TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/9 2005/11/0134

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Veröffentlicht am 09.10.2008
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Index

L94059 Ärztekammer Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ÄrzteG 1998 §112 Abs1 idF 2004/I/179;
ÄrzteG 1998 §112 Abs5 idF 2004/I/179;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr §7 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Dr. G in W, vertreten durch Dr. Armin Bammer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Esteplatz 4, gegen den Bescheid des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Dr. Friedrich Spitzauer und Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stock-im-Eisen-Platz 3, vertretenen Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 26. Jänner 2005, Zl. B 66/05, betreffend Befreiung von der Beitragspflicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Ärztekammer für Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde (soweit im Beschwerdeverfahren noch relevant) der Antrag des Beschwerdeführers vom 25. Oktober 2004 auf rückwirkende Befreiung von der Beitragspflicht für den Zeitraum 31. Oktober 1997 bis 31. Oktober 2004 abgewiesen.

Die belangte Behörde führte begründend im Wesentlichen aus, § 7 Abs. 1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (Satzung) sehe vor, dass eine teilweise Befreiung von der Beitragspflicht wegen Vorliegens eines unkündbaren Dienstverhältnisses nur auf Antrag erfolgen könne und erst mit dem auf das Einlangen des Antrags folgenden Monatsersten wirksam werde. Dem Befreiungsantrag des Beschwerdeführers vom 25. Oktober 2004, der nachgewiesen habe, in einem unkündbaren Dienstverhältnis zu stehen, sei deshalb nur für die Zeit ab 1. November 2004 stattzugeben gewesen. Die Satzung kenne entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch keine Verpflichtung der Behörde, über die Befreiungsmöglichkeit aufzuklären; zudem habe die Behörde im Regelfall auch gar keine Informationen darüber, ob ein Beitragspflichtiger eine unkündbare Stellung eingenommen habe.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und sie mit Beschluss vom 20. Juli 2005, B 426/05-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzte der Beschwerdeführer die Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragt darin die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die im Beschwerdefall maßgebende Vorschrift des § 112 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998) in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 179/2004 lautet (auszugsweise):

"Befreiung von der Beitragspflicht

§ 112. (1) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, dass ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe(Versorgungs)genuss auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, ist er auf Antrag nach Maßgabe des Antragsbegehrens und der folgenden Bestimmungen von der Verpflichtung nach § 109 zu befreien. Übt der Antragsteller keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 aus, kann die Satzung vorsehen, dass die Beitragspflicht zur Todesfallbeihilfe und zu den Unterstützungsleistungen bestehen bleibt. Übt der Antragsteller eine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 aus, bleibt jedenfalls die Beitragspflicht zur Grundleistung bestehen. Die Satzung kann vorsehen, dass die Beitragspflicht darüber hinaus auch für die Ergänzungsleistungen, die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen bestehen bleibt.

...

(5) Für den Fall der Befreiung von der Beitragspflicht ist die Gewährung von Leistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung ganz oder teilweise ausgeschlossen.

..."

1.2. § 7 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (Satzung) lautet (auszugsweise) wie folgt:

"Befreiung von der Beitragspflicht

§ 7

(1) Erbringt ein Fondsmitglied den Nachweis darüber, daß ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe- (Versorgungs-)genuß auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, und übt es keine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 des ÄG aus,

a) ist es auf Antrag, ausgenommen den für die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen nach § 107 ÄG einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages, von der Verpflichtung zur Leistung von Fondsbeiträgen gänzlich zu befreien. Das gleiche gilt bei Erbringung des Nachweises, daß das Fondsmitglied auf Grund eines solchen Dienstverhältnisses einen Ruhe- (Versorgungs-)genuß bezieht. Wird einem solchen Antrag stattgegeben, finden die Bestimmungen des § 11 Abs. 3 mit der Maßgabe sinngemäß Anwendung, daß jene Teile des Beitragsjahres, in denen keine Beitragspflicht bestand, aliquot einschließlich des darauf entfallenden Anteils für die Deckung der Altlast, zu berücksichtigen sind.

b) Übt der Antragsteller jedoch eine ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 45 Abs. 2 ÄG aus, ist eine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung von Fondsbeiträgen nur bis auf den zur Grundleistung einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages sowie den für die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen nach § 107 ÄG einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages zulässig. In diesem Fall hat die sinngemäße Anwendung des § 11 Abs. 3 mit der Maßgabe zu erfolgen, daß jene Teile des Beitragsjahres, in denen volle Beitragspflicht bestand, aliquot einschließlich des darauf entfallenden Anteils für die Deckung der Altlast, zu berücksichtigen und die erworbenen Anwartschaften bzw. Richtwerte für die Grundleistung zu ermitteln sind. Die vorstehenden Anträge zu lit. a) und b) werden mit dem auf das Einlangen des Antrages folgenden Monatsersten wirksam, frühestens jedoch mit dem Beginn des zugrundeliegenden Dienstverhältnisses.

...

(5) Für den Fall der Befreiung von der Beitragspflicht ist die Gewährung von Leistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung ganz oder teilweise ausgeschlossen.

(6) Eine nach Abs. 1 oder 2 ausgesprochene Befreiung ist unwiderruflich, solange die für die Befreiung maßgeblichen Umstände vorliegen.

(7) Eine Befreiung nach Abs. 1 erlischt, wenn ein für die ausgesprochene Befreiung maßgeblicher Umstand wegfällt. Ab dem dem Wegfall dieses Umstandes folgenden Monatsersten besteht die Verpflichtung zur Beitragsleistung gemäß § 109 ÄG bzw. Abschnitte I, II und VI der Beitragsordnung."

2.1. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid damit begründet, dass entsprechend den anzuwendenden Bestimmungen des ÄrzteG 1998 und der Satzung eine rückwirkende Befreiung von der Beitragspflicht nicht in Betracht komme.

2.2. Demgegenüber steht der Beschwerdeführer auf dem Standpunkt, die belangte Behörde habe das Gesetz unrichtig angewendet, weil sie die in der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien enthaltenen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen habe. Die Behörde habe ihm über sieben Jahre hindurch weder Beiträge vorgeschrieben noch Mahnungen ausgesprochen noch Kontoauszüge übermittelt. Deshalb sei es dazu gekommen, dass der - nicht rechtskundige - Beschwerdeführer, der habe annehmen können, nur die Grundleistung bezahlen zu müssen, keinen Befreiungsantrag gestellt habe. Das einzige Versäumnis des Beschwerdeführers sei es gewesen, nicht den entsprechenden Antrag zu stellen, zumal ja sämtliche Voraussetzungen für die Befreiung von der Beitragspflicht vorgelegen seien.

3. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

3.1. Zunächst ist festzuhalten, dass mit dem angefochtenen Bescheid - soweit im Beschwerdeverfahren noch relevant - über den rückwirkenden Befreiungsantrag des Beschwerdeführers abgesprochen wurde.

3.2. § 112 Abs. 1 ÄrzteG 1998, welche Bestimmung eine Befreiung nur über Antrag vorsieht, überlässt es der Disposition des Kammerangehörigen, ob er bei Erfüllung der Voraussetzungen für die Befreiung von der Beitragspflicht einen Befreiungsantrag stellt und damit - im Fall der Befreiung - in Kauf nimmt, dass die Gewährung von Leistungen entsprechend dem Ausmaß der Befreiung ausgeschlossen ist (§ 112 Abs. 5 Ärztegesetz 1998). Dementsprechend verlangt auch § 7 Abs. 1 der Satzung einen Antrag des beitragspflichtigen Kammerangehörigen, damit eine Befreiung ausgesprochen werden kann, die dann ab dem der Antragstellung folgenden Monatsersten wirksam wird.

Weder das ÄrzteG 1998 noch die Satzung noch die Beitragsordnung sehen eine Verpflichtung der Behörde vor, den Kammerangehörigen auf das allfällige Bestehen eines Befreiungstatbestands nach § 112 Abs. 1 Ärztegesetz 1998 und darauf, dass eine Befreiung antragsbedürftig ist, hinzuweisen.

Die Unterlassung rechtzeitiger, der Satzung entsprechender Beitragsvorschreibungen ändert entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nichts daran, dass entsprechend der eindeutigen Bestimmung des § 112 Abs. 1 ÄrzteG 1998 eine Befreiung einen Antrag voraussetzt, der gemäß § 7 Abs. 1 letzter Satz der Satzung erst mit dem auf das Einlangen des Antrags folgenden Monatsersten wirksam wird. Die vom Beschwerdeführer begehrte rückwirkende Befreiung verstieße daher gegen die Satzung.

3.3. Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit nicht im geltend gemachten Recht verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 9. Oktober 2008

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005110134.X00

Im RIS seit

31.10.2008

Zuletzt aktualisiert am

04.08.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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