TE Vfgh Beschluss 2003/6/11 B481/03

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Veröffentlicht am 11.06.2003
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Index

L1 Gemeinderecht
L1000 Gemeindeordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Sbg GdO 1994 §34 Abs6 Z7
Sbg GdO 1994 §44 Abs4
UVP-G 2000 §23a, §24 Abs3

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde von (Standort)Gemeinden betreffend die Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für den Bau einer zweiten Röhre im Tauerntunnel mangels eines innerhalb der Beschwerdefrist gefassten Beschlusses der für die Entscheidung über die Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde zuständigen Gemeindevorstehung

Spruch

Die Beschwerde wird, soweit sie von den Gemeinden Zederhaus, Flachau und Eben erhoben wurde, zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wies mit Bescheid vom 31. Jänner 2003 die Anträge der Gemeinden St. Michael im Lungau, Rennweg, Hüttau und Eben gemäß §24 Abs3 UVP-G 2000 mangels Parteistellung zurück und stellte auf Grund der Anträge der Standortgemeinden Flachau und Zederhaus, der mitwirkenden Behörden (Landesregierung Salzburg, Landeshauptmann von Salzburg und der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg) sowie der "Umweltanwaltschaft Salzburg" (richtig: Salzburger Landesumweltanwaltschaft; vgl. §2 des LandesumweltanwaltschaftsG, LGBl. für das Land Salzburg 67/1998 idF LGBl. 46/2001) gemäß §24 Abs3 UVP-G 2000 fest, dass für das Vorhaben "Tauerntunnel (2. Röhre)" im Zuge der A 10 Tauern Autobahn keine Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß §23a UVP-G 2000 durchzuführen sei.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte, von den Gemeinden Zederhaus, Flachau, Eben und Hüttau sowie der Salzburger Landesumweltanwaltschaft erhobene Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §40 Abs1 UVP-G 2000 idF BGBl. I 50/2002, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt wird.

II. Die Beschwerde der Gemeinden Zederhaus, Flachau und Eben erweist sich aus folgendem Grund als unzulässig:

1. Gemäß §34 Abs6 Z7 der Salzburger Gemeindeordnung 1994 (GdO 1994), LGBl. 107/1994 idF LGBl. 13/2002, ist die Gemeindevorstehung (§34 Abs1 leg.cit.) das für die Einbringung von Rechtsmitteln gegen verwaltungsbehördliche Entscheidungen einschließlich von Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof zuständige Organ. Ist jedoch die Gemeindevorstehung infolge Befangenheit von Mitgliedern beschlussunfähig, so ergibt sich hieraus die Zuständigkeit der Gemeindevertretung (§§19 ff.) für die betreffende Angelegenheit (§44 Abs4 GdO 1994).

2. Aus der Beschwerde ging nicht hervor, ob ihre durch einen betrauten Rechtsanwalt erfolgte Einbringung auf entsprechenden Beschlüssen der Gemeindevorstehung der jeweiligen Gemeinde beruhte. Die Gemeinden wurden deshalb vom Verfassungsgerichtshof gemäß §18 VfGG aufgefordert, den Nachweis der Beschlussfassung (Auszug aus dem Sitzungsprotokoll der jeweiligen Gemeindevorstehung) innerhalb von zwei Wochen zu erbringen.

Innerhalb dieser Frist wurde von den beschwerdeführenden Gemeinden je ein Auszug aus dem Protokoll jener Sitzung der Gemeindevorstehung bzw. - im Falle der Gemeinde Eben - der Gemeindevertretung vorgelegt, in der in dieser Angelegenheit die Erhebung einer Verfassungsgerichtshofsbeschwerde beschlossen wurde. Die entsprechenden Sitzungen fanden am 7. April 2003 (Gemeinden Zederhaus und Flachau), am 8. April 2003 (Gemeinde Eben) und am 10. März 2003 (Gemeinde Hüttau) statt.

3. Den Beschwerdeangaben zufolge wurde der angefochtene Bescheid den (Rechtsvertretern der) beschwerdeführenden Gemeinden am 7. Februar 2003 zugestellt. Die Beschwerde wurde am 20. März 2003, also innerhalb der (6-wöchigen) Beschwerdefrist, die am 25. März 2003 endete, zur Post gegeben.

Wie oben (Pkt. II.2.) ausgeführt, wurden demgegenüber die auf die Erhebung einer Verfassungsgerichtshofsbeschwerde gerichteten Beschlüsse der Gemeindevorstehungen der Gemeinden Zederhaus und Flachau erst am 7. April 2003, also nach Einbringung der Beschwerde und nach Ablauf der Beschwerdefrist gefasst.

Gleiches gilt für die Beschlussfassung der Gemeindevertretung der Gemeinde Eben in ihrer Sitzung am 8. April 2003. Hier kommt noch hinzu, dass die Gemeindevertretung nicht das für die Willensbildung zuständige Organ ist. Dass ein Fall des §44 Abs4 GdO 1994 (vgl. Pkt. II.1.) vorlag, wird nicht behauptet und ist aus dem Sitzungsprotokoll auch nicht ersichtlich.

4. Da somit der Beschwerde in Ansehung der Gemeinden Zederhaus, Flachau und Eben kein innerhalb der Beschwerdefrist gefasster Beschluss der hiefür zuständigen Gemeindevorstehungen zugrunde liegt, war deren Beschwerde schon aus diesem Grund zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 13.792/1994 mwN, 14.583/1996 und 15.848/2000).

Über die namens der Gemeinde Hüttau (zur Rechtzeitigkeit der Beschlussfassung über die Beschwerdeerhebung s. Pkt. II.2. und 3.) und der Salzburger Landesumweltanwaltschaft erhobenen Beschwerde wird gesondert entschieden werden.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Gemeinderecht, Gemeindevorstand, Vertretung nach außen, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2003:B481.2003

Dokumentnummer

JFT_09969389_03B00481_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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