TE Vwgh Erkenntnis 2008/9/3 2008/04/0088

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Veröffentlicht am 03.09.2008
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
58/02 Energierecht;

Norm

AVG §56;
AVG §8;
GewO 1994 §358 Abs1;
MinroG 1999 §119 Abs13;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde 1. der A und 2. der S, beide in W, beide vertreten durch Dr. Christian Falkner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Hauptplatz 17, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 5. Mai 2008, Zl. WST1-BA-0718, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge haben die Beschwerdeführerinnen am 28. März 2008 die bescheidmäßige Feststellung begehrt, dass die F. GmbH keine aufrechten öffentlich rechtlichen Bewilligungen für die Durchführung einer Trockenbaggerung auf bestimmt bezeichneten Grundstücken sowie für das Zuführen, Lagern und Behandeln von Schotter, welcher von anderen Grundstücken zugeführt werde, sowie für den Handel mit Schotter habe; es habe im Zuge des Inkrafttretens des Mineralrohstoffgesetzes, BGBl. I Nr. 38/1999 (MinroG), keine Überleitung der gewerberechtlichen Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 29. Juni 1988 und vom 13. Februar 1990, der wasserrechtlichen Bescheide dieser Bezirkshauptmannschaft vom 13. April 1988, vom 31. Oktober 1989 und vom 4. September 1986 sowie des naturschutzrechtlichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 7. Mai 1990 stattgefunden.

Mit Bescheid vom 30. August 2007 hat die Bezirkshauptmannschaft Baden (die Behörde erster Instanz) diesen Antrag abgewiesen.

Mit Bescheid vom 5. Mai 2008 hat der Landeshauptmann von Niederösterreich (die belangte Behörde) der dagegen gerichteten Berufung der Beschwerdeführerinnen keine Folge gegeben, den Bescheid der Behörde erster Instanz jedoch dahin abgeändert, dass das Feststellungsbegehren als unzulässig zurückgewiesen wird.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerinnen hätten als Feststellungsinteresse geltend gemacht, Nachbarinnen des Grundstückes, auf dem seit Jahren konsenslos gewerbliche Tätigkeiten durchgeführt würden, zu sein. Dadurch würden sie in ihren öffentlich-rechtlich geschützten Positionen, insbesondere auf Unversehrtheit des Eigentums und Schutz der Gesundheit nachhaltig beeinträchtigt sein. Überdies gingen von der konsenslos betriebenen Anlage weit über das ortsübliche Ausmaß hinausreichende Lärm- und Staubemissionen aus. Sie hätten daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass für die Anlage kein behördlicher Konsens bestehe.

Die begehrte Feststellung liege aus folgenden Gründen nicht im rechtlichen Interesse der Beschwerdeführerinnen, weshalb ihr Antrag unzulässig sei:

Ein rechtliches Interesse an der Feststellung eines strittigen Rechtsverhältnisses komme nur Personen zu, deren rechtliche Position durch die begehrte Feststellung geändert werde. Ein rechtliches Interesse bestehe also nur, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukomme, ein Recht oder ein Rechtsverhältnis für die Zukunft klar zu stellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Die Erlassung des Feststellungsbescheides müsse für den Antragsteller ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellen.

Im vorliegenden Fall bliebe die Rechtsposition der Beschwerdeführerinnen auch bei Antragsstattgebung unverändert. Das MinroG räume den Nachbarn eines konsenslos bestehenden Bergbaubetriebes keine rechtliche Möglichkeiten ein, ein Genehmigungsverfahren zu beantragen und die ihnen durch das MinroG eingeräumten Rechte durchzusetzen. Ein solches Verfahren könne immer nur auf Grund eines Antrages des Inhabers der Anlage eingeleitet werden. Hinsichtlich der ausdrücklich gesetzlich geregelten anlagenrechtlichen Feststellungsverfahren gemäß § 358 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 und § 119 Abs. 13 MinroG komme nur dem Anlageninhaber ein Antragsrecht zu. Die Legitimation von Nachbarn, eine derartige Feststellung zu beantragen, bestehe nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes mangels rechtlichen Interesses nicht. Daraus sei abzuleiten, dass in einem anlagenbezogenen Bewilligungsverfahren, das nur über Antrag des Inhabers eingeleitet werden könne, Nachbarn kein rechtliches Interesse an der Feststellung der Bewilligungspflicht zukomme. Die Rechtsstellung solcher Nachbarn werde durch eine Entscheidung über eine Bewilligungspflicht nicht verändert. Erst durch die Antragstellung des allein dazu berechtigten Inhabers der Anlage gelangten Nachbarn zu den Parteirechten, die ihnen das jeweilige Materiengesetz einräume. Durch die begehrte Feststellung könne daher weder die verfahrensrechtliche Stellung noch die materielle Rechtsposition der Beschwerdeführerinnen beeinflusst werden. Unabhängig vom Bestehen einer derartigen Feststellung sei es allein Sache der Behörde, außerhalb eines Bewilligungsverfahrens den Schutz der Nachbarn zu gewährleisten. Mangels rechtlichen Interesses der Beschwerdeführerinnen sei der Antrag daher zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit sich die Beschwerde zunächst gegen die von der Erstbehörde nach dem Beschwerdevorbringen vertretene Ansicht, die gegenständliche Anlage sei - auf Grund der Überleitung früherer Genehmigungen in den Geltungsbereich des MinroG - genehmigt, wendet, geht ihr Vorbringen ins Leere, hat die belangte Behörde den Antrag doch ohne Eingehen auf seinen Inhalt mangels Feststellungsinteresses zurückgewiesen.

Die Erlassung eines Feststellungsbescheides, für den es - wie vorliegend - keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gibt, auf Antrag einer Partei ist nur zulässig, wenn die begehrte Feststellung für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ist (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 406 f und die dort zitierte Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sowie das von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, Zl. 92/07/0031).

Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass es ihnen unter Zugrundelegung der Rechtsansicht der belangten Behörde nicht möglich wäre, ihr Recht durchzusetzen, dass eine Bewilligung nur erteilt werde, wenn ihre nach dem MinroG geschützten Nachbarrechte gewahrt werden. Dieses Recht können die Nachbarn jedoch nur im Rahmen eines bergrechtlichen Bewilligungsverfahrens geltend machen; solange ein Bewilligungsverfahren nicht anhängig ist, kommt eine Geltendmachung des Rechts auf Nichterteilung einer die geschützten Parteieninteressen verletzenden Bewilligung nicht in Betracht. Ob eine (Bergbau)Anlage bzw. deren Änderung nur mit Bewilligung ausgeführt werden darf, ist eine Frage, die die Rechtsstellung der in einem Bewilligungsverfahren als Partei in Betracht kommenden Personen keinesfalls berührt. Das MinroG räumt diesen Personen nämlich kein Recht ein, in das durch die Annahme der Bewilligungspflicht bzw. Bewilligungsfreiheit einer Anlage eingegriffen werden könnte. Mit dieser Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Februar 2004, Zl. 2003/04/0188, die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrages eines Nachbarn auf Feststellung, dass eine nach dem MinroG bewilligungspflichtige Änderung einer noch nach dem Berggesetz bewilligten Bohrung vorliege, als unbegründet abgewiesen. Die gegenständliche Beschwerde bietet keinen Anlass, diese Judikatur nicht auch auf einen Fall wie den vorliegenden zu übertragen. Der bloße Umstand, dass der Betrieb einer Anlage nach Meinung eines Nachbarn konsenslos ist bzw. über den Konsens hinausgeht und die Behörde - wie nach dem Beschwerdevorbringen vorliegend die Behörde erster Instanz - diese Meinung (aus welchem Grund auch immer) nicht teilt, führt nicht zur Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides. Dieser Umstand ändert nämlich nichts daran, dass den Nachbarn nach dem MinroG keine Möglichkeit eingeräumt ist, außerhalb eines Genehmigungsverfahrens ihre Rechte geltend zu machen.

Die belangte Behörde hat den Feststellungsantrag daher in unbedenklicher Weise mangels rechtlichen Interesses der Beschwerdeführerinnen zurückgewiesen.

Somit lässt bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Aus diesem Grund war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 3. September 2008

Schlagworte

BergrechtAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008040088.X00

Im RIS seit

26.09.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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