TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/31 2008/21/0057

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Veröffentlicht am 31.03.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/01 Jurisdiktionsnorm;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §1;
AVG §63 Abs1;
FrG 1997 §34 Abs1 Z1;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §54 Abs1 Z2;
JN §29;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des A, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 3. Dezember 2007, Zl. Fr 606/2004, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. Juli 2004 wies die Bundespolizeidirektion Leoben den Beschwerdeführer, einen ägyptischen Staatsangehörigen, gemäß § 34 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus. Diesen Bescheid bestätigte die belangte Behörde mit Bescheid vom 14. März 2005.

Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen folgendermaßen:

Der Beschwerdeführer habe am 31. Dezember 2002 in Leoben mit einer österreichischen Staatsangehörigen eine Ehe geschlossen. Ihm sei zuletzt auf Grund seines Antrages vom 3. März 2003 eine quotenfreie Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Begünstigter Drittstaatsangehöriger - Österreicher, § 49 Abs. 1 FrG", gültig bis 25. Juli 2004 erteilt worden. Seinem Verlängerungsantrag vom 25. Mai 2004 sei "nicht mehr stattgegeben" worden, nachdem die Behörde erster Instanz festgestellt habe, dass zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau eine Familiengemeinschaft im Sinn des Art. 8 EMRK nicht mehr bestanden habe. Die Ehe sei mit Beschluss des Bezirksgerichtes Leoben vom 2. Juni 2004 gemäß § 55a Ehegesetz im Einvernehmen geschieden worden. Somit könne sich der Beschwerdeführer nicht mehr auf die seinerzeit geschlossene Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin als Grundlage für die Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft Österreicher" berufen. Wie der Begründung des Scheidungsbeschlusses zu entnehmen sei, sei die eheliche Gemeinschaft nach glaubwürdigen und übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau seit mehr als sechs Monaten, somit zumindest seit Beginn des Jahres 2004, aufgehoben gewesen. Somit gelte die Ehe "von Beginn des Jahres 2004 an bis zum Scheidungsbeschluss ... infolge unheilbarer Zerrüttung und unwiederherstellbarer Lebensgemeinschaft als aufgehoben". Die dem Beschwerdeführer am 25. Juli 2003 erteilte Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Begünstigter Drittstaatsangehöriger" habe am 25. Juli 2004 geendet und es sei sein am 25. Mai 2004 bei der Bundespolizeidirektion Leoben eingebrachter Verlängerungsantrag von der Erstbehörde infolge des Fehlens der Rechtsgrundlage für die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 49 Abs. 1 FrG "abgewiesen" worden.

Da die Lebensgemeinschaft zumindest von Beginn des Jahres 2004 an nachweislich zerrüttet und aufgehoben gewesen sei, sei "die Versagung des Verlängerungsantrages und die Erlassung einer Ausweisung gem. § 34 zu Recht erfolgt".

Zur Beurteilung nach § 37 FrG führte die belangte Behörde einleitend Folgendes aus:

"Auf Grund Ihres rechtmäßigen Voraufenthaltes im Bundesgebiet, so wurde Ihnen von der Magistratsabteilung 62 der Stadt Wien am 4.12.1998 auf Grund des Umstandes, dass Sie einen Beruf als Blumenverkäufer ausübten eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck erteilt, so wie auf Grund Ihres mehrjährigen rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet, kommt es durch die gegen Sie erlassene Ausweisung zweifelsohne zu einem relevanten Eingriff in Ihr Privat- oder Familienleben im Bundesgebiet."

Der Beschwerdeführer arbeite bei einem näher genannten Arbeitgeber in Wien, sodass die Erlassung der Ausweisung einen relevanten Eingriff in sein Privatleben bedeute. Dies sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der EMRK genannten Ziele dringend geboten. Die Integration von etwas mehr als fünf Jahren könne nicht als so gewichtig angesehen werden, dass dieser Umstand der Erlassung einer Ausweisung entgegenstünde. Die mit der Ausweisung verbundenen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung.

Mit hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2005/21/0082, hob der Verwaltungsgerichtshof den zitierten Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. In diesem Erkenntnis legte der Verwaltungsgerichtshof dar, dass der Beschwerdeführer, indem er sich bei Beantragung des weiteren Aufenthaltstitels trotz des diesbezüglichen ausdrücklich in § 8 Abs. 4 FrG verankerten Verbots auf die Ehe berufen habe, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geführt worden sei, eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Sinn des Versagungsgrundes des § 10 Abs. 2 Z 3 FrG bewirkt habe, weshalb die belangte Behörde die Ausweisung auf § 34 Abs. 1 Z 2 FrG stützen habe dürfen. Der angefochtene Bescheid sei dennoch aufzuheben, weil die belangte Behörde auf eine dem Beschwerdeführer bereits im Jahr 1998 erteilte Niederlassungsbewilligung verwiesen, nähere Feststellungen über einen Aufenthalt des Beschwerdeführers in den Jahren 1998 bis 2002 in Österreich jedoch nicht getroffen habe. Dies werde die belangte Behörde im fortzusetzenden Verfahren zu prüfen haben.

Mit dem nun angefochtenen Ersatzbescheid vom 3. Dezember 2007 wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer in Anwendung der §§ 54 Abs. 1 Z 1 und Z 2, 55, 66 und 125 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG neuerlich aus dem Bundesgebiet aus. In der Begründung verwies sie wieder auf die Beantragung des weiteren Aufenthaltstitels, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht mehr geführt worden sei, und merkte zur Beurteilung nach § 66 FPG an, dass der Beschwerdeführer erst im März 2002 offensichtlich mit Hilfe eines Schleppers illegal in Österreich eingereist sei. Die Person, die im Jahr 1998 einen Aufenthaltstitel erhalten hatte, sei mit dem Beschwerdeführer nicht identisch.

Darauf aufbauend gelangte die belangte Behörde zu einer Zulässigkeit der Ausweisung auch unter dem Ermessensgesichtspunkt des § 54 Abs. 1 FPG und der Beurteilung nach § 66 FPG. Die Beschäftigung des Beschwerdeführers (im Verfahrenshilfeantrag als "Arbeiter" bezeichnet) sei nämlich nicht eine so qualifizierte Tätigkeit, dass diese nicht auch in einem anderen Land ausgeübt werden könnte, familiäre Bindungen seien nicht vorhanden und es seien die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers nicht so stark ausgeprägt, dass sie schwerer zu gewichten wären als das öffentliche Interesse an der Erlassung der Ausweisung.

Gegen diesen (Ersatz-)Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

In der Beschwerde wird ausgeführt, dass der ursprünglich eingebrachte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nunmehr an die zuständige Magistratsabteilung in Wien weitergeleitet worden sei und diese mitgeteilt habe, dass alle Erteilungsvoraussetzungen gegeben wären. Diese habe aber bei der "Fremdenpolizei Wien" nachgefragt, ob Bedenken gegen die Erteilung eines Aufenthaltstitels bestünden, was bejaht worden wäre. Das "Nichtbestehen einer Lebensgemeinschaft" stelle keinen Versagungsgrund dar und es habe ja die Magistratsabteilung der Stadt Wien auch tatsächlich bestätigt, dass die Erteilungsvoraussetzungen gegeben seien.

Mit diesen Ausführungen missversteht der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid. Relevant war nämlich allein eine Prüfung durch die belangte Behörde, ob ein Versagungsgrund in dem Sinn bestand, dass sich der Beschwerdeführer entgegen dem ausdrücklich in § 8 Abs. 4 FrG (und nunmehr in § 30 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG) normierten Verbot auf die Ehe berufen habe, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht mehr geführt worden sei. Es geht somit entgegen den Beschwerdeausführungen nicht darum, dass die Ehescheidung an sich als Versagungsgrund gewertet worden wäre.

Im Übrigen bestreitet die Beschwerde nicht das von der belangten Behörde festgestellte und bereits dem Bescheid vom 14. März 2005 zu Grunde liegende Verhalten. Somit erweist sich die - im Blick auf die Übergangsvorschrift des § 125 Abs. 1 FPG zu Recht - nunmehr auf § 54 Abs. 1 Z 2 FPG (Versagungsgrund für einen weiteren Aufenthaltstitel) gestützte Ausweisung als rechtsrichtig, wobei es nicht schadet, dass die belangte Behörde auch den Tatbestand des § 54 Abs. 1 Z 1 FPG (nachträgliches Bekanntwerden eines Versagungsgrundes) als verwirklicht erachtet hat.

Auch gegen das Ergebnis der Beurteilung nach (nunmehr) § 66 FPG bestehen keine Bedenken. Die belangte Behörde hat nämlich jetzt klargestellt, dass der Beschwerdeführer nicht schon im Jahr 1998 einen Aufenthaltstitel erhalten habe, sondern erst im Jahr 2002 nach Österreich gekommen sei. Es ist ihr zuzustimmen, dass auch angesichts des nunmehr fünfjährigen Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich im Hinblick auf seine unqualifizierte Berufstätigkeit und das Fehlen sonstiger integrationsbegründender Umstände die Ausweisung dringend geboten und nach Interessenabwägung zulässig sei.

Es sind auch keine Umstände ersichtlich, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.

Soweit der Beschwerdeführer die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde mit der Begründung bestreitet, dass er zwischenzeitig den Wohnsitz nach Wien verlegt habe, ist ihm zu entgegnen, dass die Zuständigkeit der Berufungsbehörde mit der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides fixiert ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 6 Rz 9 mit weiteren Nachweisen).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. März 2008

Schlagworte

Änderung der ZuständigkeitInstanzenzugInstanzenzug Zuständigkeit AllgemeinMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONAllgemeinsachliche Zuständigkeitörtliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008210057.X00

Im RIS seit

24.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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