TE Vfgh Beschluss 2004/6/8 B608/03

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Veröffentlicht am 08.06.2004
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Index

L1 Gemeinderecht
L1000 Gemeindeordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Stmk GdO 1967 §43, §44, §45, §47
VfGG §18

Leitsatz

Zurückweisung der Beschwerde einer Gemeinde betreffend ein Elektrizitätswerk mangels innerhalb der Beschwerdefrist gefassten Beschlusses des nach der Steiermärkischen Gemeindeordnung hiefür zuständigen Gemeinderates

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid, der der beschwerdeführenden Gemeinde am 5. März 2003 zugestellt wurde. Die Beschwerde ist mit 15. April 2003 datiert und wurde dem Verfassungsgerichtshof am selben Tag übergeben.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2004 wies der Verfassungsgerichtshof die beschwerdeführende Gemeinde darauf hin, dass gemäß §43 Abs1 Stmk. Gemeindeordnung die Erhebung von Beschwerden nach Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof grundsätzlich in die Kompetenz des Gemeinderates fällt. Die beschwerdeführende Gemeinde wurde gemäß §18 VfGG unter Fristsetzung aufgefordert, den Mangel des Fehlens des Auszuges aus dem Sitzungsprotokoll des zuständigen Gemeindeorganes über die Fassung des entsprechenden Beschlusses zu beheben.

2. Die beschwerdeführende Gemeinde legte innerhalb der gesetzten Frist zum einen ein Schreiben des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde an ihren Rechtsvertreter vor, in dem dieser die Erhebung der vorliegenden Beschwerde "ausdrücklich, rückwirkend auf den Tag der Erhebung der Beschwerde, den 15. April 2003, genehmigt." Zum anderen legte die beschwerdeführende Gemeinde eine "Spezialvollmacht" vom 11. November 2003 vor, mit welcher der Bürgermeister den Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Gemeinde bevollmächtigte, sie ab sofort im anhängigen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu vertreten.

Darüber hinaus führt die beschwerdeführende Gemeinde in derselben Eingabe insbesondere aus:

"Die verfahrensgegenständliche Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid der E-Control GmbH im Zusammenhang mit dem Elektrizitätswerk der Gemeinde Hieflau; die Beschwerde betrifft somit eine Angelegenheit der Verwaltung einer wirtschaftlichen Unternehmung der Gemeinde.

[...] [Daher] kann davon ausgegangen werden, dass die Einbringung der verfahrensgegenständlichen Beschwerde eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung einer wirtschaftlichen Unternehmung im Sinne von §45 Abs1 litc Stmk Gemeindeordnung darstellt und in den Wirkungsbereich des Bürgermeisters fällt. In diesem Sinne hat der Bürgermeister der Gemeinde Hieflau [den Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Gemeinde] vor dem 15.4.2003 mündlich beauftragt und bevollmächtigt, die verfahrensgegenständliche Beschwerde einzubringen. [...]"

3. Die §§43-45 Stmk. Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115/1967 idF. LGBl. 57/2002 (in der Folge: Stmk. GemO), lauten auszugsweise:

"§43

Wirkungskreis des Gemeinderates

(1) Dem Gemeinderat obliegt die Beschlußfassung über alle zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörigen Angelegenheiten, soweit diese nicht gesetzlich ausdrücklich anderen Organen der Gemeinde vorbehalten sind.

(2) Der Gemeinderat kann, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist, das ihm zustehende Beschlußrecht in nachstehenden Angelegenheiten durch Verordnung dem Gemeindevorstand übertragen:

a) [...]

d) das Einschreiten bei Gerichten und Verwaltungsbehörden, sofern dies nicht zur laufenden Verwaltung (§45 Abs2 litc) gehört, die Bestellung von Rechtsvertretern sowie Stellungnahmen im Anhörungsverfahren in bestimmten Angelegenheiten;

e) [...]

§44

Wirkungskreis des Gemeindevorstandes

(1) Dem Gemeindevorstand obliegt:

a) [...]

e) die Verwaltung der öffentlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinde, ausgenommen die laufende Verwaltung (§45 Abs2 litc);

f) [...]

§45

Wirkungskreis des Bürgermeisters

(1) Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde nach außen. [...]

(2) Dem Bürgermeister obliegen:

a) [...]

c) die laufende Verwaltung, insbesondere hinsichtlich des Gemeindeeigentums;

d) [...]"

Schon in seinem Beschluss VfSlg. 14.727/1997 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, die (in den zitierten Bestimmungen bis heute unverändert gebliebene) Stmk. GemO behalte die Erhebung einer Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG gegen den dort angefochtenen Bescheid dem Gemeinderat vor. Für eine Beschwerde gegen den hier angefochtenen Bescheid gilt im Ergebnis nichts anderes, auch wenn er "im Zusammenhang mit dem" - keine selbständige Rechtsperson darstellenden - "Elektrizitätswerk der Gemeinde" ergangen ist. Denn gemäß §43 Abs2 litd Stmk. GemO steht das Beschlussrecht über "das Einschreiten bei Gerichten und Verwaltungsbehörden, sofern dies nicht zur laufenden Verwaltung (§45 Abs2 litc) gehört" und "die Bestellung von Rechtsvertretern [...] in bestimmten Angelegenheiten" dem Gemeinderat zu, wenn es bzw. sie nicht durch Verordnung dem Gemeindevorstand übertragen wurde, was hier nicht geschehen ist. Das Einschreiten beim Verfassungsgerichtshof kann im vorliegenden Fall schon deshalb nicht als "laufende Verwaltung (§45 Abs2 litc)" dem Bürgermeister obliegen, weil hier für die Beschwerdeerhebung gleichzeitig ein Rechtsvertreter in einer bestimmten Angelegenheit bestellt wurde; auf diesen Tatbestand des §43 Abs2 litd Stmk. GemO bezieht sich der einschränkende Hinweis auf die "laufende Verwaltung (§45 Abs2 litc)" dem eindeutigen Wortlaut nach nicht. Auch für eine Subsumierung unter §44 Abs1 lite ("Verwaltung der öffentlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmungen der Gemeinde, ausgenommen die laufende Verwaltung [§45 Abs2 litc]") und damit die Annahme der Zuständigkeit des Gemeindevorstandes ist kein Raum, da §43 Abs2 litd Stmk. GemO die speziellere Regel für Fragen des Einschreitens der Gemeinde bei Gerichten und der Bestellung eines Rechtsvertreters zu diesem Zweck ist.

4. Da somit der Beschwerde kein innerhalb der Beschwerdefrist gefasster Beschluss des hiefür zuständigen Gemeinderates zugrunde liegt, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 13.792/1994, 15.563/1999 mwN).

5. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litc und e VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Energierecht, Elektrizitätswesen, Gemeinderecht, Gemeindevorstand, Vertretung nach außen, VfGH / Legitimation, VfGH / Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:B608.2003

Dokumentnummer

JFT_09959392_03B00608_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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