TE Vwgh Erkenntnis 2008/3/31 2007/18/0489

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Veröffentlicht am 31.03.2008
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
StGB §127;
StGB §131;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde des MA in L, geboren am 22. Dezember 1956, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. Februar 2007, Zl. St 013/07, betreffend Rückkehrverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 26. Februar 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen armenischen Staatsangehörigen, gemäß § 62 Abs. 1 und 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 sowie § 63 und § 66 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Rückkehrverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 14. Mai 2002 illegal nach Österreich eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Das Asylverfahren befinde sich derzeit im Berufungsstadium, weshalb der Beschwerdeführer nach dem Asylgesetz zum vorläufigen Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei.

Der Beschwerdeführer sei am 11. Dezember 2002 vom Bezirksgericht Linz rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einer Woche verurteilt worden, weil er am 31. Oktober 2002 versucht habe, Verfügungsberechtigten des Geschäftes I fremde bewegliche Sachen im Gesamtwert von EUR 40,25 mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Am 26. Februar 2003 sei er vom Bezirksgericht Linz rechtskräftig wegen §§ 15 und 127 StGB wiederum zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einer Woche verurteilt worden. Am 26. August 2003 sei er vom Landesgericht Linz wegen § 131 StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden, weil er am 15. Mai 2003 in Linz, nachdem er bei einem Diebstahl von Lebensmitteln im Wert von EUR 13,55 auf frischer Tat betreten worden sei, Gewalt gegen eine Person angewendet habe, indem er mit dem Einkaufswagen gegen diese Person gestoßen und sie abgedrängt sowie an den Schultern gepackt und sich von ihr losgerissen habe, um sich die weggenommenen Sachen zu erhalten.

Schließlich sei der Beschwerdeführer am 26. September 2006 vom Landesgericht Linz wegen § 15 Abs. 1 und § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt worden, weil er am 18. Mai 2006 in Linz Verfügungsberechtigten der Firma S (Lebensmittel im Wert von EUR 2,40; Versuch) und der Firma T (zwei Jeans im Wert von EUR 94,80) fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht habe, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Der Tatbestand des § 62 Abs. 1 FPG iVm § 62 Abs. 2 FPG und § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG sei schon insofern erfüllt, als der Beschwerdeführer während seines noch sehr kurzen Aufenthalts im Bundesgebiet bereits vier Mal rechtskräftig verurteilt worden sei. Die Erlassung des Rückkehrverbotes sei iSd § 66 Abs. 1 FPG dringend erforderlich, weil sich der Beschwerdeführer bereits in zahlreichen Fällen strafbar gemacht habe. Er halte sich erst seit etwas mehr als vier Jahren im Bundesgebiet auf und habe sich während dieses Zeitraumes regelmäßig strafbar gemacht. Auch gerichtliche Verurteilungen hätten nicht ausgereicht, um den Beschwerdeführer auf den Weg der Normentreue zurückzuführen. Er habe sein strafbares Verhalten der Schwere nach insofern gesteigert, als er anfangs nur wegen Diebstahls verurteilt worden sei, dann aber ein qualifiziertes Strafrechtsdelikt (räuberischer Diebstahl) begangen habe.

Der Beschwerdeführer halte sich mit seinem Sohn seit etwas mehr als vier Jahren im Bundesgebiet auf. Aus dieser Aufenthaltsdauer könne jedoch keine Integration abgeleitet werden. Im sozialen Bereich sei ihm eine Integration nicht gelungen. Weitere verwandtschaftliche Verbindungen oder nähere Angehörige habe der Beschwerdeführer nicht erwähnt. Im Hinblick auf die für den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu stellende negative Zukunftsprognose wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Rückkehrverbotes wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf dessen Lebenssituation. Das Rückkehrverbot sei daher auch zulässig im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG. Aus den genannten Gründen sei auch von der Ermessensbestimmung des § 62 Abs. 2 FPG Gebrauch zu machen gewesen, weil das dem Beschwerdeführer vorwerfbare Fehlverhalten im Verhältnis zu der von ihm geltend gemachten Integration überwiege und weder aus dem Akt noch aus der Berufungsschrift besondere Umstände ersehen werden könnten, die eine Ermessensübung zu seinen Gunsten begründen würde. Die Behörde schließe sich den Ausführungen des Beschwerdeführers dahingehend, dass auch das Strafgericht von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen wäre, nicht an, zumal er zuletzt vom Landesgericht Linz zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er hätte in Armenien mit Repressalien zu rechnen, sei insofern zu relativieren, als in diesem Verfahren nicht darüber abgesprochen werde, in welches Land der Beschwerdeführer auszureisen habe bzw. allenfalls abgeschoben werde. Die Dauer des von der Erstbehörde verhängten Rückkehrverbotes sei nicht als rechtswidrig zu erkennen, weil nach Ablauf dieser Zeit erwartet werden könne, dass sich der Beschwerdeführer wiederum an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten würde. Da er sich während seines kurzen Aufenthaltes in Österreich bereits in regelmäßigen Abständen strafbar gemacht habe, werde ein längerer Zeitraum von zehn Jahren notwendig sein, um danach abschätzen zu können, ob er sich wiederum rechtstreu verhalten werde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, bis auf die Verurteilung vom 26. September 2006 vom Landesgericht Linz (Freiheitsstrafe von zwei Monaten) seien die weiteren Verurteilungen bedingt ausgesprochen worden. Das Strafgericht selbst sei von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen. Daher hätte auch die belangte Behörde zu einer für den Beschwerdeführer günstigen Beurteilung gelangen müssen.

1.2. Die Behörde hatte indes das Fehlverhalten des Fremden eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts und unabhängig von den gerichtlichen Erwägungen betreffend die Strafbemessung bzw. die Gewährung bedingter Strafnachsicht zu beurteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2003, Zl. 2003/18/0213). Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe neue Fluchtgründe und deshalb am 16. Juli 2007 neuerlich einen Asylantrag gestellt, ändert nichts daran, dass er sich auch von strafgerichtlichen Verurteilungen nicht hat davon abhalten lassen, neuerlich straffällig zu werden (zuletzt sogar in noch gravierenderer Weise), sodass die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand begegnet.

2.1. Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer befinde sich "in einem sehr angeschlagenen gesundheitlichen Zustand". Er leide an Herzbeschwerden und befinde sich derzeit in stationärer Behandlung. Er halte sich bereits seit fast fünf Jahren mit seinem Sohn als Asylwerber in Österreich auf.

2.2. Die belangte Behörde hat den Umstand, dass sich der Beschwerdeführer seit Mai 2002 mit seinem Sohn in Österreich aufhalte, bei der Abwägung gemäß § 62 Abs. 3 iVm § 66 FPG berücksichtigt. Die Ansicht der belangten Behörde, die aus der Aufenthaltsdauer von mehr als vier Jahren ableitbare Integration werde in ihrer sozialen Komponente durch die Straftaten so weit gemindert, dass sich der Beschwerdeführer darauf nicht mit Erfolg berufen könne, ist unbedenklich, auch wenn man die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei dem Beschwerdeführer berücksichtigte, zumal dieser in der Beschwerde nicht vorbringt, dass eine Behandlung dieser Gesundheitsstörungen in seinem Heimatland nicht erfolgen könnte (zur diesbezüglich erforderlichen Konkretisierung vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. April 2002, Zl. 2001/18/0182).

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 31. März 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007180489.X00

Im RIS seit

24.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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