TE Vwgh Erkenntnis 2008/5/28 2008/09/0117

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Veröffentlicht am 28.05.2008
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
GmbHG §15;
GmbHG §18;
VStG §5;
VStG §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der I P in H, vertreten durch Schubert & Hensel, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Lerchenfelderstraße 15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 24. November 2006, Zl. Senat-BL-05-2023, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien:

Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. November 2006 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der D.-GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 8. Juli 2004 auf einer Baustelle in L. zwei namentlich genannte jugoslawische Staatsangehörige mit Schalungsarbeiten ohne die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen beschäftigt habe; wegen dieser Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 AuslBG wurden über die Beschwerdeführerin insgesamt zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils zehn Tagen) verhängt.

Der Begründung dazu legte die belangte Behörde - nach Darlegung des bisherigen Verfahrensverlaufes und ausführlicher Wiedergabe der in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung abgelegten Aussagen sowie Zitierung der zur Anwendung gelangenden gesetzlichen Bestimmungen - die Feststellungen zu Grunde, dass es sich bei der im Spruch des Straferkenntnisses bezeichneten Baustelle um eine des Unternehmens D.-GmbH gehandelt habe, die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt handelsrechtliche Geschäftsführerin und sohin zur Vertretung dieses Unternehmens berufene Person gewesen sei und die betretenen Ausländer die Tätigkeiten auf dieser Baustelle auf Veranlassung des - bei diesem genannten Unternehmen angestellten - Bauleiters C. durchgeführt haben.

Ausgehend von der die Beschwerdeführerin gemäß § 28 Abs. 7 AuslBG treffende widerlegliche Rechtsvermutung der unberechtigten Beschäftigung führte die belangte Behörde unter Bezugnahme auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes weiters aus, dass es irrelevant sei, wie lange die Arbeiten zum Kontrollzeitpunkt bereits angedauert haben bzw. wie lang sie hätten dauern sollen, zumal ein der Bewilligungspflicht unterworfenes Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung sein könne; ebenso sei es unbedeutend, ob der Bauleiter C. "geschäftsführungsbefugt" oder sonst ermächtigt gewesen sei, Ausländer für das Unternehmen der Beschwerdeführerin einzustellen oder auf der Baustelle arbeiten zu lassen, weil es grundsätzlich dem handelsrechtlichen Geschäftsführer und im Sinn des § 9 VStG damit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen obliege, dafür Vorsorge zu treffen, dass Eigenmächtigkeiten der eigenen Angestellten in Bezug auf unerlaubte Beschäftigung von Ausländern unterbleiben. Dazu reichen bloße Anweisungen nicht aus, vielmehr müsste durch ein geeignetes Kontrollsystem sichergestellt werden, dass die erteilten Weisungen auch eingehalten werden. Dazu ergebe sich aus den Angaben des Bauleiters C. wiederum, dass er die Beauftragung der beiden Ausländer zwar ohne Rücksprache mit der Firmenleitung getätigt habe, jedoch dies die übliche Vorgangsweise in der Firma gewesen sei. Darüber hinaus sei aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin abzuleiten, "dass offenbar derartige Weisungen von ihr überhaupt noch nicht erteilt wurden, dies zumal sie laut eigenen Angaben zum Tatzeitpunkt sich erst in ihrer Geschäftsführertätigkeit eingearbeitet hat, wobei allerdings die gänzliche Unterlassung von Weisungserteilungen in Bezug auf unerlaubte Ausländerbeschäftigung der Erteilung derselben und der nicht entsprechenden Kontrolle, ob diese auch eingehalten werden, bezüglich der Konsequenzen verwaltungsstrafrechtlicher Natur gleichzusetzen ist". Darüber hinaus sei es unbestritten, dass die von den beiden Ausländern geleisteten Tätigkeiten dem Unternehmen der Beschwerdeführerin zugute gekommen sind. Im Ergebnis sei es damit der Beschwerdeführerin nicht gelungen, die gesetzliche Vermutung im Sinn des § 28 Abs. 7 AuslBG zu widerlegen.

Im Rahmen der Strafbemessung fand die belangte Behörde unter Berücksichtigung der relativ kurzen Tatzeit, der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin und ihrer persönlichen Verhältnisse mit der Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen und sah keinen Fall für die Anwendung des § 20 VStG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 28/2004, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG) ausgestellt wurde, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von EUR 1.000,-- bis EUR 5.000,--, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von EUR 2.000,-- bis zu EUR 10.000,--, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von EUR 2.000,-- bis zu EUR 10.000,--, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von EUR 4.000,-- bis EUR 25.000,--.

Nach § 28 Abs. 7 AuslBG ist, wenn ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Baustellen eines Unternehmens angetroffen wird, die im allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (sogenanntes Ungehorsamsdelikt). Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (Abs. 2 leg. cit.).

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die beiden im Spruch genannten ausländischen Arbeitskräfte bei Arbeiten auf einer Baustelle des Unternehmens betreten wurden, deren handelsrechtliche Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt gewesen ist.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhalts rügt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen, dass sie zum Zeitpunkt der fremdenpolizeibehördlichen Überprüfung am 8. Juli 2004 erst neun Tage formell handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma gewesen und zu Beginn ihrer Tätigkeit mit der Aufarbeitung der in der Buchhaltung von ihrem Vorgänger hinterlassenen chaotischen Situation beschäftigt gewesen sei, weshalb sie noch keine entsprechenden Vorsorgen treffen habe können, um Eigenmächtigkeiten der eigenen Angestellten in Bezug auf unerlaubte Beschäftigung von Ausländern zu verhindern; die D.-GmbH habe niemals Bauarbeiter beschäftigt, sondern nur Bauleiter, die dann die entsprechenden Arbeiten eingeteilt bzw. an Subunternehmer weitergegeben hätten; sie habe von den Vorgängen keine Kenntnis gehabt; überdies habe der Bauleiter C. angegeben, dass die Baustelle an ein Subunternehmen weitergegeben worden sei und er sich mit dieser Firma zwecks geringfügiger Ergänzungsarbeiten ins Einvernehmen gesetzt habe, wobei ihm die Telefonnummer eines der beiden Beschäftigten mitgeteilt worden sei. Angesichts dieser Situation habe kein Verschulden der Beschwerdeführerin vorgelegen; in eventu liege ein Anwendungsfall des § 20 VStG vor.

Die der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gehört, da zu ihrer Strafbarkeit weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr erforderlich ist, zu den sogenannten "Ungehorsamsdelikten", bei denen im Sinne des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG der Täter glaubhaft zu machen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist. Grundsätzlich hätte die Beschwerdeführerin daher zu ihrer verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems darzutun und nachzuweisen gehabt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2004, Zl. 2003/09/0086, und die dort wiedergegebene Judikatur). Die bloße Erteilung von Weisungen reicht jedoch im Sinne dieser Rechtsprechung allein zur Entlastung des Arbeitgebers nicht aus, die Einhaltung der Bestimmung des AuslBG sicherzustellen; entscheidend ist vielmehr, ob eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Arbeitgeber erteilten Weisungen tatsächlich erfolgt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2002/09/0173, und die dort angeführte Judikatur).

Im Beschwerdefall hat die Beschwerdeführerin dazu in ihrer Stellungnahme vom 10. August 2005 im erstinstanzlichen Verfahren u. a. vorgebracht:

"1. Es stimmt, dass ich ab dem 28.06.2004 bis 06.12.2004 handelsrechtliche Geschäftsführerin der (D.-GmbH) war. Das ist nur die faktische Tatsache, die praktische Tatsache ist, dass bei mir am 12.07.2004 der Verdacht auf Brustkrebs festgestellt wurde und ich seit dem 22.07.2004 wegen 2 Operationen, Chemotherapie u. Strahlentherapie im Krankenstand bin.

2. Ab dem 01.07.2004 war Herr Ing. S. der gewerberechtliche Geschäftsführer der (D.-GmbH), diese Ernennung wurde dem Notar Dr. S. am 28.06.2004 so mitgeteilt und Herr Ing. S. wurde von der (D.-GmbH) bei der Krankenkasse angemeldet und erhielt für diese Tätigkeit einen Gehalt. ...

3. Meine Tätigkeit als Geschäftsführerin hat am 01.07.2004 begonnen. Ich übernahm von meinem Vorgänger Herrn Ing. S. eine Buchhaltung der Firma, die in einem so desolaten Zustand war, dass ich mir überhaupt kein Bild über den Sachstand und die Lage der Firma machen konnte. Die damalige Buchhalterin befand sich zu dem Zeitpunkt zwar im Krankenstand, man konnte jedoch feststellen, dass Buchhaltungsunterlagen in 'desolaten Haufen' weder sortiert, weder gebucht, vermischt mit Werbung aus der Post, usw. herumlagen.

So bestanden meine ersten Wochen als Geschäftsführerin darin, erst einmal eine Grundordnung in die diversen Unterlagen zu bringen und mir einen Überblick über den Buchhaltungsstand zu machen.

In nächtelanger Arbeit habe ich diese Unterlagen sortiert, recherchiert usw. und dann eine neue Buchhalterin eingestellt, die den ganzen Rückstand aus einem halben Jahr nicht erledigter Unterlagen verbucht hatte.

Zudem kam dann eben die Feststellung meiner Krankheit und ab dem 22.07.2004 bin ich im Krankenstand. ..."

Weiters hat sie anlässlich ihrer Einvernahme in der Berufungsverhandlung am 3. April 2006 (wiedergegeben im angefochtenen Bescheid) angegeben:

"In der Sache selbst gibt die BW an, sie habe ihre Geschäftsführertätigkeit 8 Tage vor dem gegenständlichen Vorfall

aufgenommen, der ggst. Subauftrag an die Firma D.... Bau GmbH (im

Weiteren: A. Bau) sei sicherlich schon vor Antritt ihrer Geschäftsführertätigkeit vergeben gewesen. Sie habe sich die ersten zwei Wochen ihrer Tätigkeit damit beschäftigt, die Kunden kennen zu lernen, irgendwann habe sich auch der Geschäftsführer der A. Bau vorstellen wollen, nach heutiger Erinnerung nach aber erst nach dem ggst. Vorfall. Arbeiter von Subunternehmen habe sie überhaupt nicht kennengelernt. Erinnerlich habe aber die Firma A. Bau ihren Bauleiter ... bzw. beauftragt. Was damals auf der Baustelle zu tun war, wisse sie nicht. Von der Kontrolle selbst sei sie durch die Zollbeamten nicht verständigt worden. Vom Verfahren habe sie erst durch die BH B. erfahren.

Auf Vorhalt der beiden im Spruch des Straferkenntnisses genannten Namen der Ausländer gibt die BW an, diese sagen ihr überhaupt nichts. Die D. GmbH habe auch keine Bauarbeiter beschäftigt, nur Bauleiter. Bezüglich des Herrn C. sei es so, dass dieser etwa ein Monat bis sechs Wochen nach ihrem Antritt als Geschäftsführerin der Firma diese verlassen habe. Offenbar hat es ein Spannungsverhältnis zwischen Herrn C. und dem englischen Gesellschafter der Firma gegeben, wobei dies auch finanzielle Hintergründe gehabt haben könnte. Wobei sie von ihrer Buchhalterin erfahren habe, dass etwa der vorherige Geschäftsführer S. und sich auch die Bauleiter sehr hohe Summe etwa an Kilometergeld haben auszahlen lassen, sowie auch gelegte Honorarnoten."

Das Verwaltungsstrafgesetz gibt keine Definition der Schuldform Fahrlässigkeit. Zur Auslegung dieses Begriffes kann aber auf die Bestimmungen des StGB zurückgegriffen werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1994, Zl. 92/10/0106, wie auch vom 18. Oktober 1993, Zl. 93/10/0030). Die Außerachtlassung der objektiv gebotenen und subjektiv möglichen Sorgfalt kann dem Täter im Sinn des § 6 Abs. 1 StGB nur dann vorgeworfen werden, wenn es ihm unter dem besonderen Verhältnis des Einzelfalles auch zuzumuten war, sie tatsächlich aufzuwenden. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflicht hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist; Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in der Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (vgl. dazu Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, II. Band, 2. Auflage, E. 39 bis 41 zu § 5 VStG).

Auch im vorliegenden Zusammenhang ist von Bedeutung, dass für denjenigen, der ein Gewerbe betreibt, hier für den Arbeitgeber und dessen zur Vertretung nach außen Berufenen, die Verpflichtung besteht, sich vor Antritt seiner Tätigkeit über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten und sich daher auch mit den gesetzlichen Vorschriften betreffend die Ausländerbeschäftigung laufend vertraut zu machen. Unterlässt er/sie dies, so vermag ihn/sie die Unkenntnis des Gesetzes im Grunde des § 5 Abs. 2 VStG nicht von seiner/ihrer Schuld zu befreien. Der Arbeitgeber und dessen zur Vertretung nach außen Berufene hat die bei Anwendung der nach seinen/ihren Verhältnissen erforderliche Sorgfalt zu pflegen und etwa im Fall von Unklarheiten über die Rechtslage entsprechende Auskünfte bei der zuständigen Behörde einzuholen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. Februar 2003, Zl. 2000/09/0188, und vom 22. Juni 2005, Zl. 2004/09/0051, m. w. N.).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird zur verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung des handelsrechtlichen Geschäftsführers die Dartuung und der Nachweis des Bestehens eines wirksamen Kontrollsystems verlangt, um die Einhaltung der Bestimmung des AuslBG sicherzustellen. Wenngleich dabei grundsätzlich von den Verantwortlichen gemäß § 9 VStG eine kontinuierliche Sicherstellung eines solchen Kontrollsystems einzufordern ist, muss aber bei einem Wechsel eines Geschäftsführers auch auf die spezielle Situation Bedacht genommen werden: Kann der neu eintretende Geschäftsführer kein bestehendes Kontrollsystem übernehmen, so ist zu prüfen, wie schnell ihm die Einrichtung eines effizienten Kontrollsystems zumutbar ist. Dabei ist es sicherlich neben der Größe des Unternehmens, dessen Struktur und Aufgabengebiete auch von Bedeutung, in welcher Situation der neue Geschäftsführer das Unternehmen übernommen hat, inwieweit er dieses vor Antritt schon kannte bzw. sich damit vertraut machen konnte und ob er dadurch schon rechtzeitig zum Antritt seiner Funktion greifende Maßnahmen bereits vorfand, solche noch vorbereiten konnte bzw. sich ein unmittelbarer diesbezüglicher Handlungsbedarf schon vorab abzeichnete.

Im konkreten Fall kann die Beschwerde jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen:

Zur Frage einer möglichen Entlastung als neu eintretende handelsrechtliche Geschäftsführerin hat die Beschwerdeführerin nicht einmal vorgebracht, dass ihr vor Antritt ihrer Tätigkeit eine entsprechende Vorbereitung auf die ihr - auch hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - zukommenden Pflichten nicht möglich gewesen sei, sodass sie mit ihrem Vorbringen zu ihren zu Beginn ihrer Geschäftsführertätigkeit gesetzten Prioritäten jedenfalls keine ausreichenden Umstände geltend macht, die zu einer verwaltungsstrafrechtlichen Exkulpierung der Beschwerdeführerin führen können.

Ebenso kann die Beschwerde, soweit sie sich weiters gegen die darauf hinauslaufenden Feststellungen einer Beauftragung der betretenen ausländischen Arbeitskräfte durch den Bauleiter C. mit der Wiederholung ihres bisherigen Standpunktes, die ausländischen Arbeitskräfte seien im Namen eines Subunternehmens tätig geworden, richtet, die aus den Angaben des Bauleiters C. gezogenen Schlussfolgerungen der belangten Behörde nicht erschüttern: Der dem Bauleiter vom Subunternehmen mitgeteilte Umstand, dass diesem Unternehmen "gerade kein eigenes Personal zur Verfügung gestanden sei", woraufhin er die Ausländer direkt kontaktiert habe, spricht - wenngleich er auch die Telefonnummer vom Subunternehmen erhalten haben will - für eine direkte Auftragserteilung an die ausländischen Arbeitskräfte durch den Bauleiter C., dessen Handeln wiederum der D. GmbH zuzurechnen ist.

Den fallbezogenen Umständen wurde von der belangten Behörde bereits ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde, sodass nicht zu beanstanden ist, dass sie von einer Unterschreitung der Strafuntergrenze im Rahmen der außerordentlichen Strafmilderung nach § 20 VStG absah.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 28. Mai 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008090117.X00

Im RIS seit

18.07.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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