TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/28 2007/12/0086

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Veröffentlicht am 28.04.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
27/01 Rechtsanwälte;
63/02 Gehaltsgesetz;
64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht;

Norm

GehG 1956 §12 Abs3 idF 1993/256;
GehG 1956 §12 Abs3 idF 2003/I/017;
RAO 1868 §2 Abs2 idF 1992/176;
RDG §10 Abs1 idF 1988/230;
RDG §15 idF 1988/230;
RDG §26 Abs1 idF 1991/362;
RDG §26 Abs1 idF 1994/507;
RDG §26 Abs3 idF 1991/362;
RDG §9 Abs1 idF 1988/230;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der DDr. A in S, vertreten durch Müller Schubert & Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 59, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 23. März 2007, Zl. BMJ-A23973/0001-III 4/2007, betreffend Feststellung des Vorrückungsstichtages, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin absolvierte in der Zeit vom 1. November 1992 bis 31. Mai 1994 ihre Gerichtspraxis (ein Jahr und sieben Monate) und war vom 1. Juni 1994 bis 30. September 1996 Richteramtsanwärterin für den Sprengel des Oberlandesgerichtes L (zwei Jahre und vier Monate). In der Folge war sie vom 1. Oktober 1996 bis 30. Juni 1999 (zwei Jahre und neun Monate) als Rechtsanwaltsanwärterin in der Kanzlei Dr. M beschäftigt. Vom 1. Juli 1999 bis 28. Februar 2001 (ein Jahr und acht Monate) war die Beschwerdeführerin als Rechtsanwältin selbstständig tätig. Unmittelbar nach Beendigung dieser Tätigkeit wurde sie mit Wirkung vom 1. März 2001 auf die Planstelle einer Richterin des Landesgerichtes S ernannt.

Sie steht seit diesem Zeitpunkt als mit Rechtsmittelsachen am Gerichtshof erster Instanz befasste Richterin in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Im Übrigen wird zur Vorgeschichte zunächst auf deren Darstellung im hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2006, Zl. 2003/12/0157, verwiesen.

Mit diesem Erkenntnis wurde ein im Instanzenzug ergangener Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juni 2003, mit welchem der Vorrückungsstichtag der Beschwerdeführerin mit 1. Jänner 1993 festgesetzt worden war (wobei die belangte Behörde lediglich die Zeiten als selbstständige Rechtsanwältin aus dem Titel des § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG) zur Gänze berücksichtigt hatte), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof führte in diesem Erkenntnis auszugsweise Folgendes aus:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Vortätigkeit für die erfolgreiche Verwendung eines Beamten von Bedeutung, wenn sie sich als eine ihrer Ursachen darstellt. Von besonderer Bedeutung ist sie dann, wenn der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung ohne sie nur in einem beträchtlich geringeren Maße gegeben wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1995, Zl. 94/12/0065, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in diesem Zusammenhang die Rechtsauffassung, dass bei zeitlich lang andauernden Vortätigkeiten, die für die erfolgreiche Verwendung des öffentlichrechtlich Bediensteten von Bedeutung sind, eine besondere Bedeutung im Sinn des § 12 Abs. 3 GehG nur für einen Teil dieser Zeit, der in der Regel erforderlich ist, um die notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen für die erfolgreiche Ausübung der Vortätigkeit zu erwerben, gegeben sein kann. Die wesentliche Auswirkung der Vortätigkeit auf die erfolgreiche Verwendung des öffentlich-rechtlich Bediensteten kann daher zeitlich begrenzt sein und eine darüber hinausgehende Vollanrechnung auch nicht im öffentlichen Interesse liegen (vgl. etwa das zitierte hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1995, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Prüfung der Anrechenbarkeit von Zeiten nach § 12 Abs. 3 GehG auf den Zeitpunkt der Anstellung des Beamten und auf die Tätigkeit abzustellen, die der Beamte bei Antritt des Dienstes auszuüben hatte. Der Beurteilung der Frage der besonderen Bedeutung der Vortätigkeit ist für die erfolgreiche Verwendung grundsätzlich nicht mehr als der Zeitraum eines halben Jahres nach Beginn des Dienstverhältnisses zu Grunde zu legen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 99/12/0097, mwN). Zur Beantwortung der Frage der besonderen Bedeutung einer Vortätigkeit des Beamten ist festzustellen, welche tatsächlichen Verrichtungen während der Vordienstzeit besorgt wurden, in welchem Ausmaß dies geschehen ist und welche Kenntnisse und Fähigkeiten hiebei erworben wurden. Andererseits ist festzustellen, welche tatsächlichen Tätigkeiten der Anrechnungswerber auf dem Dienstposten, auf den er ernannt wurde, und zwar im ersten Halbjahr des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, zu verrichten hatte, inwieweit sein Verwendungserfolg in diesem Rahmen über dem von Beamten ohne ähnliche Vortätigkeit lag und ob die Vortätigkeit für diesen Verwendungserfolg als Beamter ursächlich war. Trifft all dies zu und wäre der durch die Vortätigkeit verursachte Verwendungserfolg ohne diese nur in einem beträchtlich geringeren Maß gegeben gewesen, dann ist die Vortätigkeit für die erfolgreiche Verwendung als Beamter von besonderer Bedeutung im Sinn des § 12 Abs. 3 GehG (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, Zl. 98/12/0054).

...

Die in der StN des im Zeitpunkt der Abgabe seiner 2. StN vom 12. März 2003 noch bestehenden BMöLS vertretene Auffassung, die offenkundig die Zeit der Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Rechtsanwaltsanwärterin mit der Grundausbildung (Rechtspraxis) eines Richteramtsanwärters gleichsetzt (nur so ist die bloße Anrechnung von einem Monat der erstgenannten Tätigkeit nach § 12 Abs. 3 GehG erklärbar), ist schon deshalb verfehlt, weil sie auf die Besonderheiten des Beschwerdefalls (Ablegung der Richteramtsprüfung vor der Aufnahme der Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärterin und kurz danach die Ablegung der Ergänzungsprüfung für Rechtsanwälte) nicht Bedacht genommen hat. Bei dieser Fallkonstellation tritt der Ausbildungszweck dieser Zeit in den Hintergrund, sofern nicht besondere Umstände das Gegenteil indizieren. Im fortgesetzten Verfahren könnte auch dem Erhebungsbericht des Präsidenten des Oberlandesgerichtes X. vom 12. September 2002 für das Ausmaß der Anerkennung der (privaten) Vortätigkeit nach § 12 Abs. 3 GehG besondere Bedeutung zukommen.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben."

Im fortgesetzten Verfahren erstattete die Beschwerdeführerin am 18. September 2006 eine Stellungnahme, in welcher sie ihre Tätigkeiten als Rechtsanwaltsanwärterin ausführlich beschrieb sowie deren Nutzen für ihre (nach ihrer Ernennung aufgenommene) Tätigkeit als Rechtsmittelrichterin eingehend darlegte.

Schließlich führte sie in dieser Stellungnahme aus, dass eine erfolgreiche Tätigkeit als Rechtsmittelrichter jedenfalls eine entsprechende Berufserfahrung voraussetze. Deshalb sei es üblich und zweckmäßig, im Rechtsmittelsenat erfahrene und nicht gerade erst ernannte Richter einzusetzen. Dementsprechend sei ein näher genannter Kollege, welcher gemeinsam mit der Beschwerdeführerin die Richteramtsprüfung abgelegt habe, mehr als fünf Jahre in erster Instanz tätig gewesen, bevor er im Rechtsmittelsenat eingesetzt worden sei. Auch zwei andere namentlich genannte Kollegen seien viele Jahre (wesentlich mehr als fünf Jahre) Erstrichter gewesen. Kollegen, die nicht über eine zumindest fünfjährige erstinstanzliche Erfahrung verfügten, würden beim Landesgericht S grundsätzlich nur bei personellen Engpässen und entsprechender Arbeitsüberlastung im Rechtsmittelsenat eingesetzt. Nur durch diese - an sich ungewollten - Umstände ergebe sich allenfalls bei der Ermittlung jener Zeit, die ein bestqualifizierter Rechtsmittelrichter üblicherweise zunächst in erster Instanz tätig sei, ein geringerer Durchschnittswert als fünf Jahre.

Nach Einholung einer (ergänzenden) Stellungnahme des Präsidenten des Landesgerichtes S vom 4. Oktober 2006 erließ die belangte Behörde den hier angefochtenen Bescheid vom 23. März 2007, mit welchem nunmehr im Instanzenzug der Vorrückungsstichtag der Beschwerdeführerin mit Wirksamkeit vom 1. März 2001 mit 1. Oktober 1991 festgesetzt wurde.

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges traf die belangte Behörde zunächst folgende Feststellungen:

"Von 1. Oktober 1996 bis 30. Juni 1999 (zwei Jahre und neun Monate) war die Beschwerdeführerin als Rechtsanwaltsanwärterin in der Rechtsanwaltskanzlei Dr. M in Salzburg beschäftigt. In dieser Zeit war die Genannte unter anderem mit Zivilrecht, Strafrecht, Finanzrecht (Beratung und Vertretung von Banken), Miet- und Wohnrecht, Ehe- und Familienrecht (insbesondere Scheidungs-, Obsorge- und Unterhaltsverfahren), Verlassenschaftsverfahren (sowie Testamentserrichtungen), Insolvenzrecht, Exekutionsrecht, Vertragsrecht (insbesondere Errichtung von Kauf-, Schenkungs-, Miet- und Wohnungseigentumsverträgen), Grundverkehrs- und Grundbuchsrecht, Gesellschaftsrecht (inklusive Firmenbuchrecht) und Verwaltungsrecht (insbesondere Gewerbe-, Bau- und Verkehrsrecht) befasst. In den angeführten Tätigkeitsfeldern erstreckte sich ihr Aufgabenbereich auf Klientengespräche, Rechtsberatung, Korrespondenz, Verfassen und Einbringen von Klagen, Rechtsmitteln und sonstigen Schriftsätzen sowie die Vertretung vor Behörden und Gerichten. Die Beschwerdeführerin hat die ihr als Rechtsanwaltsanwärterin übertragenen Aufgaben gewissenhaft, zielbewusst und selbstständig erfüllt und hat dabei insbesondere in Zivil- sowie auch in Außerstreit-, Grundbuchs-, Exekutions- und Insolvenzsachen umfangreiche Erfahrung gesammelt.

Von 1. Juli 1999 bis 28. Februar 2001 (ein Jahr und acht Monate) war die Beschwerdeführerin als Rechtsanwältin auf Regiebasis selbstständig tätig und erfüllte auch diese Aufgabe mit großem Erfolg. Unmittelbar nach Beendigung dieser Tätigkeit wurde sie mit Wirksamkeit vom 1. März 2001 auf die Planstelle einer Richterin des Landesgerichtes S ernannt, wo sie bereits im ersten halben Jahr ihrer richterlichen Tätigkeit mit 100 % VZK (Vollzeitkapazität) im zivilen Rechtsmittelbereich eingesetzt wurde. Die Verwendung in diesem Bereich erfolgte über ausdrücklichen Wunsch der Mitglieder der zivilen Rechtsmittelsenate des Landesgerichtes S insbesondere auf Grund ihrer als Rechtsanwaltsanwärterin und als Rechtsanwältin erworbenen Kenntnisse. Im ersten halben Jahr war sie vorerst im familienrechtlichen Rechtsmittelsenat tätig und anschließend in jenem Senat, der neben allgemeinen Akten die Spezialzuständigkeit für Grundbuchs-, Exekutions- und Insolvenzakten hatte. Die Beschwerdeführerin hat in diesem Zeitraum - soweit ersichtlich - sämtliche in diesen Sparten anfallenden Tätigkeiten überaus erfolgreich verrichtet, wobei insbesondere ein Auszug aus der monatlichen Statistik offener Fälle belegt, dass sie - verglichen mit anderen, ebenfalls mit 100 % VZK eingesetzten Referenten - von Anfang an die weitaus wenigsten offenen Fälle aufwies. Ihr besonders kurzer Einarbeitungsaufwand und die von Anfang an äußerst effektive Arbeit gründen zweifellos (auch) auf ihrer Vortätigkeit als Rechtsanwaltsanwärterin und Rechtsanwältin, die ihr den Einstieg in die richterliche Tätigkeit erleichterte, was ein Vergleich mit einer anderen - ausgezeichneten - Richterin ohne fachspezifische Vorerfahrungen belegt.

Eine darüber hinausgehende, erschöpfende Klärung sämtlicher relevanter Tatfragen im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juli 2006, Zl. 2003/12/0157, erscheint auch auf der Grundlage der nun vorliegenden weiteren Erhebungsergebnisse nicht möglich. Sie erweist sich im Übrigen auch als gar nicht durchführbar, weil zum gegenwärtigen Zeitpunkt - mangels zur Verfügung stehenden Datenmaterials - weder Art, Anzahl und Güte der von der Beschwerdeführerin während ihrer Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärterin und im ersten halben Jahr als Richterin bearbeiteten Fälle mit der notwendigen Genauigkeit eruiert werden können, noch eine den nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes anzulegenden Maßstäben genügende Relation zum Verwendungserfolg 'von Richtern ohne eine Vortätigkeit wie jene der Beschwerdeführerin' hergestellt werden kann.

..."

Weiters wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei ihrer Mitwirkungspflicht im Verfahren hinreichend nachgekommen, sodass die dargelegten Unsicherheiten nicht zu deren Lasten gehen könnten. Sodann heißt es in diesem Bescheid:

"Auf Grund der ergänzten Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin in den ersten sechs Monaten ihres Ausbildungsdienstes als Richteramtsanwärterin einen überdurchschnittlichen Verwendungserfolg aufgewiesen hat und ihre Vortätigkeiten als Rechtsanwaltsanwärterin und als selbstständige Rechtsanwältin, zu der wesentlich die Verhandlungstätigkeit vor Gericht in fast allen bei Gericht vorkommenden Materien und - damit verbunden - auch der Kontakt mit Mandanten sowie weiters das selbstständige Bearbeiten von vielfältigsten juristischen Problemen verbunden mit juristischer Recherche und dem Verfassen von Schriftsätzen (ähnlich dem Verfassen von gerichtlichen Entscheidungen) zählte, für diesen Verwendungserfolg ursächlich war.

Daraus folgt aber noch nicht, dass ihre Praxis als Rechtsanwaltsanwärterin jedenfalls im vollen Ausmaß anzurechnen wäre.

Diesbezüglich hat der VwGH ausgesprochen, dass bei zeitlich lang andauernden Vortätigkeiten, die für die erfolgreiche Verwendung des Beamten von Bedeutung sind, eine besondere Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GehG auch nur für einen Teil dieser Zeit, der in der Regel erforderlich ist, um die notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen für die erfolgreiche Ausübung der Vortätigkeit zu erwerben, gegeben sein kann und eine darüber hinausgehende Vollanrechnung auch nicht im öffentlichen Interesse liegen kann (VwGH 14.6.1995, 94/12/0065; 17.11.2004, 2004/12/0085; 5.7.2006, 2003/12/0157).

Gemäß § 2 Abs. 2 RAO hat die zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erforderliche praktische Verwendung fünf Jahre zu dauern. Davon sind im Inland mindestens neun Monate bei Gericht und drei Jahre bei einem Rechtsanwalt zu verbringen. Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber für die bei einem Rechtsanwalt zu erwerbenden Kenntnisse und Erfahrungen eine Praxiszeit als Rechtsanwaltsanwärter von drei Jahren für ausreichend erachtet. Ausgehend davon erscheint es - jedenfalls in durchschnittlichen Fällen - gerechtfertigt, Praxiszeiten als Rechtsanwaltsanwärterin und als Rechtsanwältin im Ausmaß von drei Jahren zu berücksichtigen."

Schließlich verwies die belangte Behörde darauf, dass das (nunmehr zuständige) Bundeskanzleramt mit Note vom 14. März 2007 einer Berücksichtigung der von der belangten Behörde angerechneten Vordienstzeiten im Gesamtausmaß von drei Jahren zugestimmt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur maßgeblichen Rechtslage wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf deren Wiedergabe in dem bereits mehrfach zitierten hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2006 verwiesen.

§ 2 Abs. 2 der Rechtsanwaltsordnung, RGBl. Nr. 96/1868 in der Fassung dieses Absatzes durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 176/1992, lautet:

"§. 2.

...

(2) Die praktische Verwendung im Sinn des Abs. 1 hat fünf Jahre zu dauern. Hievon sind im Inland mindestens neun Monate bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft und mindestens drei Jahre bei einem Rechtsanwalt zu verbringen."

Unstrittig ist vorliegendenfalls, dass sowohl die Vortätigkeit der Beschwerdeführerin als Rechtsanwältin als auch jene als Rechtsanwaltsanwärterin für ihre erfolgreiche Verwendung als Rechtsmittelrichterin (in den ersten sechs Monaten ihrer richterlichen Tätigkeit) von Bedeutung waren.

Allerdings vertritt die belangte Behörde die Rechtsauffassung, es sei nur ein Teil (nur drei Jahre) dieser (insgesamt vier Jahre und fünf Monate währenden) Zeit anzurechnen. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang auf das bereits mehrfach erwähnte im ersten Rechtsgang ergangene hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2006 und die dort zitierte Vorjudikatur. Der Verwaltungsgerichtshof hat - worauf die belangte Behörde zutreffend hinwies - dort ausgeführt, dass bei zeitlich lang dauernden Vortätigkeiten, die für die erfolgreiche Verwendung des öffentlich-rechtlich Bediensteten von Bedeutung sind, eine besondere Bedeutung im Sinne des § 12 Abs. 3 GehG nur für einen Teil dieser Zeit, der in der Regel erforderlich ist, um die notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen für die erfolgreiche Ausübung der Vortätigkeit zu erwerben, gegeben sein kann.

Unzutreffend ist freilich die von der belangten Behörde aus § 2 Abs. 2 RAO abgeleitete Schlussfolgerung, dieser Zeitraum sei mit dem obligatorisch bei einem Rechtsanwalt zu verbringenden (dreijährigen) Teil der Ausbildungsphase zum Anwaltsberuf gleichzusetzen. Der erwähnte in der Vorjudikatur geprägte Rechtssatz geht wohl von der Überlegung aus, wonach eine Vortätigkeit, mag sie auch dem Grunde nach die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 GehG erfüllen, nach einem gewissen Zeitraum ihrer Ausübung Redundanzen und Wiederholungen aufweist, welche bewirken, dass der Zugewinn an praktischen Kenntnissen und Erfahrungen durch die Fortdauer dieser Vortätigkeit (nach Ablauf dieses Zeitraumes) weder für deren (weitere) erfolgreiche Ausübung noch für die (im Anschluss daran aufgenommene) Tätigkeit des Beamten in den ersten sechs Monaten seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses von besonderer Bedeutung sein kann.

Betrachtet man die beiden hier in Rede stehenden Vortätigkeiten isoliert, so indiziert gerade § 2 Abs. 2 RAO, dass der hier in Betracht kommende Anrechnungszeitraum der Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärterin (zwei Jahre und neun Monate) für sich genommen keinesfalls derartige Redundanzen aufweist, wird doch (jedenfalls für die Erlangung der Befugnis zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft) eine mindestens dreijährige Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärter verlangt. Ebenso wenig kann vom Auftreten solcher Redundanzen bei der Sammlung von Berufserfahrung als selbstständiger Rechtsanwalt für einen Zeitraum von einem Jahr und acht Monaten die Rede sein.

Wollte man demgegenüber die Tätigkeit im Bereich der Rechtsanwaltschaft als (einheitliche) Vortätigkeit ansehen, so könnte gleichfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die hiefür (insgesamt) erforderlichen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen typischerweise schon durch einschlägige Tätigkeiten in einem Zeitraum erworben werden, der nicht einmal ausreicht, um die zur Erlangung der Befugnis zur selbstständigen Ausübung der Anwaltschaft insgesamt erforderliche praktische Berufserfahrung zu absolvieren.

Von einer ähnlichen Sichtweise und jedenfalls nicht von jener der belangten Behörde ging wohl auch das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1995, Zl. 94/12/0065, aus, in welchem die Vollanrechnung einer Tätigkeit im Bereich der Anwaltschaft im Ausmaß von insgesamt 8 Jahren gemäß § 12 Abs. 3 GehG ausdrücklich als "im Sinn des Gesetzes rechtmäßig" bezeichnet wurde.

Fallbezogen ist überdies von Bedeutung, dass hier die Erfahrungen der Beschwerdeführerin im Bereich der Rechtsanwaltschaft offenbar dazu beitrugen, die fehlende richterliche Berufserfahrung, welche üblicherweise für die Ausübung der Tätigkeit eines Rechtsmittelrichters erforderlich ist, zu substituieren. In diesem Zusammenhang kommt aber dem - von der belangten Behörde nicht als unzutreffend qualifizierten - Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die Dauer der für eine erfolgreiche Tätigkeit als Rechtsmittelrichter üblicherweise erforderlichen richterlichen Berufserfahrung besondere Bedeutung zu. Wäre - wie die Beschwerdeführerin darlegt - für die erfolgreiche Verwendung als Rechtsmittelrichter eine etwa fünfjährige richterliche Erfahrung üblicherweise vorausgesetzt, wäre wohl auch nur eine vergleichbar langdauernde Vortätigkeit im Bereich der Rechtsanwaltschaft geeignet, eine solche richterliche Berufserfahrung zu ersetzen (wobei die Eignung der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Vortätigkeiten hiefür dem Grunde nach ja außer Streit steht).

Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aus diesem Grunde aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 28. April 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007120086.X00

Im RIS seit

27.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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