TE Vwgh Erkenntnis 2008/10/23 2005/03/0218

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Veröffentlicht am 23.10.2008
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Index

41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §22 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des Ing. K S in W, vertreten durch Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. August 2005, Zl SD 1309/05, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses für zwei genehmigungspflichtige Schusswaffen gemäß § 21 Abs 2 in Verbindung mit § 22 Abs 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl Nr 12/1997 (WaffG), abgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe seinen Bedarf zum Führen einer Waffe damit begründet, dass er als selbständiger Gewerbetreibender Bargeldtransporte in teilweise abgelegenen Gegenden Österreichs und oft auch in den Abend- und Nachtstunden durchzuführen habe. Eine Möglichkeit, diese Bargeldtransporte durch Überweisungen zu ersetzen, bestünde nach den Angaben des Beschwerdeführers nicht, weil seine Kunden zumeist in bar zahlten und er froh sein müsse, zahlungswillige Kunden zu haben. Da sein Unternehmen expandiere, sei für die Zukunft mit gesteigerten Bargeldzahlungen zu rechnen.

Die belangte Behörde führte dazu aus, dass von einem Bedarf zum Führen von Faustfeuerwaffen nur dann gesprochen werden könne, wenn die dem Betroffenen drohenden Gefahren das Ausmaß der für jedermann bestehenden Gefahren erheblich überstiegen. Wenn auch bei der Beurteilung der Erheblichkeit kein überspitzter Maßstab anzulegen sei, müsse doch für die Annahme des Bedarfs konkret eine Gefahrenlage gefordert werden, die sich nicht nur nach dem subjektiven Empfinden des Antragstellers, sondern objektiv von dem für jedermann bestehenden Sicherheitsrisiko deutlich abhebe.

Der Beschwerdeführer habe für den Zeitraum vom 11. März bis 1. Juli 2005 insgesamt vier Einzahlungs-Übernahmsbestätigungen einer Bank über Beträge zwischen EUR 3.000,-- und EUR 9.900,-- vorgelegt, aus denen weder der Rechtsgrund der Zahlung noch die Person des Einzahlers oder sonstige für das Verfahren relevante Umstände hervorgingen. Der Beschwerdeführer habe auch nicht angegeben, zu welchen konkreten Tages- bzw Nachtzeiten und an welchen Örtlichkeiten, etwa mit besonders erhöhter Gefahrenlage, die von ihm als relevant angesehenen Barzahlungen erfolgt seien, auch nicht, welche Höhe sie im Einzelfall erreicht hätten. Da es aber Sache des Waffenpasswerbers sei, das Vorliegen des Bedarfs zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen schlüssig nachzuweisen und bloße Befürchtungen einer möglichen Bedrohung zur Darlegung einer Gefährdung nicht ausreichten, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer einen Bedarf nachgewiesen habe.

Angesichts des Fehlens maßgeblicher Anhaltspunkte für das Vorliegen des behaupteten Bedarfs und des Mangels besonders berücksichtigungswürdiger Umstände habe die gemäß § 10 WaffG durchzuführende Interessenabwägung zwischen den vom Beschwerdeführer nur "rudimentär glaubhaft gemachten privaten Rechten und Interessen" einerseits und den öffentlichen Interessen an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausfallen müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Waffengesetzes 1996 (WaffG), BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 57/2001, lauten:

"Ermessen

§ 10. Bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen sind private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.

...

Ausstellung von Waffenbesitzkarte und Waffenpaß

§ 21. ...

(2) Die Behörde hat verläßlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schußwaffen nachweisen, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

...

Rechtfertigung und Bedarf

§ 22. ...

(2) Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 2 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, daß er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann."

§ 6 der zweiten Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Durchführung des Waffengesetzes (2. WaffV), BGBl II Nr 313/1998, lautet:

"Ermessen bei der Ausstellung von Waffenpässen

§ 6. Das der Behörde in § 21 Abs. 2 Waffengesetz eingeräumte Ermessen darf nur im Rahmen privater Interessen geübt werden, die einem Bedarf (§ 22 Abs. 2 WaffG) nahe kommen."

2. Ausgehend von dieser Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl das hg Erkenntnis vom 28. März 2006, Zl 2005/03/0038, mwN).

Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann; zum anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (vgl das hg Erkenntnis vom 23. April 2008, Zl 2006/03/0171, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in einer Vielzahl von Erkenntnissen dargelegt, dass die Durchführung von Geldtransporten - auch in den Abendstunden - und selbst das Mitführen sehr hoher Geldbeträge nicht schon an sich eine solche Gefahr darstellt (vgl das hg Erkenntnis vom 29. Jänner 2007, Zl 2005/03/0021, mwN).

3. Der Beschwerdeführer räumt ein, dass zwar der Transport auch höherer Geldbeträge allein nicht für die Begründung eines Bedarfs ausreiche, jedoch bei Zusammentreffen mehrerer Momente im Zusammenhang mit dem regelmäßigen Transport größerer Geldbeträge dieser in ihrer Gesamtheit zur Annahme ausreichen können, dass besondere Gefahren vorlägen. Er habe bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht, dass die von ihm durchgeführten Bargeldtransporte regelmäßig erfolgten, teilweise höhere Geldbeträge beträfen und auch zur Nachtzeit durchgeführt würden, sowie dass eine Substitution etwa durch Banküberweisungen nicht möglich sei.

Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer mit der Berufung für den Zeitraum vom 11. März 2005 bis 1. Juli 2005 Einzahlungsbelege über Bareinzahlungen von Beträgen von EUR 3.500,--, EUR 3.000,--, EUR 5.000,-- und EUR 9.900,--, insgesamt also EUR 21.400,--, vorgelegt hat. Er hat nicht vorgebracht, im genannten Zeitraum über diese Beträge hinaus weitere Bargeldeinzahlungen durchgeführt zu haben.

Selbst wenn man entsprechend dem Vorbringen des Beschwerdeführers davon ausgeht, die Bargeldtransporte erfolgten geradezu "zwangsläufig" (weil ein großer Teil seiner Kunden nur bar zahlen würde) und nicht nur gelegentlich, sondern regelmäßig, wird vom Beschwerdeführer damit doch nur dargetan, dass die von ihm als bedarfsbegründend dargestellte Situation  ("Gefahr") für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse, nicht aber, dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könnte. Eine besondere Gefahrensituation lässt sich aus dem vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringen nicht ableiten.

Die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, die im Wesentlichen rügt, die belangte Behörde habe es unterlassen, ihn als Partei einzuvernehmen, ist schon deshalb unberechtigt, weil der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie das vom Beschwerdeführer erstattete, durch seine Einvernahme zu erweisende Sachvorbringen zur Dartuung eines Bedarfs nicht als ausreichend angesehen hat.

Da ein Bedarf zum Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe vom Beschwerdeführer aus den angeführten Gründen nicht nachgewiesen werden konnte, hatte die Behörde in ihrer den Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses abweisenden Entscheidung auch darzulegen, weshalb sie nicht gemäß § 21 Abs 2 zweiter Satz WaffG von dem ihr durch diese Bestimmung eingeräumten Ermessen zugunsten des Antragstellers Gebrauch gemacht hat. Bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten und dieses nicht im Sinne des Gesetzes geübt hätte.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 23. Oktober 2008

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2005030218.X00

Im RIS seit

19.11.2008

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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