TE Vwgh Erkenntnis 2008/8/28 2008/22/0661

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Veröffentlicht am 28.08.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 2005 §50;
MRK Art8;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §72 Abs1;
NAG 2005 §81 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl sowie die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des V in W, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. April 2008, Zl. 149.282/3- III/4/08, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den als Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gewerteten Antrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, vom 26. November 2004 gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Beschwerdeführer eine Familienzusammenführung mit seiner (im Jahr 1957 geborenen) österreichischen Wahlmutter anstrebe. Der Beschwerdeführer sei am 7. März 2003 mit einem bis 6. April 2003 gültigen Visum eingereist und seither in Österreich aufhältig.

Sein am 11. März 2003 gestellter Asylantrag sei rechtskräftig abgewiesen worden. Da der Beschwerdeführer noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Republik Österreich gewesen sei, sei sein Antrag vom 26. November 2004 zweifelsfrei als Erstantrag zu werten, bei dem § 21 Abs. 1 NAG (Erfordernis der Auslandsantragstellung) zu beachten sei.

Die Behörde könne zwar einen im Inland gestellten Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung aus besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Gründen (§§ 72 ff NAG) von Amts wegen zulassen. Der Beschwerdeführer habe jedoch in seiner Berufung lediglich angegeben, dass er eine starke Bindung zu Österreich habe. Vorliegend sei daher kein besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt gegeben. Ein "Freizügigkeitssachverhalt" im Sinn der §§ 51 ff NAG sei nicht erkennbar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Eingangs macht der Beschwerdeführer geltend, dass die Behörde erster Instanz erst drei Jahre und zwei Monate nach erfolgter Antragstellung seinen Antrag abgewiesen habe. Es sei zwar gemäß § 81 Abs. 1 des zum 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen NAG sein Verfahren nach diesen Bestimmungen zu Ende zu führen, es dürften jedoch nicht die Formalvoraussetzungen für die Antragstellung nach dem NAG beurteilt werden. Der Beschwerdeführer ist zwar insofern im Recht, dass Formalvoraussetzungen zur Antragstellung nach der zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrags gültigen Rechtslage zu beurteilen sind; er übersieht aber, dass das Erfordernis der Auslandsantragstellung nach § 21 Abs. 1 NAG, das auch die Verpflichtung enthält, die Entscheidung im Ausland abzuwarten, keine bloße Formalvoraussetzung darstellt. Der Umstand, dass die erstinstanzliche Behörde erst nach Inkrafttreten des NAG über den Antrag entschieden hat, macht den vorliegenden Bescheid nicht rechtswidrig. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2008/21/0145.)

Da keine Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 2 NAG greift, durfte die belangte Behörde den Antrag gemäß § 21 Abs. 1 NAG abweisen.

Ergänzend sei bemerkt, dass die belangte Behörde einen Bezug zu einem gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitssachverhalt schon deswegen zutreffend verneint hat, weil nicht behauptet wird, dass der über 21 Jahre alte Beschwerdeführer von seiner Adoptivmutter Unterhalt erhält. Aus diesem Grund kann dahinstehen, ob die Adoption rechtswirksam zu Stande gekommen ist.

Letztlich wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde vor, sie habe nicht geprüft, ob die Inlandsantragstellung aus humanitären Gründen von Amts wegen zuzulassen gewesen wäre. Er habe nämlich vorgebracht, dass seine Adoptivmutter an schwerer Migräne leide und auf fremde Hilfe angewiesen sei, die ihr nur durch den Beschwerdeführer gewährleistet werden könne, weil seine Adoptivmutter über keine anderen nahen Angehörigen verfüge.

Berücksichtigungswürdige humanitäre Gründe liegen gemäß § 72 Abs. 1 NAG "insbesondere" vor, wenn der Drittstaatsangehörige einer Gefahr gemäß § 50 FPG ausgesetzt ist. Weiters kann einem im Inland gestellten Antrag auf Erteilung einer (humanitären) Niederlassungsbewilligung bei Vorliegen solcher humanitärer Gründe stattgegeben werden, die eine rasche bzw. sofortige Familienzusammenführung zur Abwendung eines unzulässigen Eingriffs in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben erfordern (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 2008, Zl. 2008/22/0645). Eine derartige relevante Rechtsverletzung vermag der Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf ein Migräneleiden seiner 51 Jahre alten Adoptivmutter nicht darzutun. Es sind nämlich keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese als österreichische Staatsangehörige über keine entsprechende medizinische Versorgung verfügen würde.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 28. August 2008

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008220661.X00

Im RIS seit

29.09.2008

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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