TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/23 2008/21/0325

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Veröffentlicht am 23.10.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §58 Abs2;
FrPolG 2005 §67 Abs1;
FrPolG 2005 §86 Abs3;
FrPolG 2005 §87;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des DM in H, geboren 1986, vertreten durch Dr. Christian Falkner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Hauptplatz 17, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Leoben vom 14. Februar 2008, Zl. 1- 1002893/Fr/08, betreffend Aufenthaltsverbot und Versagung eines Durchsetzungsaufschubes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung (Versagung eines Durchsetzungsaufschubes) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 86 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot und schloss gemäß § 64 FPG die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid aus. Weiters sprach sie aus, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 86 Abs. 3 FPG von Amts wegen kein Durchsetzungsaufschub erteilt werde.

Die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes begründete die belangte Behörde wie folgt:

"EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen zu denen gemäß § 87 iVm. § 86 Abs. 1 FPG Familienangehörige von Österreicher zählen, ist bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder nationalen Sicherheit erforderlich.

Nach Ansicht der Behörde würde Ihr weiterer Verbleib im Bundesgebiet aufgrund der durch Ihr angeführtes Verhalten - Urheberschaft an massiven Eingriffen in fremdes Vermögen durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben - gezeigten negativen Einstellung zu den maßgeblichen Rechtsvorschriften der Republik Österreich in hohem Maße eine Störung der öffentlichen Ordnung hervorrufen, zumal diese Rechtsvorschriften auch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zum Ziel haben. Im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung war Ihnen daher kein Durchsetzungsaufschub zu erteilen."

Gegen das Aufenthaltsverbot erhob der Beschwerdeführer Berufung, gegen die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde über diese Beschwerde erwogen:

Gemäß § 86 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise des Fremden wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Der Beschwerdeführer ist rumänischer Staatsangehöriger und damit EWR-Bürger. Nach der eben wiedergegebenen Vorschrift wäre ihm daher grundsätzlich ein einmonatiger Durchsetzungsaufschub zu gewähren gewesen, wovon nur ausnahmsweise unter der in § 86 Abs. 3 FPG genannten Voraussetzung Abstand hätte genommen werden dürfen. Dabei wäre im konkreten Fall darauf Bedacht zu nehmen gewesen, dass sich der Beschwerdeführer - voraussichtlich noch für längere Zeit - in Strafhaft befindet, sodass der Eintritt der Durchsetzbarkeit des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG vorerst für die Dauer des Freiheitsentzuges aufgeschoben ist. Die Frage nach der Gewährung eines Durchsetzungsaufschubes und danach, ob es allenfalls im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit der sofortigen Ausreise des Beschwerdeführers bedürfe, wäre daher bezogen auf den Zeitpunkt der Entlassung aus der Strafhaft zu beantworten gewesen. Dem bekämpften Bescheid lässt sich indes nicht ansatzweise entnehmen, dass dieser Beurteilungszeitpunkt in den Blick genommen worden wäre und dass Überlegungen dahingehend angestellt worden wären, weshalb ein auch nur einmonatiger weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach seiner in der Zukunft liegenden Enthaftung untragbar sein sollte. Der bekämpfte Bescheid enthält im gegebenen Zusammenhang vielmehr überhaupt keine Begründung dafür, weshalb die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Sinn des § 86 Abs. 3 FPG geboten sein solle und spricht nur undifferenziert davon, dass sein weiterer Verbleib im Bundesgebiet in hohem Maße eine Störung der öffentlichen Ordnung hervorrufen würde. Die allgemein auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung Bezug nehmenden Überlegungen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes anzustellen sind, vermögen die Begründung für die Versagung eines Durchsetzungsaufschubes jedoch keinesfalls zu ersetzen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 2007, Zl. 2007/21/0034, und vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0149).

Angesichts der dargestellten Begründungsmängel war der angefochtene Bescheid - im Umfang seiner Anfechtung - gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 23. Oktober 2008

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelBegründung BegründungsmangelBesondere RechtsgebieteMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Rechtsverletzung des Beschwerdeführers Beschwerdelegitimation bejahtIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2008210325.X00

Im RIS seit

28.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

13.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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