TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/22 2008/11/0005

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.2008
beobachten
merken

Index

44 Zivildienst;

Norm

ZDG 1986 §13 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Föger & Pall Rechtsanwaltspartnerschaft in 6300 Wörgl, Josef-Speckbacher-Straße 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. November 2007, Zl. 306340/4- III/7/07, betreffend befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. November 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 3. Juli 2007 auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes abgewiesen. Begründend führte der Bundesminister für Inneres aus, der Beschwerdeführer habe als Wehrpflichtiger am 28. Dezember 2006 eine mängelfreie Zivildiensterklärung eingebracht, wonach er nach § 1 Abs. 4 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) von der Wehrpflicht befreit und zivildienstpflichtig geworden sei. Die Zivildienstserviceagentur habe gemäß § 5 Abs. 4 ZDG den Eintritt dieser Rechtsfolge mit Bescheid vom 16. Jänner 2007 festgestellt. Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 5. März 2007 sei die Zuweisung des Beschwerdeführers zum Rettungs-, Krankentransport- und Katastrophendienst mit Dienstantritt 2. Juli 2007 verfügt worden. Mit Schreiben vom 3. Juli 2007 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf befristete Befreiung für den Zeitraum von zumindest sechs Monaten eingebracht. Er habe diesen Antrag damit begründet, dass er nach längerer Arbeitslosigkeit ein Dienstverhältnis bei der Firma E. angetreten habe. Er sei unterhaltspflichtig für drei minderjährige Kinder sowie für die den gemeinsamen Haushalt betreuende und einkommenslose Ehefrau, weshalb seine Familie "ausdrücklich und dringend" auf sein Einkommen angewiesen sei. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wäre für ihn und seine Familie mit groben finanziellen und wirtschaftlichen Nachteilen verbunden, im Übrigen hätte er bei kurzfristiger Beendigung seines Dienstverhältnisses keine reale Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt beim gleichen Unternehmen einer Beschäftigung nachzugehen. Der Beschwerdeführer werde bei seinem Arbeitgeber hoch geschätzt, weil er im Betrieb eine Schlüsselposition einnehme, sein Ausscheiden wäre auch für den Arbeitgeber mit erheblich nachteiligen Konsequenzen verbunden. Der Beschwerdeführer habe weiters angegeben, dass er überdies Verbindlichkeiten bei einer Sparkasse in Höhe von knapp EUR 16.000,-- sowie weitere Verbindlichkeiten in Höhe von ca. EUR 30.000,-- habe, welche aus der ehemaligen selbständigen Erwerbstätigkeit resultierten. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich, dass lediglich die Verbindlichkeiten bei der Sparkasse vor der Feststellung der Zivildienstpflicht entstanden seien, die sonstigen Verbindlichkeiten jedoch erst danach.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte der Bundesminister für Inneres aus, wirtschaftliche Interessen des Dienstgebers seien nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG nicht erfasst. Dem Beschwerdeführer sei mit Zustellung des Feststellungsbescheides am 22. Jänner 2007 über seine Zivildienstpflicht bekannt gewesen, dass er zivildienstpflichtig sei und ab diesem Zeitpunkt mit einer Zuweisung zu rechnen hätte. Es wäre ihm frei gestanden, seinen daraus entstehenden Verpflichtungen ab diesem Zeitpunkt nachzukommen, um die nachteiligen Auswirkungen bei Antritt des Zivildienstes so gering wie möglich zu halten. Es habe auch immer die Möglichkeit bestanden, sich mit der Zivildienstserviceagentur in Verbindung zu setzen, Informationen über mögliche Zuweisungstermine zu erhalten und diesbezügliche Vereinbarungen zu treffen. Der Beschwerdeführer habe lange nach Zustellung des Zuweisungsbescheides und somit in Kenntnis der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes ab 2. Juli 2007 bei der Firma E. eine Arbeit angetreten. Habe ein Zivildienstpflichtiger vor Erfüllung der ihn treffenden Dienstleistungspflicht seine berufliche Existenz zu verwirklichen begonnen, so könnten die durch die Unterbrechung der Berufstätigkeit infolge der zivildienstbedingten Abwesenheit verursachten wirtschaftlichen Rückschläge nicht die besondere Rücksichtswürdigkeit geltend gemachter wirtschaftlicher Interessen begründen. Schon nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei jeder Zivildienstpflichtige in Kenntnis der vor ihm liegenden Dienstleistungspflicht verhalten, seine persönlichen und wirtschaftlichen Belange derart einzurichten, dass für den Fall der Zuweisung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden werden und die ungetrübte Dienstleistung möglich ist. Soweit der Beschwerdeführer die Auffassung vertrete, im Falle der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes würde er seines Arbeitsplatzes verlustig gehen, weshalb zu befürchten sei, dass seine einkommenslose Ehefrau für diesen Fall nicht für den Unterhalt der minderjährigen Kinder aus eigenem sorgen könne, werde auf die dementsprechenden Bestimmungen des Arbeitsplatz-Sicherungsgesetzes 1991 sowie auf die Bestimmungen des § 25 Abs. 1 Z. 4 iVm § 34 ZDG betreffend Anspruch auf Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe während der Ableistung des ordentlichen Zivildienstes verwiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. Gemäß § 13 Abs. 1 ZDG hat die Zivildienstserviceagentur den Zivildienstpflichtigen - gleichgültig, ob er bereits Zivildienst leistet oder noch nicht - von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu befreien, auf Antrag des Zivildienstpflichtigen, wenn und solange es besonders rücksichtwürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern (Z. 2).

Gemäß § 25 Abs. 1 ZDG hat der Zivildienstleistende Anspruch auf Pauschalvergütung (Z. 1), Reisekostenvergütung (Z. 2), Kranken- und Unfallversicherung (Z. 3) sowie auf Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe (Z. 4). Gemäß § 34 Abs. 1 leg. cit. hat der Zivildienstpflichtige, der einen ordentlichen Zivildienst leistet, Anspruch auf Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe, wie er einem Wehrpflichtigen nach dem HGG 2001 zusteht.

1.2. Nach den maßgebenden Bestimmungen des HGG 2001, insbesondere dessen § 25, gebührt dem Anspruchsberechtigten Familienunterhalt für die Ehefrau (Z. 1) sowie für Kinder, für die ihm oder einem nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten eine Familienbeihilfe auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 oder eine gleichartige ausländische Beihilfe gewährt wird (Z. 2). Gemäß § 31 Abs. 1 HGG 2001 sind mit der Wohnkostenbeihilfe Anspruchsberechtigten jene Kosten abzugelten, die ihnen nachweislich während des Wehrdienstes für die erforderliche Beibehaltung einer eigenen Wohnung entstehen, in der sie nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 gemeldet sind.

1.3. Von Interesse ist im Beschwerdefall auch das Arbeitsplatz-Sicherungsgesetz 1991. Gemäß dessen § 4 bleibt durch die Zuweisung zum Zivildienst das Arbeitsverhältnis unberührt. Während der Zeit des Zivildienstes ruhen die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und die Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers, soweit nicht anderes bestimmt ist. § 12 Abs. 1 leg. cit. sieht ein Kündigungs- und Entlassungsverbot ab Zustellung des Zuweisungsbescheides vor.

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis unbegründet.

2.1. Eingangs ist hervorzuheben, dass der Beschwerdeführer zu Unrecht die Feststellung der belangten Behörde rügt, er habe erst am 3. Juli 2007 einen Antrag auf befristete Befreiung eingebracht, richtig sei vielmehr, dass er bereits mit Schriftsatz vom 28. Juni 2007 einen auf ein "diesbezügliches Begehren" gerichteten Antrag erstattet hätte. Der Beschwerdeführer hat nach der Aktenlage nämlich zunächst einen Antrag auf "außerordentlichen Aufschub des Antritts zum ordentlichen Zivildienst" gestellt. Erst mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 3. Juli 2007 wurde ein Antrag auf befristete Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes gestellt.

2.2. In rechtlicher Hinsicht ist zunächst zu betonen, dass die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Befreiung vom Präsenzdienst beim Bundesheer auf § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG übertragen werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2006/11/0266, mwN).

Soweit die belangte Behörde wirtschaftliche Interessen des Dienstgebers des Beschwerdeführers an einer Befreiung desselben für unbeachtlich erklärt hat, ist dies im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1997, Zl. 96/11/0256) nicht zu beanstanden.

Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde familiäre Interessen gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG erwähnt, genügt es darauf hinzuweisen, dass familiäre Interessen gemäß § 13 Abs. 1 Z. 2 ZDG nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes voraussetzen, dass Familienangehörige des Zivildienstpflichtigen in ihren eigenen Belangen der Unterstützung durch den Zivildienstpflichtigen bedürfen, die ihnen dieser aber wegen der Leistung des Zivildienstes nicht gewähren könnte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2001, Zl. 2000/11/0034, mwN). Umstände, die familiäre Interessen in diesem Sinne begründen könnten, wurden vom Beschwerdeführer nicht behauptet und liegen nach der Aktenlage auch nicht vor.

Der Beschwerdeführer macht mit seinem gesamten Vorbringen zur befürchteten Existenzgefährdung seiner Familie vielmehr primär besonders berücksichtigungswürdige wirtschaftliche Interessen geltend, derentwegen eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes in seinem Falle erforderlich wäre. Die aus seiner Sicht besonders rücksichtswürdigen wirtschaftlichen Interessen erblickt der Beschwerdeführer in der wirtschaftlichen Situation, in die ihn - und mit ihm seine Familie - der Antritt des ordentlichen Zivildienstes angesichts seiner Vermögenslage und drohender, von ihm näher genannter, Rückzahlungsverpflichtungen brächte.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer allerdings keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Auf der Grundlage des weitwendigen Beschwerdevorbringens gibt es keinen Grund daran zu zweifeln, dass der Beschwerdeführer nach den oben unter Pkt. 1. wiedergegebenen Rechtsvorschriften Anspruch auf Pauschalvergütung, Reisekostenvergütung, Kranken- und Unfallversicherung sowie auf Familienunterhalt und Wohnkostenbeihilfe hat. Entgegen seinem Vorbringen gibt es auch keinen Grund für die Annahme, in seinem Fall kämen § 4 und § 12 des Arbeitsplatz-Sicherungsgesetzes 1991 nicht zur Anwendung. Der Beschwerdeführer befindet sich daher in keiner anderen Lage als jeder andere (unselbständig erwerbstätige) Zivildienstpflichtige, der im Zeitpunkt der Zuweisung zum ordentlichen Zivildienst bereits eine Familie gegründet hat.

Soweit der Beschwerdeführer seine außerordentliche, weil prekäre, Vermögenssituation und Rückzahlungsverpflichtungen ins Treffen führt, ist ihm zu entgegnen, dass aus seinem vagen Beschwerdevorbringen nicht ansatzweise zu erkennen ist, dass er in Kenntnis seiner Zivildienstpflicht, mithin ab Zustellung des diesbezüglichen Feststellungsbescheides der Zivildienstserviceagentur vom 16. Jänner 2007, und in weiterer Folge ab Zustellung des Zuweisungsbescheides der Zivildienstserviceagentur vom 15. März 2007 versucht hätte, eine Aussetzung seiner Rückzahlungsverpflichtungen oder eine Reduzierung derselben für die Dauer der Leistung des ordentlichen Zivildienstes zu erwirken. Der Beschwerdeführer behauptet auch nicht konkret, dass im Zeitraum vor dem 2. Juli 2007, dem im Zuweisungsbescheid genannten Beginn des Zivildienstes, eine Aussetzung oder Reduzierung nicht hätte erwirkt werden können. Es ist daher auch aus dem Beschwerdevorbringen nicht zu erkennen, dass der Antritt des ordentlichen Zivildienstes für den Beschwerdeführer und seine Familie eine nur durch eine befristete Befreiung abwendbare Existenzgefährdung bewirken würde.

Die Abweisung seines Befreiungsantrages durch die belangte Behörde kann daher im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 22. April 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008110005.X00

Im RIS seit

16.05.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten