TE Vwgh Erkenntnis 2008/6/26 2004/06/0060

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Veröffentlicht am 26.06.2008
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Index

L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Vorarlberg;
L81708 Baulärm Umgebungslärm Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
L82008 Bauordnung Vorarlberg;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
BauG Vlbg 2001 §14 Abs1;
BauG Vlbg 2001 §14 Abs2;
BauG Vlbg 2001 §14 Abs3;
BauG Vlbg 2001 §14;
BauG Vlbg 2001 §20;
BauG Vlbg 2001 §7 Abs1 litb;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der Marktgemeinde L, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 20. Februar 2004, Zl. BHBR-I- 3300.00-2003/0018, wegen vorübergehender Benützung fremder Grundstücke nach dem Vorarlberger Baugesetz (mitbeteiligte Partei:

K GmbH in A, vertreten durch Dr. Otmar Pfeifer, Dr. Günther Keckeis und Dr. Martin Fiel, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Drevestraße 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der mitbeteiligten Partei war mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 3. April 2003 die Baubewilligung für die Errichtung eines Doppelwohnhauses mit vier Wohneinheiten auf einem Grundstück im Gebiet der beschwerdeführenden Marktgemeinde erteilt worden. Mit Schreiben vom 27. Mai 2003 beantragte sie beim Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde die vorübergehende Benützung gemäß § 14 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG) von Teilen von im Eigentum von Nachbarn stehender Grundstücken. Dies sei notwendig, weil drei- oder vierachsige Lastkraftwagen nicht ohne Inanspruchnahme eines Zwickels auf einem Nachbargrundstück zufahren könnten und nur ein kleinerer (nicht ausreichender) Baustellenkran aufgestellt werden könnte. Dadurch würden Mehrkosten von EUR 42.000,-- entstehen. Ein Teil eines anderen Nachbargrundstücks werde benötigt, damit die Baustellenfahrzeuge reversieren und gefahrlos in die schmale Zufahrtsstraße einbiegen könnten, andernfalls müssten sie rückwärts fahren, was sehr gefährlich wäre.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Berufungskommission der beschwerdeführenden Marktgemeinde vom 4. November 2003 wurde der mitbeteiligten Partei die vorübergehende Benützung der oben genannten Grundstücke gemäß § 14 des Vorarlberger Baugesetzes versagt. Begründend wurde ausgeführt, dass ein Antrag gemäß § 14 BauG während des Bauverfahrens gestellt werden müsse, nach Erteilung der Baubewilligung sei dies nicht mehr möglich. Die Inanspruchnahme fremder Baugrundstücke für die Bauführung sei bereits vor der Kundmachung zur Bauverhandlung darzustellen, weil nur so ein kohärentes Bauverfahren geführt werden könne, in dem die öffentlichen Interessen, die Interessen der Bauwerber und der Nachbarn auch für die Dauer der Bauführung gegeneinander abgewogen werden könnten. Zwar spreche § 14 Abs. 2 erster Satz BauG gegen die Annahme einer Verfristung. Der zweite Satz des § 14 Abs. 2 BauG und die komplexen Regelungen in den Folgeabsätzen sprächen jedoch gegen die Auffassung, dass derartige Anträge beliebig, quasi unmittelbar oder während der Bauführung kurzfristig gestellt werden könnten. Auch habe die mitbeteiligte Partei nicht schlüssig und begründet dargetan, dass die vorübergehende Benützung der fremden Grundstücke notwendig sei und die Arbeiten auf andere Weise nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Mehrkosten durchgeführt werden könnten. Die dazu erfolgten Eingaben seien nicht nachvollziehbar, enthielten keinerlei Darstellungen von Transportkosten und es gebe nicht den geringsten Hinweis auf alternative Kostenszenarien. Auch sei es nur schwer nachvollziehbar, dass die Mehrkosten allein für den Transport fast 10 Prozent der präliminierten Bausumme ausmachen sollten. Auch habe ein Fahrversuch mit einem größeren Feuerwehrfahrzeug gezeigt, dass für dieses Fahrzeug die Zufahrt ausreiche. Des Weiteren führte die Berufungskommission aus, die Tatsache, dass durch die erstinstanzliche Baubehörde noch nie zwangsweise ein Recht nach § 14 BauG bzw. nach der Vorgängerbestimmung des § 19 BauG 1972 eingeräumt worden sei, spreche für eine restriktive Handhabung dieser weit in Privatrechte eingreifenden Rechtsnorm. Diese sei auch notwendig und es habe die Unterbehörde in Ermangelung höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu § 14 BauG zu Recht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bauabstandsnachsicht herangezogen. Die materiellen Bewilligungsvoraussetzungen seien in beiden Fällen durchaus nicht nur systematisch, sonder auch semantisch vergleichbar. Beide Fälle stellten Ausnahmen dar, die nur dann Anwendung fänden, wenn eine Bauführung sonst nicht möglich wäre. Aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abstandsnachsicht nach § 7 Abs. 1 lit. c BauG, wonach nicht einmal eine aus betriebswirtschaftlichen Gründen beabsichtigte Erweiterung eines Betriebes für sich allein eine Bauabstandsnachsicht rechtfertige, lasse sich schließen, dass es keineswegs genüge, wenn die Bauführung bei Inanspruchnahme fremder Grundstücke bequemer, allenfalls auch erheblich bequemer wäre. Für die Bewilligung der zwangsweisen Inanspruchnahme genüge es auch nicht, wenn die daraus resultierenden Vorteile für die Bauführer größer wären als die Nachteile für die Nachbarn.

Die belangte Behörde gab mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. Februar 2004 der von der mitbeteiligten Partei erhobenen Vorstellung Folge und führte zur Begründung aus, die Behörde erster Instanz sei ihrer Pflicht zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes gemäß § 37 AVG im vorliegenden Fall nicht ausreichend nachgekommen. Anlässlich des Lokalaugenscheins vom 17. Juli 2003 habe sie den Auftrag erteilt, ihr eine Auflistung der voraussichtlich bauausführenden Firmen, der von diesen verwendeten Fahrzeuge und der Anzahl der Anfahrten bzw. der Aufenthaltszeiten vorzulegen. Sodann habe sie, obwohl die Mitbeteiligte dem Auftrag nachgekommen sei und gebeten habe, ihr mitzuteilen, ob weitere Informationen benötigt würden, keine weiteren Aufträge erteilt oder Untersuchungen angestellt. Dadurch hätten die Gemeindebehörden das Verfahren mit einem Verfahrensfehler belastet. Ergänzend merkte die belangte Behörde an, dass ein Antrag auf vorübergehende Benützung fremder Grundstücke nicht zwingend gleichzeitig mit der Baueingabe einzubringen sei. Es sei nicht immer absehbar, ob im Zuge der Durchführung von Bauvorhaben die Inanspruchnahme fremder Grundstücke erforderlich sei. Folge man der Ansicht der beschwerdeführenden Marktgemeinde, so wäre einem Bauwerber, wenn er diesen Antrag nicht bereits mit der Baueingabe eingebracht habe, die Möglichkeit genommen, fremde Grundstücke in Anspruch zu nehmen, was dazu führen würde, dass bewilligte Bauvorhaben nicht mehr durchgeführt werden könnten. Auch erscheine die Heranziehung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Bauabstandsnachsicht für die Auslegung des § 14 Abs. 1 BauG nicht sachgerecht. Bei der Gewährung einer Bauabstandsnachsicht handle es sich um eine dauerhafte Nichteinhaltung der gesetzlichen Mindestabstände, die nicht wie bei der vorübergehenden Benützung fremder Grundstücke wiederhergestellt werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der seine Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung und der Ersatz des ihr entstandenen Aufwands beantragt wurde. Die beschwerdeführende Marktgemeinde hat darauf mehrfach repliziert und darauf hingewiesen, dass die Bauführung der mitbeteiligten Partei im Wesentlichen abgeschlossen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 14 des Vorarlberger Baugesetzes, LGBl. Nr. 52/2001 (BauG),

lautet:

"§ 14

Vorübergehende Benützung fremder Grundstücke

(1) Das Betreten und die vorübergehende Benützung fremder Grundstücke und Bauwerke ist durch den Eigentümer und den sonst hierüber Verfügungsberechtigten zu dulden, wenn es zur Herstellung der nach diesem Gesetz erforderlichen Pläne sowie zur Durchführung von Bauvorhaben einschließlich der Beförderung von Baumaterialien notwendig ist und wenn diese Arbeiten auf andere Weise nicht oder nur unter unverhältnismäßig hohen Mehrkosten durchgeführt werden könnten.

(2) Der Eigentümer ist von der beabsichtigten Vornahme von Arbeiten gemäß Abs. 1 mindestens zwei Wochen vorher schriftlich zu verständigen. Wird die Inanspruchnahme des Grundstückes oder Bauwerkes verweigert, hat die Behörde über die Notwendigkeit und den Umfang solcher Arbeiten zu entscheiden.

(3) Wenn die Benützung zur Durchführung von Bauvorhaben einschließlich der Beförderung von Baumaterialien länger als einen Monat dauert, ist dem Eigentümer des fremden Grundstückes oder Bauwerkes auf dessen Verlangen vom Berechtigten ein Entgelt zu leisten. Wenn eine Einigung über die Höhe des Entgeltes nicht besteht, kann jede der Parteien spätestens sechs Monate nach Beendigung der Benützung die Festsetzung des Entgeltes durch das zuständige Bezirksgericht begehren. Hiefür gilt der § 47 Abs. 3 des Straßengesetzes sinngemäß. Durch die Leistung eines Entgeltes nach den Bestimmungen dieses Absatzes wird der Abs. 4 nicht berührt.

(4) Nach Beendigung der Arbeiten ist der frühere Zustand wieder herzustellen. Für vermögensrechtliche Nachteile, die auf diese Weise nicht abgewendet werden können, ist der Eigentümer angemessen zu entschädigen. Kommt eine Einigung über die Entschädigung nicht zu Stande, so kann jede der Parteien spätestens sechs Monate nach Beendigung der Arbeiten die Festsetzung der Entschädigung durch das zuständige Bezirksgericht beantragen. Hiefür gelten, soweit dieses Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, die §§ 46 und 47 des Straßengesetzes sinngemäß."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Rechtsauffassung zu Grunde, dass ein Antrag auf vorübergehende Inanspruchnahme gemäß § 14 leg. cit. nicht zwingend gleichzeitig mit der Baueingabe einzubringen sei, der Gesetzeswortlaut enthalte keine derartige Einschränkung, maßgeblich sei, ob das Betreten und die vorübergehende Benützung fremder Grundstücke zur Durchführung von Bauvorhaben notwendig sei. Die beschwerdeführende Marktgemeinde habe kein ordnungsgemäßes Verfahren im Sinne des § 37 AVG durchgeführt, weil sie es unterlassen habe, den maßgeblichen Sachverhalt unter den Gesichtspunkten der anzuwendenden Rechtsvorschrift zu ermitteln. Die Baubehörde hätte im vorliegenden Fall zu prüfen gehabt, ob die Benützung der Grundstücke für die Durchführung von Bauvorhaben einschließlich der Beförderung von Baumaterial notwendig sei und ob diese Arbeiten auf andere Weise nicht oder nur unter unverhältnismäßig hohen Mehrkosten durchgeführt hätten werden können. Da die beschwerdeführende Marktgemeinde trotz der Bitte der Mitbeteiligten, ihr mitzuteilen, ob weitere Informationen benötigt würden, diese nicht eingefordert habe, sich im bekämpften Bescheid dann aber auf die Unschlüssigkeit und die Unbegründetheit des Vorbringens gestützt habe, habe sie den für die Beurteilung des Antrages maßgeblichen Sachverhalt nicht ausreichend festgestellt und daher die Erstmitbeteiligte in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.

Die beschwerdeführende Marktgemeinde erachtet sich durch die Aufhebung ihres Bescheides beschwert, weil die Mitbeteiligte im Bauantrag das Bestehen einer ausreichenden Zufahrt behauptet habe und nachträglich einen Antrag nach § 14 BauG wegen fehlender Zufahrt gestellt habe, was gegen Treu und Glauben verstoße. Das Bauverfahren solle der Abwägung aller gegenseitiger Interessen dienen. Auch aus diesem systematischen Grund müsse die beabsichtigte Inanspruchnahme fremden Grundes in das Entscheidungskalkül des Baubewilligungsverfahrens miteinbezogen werden. § 14 BauG könne daher nach teleologischer Reduktion nur dahingehend verstanden werden, dass der Antrag mit der Baueingabe zu stellen sei. Daher sei der Antrag der mitbeteiligten Partei verspätet erfolgt, es wäre diesem nicht statt zu geben gewesen.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Das Gesetz legt mit § 14 BauG dem Eigentümer sowie den sonst über fremde Grundstücke oder Bauwerke Verfügungsberechtigten Duldungspflichten für den Fall auf, dass dies zur Durchführung von Bauvorhaben einschließlich der Beförderung von Baumaterialien notwendig ist und diese Arbeiten auf andere Weise nicht oder nur unter unverhältnismäßig hohen Mehrkosten durchgeführt werden könnten. Weder in seinem Absatz 1 noch in den folgenden Absätzen des § 14 ist dem Wortlaut des Gesetzes eine Einschränkung dahin gehend zu entnehmen, dass ein Antrag auf Erlassung eines Bescheides nach § 14 Abs. 2 zweiter Satz leg. cit. nur vor Erteilung einer Baubewilligung gestellt werden dürfte. Eine derartige Einschränkung kann auch nicht dem Zweck der Regelung entnommen werden. So zählen etwa auch Erhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten sowie die Beseitigung von Baugebrechen (vgl. § 20) zu den Bauvorhaben im Sinne des § 14 Abs. 1 leg. cit., sodass sich eine Duldungsverpflichtung auch auf die Durchführung solcher Arbeiten ohne Bewilligungsverfahren erstrecken kann (vgl. die Erläuterungen zu § 14 in der 45. Beilage im Jahr 2001 zu den Sitzungsberichten des XXVII. Vorarlberger Landtages, S 54 f). Da das Gesetz ausdrücklich auch bei Bauvorhaben nach § 20 Vlbg. BauG, die weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen, eine Antragstellung auf vorübergehende Benützung fremder Grundstück normiert, muss ein solcher Antrag vom Baubewilligungsverfahren losgelöst möglich sein. Dafür spricht auch die Systematik des § 14 leg. cit., der in Absatz 2 zunächst eine (gütliche) Lösung ohne Einschaltung der Baubehörde vorsieht. Lediglich in Fällen, in denen keine Einigung zwischen benachbartem Grundstückseigentümer und Bauherr erzielt wird, hat die Behörde auf Antrag des Bauherrn zu entscheiden. Dem Gesetz ist sohin kein notwendiger Konnex mit einem Baubewilligungsverfahren zu entnehmen.

Wie die belangte Behörde zutreffend aufgezeigt hat, würde die von den Gemeindebehörden vertretene Auffassung zu einer dem Gesetz nicht immanenten Einengung des Anwendungsbereiches des § 14 BauG führen. Auch das von der Gemeinde vorgebrachte Argument, dass ein Bauwerber bereits bei Einbringung des Baugesuches eine rechtlich gesicherte Verbindung des Baugrundstückes mit einer öffentlichen Verkehrsfläche nachweisen müsse und dies mit einer Verpflichtung zur Stellung eines Antrages gemäß § 14 Abs. 2 zweiter Satz BauG korrespondiere, ist nicht überzeugend, weil die gemäß § 4 Abs. 2 BauG und § 1 Abs. 3 lit. c Baueingabeverordnung geforderte rechtlich gesicherte Verbindung des Baugrundstückes mit einer öffentlichen Verkehrsfläche lediglich der beabsichtigen Verwendung des Bauwerkes entsprechen muss, das auf dem Baugrundstück errichtet werden soll. Davon zu unterscheiden ist aber die Eignung der Zufahrt für alle im Rahmen der Durchführung von Baumaßnahmen erforderlichen Beförderungen und Arbeiten, für solche Zwecke muss die Zufahrt ja nicht notwendigerweise stets geeignet sein.

Weiters meint die beschwerdeführende Marktgemeinde, dass eine Bewilligung zur Inanspruchnahme fremden Grundes für mehr als nur einen kurzen Zeitraum nur in Ausnahmefällen zu erteilen sei. Dies ergebe sich aus § 14 Abs. 3 Vlbg. BauG. Für eine Bewilligung für die Dauer der gesamte Baumaßnahme biete § 14 leg. cit. keine Grundlage.

Dazu ist festzuhalten, dass aus der Verpflichtung auf Leistung eines Entgelts bei Nutzung über den Zeitraum von einem Monat hinaus keine Aussage über die maximale Dauer der Duldungspflicht abgeleitet werden kann. Vielmehr kommt damit die Ansicht des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass eine Duldungspflicht in einer Dauer von weniger als einem Monat keinen derart gravierenden Eingriff darstellt, der mit einem Entgelt auszugleichen wäre. Umfang und Dauer einer Duldungsverpflichtung nach § 14 BauG müssen im Sinne des Abs. 1 dieser Gesetzesstelle notwendig und verhältnismäßig sein. Daraus und aus dem von den Gemeindebehörden ins Treffen geführten Umstand, in der beschwerdeführenden Gemeinde wäre es noch niemals zur Auferlegung einer Duldungsverpflichtung gemäß § 14 BauG gekommen, kann freilich nicht der rechtliche Schluss gezogen werden, dass die Voraussetzungen dafür auch im vorliegenden Fall nicht gegeben gewesen wären.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, für die Auferlegung einer Duldungsverpflichtung gemäß § 14 BauG gälten jene strengen Kriterien, die in § 7 BauG, näherhin wohl dessen Abs. 1 lit. b, für die Erteilung einer Bauabstandsnachsicht zu Lasten des Nachbarn festgelegt seien, kann nicht geteilt werden. Nach dieser Bestimmung ist nämlich eine solche Nachsicht nur dann zulässig, wenn "ohne Abstandsnachsicht eine zweckmäßige Bebauung , z. B. wegen der besonderen Lage oder Form des Baugrundstückes nicht möglich wäre". Davon unterscheidet sich der Wortlaut der vorliegenden Regelung der Duldungsverpflichtung wesentlich, als es sich hier um eine nur vorübergehende Verpflichtung handelt und weiters dadurch, dass das Gesetz auch das Kriterium der unverhältnismäßig hohen Mehrkosten enthält. Indem die beschwerdeführende Marktgemeinde offensichtlich davon ausgeht, dass eine vorübergehende Benützung fremden Grundes nur bei sonstiger Unmöglichkeit einer zweckmäßigen Bebauung zum Tragen kommen könne, negiert sie die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit, fremden Grund (vorübergehend) auch dann in Anspruch nehmen zu können, wenn dadurch nur unverhältnismäßig hohe Mehrkosten vermieden werden. Ob mit der vorübergehenden Nutzung fremden Grundes (auch gegen Entgelt) unverhältnismäßig hohe Mehrkosten vermieden werden, muss im Verwaltungsverfahren erforderlichenfalls unter Beiziehung eines Bausachverständigen geklärt werden.

Die belangte Behörde ist den Gemeindebehörden im vorliegenden Fall auch zutreffend darin nicht gefolgt, dass die mitbeteiligte Partei ihre Konkretisierungspflicht verletzt habe. Zwar korrespondiert der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens mit der Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der amtswegigen Ermittlung im Hinblick darauf faktische Grenzen gesetzt sind, dass die für die Entscheidung der Behörde maßgeblichen Umstände in der Sphäre des Antragstellers liegen. Dennoch führt die Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung nicht zu einer (gänzlichen) Beseitigung der Ermittlungspflicht der Behörde nach § 37 AVG, und es kann im vorliegenden Fall nicht gesagt werden, dass die Mitbeteiligte keine für einen Antrag nach § 14 BauG ausreichenden Angaben gemacht hätte. Die beschwerdeführende Marktgemeinde beruft sich mit ihrer Auffassung, dass die mitbeteiligte Partei ihrer Konkretisierungspflicht nicht nachgekommen sei, zu Unrecht auf ein mangelhaftes, unschlüssiges und unbegründetes Vorbringen. Wie sich aus dem Verwaltungsakt und dem Vorbringen beider Seiten ergibt, hat die Mitbeteiligte entsprechende Vorbringen und Bescheinigungsanbote erstattet. So hat sie bei Antragstellung auf Mehrkosten in der Höhe von EUR 42.000,-- aufmerksam gemacht, die ohne die Inanspruchnahme der Grundstücke entstünden, und um Mitteilung ersucht, ob weitere Informationen benötigt würden. Auch hat sie der Gemeindebehörde eine Aufstellung vom 12. Juni 2003 von nach Kostenpunkten untergliederten "Mehrkosten Handwerker sofern Zufahrt nicht möglich" übermittelt. Im Berufungsverfahren ist eine Aufstellung der voraussichtlichen Materiallieferungen über die Bauzufahrt vorgelegt worden. Wenn die beschwerdeführende Marktgemeinde Zweifel über die Richtigkeit dieser Ausführungen und Angaben hatte, wäre es an ihr gelegen, diese gegebenenfalls nach weiteren Aufträgen an die erstmitbeteiligte Partei und durch geeignete Ermittlungen (auch unter Beiziehung eines Sachverständigen) auszuräumen. Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Gemeindebehörden dadurch einen wesentlichen Verfahrensmangel zu verantworten haben, dass sie sich mit diesem Vorbringen nicht auseinander gesetzt und es gewürdigt haben.

Die beschwerdeführende Gemeinde wurde durch den angefochtenen Bescheid daher nicht in ihren Rechten verletzt, die Beschwerde erweist sich als unbegründet und sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 26. Juni 2008

Schlagworte

Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Diverses BauRallg11/4Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Baubewilligung BauRallg6Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Parteivorbringen Erforschung des ParteiwillensIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2004060060.X00

Im RIS seit

13.08.2008

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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