TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/23 2005/03/0192

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Veröffentlicht am 23.10.2008
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §58 Abs2;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1 ;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des W L in W, vertreten durch Dipl.- Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 1. August 2005, Zl. SD 194/04, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 des Waffengesetzes 1996 - WaffG, BGBl I Nr 12/1997, der ihm am 29. Mai 1972 ausgestellte Waffenpass mit der Nummer 044238 entzogen.

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Am 26. Mai 2000 sei in dem vom Beschwerdeführer bewohnten Haus bei einer polizeilichen Amtshandlung eine verbotene Waffe (Pump-Gun) sowie ein halbautomatisches Gewehr "Bullpup Stocks" im Erdgeschoss des Hauses in einer Mauernische hinter einem Wandschrank vorgefunden worden. Der Beschwerdeführer habe geltend gemacht, dass die Pump-Gun (Waffe der Kategorie A) von seiner verstorbenen Gattin angeschafft worden und nach deren Tod in Vergessenheit geraten wäre. Das (umgebaute) halbautomatische Gewehr sei im Wohnzimmer in einer Sporttasche vorgefunden worden. Es sei vom Beschwerdeführer angeschafft worden, dieser habe für den Besitz dieser Waffe keine Berechtigung besessen. In der mit ihm aufgenommenen Niederschrift am 26. Mai 2000 habe er angegeben, nach dem Tod seiner ersten Ehefrau bei seiner nunmehrigen Ehefrau (die er im Oktober 1999 geheiratet habe) gewohnt zu haben. Seit dem 1. März 2000 würde er mit seiner Ehefrau in dem besagten Haus wohnen. Ihm wäre bekannt gewesen, dass seine verstorbene Ehefrau die Pump-Gun besessen habe, er hätte es allerdings verabsäumt, diese in die Aufstellung des Nachlasses aufzunehmen. Er hätte den Besitz dieser Waffe auch nicht gemeldet, weil ihm bis zur Amtshandlung die Meldepflicht nicht bekannt gewesen wäre. Letzteres würde auch für das halbautomatische Gewehr gelten. Auf Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wien wegen unbefugten Waffenbesitzes nach § 50 des WaffG sei das Verfahren gegen Leistung eines Geldbetrages von EUR 520,-- seitens des Beschwerdeführers mittels Diversion beendet worden.

Die bei der in Rede stehenden polizeilichen Amtshandlung vorgefundene Aufbewahrungsart der vom Beschwerdeführer besessenen Waffen (nach dem WaffG gelte auch die Innehabung von Waffen als Besitz) sei nicht ordnungsgemäß iSd § 8 Abs 1 WaffG gewesen. Durch die genannte Bestimmung sollten Waffen gegen den Zugriff von Personen, die keine Waffenberechtigung nach dem Gesetz besitzen, geschützt werden. Die Verpflichtung zur sorgfältigen Verwahrung von Waffen gelte grundsätzlich und rechtlich uneingeschränkt auch im Verhältnis zum Ehepartner, wobei keine überspitzten Anforderungen zu stellen seien und darauf abzustellen sei, ob dieser zu jeder Zeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang hätte. Es sei grundsätzlich auch gegenüber einem Ehegatten geboten, die Waffe versperrt zu verwahren, um dem Begriff der sorgfältigen Verwahrung zu entsprechen.

Wenn in der Berufung geltend gemacht werde, die Polizeibeamten hätten (gemeint offenbar: in ihrem Bericht vom 26. Mai 2000) von einer "erschwerten Durchsuchung" gesprochen und die Pump-Gun in einer Mauernische erst nach geraumer Zeit hinter einen Wandschrank vorgefunden, weshalb ein guter Schutz vor Aneignung oder unbefugter Verwendung und daher deren sichere Verwahrung gegeben gewesen wäre, und laut diesem Bericht zudem die Sporttasche mit dem halbautomatischen Gewehr versteckt gewesen wäre und erst nach längerem Durchsuchen hätte gefunden werden können, so erweise sich dieses Vorbringen als unzutreffend. Aus dem genannten Bericht der Polizeibeamten ergebe sich, dass die durchsuchten Räumlichkeiten teilweise mit zahlreichen Pappkartons angeräumt gewesen seien, welche mit Kleidungsstücken und anderen Utensilien angefüllt gewesen seien. Die Räumlichkeiten seien auch mit diversem Hausrat angeräumt gewesen, was die Durchsuchung erschwert hätte. Von der Ehefrau des Beschwerdeführers wäre angemerkt worden, dass sie erst vor einigen Monaten dort eingezogen und die Schachteln daher noch nicht ausgeräumt worden wären. Dass aus diesem Bericht zu entnehmen wäre, dass beide Waffen "gut versteckt" und sohin ordnungsgemäß verwahrt worden wären, erweise sich daher als unzutreffend. Dass herumstehende Pappkartons und Hausrat die Hausdurchsuchung (im Allgemeinen) erschwert hätten, lasse keine Rückschlüsse auf die Qualität der Verwahrung der Waffen zu. Vielmehr seien beide Waffen von einem Polizeibeamten vorgefunden worden, ohne dass ein Hindernis hätte überwunden werden müssen. Dass die Waffen versperrt aufbewahrt gewesen wären, sei vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden und würde auch der Aktenlage nicht entsprechen. Im Schriftsatz vom 9. Juni 2000 habe der Beschwerdeführer vielmehr sogar angegeben, die Pump-Gun wäre "völlig unbenützt und verstaubt in der Wohnung" gelegen. Solcherart hätte der Beschwerdeführer jedoch damit rechnen müssen, dass seine nunmehrige Ehefrau (die nicht im Besitz einer waffenrechtlichen Urkunde gewesen sei) eine der Waffen zufällig finde (wie zB beim Ausräumen der Übersiedlungskartons). In seiner niederschriftlichen Einvernahme habe der Beschwerdeführer darüber hinaus noch angegeben, das halbautomatische Gewehr zur Dekoration an die Wand zu hängen beabsichtigt zu haben.

Habe sich der Besitzer einer Waffe bei deren Verwahrung als nicht ausreichend sorgfältig gezeigt, gebe er damit zu erkennen, dass ihm die besondere Gefährlichkeit einer Waffe - wenn sie in die Hände Unbefugter gelange - nicht bewusst sei, was in der Regel berechtigte Zweifel an der Verlässlichkeit rechtfertige. Bei der Wertung einer Person als verlässlich im Sinn des WaffG sei ihre gesamte Geisteshaltung ins Auge zu fassen, weil der Begriff der Verlässlichkeit ein Ausdruck ihrer Wesenheit, nicht aber ein Werturteil über ihr Tun und Lassen im Einzelfall sei. Bestimmte Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften einer Person rechtfertigten demnach (aber) durchaus die Folgerung, dass die vom WaffG geforderte Verlässlichkeit nicht (mehr) gewährleistet sei. Bei einer Verhaltensweise des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde, die den strengen Sorgfaltsmaßstäben des WaffG nicht entspreche, handle es sich um eine Tatsache, die die im § 8 Abs 1 Z 1 bis 3 WaffG normierte Annahme rechtfertige. Im konkreten Fall trete zur keinesfalls sorgfältigen Verwahrung (entgegen der diesbezüglichen Behauptung des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 19. Dezember 2003) hinzu, dass es der Beschwerdeführer nicht nur verabsäumt bzw unterlassen habe, die Pump-Gun seiner verstorbenen Ehefrau in den Nachlass aufzunehmen, sondern auch seiner Meldepflicht bezüglich des halbautomatischen Gewehrs nicht nachgekommen sei, dieses sohin unrechtmäßig besessen und sogar beabsichtigt habe, dieses zur Dekoration an die Wand zu hängen. Vom Besitzer einer waffenrechtlichen Urkunde müsse jedoch ein Wissen um die einschlägigen Rechtsvorschriften ebenso vorausgesetzt werden wie das Wissen um das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Verwahrung von Waffen. Dass an die Verwahrung "bis zum Inkrafttreten der 2. WaffV mit 12. 09. 1998 keine besonderen Anforderungen gestellt wurden" erweise sich als unzutreffend, wie sich aus § 6 Abs 1 Z 2 des Waffengesetzes 1986 und der dazu umfangreich ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ergebe. Auf Grund der genannten Umstände sei im Beschwerdefall die in § 8 Abs 1 Z 2 WaffG normierte Annahme gerechtfertigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Vorlage einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird. Gemäß § 3 Abs 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn der Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelungen des WaffenG bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass waffenrechtliche Urkunden insbesondere dann zu entziehen sind, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 27. Juni 2007, Zl 2007/03/0088).

Die Pflicht zur sorgfältigen Verwahrung der Waffen besteht auch gegenüber dem im gleichen Haushalt lebenden Ehegatten. Der Inhaber eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte erfüllt seine Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung gegenüber Personen im privaten Nahebereich nicht, wenn diese Personen zur Waffe jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang haben. Daher erfordert die sorgfältige Verwahrung im Sinne des Gesetzes grundsätzlich auch gegenüber einem Ehegatten, die Waffe versperrt zu verwahren, wobei in Bezug auf Personen im privaten Nahbereich des Berechtigten die Anlegung eines überspitzten Maßstabes für die erforderliche Sicherung der Waffe gegen einen möglichen Zugriff aber nicht in Betracht kommt (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Juli 2002, Zl 99/20/0043).

Der Beschwerdeführer stellt die im angefochtenen Bescheid festgestellten Umstände betreffend das Auffinden des halbautomatischen Gewehrs - das in einer Sporttasche im Wohnzimmer untergebracht war - nicht in Abrede. Selbst wenn man sich davon leiten lässt, dass diese Sporttasche (wie vom Beschwerdeführer unter Hinweis auf sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren dargestellt) "gut versteckt und zwar hinter einer schweren Bank" gewesen sei und dass diese "von den einschreitenden Beamten erst nach längerem - professionellem - Durchsuchen" habe gefunden werden können, gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde zu erschüttern. Von einer sorgfältigen Verwahrung kann nämlich nicht gesprochen werden, wenn die - unstrittig keine waffenrechtliche Urkunde besitzende - Ehefrau des Beschwerdeführers in einer (ebenfalls unstrittig) teilweise mit Pappkartons mit Übersiedlungsgut angeräumten Räumlichkeit auf die besagte Sporttasche jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses (etwa bei der nach den geschilderten Verhältnissen zu erwartenden Suche nach übersiedelten Gegenständen) Zugang hat. Dass bei der in Rede stehenden Amtshandlung die Sporttasche erst nach längerem Durchsuchen gefunden wurde, vermag am Vorgesagten nichts zu ändern. Das schon solcherart manifestierte Fehlen der Verlässlichkeit iSd § 8 Abs 1 Z 2 WaffG wird noch dadurch unterstrichen, dass der Beschwerdeführer - wie er in der Beschwerde auch einräumt - als Inhaber eines Waffenpasses das besagte halbautomatische Gewehr unbefugt (auch wenn er meint: bloß fahrlässig unbefugt) besaß, wobei sein Verstoß gegen seine Meldepflicht nach § 58 Abs 2 WaffG (danach hätte eine Meldung bis zum 30. Juni 1998 erfolgen müssen) keineswegs nur kurze Zeit dauerte. Angesichts des somit massiv dokumentierten Fehlens seiner waffenrechtlichen Verlässlichkeit ist für den Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, die in Rede stehende Amtshandlung liege schon lange zurück, er habe sich seither wohlverhalten und es sei beim Beschwerdeführer ein Gesinnungswandel eingetreten, nichts zu gewinnen, wobei in der Beschwerde konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Gesinnungswandel eingetreten wäre, nicht dargetan werden. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass seines Erachtens das "Verstecken" einer Waffe unter spezifischen Umständen eine "bessere Verwahrung" darstellen könnte als das Versperren der Waffe in einem Schrank, vermag an der vorstehenden Beurteilung nichts zu ändern. Vor dem Hintergrund ist es entbehrlich, auf das (eingehende) Vorbringen der Beschwerde zur Frage der Verwahrung der im angefochtenen Bescheid genannten Pump-Gun einzugehen.

Der angefochtene Bescheid hat den Beschwerdeführer daher zu Recht als nicht (mehr) verlässlich iSd § 8 Abs 1 Z 2 WaffG qualifiziert, sodass die gegen die Entziehung des Waffenpasses gerichtete Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 23. Oktober 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005030192.X00

Im RIS seit

19.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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