 2008/2/29 2007/12/0177

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Veröffentlicht am 29.02.2008
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art132;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Schilhan, über die Beschwerde des G M in A, vertreten durch die Dr. Wolfgang Schimek Rechtsanwalt GmbH in 3300 Amstetten, Graben 42, gegen den Bundesminister für Finanzen, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Zuerkennung und Auszahlung von Bezügen seit Juli 2004, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war als Beamter des Allgemeinen Verwaltungsdienstes im März 2004 vorübergehend bis auf Weiteres mit der Funktion des Vorstandes des Finanzamtes A betraut worden. Mittels E-Mail der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. April 2004 wurde er von der Beendigung von seiner vorübergehenden Betrauung in Kenntnis gesetzt.

Am 16. Juni 2004 erklärte er seinen Austritt aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.

In seiner Eingabe vom 23. Dezember 2004 ersuchte er um Nachzahlung der Gehaltsdifferenz auf A1/6 für die Zeit April bis Juni 2004 in der Höhe von insgesamt ca. 1.681,20 Euro, weil seine Abberufung eine Weisung im Sinnes des BDG 1979, seine Berufung eine Remonstration gegen diese Weisung gewesen seien und die bekämpfte Weisung als zurückgezogen gelte. Die logische Folge der Nichtabberufung sei die Innehabung der Funktion des Vorstandes des Finanzamtes in der Zeit zwischen Mitte März 2004 und der Beendigung des Dienstverhältnisses am 30. Juni 2004.

In Spruchpunkt 2. seines Bescheides vom 30. Juni 2005 wies das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs den Antrag vom 23. Dezember 2004 betreffend Funktionszulage bzw. Funktionsabgeltung nach § 30 Abs. 1 bzw. § 37 Abs. 10 GehG ab.

In seiner Eingabe vom 7. August 2005 erhob der Beschwerdeführer u.a. Berufung gegen den Spruchpunkt 2 des Bescheides vom 30. Juni 2005 betreffend Funktionszulage bzw. Funktionsabgeltung. Er beantragte dessen Aufhebung und die Zuerkennung der Bezugsnachzahlungen für den Zeitraum bis Juni 2004. "Zwecks Wahrung seiner Ansprüche" beantragte er die Zuerkennung und Auszahlung seiner Bezüge seit Juli 2004 bis laufend, da sein Dienstverhältnis entgegen der Auffassung des Finanzamtes A aufrecht geblieben sei und ihm die Erbringung seiner Arbeitsleistung verwehrt werde.

In seiner an die belangte Behörde gerichteten Eingabe vom 31. Jänner 2006 bezog sich der Beschwerdeführer einleitend auf seine Eingabe vom 7. August 2005, in der er gegen mehrere Bescheide Berufung eingelegt habe. Weiters habe er in dieser Eingabe zwecks Wahrung seiner Ansprüche die Zuerkennung und Auszahlung seiner Bezüge seit Juli 2004 bis laufend beantragt, da sein Dienstverhältnis (entgegen der Auffassung des Finanzamtes A) aufrecht geblieben sei und ihm die Erbringung seiner Arbeitsleistung auf Grund eines Feststellungsbescheides des Finanzamtes verwehrt werde, obwohl er bereits mehrfach seine Arbeitswilligkeit bekundet habe. Da seither beinahe sechs Monate ohne jegliche Reaktion seitens der Finanzverwaltung verstrichen seien, wolle er seine Anliegen in Erinnerung rufen und rege hiermit die umgehende stattgebende Erledigung an. Weiters wiederhole er seinen Antrag auf Zuerkennung und Auszahlung seiner Bezüge seit Juli 2004 auf die Dauer des Bestandes seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, welches nach wie vor unverändert andauere "(Begründung unverändert wie bisher)".

In seiner Säumnisbeschwerde vom 16. Oktober 2007 erachtet sich der Beschwerdeführer dadurch, "dass die belangte Behörde durch mehr als sechs Monate über seine Berufung nicht entschieden hat, in seinem Recht auf Sachentscheidung als verletzt". Im Weiteren bringt er in dieser Beschwerde vor:

"II. Sachverhalt

Einleitung

Der Beschwerdeführer ... wurde im März 2004 als Hearingbester mit der Leitung des neu geschaffenen Finanzamtes A (kurz FA AMS) betraut. Unter Verletzung verfassung- und einfachgesetzlicher Normen wurden dem Beschwerdeführer Dienstpflichtverletzungen vorgeworfen und wurde der Beschwerdeführer per 30.4.2004 seines Amtes enthoben.

Dieses Behördenhandeln wurde bereits wie folgt beurteilt:

A) Durch die Disziplinarkommission beim BMF:

...

B) Durch die Republik Österreich - Berufungskommission beim Bundeskanzleramt:

Mit Zurückweisungsbescheid vom 27.9.2004 ... wurde erkannt, dass die Abberufung des Beschwerdeführers von seiner Vorstandsposition nicht in Bescheidform ergangen ist, sondern eine Weisung an den Beschwerdeführer dargestellt hat, seine Vorstandsposition zu beenden. Weiters wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer gegen die Weisung remonstriert hat und die Weisung als zurückgezogen gelte.

C) Durch die Republik Österreich - Berufungskommission beim Bundeskanzleramt:

Infolge der soeben zitierten Entscheidung der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt hat der Beschwerdeführer sodann mit Antrag vom 1. Dezember 2004 die Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber begehrt, dass die Abberufung des Beschwerdeführers von seinem Vorstandsposten gemäß den Bestimmungen der §§ 38 ff BDG bescheidmäßig erfolgen hätte müssen.

Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich auch die Auszahlung seiner Bezüge für den Zeitraum April 2004 bis Juni 2004 begehrt.

Das Finanzamt A hat über diese Anträge des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 30. Juni 2005 ... abgesprochen und diesbezüglich in Spruchpunkt 1. die Feststellung getroffen, dass für die Beendigung der Betrauung des Beschwerdeführers mit der Vorstandsfunktion des Finanzamtes A kein Verfahren gemäß den §§ 38 und 40 Abs. 2 BDG durchzuführen gewesen wäre.

In Spruchpunkt 2. wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Nachzahlung der Gehaltsdifferenzen für den Zeitraum April 2004 bis Juni 2004 abgewiesen.

Dagegen hat der Beschwerdeführer am 7. August 2005 fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung erhoben, wobei die Berufung mittlerweile hinsichtlich Spruchpunkt 1. dahingehend erledigt wurde, als der Bescheid des Finanzamtes A mit Bescheid der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt vom 2. Oktober 2007 ... gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben wurde.

Die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt hat aus den gesamten Umständen, welche zur Betrauung des Beschwerdeführers mit der Vorstandsposition des Finanzamtes A geführt haben, im Bescheid vom 2. Oktober 2007 ... in rechtlicher Hinsicht den Schluss gezogen, dass der Beschwerdeführer am 17. März 2004 unbefristet mit der Vorstandsposition betraut worden ist.

Die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt hat in der Begründung des Bescheides vom 2. Oktober 2007 ... zudem festgehalten, dass der Beschwerdeführer jedenfalls am 30. Juni 2004 noch immer Vorstand des Finanzamtes A gewesen ist. D) Durch die Republik Österreich - Datenschutzkommission:

...

Im irrigen Glauben, nicht mehr Finanzvorstand zu sein, hat der Beschwerdeführer am 16. Juni 2004 dem Finanzamt A gegenüber seinen Austritt aus dem öffentlichen Dienstverhältnis erklärt.

Der Beschwerdeführer ist diesbezüglich einem wesentlichen Irrtum gemäß § 871 Abs. 1 ABGB unterlegen gewesen, zumal er seinen Austritt nie erklärt hätte, hätte er gewusst, dass er immer noch Vorstand des Finanzamtes A ist.

Für die Entgegennahme der Austrittserklärung war zudem das Finanzamt A unzuständig, ...

Es ergibt sich sohin, dass das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschwerdeführers nach wie vor aufrecht ist.

Der Beschwerdeführer hat sohin vor diesem Hintergrund am 31. Jänner 2006 beim Bundesministerium für Finanzen den Antrag gestellt, dem Beschwerdeführer die Bezüge seit Juli 2004 zuzuerkennen und auszubezahlen.

Über diesen Antrag wurde bis dato nicht entschieden, sodass der Beschwerdeführer diesbezüglich nunmehr jedenfalls zur Erhebung der Säumnisbeschwerde genötigt ist.

...

Das Bundesministerium für Finanzen hat im gegenständlichen Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers vom 31.1.2006 keine einzige Aktivität gesetzt, die entscheidungsreife Sache bis dato nicht mittels Bescheid entschieden und den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Sachentscheidung verletzt sowie den weiteren Rechtsweg erfolgreich verwehrt.

Da die belangte Behörde ohne jegliche Begründung nachweislich seit mehr als sechs Monaten untätig geblieben ist, stellt der Beschwerdeführer die Anträge,

der Verwaltungsgerichtshof möge

a) in Stattgebung der Säumnisbeschwerde in der Sache selbst erkennen, dem Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Anwendung des § 42 Abs. 4 VwGG Folge geben und dem Beschwerdeführer ... die Bezüge als Beamter der Verwendungsgruppe A1 seit Juli 2004 zuerkennen.

b) erkennen, die belangte Behörde ist schuldig, die dem Beschwerdeführer durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten im zu verzeichnenden Ausmaß zu Handen des bevollmächtigten Rechtsvertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."

Mit Verfügung vom 25. Oktober 2007 trug der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer die Vorlage des in der Beschwerde genannten Antrages binnen Frist auf, da dieser der Beschwerde nicht angeschlossen war.

     Mit Schriftsatz vom 13. November 2007 legte der

Beschwerdeführer Ablichtungen der eingangs wiedergegebenen Eingabe

vom 31. Jänner 2006, einer Berufung vom 7. August 2005 und einer

"3. Ergänzung zu seinen Berufungen vom 7. 8. 2005", datiert mit

27. März 2007, vor. Ergänzend brachte der Beschwerdeführer in

seinem Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof vor, er habe

seinen Antrag auf Zuerkennung und Auszahlung der Bezüge

schriftlich erstmals bereits mit Berufungsschriftsatz vom

7. August 2005 gestellt. Mit dem vorgelegten Schriftsatz vom

31. Jänner 2006 habe er die Erledigung urgiert und seinen Antrag

auf Zuerkennung und Auszahlung der Bezüge seit Juli 2004 "auf die

Dauer des Bestandes seines öffentlich-rechtlichen

Dienstverhältnisses, welches nach wie vor unverändert andauert",

ausdrücklich wiederholt. Mit weiterer Eingabe vom 27. März 2007

habe er seinen Antrag auf Auszahlung der Beamtenbezüge seit

Juli 2004 wiederholt und erneuert. Auch auf diese Urgenz sei bis

dato keine Reaktion der belangten Behörde erfolgt. Er wiederhole

die Anträge, der Verwaltungsgerichtshof möge

     "a) in Stattgebung der Säumnisbeschwerde in der Sache selbst

erkennen, dem Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG

in Anwendung des § 42 Abs. 4 VwGG Folge geben und dem

Beschwerdeführer ... die Bezüge als Beamter der

Verwendungsgruppe A1 seit Juli 2004 zuerkennen.

     b) erkennen, die belangte Behörde ist schuldig, ... dem

Beschwerdeführer ... Kosten ... zu ersetzen."

Nach § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte), zu enthalten. Nach Abs. 3 erster Satz leg. cit. entfallen bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG die Angaben nach Abs. 1 Z. 1, 2, 5 und 7.

Die Bezeichnung der Beschwerdepunkte ist für die Begrenzung des Prozessgegenstandes wesentlich (vgl. Steiner in "Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen" 63 mwN). Auch bei Säumnisbeschwerden darf der Verwaltungsgerichtshof nicht über die geltend gemachten Beschwerdepunkte hinausgehen (vgl. den hg. Beschluss vom 5. Jänner 1948, Zl. 897/47 = Slg. 264/A). Ist der Beschwerdepunkt ausdrücklich und unmissverständlich bezeichnet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1984, Zl. 81/10/0127 = Slg. 11.283/A).

Nach der ausdrücklichen Formulierung des Beschwerdepunktes erachtete sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Sachentscheidung dadurch verletzt, dass die belangte Behörde durch mehr als sechs Monate über seine Berufung nicht entschieden habe. Auch in seinem ergänzenden Schriftsatz vom 13. November 2007 begehrte er, in Stattgebung der Säumnisbeschwerde in der Sache selbst zu erkennen und seinem Antrag "gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Anwendung des § 42 Abs. 4 VwGG" Folge zu geben und ihm die Bezüge als Beamter der Verwendungsgruppe A1 seit Juli 2004 zuzuerkennen.

Unter Zugrundelegung der wiedergegebenen Rechtsprechung ist Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Säumnis der belangten Behörde alsBerufungsbehörde. Damit steht im Einklang, dass der Beschwerdeführer in Stattgebung der Säumnisbeschwerde eine Entscheidung nach § 66 Abs. 4 AVG, sohin eine Sachentscheidung (an Stelle) der Berufungsbehörde begehrt.

Gegenstand einer Säumnisbeschwerde kann nur sein, was Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war ("Identität der Begehren"; vgl. den hg. Beschluss vom 17. Dezember 2007, Zl. 2007/12/0145, mwN), im Beschwerdefall sohin, was Gegenstand (Sache) des Berufungsverfahrens vor der belangten Behörde war. Gegenstand (Sache) des Berufungsverfahrens ist jedoch, wie eingangs dargestellt - der Anspruch auf Funktionszulage bzw. Funktionsabgeltung nach § 30 Abs. 1, § 37 Abs. 10 des Gehaltsgesetzes 1956 für den Zeitraum bis zum Ablauf des 30. Juni 2004.

Abweichend davon begehrt der Beschwerdeführer mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde die Zuerkennung seiner Bezüge seit Juli 2004 offenbar in Ansehung einer Zuständigkeit der belangten Behörde als Dienstbehörde erster Instanz gegenüber dem Beschwerdeführer als (allenfalls ehemaligem) Leiter des Finanzamtes A; dies ist jedoch vom eingangs wiedergegebenen Beschwerdepunkt - dem Recht auf Entscheidung über die Berufung - nicht umfasst.

Die vorliegende Säumnisbeschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 29. Februar 2008

Schlagworte

Inhalt der Säumnisbeschwerde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007120177.X00

Im RIS seit

16.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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