TE Vwgh Erkenntnis 2008/12/17 2004/13/0179

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.2008
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §95 Abs2;
EStG 1988 §95 Abs4 Z3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und den Senatspräsidenten Dr. Hargassner sowie die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der B AG als Rechtsnachfolgerin der C AG in W, vertreten durch Exinger GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1013 Wien, Renngasse 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 20. Jänner 2004, GZ. RV/3945-W/02, betreffend Kapitalertragsteuer u.a. für die Kalendermonate Jänner 1999, März 1999, Juli bis Dezember 1999, Jänner bis April 2000 und Juli 2000,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie die Kapitalertragsteuer für Februar 2000 betrifft, zurückgewiesen; und

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen, somit im Umfang der Haftungsinanspruchnahme für Jänner 1999, März 1999, Juli bis Dezember 1999, Jänner 2000, März 2000, April 2000 und Juli 2000, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20  EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der beschwerdeführenden Partei handelt es sich um ein Kreditinstitut. Strittig ist die Vorschreibung von Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit Nullkuponanleihen.

Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde jeweils getrennte, einzelne Monate betreffende erstinstanzliche Bescheide über die "Heranziehung" des beschwerdeführenden Kreditinstitutes zur "Haftung für Kapitalertragsteuer".

Mit Beschluss vom 29. September 2004, A 2004/0015 bis 0017-1, stellte der Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art 140 Abs. 1 B-VG den Antrag, § 117 BAO in der Fassung des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes, BGBl. I Nr. 97/2002, als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 2. Dezember 2004, G 95/04 u.a., VfSlg.Nr. 17.394, sprach der Verfassungsgerichtshof aus:

"§ 117 des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1961, betreffend allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung - BAO), BGBl. Nr. 194/1961, in der Fassung BGBl. I Nr. 97/2002, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft. Die aufgehobene Vorschrift ist nicht mehr anzuwenden."

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Zurückweisung der Beschwerde:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in Ausführung des Beschwerdepunktes u.a. dadurch in ihren Rechten verletzt, dass sie zur Haftung herangezogen wurde, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren.

Dadurch, dass die belangte Behörde die Kapitalertragsteuer für Februar 2000 mit einem Betrag festsetzte, der unter dem von der Beschwerdeführerin ermittelten liegt, kam es in diesem Kalendermonat zu einer Gutschrift, nicht jedoch zu einem Nachforderungsbetrag, für welchen die Beschwerdeführerin hätte haften können. Demnach konnte die Beschwerdeführerin insoweit im geltend gemachten subjektiven Recht nicht verletzt werden (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 9. Juli 2008, 2004/13/0175, und vom 27. August 2008, 2008/15/0023).

Die Beschwerde war daher - soweit sie die Kapitalertragsteuer für Februar 2000 betrifft - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, was der Gerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

2. Zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides:

Hinsichtlich der Rechtsfrage der Kapitalertragsteuerpflicht für Depotentnahmen gleicht der Beschwerdefall jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2007, 2005/13/0075, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, zu Grunde liegt. In jenem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht erkannt, dass bereits der Wortlaut der Bestimmung des § 95 Abs. 4 Z. 3 EStG 1988, die von der "Meldung des Eintritts von Umständen" spricht, welche die Abzugspflicht beenden oder begründen, mit dem rein faktischen Vorgang einer Depotentnahme nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen ist, entscheidende Bedeutung aber dem Umstand zukommt, dass sich durch eine Depotentnahme allein der Status des Wertpapiers in Bezug auf die Abzugspflicht (anders als bei einer Befreiungserklärung oder Widerrufserklärung oder auch bei einem Wechsel in der persönlichen Steuerpflicht) nicht ändert. Solcherart begründet die Depotentnahme für sich keine Kapitalertragsteuerpflicht.

Der angefochtene Bescheid war demnach im übrigen Umfang seiner Anfechtung schon wegen Verkennung der Rechtslage zur Vorschreibung von Kapitalertragsteuer für Depotentnahmen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben (vgl. für viele auch die hg. Erkenntnisse vom 17. April 2008, 2006/15/0067, und vom 20. Februar 2008, 2005/15/0068, sowie zur maßgebenden Rechtslage das hg. Erkenntnis vom 4. Juni 2008, 2005/13/0061).

Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 17. Dezember 2008

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Finanzverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2004130179.X00

Im RIS seit

05.02.2009

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten