TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/16 2004/09/0209

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Veröffentlicht am 16.10.2008
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;

Norm

AVG §7 Abs1;
HDG 2002 §19 Abs1;
HDG 2002 §23;
HDG 2002 §27 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des FF in E, vertreten durch Mag. Wulf Sieder, Rechtsanwalt in 4470 Enns, Stadlgasse 5, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung vom 2. November 2004, Zl. 9-DOKS/01, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe nach dem Heeresdisziplinargesetz 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seines Ausspruches über die Strafe sowie die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Vizeleutnant in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist als "NUO" bei der Heeresunteroffiziersakademie in E tätig.

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom 15. März 2000, Zl. 97/09/0354, zu entnehmen, auf dieses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Daraus geht hervor, dass der Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Disziplinaroberkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung vom 15. Oktober 1997 wegen verschiedener Dienstpflichtverletzungen für schuldig erkannt und mit einer Geldstrafe bestraft worden war.

Mit dem angeführten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes im Wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, dass diese Behörde die - auf Grund unrichtiger Zusammensetzung - gegebene Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde nicht wahrgenommen habe.

Im fortgesetzten Verfahren wurde der Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 13. November 2001 wie folgt für schuldig erkannt:

Der Beschwerdeführer sei schuldig

"1. Am 28. Juni 1996 unter Angabe eines falschen Grundes die Kaserne von ca. 0900 Uhr bis ca. 1045 Uhr verlassen zu haben.

2. Am 28. Juni 1996 um ca. 1130 Uhr neuerlich ohne Genehmigung die Kaserne verlassen zu haben und hiebei anstatt Sportausbildung durchzuführen an seinem Haus in A gearbeitet zu haben.

3. Am 28. Juni 1996 bei beiden Abwesenheiten gegen den Befehl des Referatsleiters Referat 3/2/StB/HUAK 'sich für Tätigkeiten, die nicht mit dem Aufgabengebiet als NUO zusammenhängen, beim jeweiligen Referatsleiter oder bei Vzlt K abzumelden' verstoßen zu haben."

Durch dieses Verhalten habe der Beschwerdeführer in Punkt 1. und 2. gegen die Bestimmung des § 48 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, und im Punkt 3. gegen die Bestimmung des § 7 Abs. 1 der Allgemeinen Dienstvorschrift für das Bundesheer, ADV, BGBl. Nr. 43/1979) vorsätzlich verstoßen und somit Pflichtverletzungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Heeresdisziplinargesetz 1994, BGBl. Nr. 522 - HDG 1994, begangen.

Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 51 HDG 1994 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe im Ausmaß von S 10.000,-- (EUR 726,73) verhängt.

Dieser Bescheid wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2001/09/0234, "im Umfang seines Ausspruches über die Strafe und die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben". "Im Übrigen" wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof im Wesentlichen damit begründet, dass die belangte Behörde bei der Strafbemessung das Wohlverhalten des Beschwerdeführers seit der Tat, den Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht berücksichtigt habe und die Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht ermittelt sowie sein Nichterscheinen zur mündlichen Verhandlung als erschwerend gewertet und die Strafbemessung daher mit Rechtswidrigkeit belastet habe.

Im fortgesetzten Verfahren erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit folgendem Spruch:

"Nach Kassation des Erstbescheides (GZ 9- DOKS/01 vom 13. November 2001) im Umfang des Straf- und Kostenausspruchs und Bestätigung des Schuldspruchs durch den VwGH (Zl. 2001/09/0234-5 vom 30. Juni 2004)

wird der Berufung des Disziplinaranwaltes vom 10. Juli 2001 gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Soldaten beim Bundesministerium für Landesverteidigung (DKS) vom 31. März 2000, GZ 08137-12-DK-2000, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften teilweise stattgegeben, und

der Berufung des Beschuldigten vom 13. Juli 2001 hinsichtlich des Ausspruchs von Schuld- und Strafe, sowie inhaltlicher Rechtswidrigkeit wird gem. § 35 Abs. 2 Heeresdisziplinargesetz 2002 BGBl. I Nr. 167 (HDG 2002) teilweise stattgegeben.

Vzlt F ist schuldig,

1. er hat am 28. Juni 1996 unter Angabe eines falschen Grundes die Kaserne von ca. 0900 bis ca. 1045 Uhr verlassen,

2. er hat am 28. Juni 1996 um ca. 1130 Uhr neuerlich ohne Genehmigung die Kaserne verlassen und hiebei anstatt Sportausbildung durchzuführen an seinem Haus in A gearbeitet, und

3. er hat am 28. Juni 1996 bei beiden Abwesenheiten gegen den Befehl des Referatsleiters Referat 3/ 2/ Stb/ HUAK 'sich für Tätigkeiten, die nicht mit dem Aufgabengebiet als NUO zusammenhängen, beim jeweiligen Referatsleiter oder bei Vzlt K abzumelden' verstoßen.

Durch dieses Verhalten hat er vorsätzlich

im Faktum 1 und 2 gegen § 48 Abs. 1 des Beamten- Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, (Dienstplan) und

im Faktum 3 gegen § 7 Abs. 1 der Verordnung der Bundesregierung vom 9. Jänner 1979 über die Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer, BGBl. Nr. 43/1979, (ADV) (Gehorsam) verstoßen und Pflichtverletzungen im Sinne § 2 Abs. 1 HDG 2002 begangen.

Über Vzlt F

wird gemäß § 50 Z 3 HDG 2002 die Disziplinarstrafe der GELDSTRAFE

in der Höhe von 650 EUR.-

(In Worten Sechshundertfünfzig Euro) verhängt.

Gemäß § 37 Abs. 1 HDG 2002 hat er dem Bund einen Kostenbeitrag in der Höhe von 10 von Hundert der festgesetzten Strafe, höchstens jedoch EUR 360.-,

das sind 65 EUR.- (in Worten: Fünfundsechzig Euro) zu leisten."

In der Begründung wurde nach Darstellung des Verfahrensganges festgestellt, dass die Höhe der Dienstbezüge des Beschwerdeführers im Monat Dezember 2000 insgesamt betrügen: "Bemessungsgrundlage 23364.- ATS entspricht EUR 1697,93". Der Beschwerdeführer habe zu einem dem entsprechenden schriftlichen Vorhalt im Verfahren nicht Stellung genommen. Der Vorsitzende der belangten Behörde habe ihn am 20. Oktober 2004 auch fernmündlich befragt, ob er zumindest verspätet mit einer Stellungnahme zu seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen abgeben werde, der Beschwerdeführer habe dies verneint, worauf ihm mitgeteilt worden sei, dass die Ermittlungen nun im Schätzungswege erfolgen würden. Nach ausführlicher Darstellung von Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde zur Strafbemessung zusammengefasst aus, dass im Bereich der militärischen Landesverteidigung dem Befehl und der Gehorsamspflicht besondere Bedeutung zukämen. Auch die Einhaltung der Arbeitszeit zähle zu den schwerst wiegenden Interessen der Verwaltung. Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten zum Ausdruck gebracht, dass er gegenüber der ihn treffenden Treueverpflichtung eine zumindest gleichgültige, wenn nicht ablehnende Einstellung habe. Die ungerechtfertigten Abwesenheiten des Beschwerdeführers und die Meldeverstöße stellten ein unwürdiges Verhalten dar, durch welches nicht nur das Ansehen des Beschwerdeführers, sondern auch der gesamten HUAk im Allgemeinen herabgesetzt worden sei. Als erschwerend werde die Begehung mehrerer Dienstpflichtverletzungen an einem Tag, die Begehung der Pflichtverletzungen unter Ausnutzungen der dienstlich angespannten Situation sowie die Ansehensschädigung des Unteroffizierskorps durch mangelnde Eigenverantwortung, als mildernd der ordentliche Lebenswandel seit der Tat, das Zurückliegen der Tatbegehung bereits seit acht Jahren sowie die lange Verfahrensdauer gewertet. Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Bescheid folgende persönliche und wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers zu Grunde: Er sei seit 1973 verheiratet, seine Ehegattin sei nicht berufstätig, er habe zwei erwachsene Kinder und verfüge über ein Gehalt in der Höhe von brutto EUR 1.969,-- und sei für seine Ehegattin sorgepflichtig. Die verhängte Geldstrafe orientiere sich an weniger als der Hälfte des Bruttobezuges im Monat Dezember 2000 und sei schuld- und tatangemessen sowie täterspezifisch festgelegt. Trotz Vorliegens zahlreicher Milderungsgründe könne in Ansehung der Schwere der Pflichtverletzung keine geringere Strafe verhängt werden, weil eine Geldstrafe zur Abschreckung des Beschwerdeführers und aller anderen Soldaten des Dienststandes notwendig sei, um sie von der Begehung gleicher oder ähnlich gelagerter Pflichtverletzungen, die auf derselben schädlichen Neigung beruhten, abzuhalten. Mit der vorliegenden Bestrafung solle dokumentiert werden, dass die Art der Begehung dieser Pflichtverletzungen kein Kavaliersdelikt, sondern ein nicht zu tolerierendes, systemwidriges und -schädigendes Verhalten sei, welches in einer anderen Begehungsform durchaus zu einer Entlassung führen könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid zunächst deswegen für rechtswidrig, weil der Bescheid der belangten Behörde vom 13. November 2001 mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2004, Zl. 2001/09/0234, lediglich im Umfang seines Ausspruches über die Strafe und die Verfahrenskosten aufgehoben worden sei, der Schuldspruch dieses Bescheides vom 13. November 2001 sei in Rechtskraft erwachsen. Der Beschwerdeführer könne daher nicht neuerlich wegen desselben Deliktes nochmals schuldig gesprochen werden, wie dies mit dem angefochtenen Bescheid erfolgt sei. Die belangte Behörde habe hiedurch gegen den Grundsatz ne bis in idem verstoßen. Mit diesem Einwand zeigt der Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Bei verständiger Würdigung des Textes über die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Taten im angefochtenen Bescheid muss dieser nämlich nicht als neuerlicher Vorwurf verstanden werden. Dieser Text stimmt im Übrigen auch mit dem Schuldspruch vom 13. November 2001 überein. Daher kann darin keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers erblickt werden und war die Beschwerde in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Soweit sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid darin in Rechten verletzt erachtet, dass die belangte Behörde der Bemessung der gegen ihn verhängten Geldstrafe als "Gehalt/Einkünfte" Bruttodienstbezüge zu Grunde gelegt hat, ist angesichts des § 51 des Heeresdisziplinargesetzes 2002 (HDG 2002) darin keine Rechtswidrigkeit zu erblicken, weil gemäß § 51 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. als Bemessungsgrundlage der Beamten der nach dem Gehaltsgesetz 1956 gebührende Monatsbezug zu Grunde zu legen ist und in diesem Gehaltsgesetz 1956 Bruttobezüge festgelegt sind (vgl. etwa § 3 leg. cit.).

Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte die Ansehensschädigung des Unteroffizierskorps durch mangelnde Eigenverantwortung nicht als erschwerend werten dürfen und die Auffassung der belangten Behörde, dass die Pflichtverletzung umso schwerer wiege, da die Einhaltung der für jedermann geltenden Dienstzeit möglich und zumutbar gewesen sei, sei deswegen als rechtswidrig zu erachten, weil die Möglichkeit der Einhaltung überhaupt die Voraussetzung für die Vorwerfbarkeit und Strafbarkeit sein müsse, zeigt er im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil derartige Erwägungen vor dem Hintergrund des der Disziplinarkommission in § 6 Abs. 1 HDG 2002 iVm §§ 32 ff StGB eingeräumten Ermessensspielraumes im vorliegenden Fall nicht als relevanter Begründungsmangel erachtet werden können.

Zum Einwand des Beschwerdeführers, die vorliegende Disziplinarrechtssache sei im Grunde des § 3 Abs. 1 Z. 2 HDG 2002 bereits verjährt, ist er auf die diesbezüglichen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2001/09/0234, hinzuweisen, wonach die dreijährige Frist des § 3 Abs. 2 HDG 2002 am 23. Oktober 1996 begonnen hat. Sie ist im Hinblick auf ihre durch die Dauer der Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erfolgten Unterbrechungen gemäß § 3 Abs. 4 Z. 1 HDG 2002 auch bis zur Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides nicht ausgeschöpft gewesen.

Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt der Beschwerdeführer darin, dass der Vorsitzende der belangten Behörde im zu Grunde liegenden Disziplinarverfahren die Rolle des Disziplinaranwaltes ausgeübt habe und daher an der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht hätte mitwirken dürfen.

Mit diesem Einwand zeigt der Beschwerdeführer einen wesentlichen Mangel des angefochtenen Bescheides auf. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten trifft es zu, dass in der mündlichen Verhandlung der belangten Behörde (Disziplinaroberkommission) am 29. Oktober 2002 - also an der Berufungsverhandlung - als "Disziplinaranwalt" der nunmehrige Vorsitzende der belangten Behörde, Mag. K, anwesend war und an dieser Verhandlung als Disziplinaranwalt teilnahm. Den nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde unter dem Vorsitz dieses (im Berufungsverfahren als Disziplinaranwalt beteiligt gewesenen) Mag. K erlassen.

Die (nach § 23 HDG 2002) im vorliegenden Disziplinarverfahren

anzuwendende Bestimmung des § 7 Abs. 1 AVG lautet:

"Befangenheit von Verwaltungsorganen

§ 7. (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

     1.        in Sachen, an denen sie selbst, ihr Ehegatte, ein

Verwandter oder Verschwägerter in auf- oder absteigender Linie,

ein Geschwisterkind oder eine Person, die noch näher verwandt oder

im gleichen Grad verschwägert ist, beteiligt sind;

     2.        in Sachen ihrer Wahl- oder Pflegeeltern, Wahl- oder

Pflegekinder, ihres Mündels oder Pflegebefohlenen;

     3.        in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer

Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

     4.        wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die

geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

     5.        im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung

des angefochtenen Bescheides in unterer Instanz mitgewirkt haben."

Der Disziplinaranwalt ist (im vorliegenden Disziplinarverfahren nach dem Heeresdisziplinargesetz) zufolge § 19 Abs. 1 HDG 2002 insoferne Partei, als es um die Vertretung (Wahrung) dienstlicher Interessen geht; er ist daher Organpartei. Dass in einem Kommissionsverfahren (wie dem vorliegenden Disziplinarverfahren) der Disziplinaranwalt Partei ist, bestimmt überdies § 27 Abs. 1 HDG 2002 ausdrücklich.

Da Mag. K (der Vorsitzende der belangten Behörde) an der mündlichen Verhandlung der belangten Behörde (Berufungsverhandlung) als Partei (Disziplinaranwalt und damit die "Gegenpartei" des Disziplinarbeschuldigten) teilnahm, ist in seiner Person ein absoluter Befangenheitsgrund vorgelegen; in diesem Fall gilt ein Verwaltungsorgan jedenfalls als befangen, ohne dass zu prüfen wäre, ob tatsächlich Zweifel an seiner "Unbefangenheit" bestehen (vgl. auch Walter/Mayer, Grundriss des Verwaltungsverfahrensrechts, 8. Auflage 2003, RZ 111). Darauf, ob Umstände vorliegen, die die volle Unbefangenheit von Mag. K in seiner Funktion als Vorsitzender der belangten Behörde tatsächlich zweifelhaft erscheinen lassen, kommt es daher nicht an (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2004/09/0172). Diesem Verfahrensmangel kam auch Relevanz zu, weil es sich bei der Festsetzung der Strafe um eine Ermessensentscheidung handelte, und nicht auszuschließen ist, dass bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels eine andere Strafe ausgemessen worden wäre.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid im Umfang seines Ausspruches über die Strafe sowie die Verfahrenskosten wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 16. Oktober 2008

Schlagworte

Verfahrensbestimmungen Befangenheit offenbare Unrichtigkeiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2004090209.X00

Im RIS seit

10.12.2008

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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