TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/3 2006/10/0005

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Veröffentlicht am 03.10.2008
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

AVG §68 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs1 idF 2002/I/059;
ForstG 1975 §174 Abs1 lita Z6 idF 2002/I/059;
ForstG 1975 §1a Abs1 idF 2002/I/059;
ForstG 1975 §5 Abs2 idF 2002/I/059;
ForstG 1975 §5 idF 2002/I/059;
ForstG 1975 §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des FP in L, vertreten durch Dr. Gerda Schildberger, Rechtsanwalt in 8600 Bruck an der Mur, Mittergasse 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 2. Dezember 2005, Zl. E 007/12/2005.005/007, betreffend Übertretung des Forstgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. August 2000 stellte die Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf gemäß § 5 Abs. 2 Forstgesetz 1975 (ForstG) fest, dass das Grundstück Nr. 1163, KG R., Wald im Sinne des ForstG sei. Der Bescheid wurde gegenüber den damaligen Eigentümern des Grundstückes Nr. 1163 erlassen; ein Rechtsmittel wurde dagegen nicht erhoben.

In einer Anzeige vom 24. Juni 2004 führte das Forstaufsichtsorgan Ing. K. der Forstaufsichtsstation J aus, im Winter des Jahres 2003/2004 sei die Bestockung (Schwarzerle, Fichte, Laubweichholz) auf dem Grundstück Nr. 1163 der KG. R. geschlägert worden. Im April 2000 sei auf diesen Grundstücken ein Waldfeststellungsverfahren durchgeführt worden. Anlässlich einer Walddurchforschung am 23. Juni 2004 sei festgestellt worden, dass die Wurzelstöcke im nördlichen Teil des Grundstückes Nr. 1163 im Ausmaß von etwa 1.200 m2 inzwischen entfernt worden seien und diese Teilfläche nunmehr für Zwecke des Maisanbaues verwendet werde. Eine Rodungsbewilligung für diese Maßnahmen sei dem Beschwerdeführer nicht erteilt worden (der Anzeige angeschlossen waren ein Luftbild und ein Auszug aus der digitalen Katastralmappe mit Stand März 2003, auf welchen das Ausmaß der Rodungsmaßnahmen durch das Forstaufsichtsorgan eingezeichnet wurde).

Aus der Niederschrift über die Vernehmung des Beschwerdeführers als Beschuldigten vom 23. Mai 2005 ergibt sich, dass dieser zu der ihm vorgehaltenen Anzeige des Forstaufsichtsorgans Ing. K. vom 24. Juni 2004 einräumte, auf dem Grundstück Nr. 1163 im April 2004 die ihm zur Last gelegte Rodung, wenn auch bloß auf einer Teilfläche von weniger als 1000 m2, durchgeführt und dort Mais angebaut zu haben.

Anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland (UVS) am 2. Dezember 2005 brachte der Beschwerdeführer vor, er habe vor etwa 10 bis 15 Jahren die Bestockung auf einer weniger als 1000 m2 großen Teilfläche des Grundstückes Nr. 1163 gefällt. Um die Erteilung einer Rodungsbewilligung für diese Maßnahmen habe er nicht angesucht. Ferner habe er vor drei Jahren einen Kaufvertrag über das Grundstückes Nr. 1163 abgeschlossen, das Eigentumsrecht daran sei ihm bislang nicht zugekommen. Es handle sich dabei nicht um ein Waldgrundstück.

In derselben mündlichen Verhandlung erklärte das zeugenschaftlich einvernommene Forstaufsichtsorgan Ing. K., das Grundstück Nr. 1163 sei bis zur Rodung (gemeint wohl: bis zur Fällung des Bewuchses im Winter 2003/2004) mit einem mehr als 10 Jahre alten Baumbestand bestockt und vollständig überschirmt gewesen. Die Rodungsfläche belaufe sich nach einer "vorsichtigen Schätzung" auf 1.200 m2. Grenzsteine seien auf dem Grundstück Nr. 1163 keine erkennbar gewesen.

Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid des UVS vom 2. Dezember 2005 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe in der Zeit vom 24. Mai bis 23. Juni 2004 eine näher bezeichnete Teilfläche des Grundstückes Nr. 1163 der KG. R. im Ausmaß von ca. 1.200 m2 unbefugt gerodet, indem die Wurzelstöcke der Bäume entfernt und der Waldboden landwirtschaftlich zum Maisanbau verwendet worden seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 174 Abs. 1 (ergänze: lit. a Z. 6 in Verbindung mit § 17 Abs. 1) ForstG begangen.

Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt.

Zur Begründung stützte sich der UVS im Wesentlichen auf den Feststellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 8. August 2000, die Anzeige des Forstaufsichtsorgans Ing. K. vom 24. Juni 2004 und dessen Angaben als Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem UVS.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift, beantragt aber die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des ForstG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 59/2002) lauten (auszugsweise):

"I. ABSCHNITT

WALD, ALLGEMEINES

...

Begriffsbestimmungen

§ 1a. (1) Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes sind mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1 000 m2 und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.

...

Feststellungsverfahren

§ 5. (1) Bestehen Zweifel, ob

a) eine Grundfläche Wald ist oder

...,

so hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 1 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen.

... .

(2) Stellt die Behörde fest, dass die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, so hat sie mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, dass

1.

die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder

2.

eine dauernde Rodungsbewilligung erteilt wurde, und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt.

...

III. ABSCHNITT

ERHALTUNG DES WALDES UND DER NACHHALTIGKEIT SEINER WIRKUNGEN

A. Erhaltung des Waldes; Allgemeines

...

Rodung

§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

...

XII. ABSCHNITT

ALLGEMEINE, STRAF-, AUFHEBUNGS-, ÜBERGANGS- UND

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Strafbestimmungen

§ 174. (1)

Wer a)

...

6. das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 nicht befolgt;

...

begeht eine Verwaltungsübertretung.

Diese Übertretungen sind in den Fällen

1. der lit. a mit einer Geldstrafe bis zu 7 270 Euro oder mit Arrest bis zu vier Wochen,

...

zu ahnden.

..."

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

2.1.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, bei der verfahrensgegenständlichen Rodungsteilfläche im Ausmaß von 1200 m2 auf dem Grundstück Nr. 1163 handle es sich nicht um Wald im Sinn des ForstG. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Mit dem erwähnten (rechtskräftigen) Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf vom 8. August 2000 wurde die Waldeigenschaft der betreffenden Fläche gemäß § 5 Abs. 2 ForstG in einer für die belangte Behörde bindenden Weise festgestellt. Die Bindung an diesen Bescheid hatte die Behörde auch in dem den Beschwerdeführer betreffenden Verwaltungsstrafverfahren zu beachten, weil ein gemäß § 5 ForstG erlassener Bescheid nur auf die Eigenschaften der Sache abstellt und seine Wirkungen somit über die Person des (ursprünglichen) Bescheidadressaten hinausreichen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1997, Zl. 96/10/0079). War die in Rede stehende Fläche zum Zeitpunkt der Erlassung des Feststellungsbescheides vom 8. August 2000 Wald im Sinne des ForstG, dann kam ihr diese Eigenschaft auch im Zeitraum der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung in der Zeit vom 24. Mai bis 23. Juni 2004 zu. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 2 erster Satz ForstG. Nach dieser Bestimmung hat die Behörde, wenn sie im Zuge eines Waldfeststellungsverfahrens feststellt, dass die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb des unmittelbar vorangegangen Zeitraumes - 15 Jahre nach der Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 59/2002, nunmehr 10 Jahre - Wald im Sinne des ForstG war, mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne des ForstG handelt. Daraus folgt, dass eine Fläche, die zu einem bestimmten Zeitpunkt die Waldeigenschaft aufgewiesen hat, diese Eigenschaft grundsätzlich für die nächsten Jahre beibehält, es sei denn, dass etwa eine Rodungsbewilligung erteilt wurde. Für die verfahrensgegenständliche Fläche bedeutet dies, dass sie im vorliegenden Tatzeitraum vom 24. Mai bis 23. Juni 2004 Wald war, weil ihre Waldeigenschaft im Jahr 2000 jedenfalls gegeben war (vgl. das zu § 5 Abs. 2 ForstG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 59/2002 ergangene und insoweit übertragbare hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1993, Zl. 93/10/0039). Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren auch gar nicht behauptet, dass es seit der Waldfeststellung eine relevante Änderung der Umstände gegeben hätte.

2.1.2. Die Beschwerde macht weiters geltend, die Grenzen zwischen den Grundstücken Nr. 1167, 1164, 1163 und 1161, jeweils KG. R, könnten in Ermangelung von Grenzsteinen in der Natur nicht mit "bloßen Augen" erkannt und die Grundstücke den Parzellennummern nicht zugeordnet werden. Bei den genannten Grundstücken handle es sich um lang gestreckte schmale Parzellen. Der Bewuchs auf den verschiedenen Grundstücken habe durch das Forstaufsichtsorgan Ing. K. nicht eindeutig zugeordnet werden können. Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Rodung habe daher nicht an dem von der belangten Behörde angenommenen Tatort stattgefunden.

Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Im Verwaltungsstrafverfahren hat der Beschwerdeführer nämlich, wie oben erwähnt, im Laufe seiner Einvernahme am 23. Mai 2005 zu der ihm vorgehaltenen, sich auf das Grundstück Nr. 1163 beziehenden, Anzeige des Forstaufsichtsorgans Ing. K. vom 24. Juni 2004 eingeräumt, im April 2004 die ihm zur Last gelegte Rodung, wenn auch bloß auf einer Teilfläche von weniger als 1000 m2, durchgeführt und dort Mais angebaut zu haben. Diese vom Beschwerdeführer gemachten Angaben boten - mangels Bezugnahme auf die Frage der "Zuordnung" des auf dem Luftbild erkennbaren forstlichen Bewuchses zu der Rodungsfläche - für die belangte Behörde keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen in diese Richtung (vgl. das ebenfalls den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 22. Juli 2004, Zl. 2001/10/0056).

2.1.3. Der Beschwerdeführer wendet überdies ein, er habe die ihm vorgeworfene Rodung (auf dem Grundstück Nr. 1163 im Ausmaß von ca. 1200 m2) lediglich auf einer Fläche von weniger als 1000 m2 durchgeführt.

Der Beschwerdeführer übersieht, dass er Gelegenheit hatte, die Ausführungen des Forstaufsichtsorgans Ing. K. über das Ausmaß der Rodungsfläche in geeigneter Weise, etwa mit einem von ihm selbst in Auftrag gegebenen Gutachten, auf gleicher fachlicher Ebene zu entkräften. Dies hat er jedoch unterlassen. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die auf der Angabe des Forstaufsichtsorgans Ing. K., das in der Verhandlung vor der belangten Behörde das von ihm angenommene Rodungsausmaß von ca. 1200 m2 bekräftigte, beruhende diesbezügliche Feststellung im angefochtenen Bescheid keine Bedenken.

2.1.4. Was das Beschwerdevorbringen anlangt, die Angaben des Forstaufsichtsorgans Ing. K. in der Anzeige vom 24. Juni 2004 einerseits und anlässlich der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vom 2. Dezember 2005 andererseits seien hinsichtlich der Art der Bestockung des Grundstückes Nr. 1163 widersprüchlich, so unterlässt es die Beschwerde, die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen.

Im Übrigen stellt das Beschwerdevorbringen, die Art der Bestockung auf dem genannten Grundstück sei in einem Verwaltungsverfahren betreffend Waldfeststellung gemäß § 5 ForstG der Grundstücke Nr. 1164 und 1167 durch einen forstfachlichen Amtssachverständigen unterschiedlich beurteilt worden, eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.

2.1.5. Soweit der Beschwerdeführer schließlich einwendet, er könne als Nichteigentümer des Grundstückes wegen Übertretung des Rodungsverbotes nicht bestraft werden, übersieht er, dass sich dieses Verbot gemäß § 17 Abs. 1 ForstG ebenso wie die Strafdrohung des § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 ForstG nicht nur gegen den Grundeigentümer, sondern gegen jedermann richtet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1985, Zl. 85/07/0253).

2.2. Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 3. Oktober 2008

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Person des Bescheidadressaten dingliche Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006100005.X00

Im RIS seit

04.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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