TE Vfgh Beschluss 2004/6/28 V14/03

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Veröffentlicht am 28.06.2004
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
StVO 1960 §43 Abs1 lita, §52 Z13a, Z13b
Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg als Bezirksverwaltungsbehörde vom 18.12.1996 betreffend Verkehrsbeschränkungen am Flughafen Salzburg

Leitsatz

Zurückweisung des Antrags eines Unabhängigen Verwaltungssenates auf Aufhebung einer Verordnung betreffend Verkehrsbeschränkungen am Flughafen Salzburg mangels Präjudizialität; materielle Derogation der angefochtenen Verordnung durch gleichlautende spätere Verordnung im Tatzeitpunkt bereits erfolgt

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg erließ als Bezirksverwaltungsbehörde mit Verordnung vom 18. Dezember 1996, Zl. 9/03/92345/96/2, kundgemacht durch Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen am 20. Dezember 1996, nachstehende Verkehrsbeschränkung:

"VERORDNUNG

des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg

als Bezirksverwaltungsbehörde

Aufgrund der §§43 Abs1 lita und 55 der Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960 wird vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg als Bezirksverwaltungsbehörde verordnet:

1.

Die Verordnung der Stadtgemeinde Salzburg vom 8.9.1994, Zahl 9/03/59594/94/2, mit der diverse Verkehrsverbote, Verkehrsgebote und Vorrangregelungen erlassen wurden, wird aufgehoben.

2.

Für die Zu- und Abfahrt des Flughafens Salzburg werden gemäß dem einen Bestandteil dieser Verordnung bildenden Beschilderungs- und Bodenmarkierungsplan des Dipl.Ing. Gerd Römer vom 16.12.1996 Verkehrsverbote, Verkehrsgebote und Vorrangregelungen sowie Bodenmarkierungen erlassen.

Diese Verordnung ist gemäß §44 Abs1 StVO 1960 durch Straßenverkehrszeichen sowie gemäß Bodenmarkierungsverordnung 1995 durch Bodenmarkierungen kundzumachen und tritt mit der Anbringung dieser Zeichen in Kraft. Gemäß §32 Abs1 StVO 1960 wird die Salzburger Flughafen Betriebsges.m.b.H. als Straßenerhalter ersucht, die Straßenverkehrszeichen und Bodenmarkierungen laut beiliegendem Plan anzubringen.

Sollte zwecks genauer Festlegung der Anbringungsstelle/n oder der Anbringungsart eine Begehung für notwendig erachtet werden, wird um telefonische Verständigung (...) ersucht.

Für den Bürgermeister:

Der Bürgermeister-Stellvertreter:

Johann Padutsch"

2. Beim Unabhängigen Verwaltungssenat Salzburg (künftig: UVS) ist ein Berufungsverfahren gegen einen Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 27. November 2002, Zl. III/S-28813/ 02, anhängig, mit dem der Berufungswerber gemäß §21 VStG ermahnt wurde, weil er sein Taxifahrzeug mit näher bezeichnetem Kennzeichen am 8. Juni 2002 um 10.52 Uhr in Salzburg am - diesem Bescheid zufolge - ehemaligen Taxistandplatz am Flughafen Salzburg, auf einen nicht festgelegten Standplatz gefahren habe. Da in Salzburg die Standplätze für das Taxigewerbe gemäß §96 Abs4 StVO 1960 festgelegt seien, habe er eine Übertretung des §34 Abs1 Salzburger Taxi-, Mietwagen- und Gästewagen-Betriebsordnung 1994 begangen.

3. Aus Anlass dieses Berufungsverfahrens stellt der UVS gemäß Art139 Abs1 und Abs3 B-VG iVm. Art129a Abs3 und Art89 Abs2 B-VG den Antrag, die Verordnung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg als Bezirksverwaltungsbehörde vom 18. Dezember 1996, Zl. 9/03/92345/96/2, kundgemacht durch Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen am 20. Dezember 1996, als gesetzwidrig aufzuheben.

3.1. Der UVS führt zur Präjudizialität der angefochtenen Verordnung aus, dass die genannte Verordnung zum Tatzeitpunkt und am Tatort in Geltung gestanden und daher in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden sei. Die Fragen, ob die Verordnung von einem unzuständigen Organ, dem Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg als Bezirksverwaltungsbehörde, erlassen wurde bzw. ob sie durch die seit ihrer Erlassung erfolgte Änderung der tatsächlichen Verhältnisse am Tatort gesetzwidrig geworden sei, seien somit Vorfragen nach §57 Abs2 VfGG. Er beantragt, die gesamte Verordnung aufzuheben.

3.2. In der Sache bringt der UVS im Wesentlichen vor:

3.2.1. Mit der Verordnung vom 18. Dezember 1996, die vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg als Bezirksverwaltungsbehörde erlassen wurde, sei für den tatörtlichen Bereich - wie er sich aus dem Beschilderungs- und Bodenmarkierungsplan ergibt - ein Halte- und Parkverbot gemäß §52 Z13a bzw. Z13b StVO 1960 mit dem Zusatz "ausgenommen Taxi" verordnet worden.

3.2.2. Weiters sei am 4. Juni 2002 vor Beginn der mit Verordnung vom 18. Dezember 1996 festgelegten Taxistandplätze eine Schrankenanlage errichtet und die Zufahrtserlaubnis an den Abschluß einer "Gestattungsvereinbarung für den Taxistandplatz Flughafen - Salzburg" gebunden worden. Mit dieser Änderung sei diese (hier) angefochtene Verordnung gesetzwidrig geworden.

4. Der vom Verfassungsgerichtshof zur Äußerung aufgeforderte Bürgermeister der Stadt Salzburg legte die Verwaltungsakten vor und beantragt die Zurückweisung des Antrages mangels Präjudizialität, in eventu seine Abweisung, weil die Vorschriftszeichen nach §52 Z13b StVO 1960 "Halten und Parken verboten" mit den Zusatztafeln "ausgenommen Taxi Anfang" und "ausgenommen Taxi Ende", mit welchen der Taxistand gemäß §96 Abs4 StVO 1960 im Bereich des Flughafen - Abfertigungsgebäude gekennzeichnet war, am 5. Juni 2002 entfernt worden seien.

Der angefochtenen Verordnung sei zum Tatzeitpunkt, 8. Juni 2002, durch die Verordnung vom 27. Mai 2002, Zl. 9/01/34796/2002/003, durch Aufstellen entsprechender Verkehrszeichen am 5. Juni 2002 kundgemacht, "praktisch zur Gänze derogiert [worden]". Der im Strafverfahren als Tatort umschriebene Taxistandplatz sei nun nach der Verordnung vom 27. Mai 2002 dem öffentlichen Verkehr entzogen (§1 Abs2 StVO 1960). Der Antrag des UVS sei mangels Präjudizialität zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.

5. Die Salzburger Landesregierung erstattete eine Äußerung, in welcher sie unter anderem vorab hinweist, dass es durch die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Verordnung in diesem Bereich (gemeint: vor dem Flughafen - Abfertigungsgebäude) keinen verordneten Taxistandplatz mehr gebe. Da sie nur jene Teile des einen Bestandteil der Verordnung bildenden Beschilderungs- und Bodenmarkierungsplan für präjudiziell erachtet, die die Festlegung von Taxistandplätzen betreffen, erweise sich der Prüfungsantrag des UVS als überschießend und sei daher teilweise zurückzuweisen.

II. Entgegen der in der Stellungnahme des UVS vom 4. März 2004 näher dargelegten Auffassung erachtet der Verfassungsgerichtshof den Einwand der Salzburger Landesregierung, dass der angefochtenen Verordnung durch die Verordnung vom 27. Mai 2002 derogiert wurde, als zutreffend. Der Antrag des UVS erweist sich daher mangels Präjudizialität der angefochtenen Verordnung als unzulässig.

1. Der Beschilderungs- und Bodenmarkierungsplan vom 16. Dezember 1996 ist - als Punkt 2. - ein Bestandteil der angefochtenen Verordnung. Die Verkehrssituation am Gelände des Flughafens Salzburg ist damit durch Aufzeichnung aller (für erforderlich erachteten) Verkehrszeichen abschließend geregelt.

Die verordneten Verkehrszeichen und Bodenmarkierungen wurden entsprechend diesem (der Verordnung beiliegenden) Plan angebracht. Die Kundmachung dieser Verordnung erfolgte am 20. Dezember 1996.

Für den im Ausgangsverfahren wesentlichen Bereich der unmittelbar an das Abfertigungsgebäude grenzenden Fahrspur wurde ein Halte- und Parkverbot mit der Zusatztafel "ausgenommen Taxi Anfang" und "ausgenommen Taxi Ende" verordnet und kundgemacht.

2. Mit der Verordnung vom 27. Mai 2002, kundgemacht am 5. Juni 2002, der gleichfalls ein Beschilderungs- und Bodenmarkierungsplan als Bestandteil beiliegt, wurde die gesamte Verkehrssituation auf dem Flughafengelände abschließend neu geregelt. Die Verkehrszeichen "Halten und Parken verboten" mit den Zusatztafeln "ausgenommen Taxi Anfang" und "ausgenommen Taxi Ende", die aufgrund der angefochtenen Verordnung aufgestellt worden waren, wurden am 5. Juni 2002 entfernt, während die der Verordnung vom 27. Mai 2002 entsprechenden Verkehrszeichen aufgestellt worden sind.

3. Da diese beiden Verordnungen jeweils abschließend die Verkehrslage im Zufahrtsbereich des Flughafens Salzburg regeln, geht der Verfassungsgerichtshof aufgrund der vorliegenden Identität des Regelungsgegenstandes und zumal nichts gegen die Annahme spricht, dass eine Derogation vom Verordnungsgeber beabsichtigt ist, davon aus, dass die Verordnung vom 27. Mai 2002 der älteren (angefochtenen) Verordnung materiell derogiert hat (so auch Aichlreiter, S 1143ff, Österreichisches Verordnungsrecht, Band II, 1988; Raschauer, Rz 528, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1998). Da die Verordnung vom 27. Mai 2002 am 5. Juni 2002 nachweislich kundgemacht wurde, stand sie zum Tatzeitpunkt, 8. Juni 2002, bereits in Geltung und der UVS hätte diese (und nicht die angefochtene Verordnung) anzuwenden gehabt.

Der Antrag ist daher mangels Präjudizialität zurückzuweisen.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefällt werden.

Schlagworte

Derogation materielle, Verordnung, Straßenpolizei, Bodenmarkierungen, Straßenverkehrszeichen, Verkehrsbeschränkungen, Halte(Park-)Verbot, VfGH / Präjudizialität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:V14.2003

Dokumentnummer

JFT_09959372_03V00014_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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