TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/17 2005/12/0093

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Veröffentlicht am 17.10.2008
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

AVG §66 Abs4;
PG 1965 §14 Abs1 idF 2000/I/142;
PG 1965 §19 Abs1 idF 1985/426;
PG 1965 §19 Abs1a idF 1994/016;
PG 1965 §42 Abs1 idF 2000/I/142;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß sowie Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der I B in V, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in 6010 Innsbruck, Bürgerstraße 19/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 25. Juli 2003, Zl. 151371/2- II/15/03, betreffend Witwenversorgung und Todesfallbeitrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Die Beschwerdeführerin schloss am 8. Oktober 1983 die Ehe mit Mag. K B, der zuletzt als Professor in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stand. Dieser Ehe entstammen zwei Kinder. Die Ehe wurde durch rechtskräftiges Scheidungsurteil mit Wirkung vom 9. Jänner 2003 geschieden. Der frühere Ehegatte der Beschwerdeführerin verunglückte am 18. Jänner 2003 tödlich.

Mit einer an das Bundespensionsamt adressierten und beim Landesschulrat für Tirol am 12. Februar 2003 eingelangten Eingabe stellte die Beschwerdeführerin einen "Antrag auf Witwenpension" in dem sie "die Witwenpension" begehrte.

Mit Schreiben des Bundespensionsamtes vom 26. Februar 2003 ersuchte dieses um die Vorlage weiterer Unterlagen; ferner wurde in diesem Schreiben mitgeteilt, dass gemäß § 19 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965, BGBl. Nr. 340 (PG) die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung - mit bestimmten Ausnahmen - sinngemäß auch für den früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten gelten, und die diesbezügliche Rechtslage erläuternd dargestellt. In Beantwortung dieses Schreibens übermittelte die Beschwerdeführerin die erbetenen Unterlagen sowie ein an sie gerichtetes Schreiben ihres Rechtsvertreters, in der dieser die Unterhaltsansprüche der Beschwerdeführerin gegen ihren früheren Ehegatten beziffert und ausführt, er hätte - wäre der Ehegatte nicht überraschend verstorben - in den nächsten Tagen Unterhaltsklage gegen diesen erhoben und werde nunmehr im Verlassenschaftsverfahren die Unterhaltsforderungen anmelden.

Mit einem weiteren Schreiben vom 18. April 2003 teilte das Bundespensionsamt der Beschwerdeführerin mit, dass ein Anspruch auf Witwenversorgungsgenuss und Todesfallbeitrag nach ihrem Gatten nicht gegeben sei, da die Ehe mit diesem rechtskräftig geschieden worden sei. Sollte die Beschwerdeführerin "darüber einen Bescheid wünschen, wäre dies dem Bundespensionsamt innerhalb von vier Wochen nach Erhalt dieses Schreibens mitzuteilen". Unter welchen Voraussetzungen der frühere Ehegatte Anspruch auf einen Versorgungsbezug habe, sei bereits im Schreiben des Bundespensionsamtes vom 26. Februar 2003 dargelegt worden. Zur Feststellung des Anspruchs und der Höhe wurde die Beschwerdeführerin in diesem Schreiben um die Bekanntgabe verschiedener weiterer Umstände ersucht.

Mit Schreiben vom 16. Mai 2003 teilte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin dem Bundespensionsamt mit, dass er diese rechtsfreundlich vertrete. Weiter heißt es darin: "Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 18.04.2003 ersuche ich Sie, den Bescheid entsprechend auszufertigen."

Darauf erließ das Bundespensionsamt als Pensionsbehörde erster Instanz seinen Bescheid vom 26. Mai 2003, in dem festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin nach ihrem am 18. Jänner 2003 verstorbenen Ehegatten keinen Anspruch auf Witwenversorgungsgenuss habe und dass ein Todesfallbeitrag nicht gebühre. Begründend wird dazu ausgeführt, dass sowohl die Witwenversorgung wie auch der Todesfallbeitrag nur dem überlebenden Ehegatten eines Beamten zustünden; überlebender Ehegatte sei nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 4 PG, wer im Zeitpunkt des Todes des Beamten mit diesem verheiratet gewesen ist. Diese Voraussetzung läge wegen der vor dem Tod des Beamten erfolgten rechtskräftigen Scheidung der Ehe nicht vor.

In der dagegen durch ihren Rechtsvertreter erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass sich für sie keine Notwendigkeit gezeigt habe, den Unterhalt gerichtlich feststellen zu lassen, weil ihr früherer Ehegatte bis zum Todeszeitpunkt den Unterhalt unbeanstandet bezahlt habe. Es werde nunmehr jedoch "im Hinblick auf die formalen Erfordernisse nach dem Witwenpensionsrecht" die Feststellungsklage auf Unterhalt eingebracht. Die Berufung beantragt die Aussetzung des Verwaltungsverfahrens bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens sowie die ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides.

Auf Grund dieser Berufung erging der angefochtene Bescheid, mit dem der Berufung nicht stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt wurde. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens wird diese abweisende Entscheidung damit begründet, dass Witwenversorgung und Todesfallbeitrag nur dem überlebenden Ehegatten zustünden; als überlebender Ehegatte sei nur anzusehen, wer im Zeitpunkt des Todes des Beamten mit diesem verheiratet war. Diese Voraussetzung läge bei der Beschwerdeführerin nicht vor. Die Ausfertigung des Bescheides enthält unter der Überschrift "Sonstiges" schließlich noch folgende Ausführungen:

"Da Sie mit dem Schreiben, das Sie am 12.2.2003 beim Landesschulrat für Tirol eingebracht haben und das zuständigkeitshalber an das Bundespensionsamt weitergeleitet worden ist, offensichtlich aus Unkenntnis der Rechtslage lediglich eine 'Witwenpension' beantragt haben, wird dieses Schreiben auch als Antrag auf Versorgungsgenuss eines früheren Ehegatten nach § 19 PG 1965 gewertet.

Das Bundespensionsamt wurde daher angewiesen über diesen Anspruch und gegebenenfalls über dessen Höhe bescheidmäßig abzusprechen."

Beizufügen ist, dass in dem dem Verwaltungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakt ein Schreiben der belangten Behörde an das Bundespensionsamt vom 25. Juli 2003 erliegt, in dem ausgeführt wird, dass das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 12. Februar 2003 auch als Antrag auf Versorgungsgenuss nach § 19 PG zu werten sei, und das Bundespensionsamt daher angewiesen werde, über einen derartigen Anspruch und gegebenenfalls über dessen Höhe bescheidmäßig abzusprechen. Nach einer vom Berichter am 1. September 2008 eingeholten Auskunft ist ein solcher Bescheid bis dahin nicht ergangen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der sie die Verfassungswidrigkeit der zwischen dem überlebenden und dem früheren Ehegatten eines verstorbenen Beamten differenzierenden Regelungen des PG geltend macht. Mit Beschluss vom 1. März 2005, B 1211/03-10, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin gegen die angewendeten Rechtsvorschriften führte der Verfassungsgerichtshof unter Hinweis auf sein Erkenntnis VfSlg. 11.997/1989 aus, es sei im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Rechtsbeziehungen zwischen Ehegatten einerseits und Geschiedenen anderseits aus Sicht des Gleichheitssatzes unbedenklich, dass der Gesetzgeber den Versorgungsbezug des früheren Ehegatten - im Vergleich zum Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten - einschränkend regelt.

Dem schon in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof für den Fall ihrer Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof erstatteten Vorbringen lässt sich entnehmen, dass sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Versorgungsgenuss nach § 19 PG verletzt erachtet und dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorwirft.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

II.1. Zur Rechtslage:

Die relevanten Bestimmungen des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 (PG), in der für den gegenständlichen Beschwerdefall maßgeblichen Fassung (§ 1 Abs. 4 und Abs. 6 sowie die Überschrift zu § 14 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 426/1985; § 14 Abs. 1 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2000; § 19 Abs. 1 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 426/1985, Abs. 1a eingefügt durch BGBl. Nr. 16/1994 und Abs. 2 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 522/1995; § 42 Abs. 1 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 142/2000) lauten:

"Anwendungsbereich

§ 1. ...

(4) Überlebender Ehegatte (Witwe, Witwer) ist, wer im Zeitpunkt des Todes des Beamten mit diesem verheiratet gewesen ist.

...

(6) Früherer Ehegatte (frühere Ehefrau, früherer Ehemann) ist, wessen Ehe mit dem Beamten für nichtig erklärt, aufgehoben oder geschieden worden ist.

...

Anspruch auf Witwen- und Witwerversorgungsgenuß

§ 14. (1) Dem überlebenden Ehegatten gebührt ab dem auf den Todestag des Beamten folgenden Monatsersten ein monatlicher Versorgungsgenuss, wenn der Beamte an seinem Todestag Anspruch auf Ruhegenuss gehabt hat oder im Fall der mit Ablauf dieses Tages erfolgten Versetzung in den Ruhestand gehabt hätte.

...

Versorgungsbezug des früheren Ehegatten

§ 19. (1) Die Bestimmungen über den Versorgungsanspruch des überlebenden Ehegatten und über das Ausmaß der Versorgung des überlebenden Ehegatten - ausgenommen die Bestimmungen der §§ 21 Abs. 3 bis 6 und 24 - gelten, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, sinngemäß für den früheren Ehegatten des verstorbenen Beamten, wenn dieser zur Zeit seines Todes auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung für den Lebensunterhalt seines früheren Ehegatten aufzukommen oder dazu beizutragen hatte.

(1a) Abs. 1 ist auch dann anzuwenden, wenn die Ehe mindestens zehn Jahre gedauert und der verstorbene Beamte auf Grund einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung seinem früheren Ehegatten

1. zumindest für die Dauer des letzten Jahres vor seinem Tod oder,

2. falls der Tod des Beamten früher als vor Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft der Nichtigerklärung, Aufhebung oder Scheidung der Ehe eingetreten ist, durchgehend vom Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft bis zu seinem Tod nachweislich regelmäßig Unterhaltszahlungen geleistet hat.

(2) Der Versorgungsgenuß gebührt dem früheren Ehegatten nur auf Antrag. Er fällt, wenn der Antrag binnen sechs Monaten nach dem Tod des Beamten gestellt wird, mit dem auf den Sterbetag folgenden Monatsersten an. In allen übrigen Fällen gebührt der Versorgungsgenuß von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an; wird der Antrag an einem Monatsersten gestellt, so gebührt der Versorgungsgenuß von diesem Tag an.

...

Anspruch auf Todesfallbeitrag

§ 42. (1) Stirbt ein Beamter des Dienststandes, so haben nacheinander Anspruch auf Todesfallbeitrag;

1. der überlebende Ehegatte, der am Sterbetag des Beamten mit diesem in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat,

2. das Kind, das am Sterbetag des Beamten dessen Haushalt angehört hat. Ist kein anspruchsberechtigtes Kind vorhanden, so ist das Enkelkind anspruchsberechtigt, das am Sterbetag des Beamten dessen Haushalt angehört hat.

3. das Kind, das die Kosten der Bestattung ganz oder teilweise bestritten hat. Ist kein anspruchsberechtigtes Kind vorhanden, so ist das Enkelkind anspruchsberechtigt, das die Kosten der Bestattung ganz oder teilweise bestritten hat.

..."

II.2. Die Beschwerde wirft dem angefochtenen Bescheid vor, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 PG für einen Versorgungsanspruch in keiner Weise erörtert zu haben.

Dem ist Folgendes entgegen zu halten:

Der im gegenständlichen Verfahren ergangene erstinstanzliche Bescheid des Bundespensionsamtes vom 26. Mai 2003 spricht - wie sich aus der eindeutigen Formulierung des Spruches ebenso wie aus der Begründung ergibt - ausschließlich über den Anspruch auf Witwenversorgungsgenuss nach § 14 Abs. 1 PG und den Anspruch auf Todesfallbeitrag nach § 42 Abs. 1 Z. 1 PG ab, nicht aber über den Versorgungsanspruch eines früheren Ehegatten nach § 19 PG. Der von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde nunmehr geltend gemachte Versorgungsanspruch des früheren Ehegatten nach § 19 PG war somit nicht Gegenstand dieses erstinstanzlichen Bescheides.

Beizufügen ist, dass der vom Bundespensionsamt in dieser Form getroffene Abspruch zu Recht erfolgte: Mag auch der ursprüngliche Antrag der Beschwerdeführerin auf "Witwenpension" infolge Rechtsunkenntnis untechnisch formuliert gewesen sein und daher der Sache nach auch einen allfälligen Versorgungsanspruch eines früheren Ehegatten mitumfassen, wurde in dem folgenden Schreiben des Bundespensionsamtes an die Beschwerdeführerin deutlich dargelegt, dass für einen Anspruch auf Witwenversorgung bzw. Todesfallbeitrag einerseits und dem Versorgungsanspruch eines früheren Ehegatten anderseits unterschiedliche Anspruchsvoraussetzungen bestehen und insbesondere im Schreiben vom 18. April 2003 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin infolge der vor dem Tod ihres früheren Ehegatten erfolgten Scheidung nicht mehr einen Anspruch auf Witwenversorgung bzw. Todesfallbeitrag haben könne. In diesem Schreiben wurde die Beschwerdeführerin ausdrücklich aufgefordert, bekannt zu geben, ob sie diesbezüglich eine bescheidmäßige Erledigung wünsche. Im Übrigen wurde darin auf die Anspruchsvoraussetzungen für einen Versorgungsanspruch des früheren Ehegatten nach § 19 PG hingewiesen, ohne dass jedoch eine vergleichbare Aufforderung erfolgte, einen diesbezüglichen Wunsch auf Bescheiderlassung bekannt zu geben. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf dieses Schreiben des Bundespensionsamtes ersuchte der für die Beschwerdeführerin einschreitende Rechtsvertreter mit Eingabe vom 16. Mai 2003 ausdrücklich, "den Bescheid entsprechend auszufertigen".

Angesichts dieser Sachlage kann dem Bundespensionsamt und der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie das durch den Rechtsvertreter eingebrachte Begehren vom 16. Mai 2003 dahin verstehen, dass damit die Erlassung des im Schreiben des Bundespensionsamtes vom 18. April 2003 in Aussicht gestellten Bescheides über den Anspruch auf Witwenversorgung bzw. Todesfallbeitrag begehrt wurde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1994, Zl. 93/10/0192, vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/03/0310, und vom 6. November 2001, Zl. 97/18/0160) sind nämlich Parteienerklärungen im Verfahren ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen; es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Angesichts des Zusammenhanges zwischen dem Schreiben des Bundespensionsamtes vom 18. April 2003 - in dem ausdrücklich nur ein Bescheid über den Anspruch auf Witwenversorgung bzw. Todesfallbeitrag in Aussicht gestellt und um Bekanntgabe eines diesbezüglichen Bescheidwunsches ersucht wurde - und der ausdrücklich auf dieses Schreiben bezugnehmenden Eingabe des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin in der dieser darum ersuchte, den "Bescheid entsprechend auszufertigen", kann der so formulierten Eingabe eines berufsmäßigen Rechtsvertreters bei verständiger Würdigung keine andere Bedeutung beigemessen werden, als dass er damit genau jene Bekanntgabe vornimmt, um die im Schreiben des Bundespensionsamtes gebeten worden war. Dafür, dass darüber hinaus auch ein Abspruch über einen Versorgungsanspruch der Beschwerdeführerin als frühere Ehegattin begehrt worden wäre, enthält diese Eingabe keine Anhaltspunkte. Hätte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin auch einen Abspruch über ihren Anspruch als frühere Ehegattin nach § 19 PG begehrt, hätte er dies durch eine entsprechende (klare) Erklärung zum Ausdruck bringen müssen.

Da sich der erstinstanzliche Bescheid des Bundespensionsamtes auf einen Abspruch über den Anspruch auf Witwenversorgung bzw. Todesfallbeitrag nach den § 14 bzw. § 42 PG beschränkt, war es der belangten Behörde als Berufungsbehörde verwehrt, darüber hinaus auch über einen Versorgungsanspruch nach § 19 PG abzusprechen. "Sache" des Berufungsverfahrens im Sinne des auch im Dienstrechtsverfahren anzuwendenden § 66 Abs. 4 AVG ist nämlich lediglich die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches der Behörde erster Instanz gebildet hat. Entscheidet eine Behörde zweiter Instanz in einer Angelegenheit, die nicht Gegenstand der Entscheidung der Behörde erster Instanz gewesen ist, so fällt eine solche Entscheidung nicht in ihre funktionelle Zuständigkeit, womit der Berufungsbescheid insofern mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit belastet würde (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. Juli 2001, Zl. 97/21/0647, vom 29. April 2002, Zl. 2000/03/0031, und vom 19. Februar 2003, Zl. 99/08/0146).

Der von der Beschwerde gewünschte Abspruch über den Versorgungsanspruch nach § 19 PG hätte aber eine andere Sache als jene betroffen, über die der erstinstanzliche Bescheid des Bundespensionsamtes abgesprochen hatte; dies folgt schon daraus, dass die Anspruchsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Witwenversorgung bzw. Todesfallbeitrag nach den §§ 14 bzw. 42 PG einerseits und jene für einen Versorgungsanspruch eines früheren Ehegatten nach § 19 PG sich voneinander unterscheiden, sodass die Anwendung der letztgenannten Vorschrift die Feststellung eines nicht zum Gegenstand des Bescheides der ersten Instanz gehörenden Sachverhaltes erfordern würde. Der von der Beschwerde gewünschte Abspruch über Ansprüche nach § 19 PG hätte daher nicht lediglich eine - nach § 66 Abs. 4 AVG zulässige - rechtlich andere Beurteilung des von der erstinstanzlichen Behörde festgestellten Sachverhaltes erfordert, sondern die Ermittlung weitergehender und anderer Anspruchsgrundlagen. Mit einer solchen Entscheidung hätte die belangte Behörde jedoch den zulässigen Gegenstand ihres Berufungsverfahrens überschritten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl. 93/10/0128 = VwSlg. 14.346/A). Die belangte Behörde hat sich daher zu Recht darauf beschränkt, über die Ansprüche nach § 14 bzw. § 42 PG abzusprechen, die schon Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens waren.

Die damit bestätigte Abweisung der Anträge der Beschwerdeführerin auf Witwenversorgung bzw. Todesfallbeitrag erfolgte zu Recht: Nach dem insofern eindeutigen Wortlaut der Legaldefinition des § 1 Abs. 4 PG ist als überlebender Ehegatte nämlich nur anzusehen, wer im Zeitpunkt des Todes des Beamten mit diesem in aufrechter Ehe verheiratet ist. Nur dieser überlebender Ehegatte hat nach § 14 Abs. 1 PG Anspruch auf Witwenversorgung und nach § 42 Abs. 1 Z. 1 PG Anspruch auf Todesfallbeitrag. Die Eigenschaft eines überlebenden Ehegatten kam der Beschwerdeführerin jedoch infolge der vor dem Tod des Beamten erfolgten rechtskräftigen Scheidung von diesem nicht mehr zu. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführerin diese Ansprüche nicht zukommen, erfolgten daher zu Recht.

Die Beschwerdeführerin wurde durch diesen Bescheid aber auch nicht in ihrem in der nun vorliegenden Beschwerde geltend gemachten Recht auf Versorgungsanspruch nach § 19 PG verletzt, weil weder der erstinstanzliche Bescheid noch der angefochtene Bescheid über diesen Anspruch abgesprochen haben. Beizufügen ist, dass der angefochtene Bescheid damit auch einem Abspruch über einen Versorgungsabspruch nach § 19 PG nicht entgegensteht; der diesbezügliche ursprüngliche Antrag der Beschwerdeführerin vom 12. Februar 2003 ist - soweit er sich auch auf Ansprüche nach § 19 PG bezieht - noch immer offen und wurde nach den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Informationen bislang entgegen der Weisung des Bundesministers für Finanzen vom 25. Juli 2003 von der erstinstanzlichen Behörde bislang keiner Erledigung zugeführt.

Nach dem Vorgesagten war die Beschwerde somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

III. Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 17. Oktober 2008

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005120093.X00

Im RIS seit

13.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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