TE Vwgh Erkenntnis 2008/4/29 2007/05/0088

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Veröffentlicht am 29.04.2008
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
L82109 Kleingarten Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;
KlGG Wr 1996 §1 Abs2;
KlGG Wr 1996 §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der L in Wien, vertreten durch Mag. Knuth Bumiller, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 28 Top 9, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 27. Februar 2007, Zl. BOB - 629/06, betreffend Bauauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Unterpächterin der Kleingartenparzelle Nr. 29 in 1210 Wien, Pragerstraße 120.

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 37, beraumte für den 25. Oktober 2006 bei dieser Parzelle eine mündliche Verhandlung an. In der dem Beschwerdeführervertreter am 12. Oktober 2006 zugestellten Ladung zu dieser mündlichen Verhandlung wurde als Gegenstand angeführt: "Auftragsverfahren gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien für den Zubau zum Kleingartenwohnhaus auf Parz. 39 des Kleingartenvereins Klg. Prager Straße 120."

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2006 die Abberaumung dieser Verhandlung. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2006 teilte hiezu die MA 37 der Beschwerdeführerin mit, dass diesem Antrag nicht stattgegeben werde. Trotz weiterer zwei Vertagungsanträge der Beschwerdeführerin vom 20. Oktober 2006 und 24. Oktober 2006 führte die Baubehörde erster Instanz die Verhandlung am 25. Oktober 2006 durch. In der Verhandlungsschrift ist festgehalten, dass das Auftragsverfahren nicht durchgeführt habe werden können, da die Eigentümerin der Baulichkeit bzw. ihr Rechtsvertreter nicht erschienen seien.

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 37, beraumte hierauf für den 13. November 2006, 10.00 Uhr, neuerlich eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle an. Die Ladung wurde sowohl der Beschwerdeführerin als auch deren Vertreter zugestellt. Weder die Beschwerdeführerin noch deren Vertreter sind jedoch zur Verhandlung erschienen. In der Verhandlungsschrift wurde von der Leiterin der Amtshandlung festgehalten, dass an das bestehende Kleingartenwohnhaus ca. 60 cm von der linken Parzellengrenze ohne Baubewilligung ein Zubau im Ausmaß von ca. 1,37 m Breite, ca. 2,95 m Länge und ca. 2,30 m Höhe mit einem Pultdach, welches bis zu einer Höhe von 2,90 m ansteige, errichtet worden sei. Der "Amtsabordnung" sei trotz mehrmaligem Läuten die Eingangstür nicht geöffnet worden. Ein Verhinderungsgrund der Beschwerdeführerin sei der Behörde nicht bekannt gegeben worden, weshalb die Verhandlung ohne Beisein der Beschwerdeführerin durchgeführt worden sei.

Am Verhandlungstag langte ein mittels Fax übermittelter Antrag der Beschwerdeführerin ein, in welchem sie die Abberaumung der Verhandlung auf Grund "einer kurzfristigen Erkältungserkrankung mit Fieber" des Beschwerdeführervertreters beantragte. Es sei dem Beschwerdeführervertreter nicht möglich, "die mündliche Verhandlung bei den gegebenen kalten Witterungsbedingungen wahrzunehmen". "Auf Grund der Kurzfristigkeit der Erkrankung" sei auch keine Substitution mehr möglich gewesen. Für den Fall, dass die Behörde diesem Antrag nicht stattgeben sollte, beantragte die Beschwerdeführerin gemäß § 71 AVG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der mündlichen Verhandlung. Die kurzfristige Erkrankung des Beschwerdeführervertreters stelle ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 AVG dar. Zum Beweis legte die Beschwerdeführerin eine Rechnung der Schwedenapotheke vom Verhandlungstag 9.32 Uhr über den Erwerb des Medikamentes Aspirin C Brausetabletten vor. Als weiteres Beweismittel beantragte die Beschwerdeführerin hilfsweise die Einvernahme ihres Rechtsvertreters.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 13. November 2006 wurde der Beschwerdeführerin unter Spruchpunkt I. folgender Auftrag erteilt:

"Der ohne Baubewilligung (Einreichung gemäß § 8 WKlG) an der linken Seite direkt an das Kleingartenwohnhaus, im Abstand von ca. 60 cm von der linken Parzellengrenze, angebaute, ebenerdige Zubau im Ausmaß von ca. 1,37 m x 2,95 m, mit einem Pultdach von ca. 2,30 m Höhe ansteigend bis zu einer Höhe von ca. 2,90 m ist entfernen zu lassen."

Unter Spruchpunkt II. wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG abgewiesen.

Zur Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages führte die Behörde aus, dass nicht nachvollziehbar sei, warum der Beschwerdeführervertreter das von ihm genannte handelsübliche Medikament erst um 9.32 Uhr und nicht schon zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt besorgt habe. Da der Beschwerdeführervertreter das Medikament selbst erworben habe, könne nicht von einer Bettlägrigkeit ausgegangen werden. Die Verständigung über die Augenscheinsverhandlung sei rechtzeitig erfolgt.

Den Bauauftrag stützte die Behörde auf § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien.

In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass ihr Vertreter noch in den Morgenstunden des Verhandlungstages vorgehabt habe, den Verhandlungstermin wahrzunehmen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits unter einer akuten Erkältungskrankheit mit Fieber gelitten habe. Gegen 8 Uhr habe er jedoch erkennen müssen, dass die gesundheitlichen Auswirkungen der Erkältung ein solches Ausmaß erreicht hätten, dass die Einnahme von entsprechenden Medikamenten notwendig sei und die Erkrankung eine Wahrnehmung der Verhandlung nicht erlaube. Wie die Behörde erster Instanz annehmen habe können, dass der Beschwerdeführervertreter das Medikament selbst besorgt hätte, sei nicht nachvollziehbar. Zum Beweis für die Erkrankung des Beschwerdeführervertreters und dafür, dass dieser wegen der Erkrankung die mündliche Verhandlung nicht habe wahrnehmen können, sei dessen Einvernahme beantragt und eine Rechnung des Medikamentes vorgelegt worden. Im Falle der Einvernahme des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin hätte sich herausgestellt, dass dieser durch seine Erkrankung verhindert gewesen sei, an der Verhandlung teilzunehmen. Die Behörde hätte diesbezüglich auch ein medizinisches Gutachten einholen können.

Die Behörde habe nicht dargelegt, wie sie zu den Maßen des Zubaus gekommen sei. Hätte sie eine gesetzmäßige Verhandlung vor Ort durchgeführt, hätte sich herausgestellt, dass keineswegs an der linken Seite direkt an das Kleingartenwohnhaus im Abstand von 60 cm von der linken Parzellengrenze ein solcher Zubau errichtet worden sei. In Bezug auf die verfahrensgegenständliche Kleingartenparzelle sei die bebaubare Fläche im Bebauungsplan nicht mit mindestens 100 m2 festgesetzt, weshalb die Grundfläche von errichteten Nebengebäuden auch nicht auf die Ausnutzbarkeitsbestimmungen der Kleingartenparzelle anzurechnen sei. Es bestehe kein Zubau im Sinne der Bauordnung für Wien und des Wiener Kleingartengesetzes. Selbst wenn man von einem Zubau ausginge, sei davon auszugehen, dass dieser bewilligt sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

Zum Wiedereinsetzungsantrag führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass eine Erkrankung nur dann einen Wiedereinsetzungsgrund darstelle, wenn diese einen Zustand der Dispositionsunfähigkeit zur Folge habe und so plötzlich und so schwer auftrete, dass der Erkrankte nicht mehr in der Lage sei, die nach der Sachlage gebotenen Maßnahmen zu treffen. Der Beschwerdeführerin sei es nicht gelungen, das Vorliegen dieser Voraussetzungen für eine Bewilligung der Wiedereinsetzung glaubhaft zu machen. Die bloße Vorlage eines Kassazettels für ein Medikament, das üblicherweise bei nicht allzu schweren Erkrankungen eingenommen werde, könne für eine solche Glaubhaftmachung nicht genügen, zumal keinerlei ärztliche Vorschreibung oder eine ärztliche Bestätigung vorliege. Einem rechtskundigen Vertreter sei es durchaus zuzusinnen, ein entsprechendes ärztliches Attest vorzulegen. Selbst in der Berufungsschrift sei jedoch kein behandelnder Arzt namhaft gemacht worden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1994, Zl. 90/13/0004). Der Grundsatz der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit entbinde einen Wiedereinsetzungswerber nicht von der Pflicht, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzulegen und glaubhaft zu machen. Gerade zufolge der Befristung eines Wiedereinsetzungsantrages sei es nicht Sache der Behörde, tatsächliche Umstände zu erheben, die einen Wiedereinsetzungsgrund bilden könnten (Hinweis auf den hg. Beschluss vom 22. Dezember 2005, Zl. 2005/20/0367). Den Wiedereinsetzungswerber treffe die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert habe, und den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund bereits im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen, was auch ein entsprechendes tatsachenbezogenes Antragsvorbringen voraussetze (Hinweis auf den hg. Beschluss vom 24. November 2005, Zl. 2005/11/0176). Ein Sachverhalt sei glaubhaft zu machen, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen anderen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich (Hinweis auf den hg. Beschluss vom 23. November 2005, Zl. 2005/16/0099). Da es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei, im Sinne dieser Rechtsprechung glaubhaft zu machen, dass ihr Rechtsvertreter einer so plötzlichen und schweren Erkrankung unterlegen sei, dass dessen Dispositionsfähigkeit ausgeschlossen gewesen wäre, sei der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand spruchgemäß abzuweisen gewesen.

Zum Bauauftrag führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus:

Von der Beschwerdeführerin sei nicht bestritten worden, dass sie Eigentümerin des bezughabenden Zubaus sei. Nach § 8 Abs. 1 WKlG bedürfe ein Zubau der hier zu beurteilenden Art einer Baubewilligung. Unter Zubauten seien gemäß § 60 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien in Verbindung mit § 1 Abs. 2 WKlG alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von Dachgauben, zu verstehen. Die an das bestehende Kleingartenwohnhaus angebaute Baulichkeit stelle eine Vergrößerung dieses Gebäudes in waagrechter Richtung dar und sei daher zweifelsohne als Zubau zu qualifizieren. Der Zubau sei von der Behörde erster Instanz verbal und lagemäßig ausreichend umschrieben worden; es stehe eindeutig fest, um welche Baulichkeit es sich handle. Eine Verwechslung sei ausgeschlossen.

Für das gegenständliche Grundstück gelte die Widmung Erholungsgebiet-Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen (Eklw). Die Regelung des § 82 Abs. 5 Bauordnung für Wien sei daher im Beschwerdefall nicht anzuwenden. Es gebe nämlich die Regelung des § 12 Abs. 3 WKlG. Im Bauauftragsverfahren sei die Frage der Bewilligungsfähigkeit einer Baulichkeit nicht zu prüfen. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Baulichkeit sei gemäß § 8 Abs. 6 und 10 WKlG bewilligt, da ein Gebäude im Sinne des § 12 Abs. 4 WKlG in Verbindung mit § 12 Abs. 5 WKlG bzw. § 16 Abs. 2 WKlG vorliege, sei entgegenzuhalten, dass eine Maßgeblichkeit der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Bestimmungen für den hier zu prüfenden Bauauftrag nicht gegeben sei, da § 12 Abs. 4 WKlG lediglich freistehende, höchstens 2,20 m hohe Nebengebäude zur Unterbringung von Fahrrädern erfasse, § 12 Abs. 5 WKlG lediglich Vordächer und Dachvorsprünge bis zu einer Ausladung von höchstens 70 cm, Balkone bis zu einer Ausladung von höchstens 1,20 m und nicht überdachte Kellerabgänge betreffe, und sich § 16 Abs. 2 WKlG nur auf die Gestaltung des Kleingartens beziehe (Stützmauern, Lichtschächte, Geländeveränderungen, Stufenanlagen, Rampen, Wege, Traufenpflaster, Terrassen, etc.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages hält die Beschwerdeführerin für rechtswidrig, weil sich die belangte Behörde nicht hinreichend mit den vorgetragenen Gründen auseinander gesetzt habe und eine rechtswidrige vorgreifende Beweiswürdigung vorliege, weil ihr Rechtsvertreter, der als Zeuge für die Glaubhaftmachung des geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes namhaft gemacht worden sei, nicht einvernommen worden sei.

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Der Wiedereinsetzungsantrag hat ein Vorbringen über seine Rechtzeitigkeit und die Angabe zu enthalten, aus welchem Grund der Antragsteller den Tatbestand des § 71 Abs. 1 AVG als erfüllt ansieht. Dabei trifft ihn die Obliegenheit, im Antrag konkret jenes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis zu beschreiben, das ihn an der Einhaltung der Frist gehindert hat, und diesen behaupteten Wiedereinsetzungsgrund bereits im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen, was auch ein entsprechendes tatsachenbezogenes Antragsvorbringen voraussetzt (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 24. Mai 2005, Zl. 2004/11/0233, m. w.N.). Den Wiedereinsetzungswerber trifft trotz des im Verwaltungsverfahren herrschenden Grundsatzes der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit die Pflicht, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen. Gerade zufolge der Befristung eines Wiedereinsetzungsantrages ist es nicht Sache der Behörde, tatsächliche Umstände zu erheben, die einen Wiedereinsetzungsantrag bilden können. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist daher nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gedeckt ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 31. August 2006, Zl. 2004/21/0139).

Die Beschwerdeführerin stützte ihren Wiedereinsetzungsantrag auf die "kurzfristige Erkältungserkrankung mit Fieber" ihres Vertreters.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Erkrankung einen Wiedereinsetzungsgrund nur dann darstellt, wenn diese einen Zustand der Dispositionsunfähigkeit zur Folge hatte und so plötzlich und so schwer auftrat, dass der Erkrankte nicht mehr in der Lage war, die nach Sachlage gebotenen Maßnahmen zu treffen. Auch wenn, wie der Beschwerdevertreter behauptet, seine Erkrankung plötzlich aufgetreten sein sollte, folgt aus seinem Vorbringen und seinem Verhalten im Zuge der behaupteten Erkrankung, dass er nicht arbeitsunfähig war und dass daher keine Dispositionsunfähigkeit vorlag, die ihn gehindert hätte, an der Verhandlung teilzunehmen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004 Zl. 2003/05/0246) bzw. der Fristversäumung durch andere geeignete Dispositionen - im Besonderen durch Beauftragung eines Vertreters -

entgegen zu wirken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 2007, Zl. 2007/21/0308). Nicht die subjektive Einschätzung der Erkrankung ist für die Unabwendbarkeit des Hindernisses, bei der Verhandlung zu erscheinen, maßgebend, sondern die objektivierbare Gebotenheit aus medizinischer Sicht, der Verhandlung fern zu bleiben, welche sich aus der Art und Schwere der Erkrankung ergibt, die grundsätzlich anhand medizinischer Befunde und hievon abgeleiteter ärztlicher Schlussfolgerungen zu finden sein wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. September 1999, Zl. 99/17/0313). Es war daher im Beschwerdefall für die Dartuung des behaupteten Wiedereinsetzungsgrundes nicht erforderlich, die Beschwerdeführerin bzw. ihren Rechtsvertreter einzuvernehmen. Nach den festgestellten und vorliegenden Umständen konnte die belangte Behörde vielmehr davon ausgehen, dass keine Erkrankung des Beschwerdeführervertreters vorlag, die als Wiedereinsetzungsgrund tragfähig gewesen wäre, zumal im Wiedereinsetzungsantrag Ausführungen zur medizinisch indizierten Dispositionsunfähigkeit des Beschwerdeführervertreters im aufgezeigten Umfang fehlen.

Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des Bauauftrages führt die Beschwerdeführerin aus, die belangte Behörde habe einen aktenwidrigen Sachverhalt angenommen. Abweichend von der Behörde erster Instanz habe sie festgestellt, dass der angebliche Zubau in einem Abstand von 60 cm zur Grenze zu Los Nr. 40 errichtet worden sei. Die Umschreibung des angeblichen Zubaus sei nicht konkretisiert worden.

Gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht.

Das im Beschwerdefall anzuwendende Gesetz über Kleingärten, LGBl. Nr. 57/1996 (Wiener Kleingartengesetz 1996; in der Folge:

WKlG), ist eine Bauvorschrift im Sinne des § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien, gilt doch gemäß § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes, soweit darin nicht anderes bestimmt ist, auch für Bauvorhaben, auf welche dieses Gesetz anzuwenden ist, die Bauordnung für Wien. § 8 WKlG ordnet für bestimmte Bauvorhaben unter den dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen eine Baubewilligungspflicht an. Für nach diesem Gesetz nicht zulässig ausgeführte Bauführungen gilt infolge der Verweisungsbestimmung des § 1 Abs. 2 leg. cit. die Bauordnung für Wien (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. September 2007, Zl. 2005/05/0134, m. w. N.).

Gemäß § 8 Abs. 1 WKlG ist für Neu-, Zu- und Umbauten von im "Grünland-Erholungsgebiet-Kleingartengebiet" liegenden Kleingartenwohnhäusern eine Baubewilligung nach Maßgabe der entsprechenden Bestimmungen dieses Gesetzes erforderlich.

Nach § 60 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien sind Zubauten alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von Dachgauben.

Auf Grund der unbedenklichen Feststellungen der Baubehörden ist der vom Bauauftrag erfasste Bau als Zubau im Sinne der zitierten gesetzlichen Regelung zu qualifizieren. Dieser vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung bislang nicht erwirkt worden ist, ist daher gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien zu beseitigen.

Die belangte Behörde hatte - gedeckt durch die Aktenlage, insbesondere den vorhandenen Lageplan und den Inhalt der beim Ortsaugenschein angefertigten Verhandlungsschrift - nachvollziehbar feststellen können, dass der gegenständliche Zubau an der linken Grundstücksseite zum Nachbargrundstück Parzelle Nr. 40 errichtet worden ist. In der Verhandlungsschrift ist auch die genaue Lage des Zubaus durch Angabe von Breite, Länge und Höhe sowie des Abstandes zu den Parzellengrenzen festgehalten. Der Bauauftrag ist daher ausreichend konkretisiert im Sinne des § 59 AVG. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor.

Die Beschwerdeführerin hat im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden nie bestritten, dass sie Eigentümerin des vom Bauauftrag erfassten Bauwerkes ist. Insofern sie nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof bestreitet, Eigentümerin dieser baulichen Anlage zu sein, verstößt sie gegen das vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG.

Die behauptete Rechtsverletzung liegt sohin nicht vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. April 2008

Schlagworte

Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2007050088.X00

Im RIS seit

13.06.2008

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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