RS Vfgh 1989/12/15 B939/89

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Veröffentlicht am 15.12.1989
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt / Willkür keine
B-VG Art18 Abs2 / Verordnung Inhalt gesetzmäßig
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
MRK Art6 / Verfahrensgarantien
GO des Disziplinarsenates der Rechtsanwaltskammer für Salzburg §18 Abs2
RL-BA 1977 §18
DSt 1872 §29 Abs3
DSt 1872 §48 Abs2

Leitsatz

Keine Bedenken gegen §18 Abs2 der Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer für Salzburg betreffend Ausnahmen von der Akteneinsicht im Disziplinarverfahren; Androhung einer Disziplinaranzeige gegen eine Kollegin; keine denkunmögliche oder willkürliche Annahme eines Verstoßes gegen Standespflichten

Rechtssatz

Bei der Geschäftsordnung des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer für Salzburg handelt es sich um eine Regelung, der Verordnungscharakter iS des Art139 Abs1 B-VG zukommt. Beim Bericht des Untersuchungskommissärs handelt es sich um eine Stellungnahme, die der internen Willensbildung des Disziplinarrates darüber dient, ob Grund zu einer Disziplinarbehandlung gegen einen Rechtsanwalt vorliegt.

Da der Untersuchungskommissär ein Mitglied des Disziplinarrates ist, der an der Entscheidung des Disziplinarrates mitwirkt, und da in seinem Bericht seine Meinung darüber einzufließen hat, was das Ergebnis der Erhebungen ist, die er über Anordnung des Präsidenten des Disziplinarrates gemäß §29 Abs2 DSt durchzuführen hatte und wie weiter vorzugehen ist, würde eine Offenlegung seines Berichtes einer teilweisen Aufdeckung des Beratungsgeheimnisses gleichkommen.

Bedenken gegen diese Regelung bestehen auch nicht aus der Sicht der MRK, da gegen ein verurteilendes Erkenntnis des Disziplinarrates die Berufung an die OBDK offensteht, der Tribunalqualität zukommt und vor der auch sonst die verfahrensrechtlichen Bestimmungen ein dem Art6 MRK entsprechendes Verfahren voll gewährleisten.

Kein in die Verfassungssphäre reichendes Verkennen der Rechtslage.

Bei der Gesellschafterversammlung wurde die Vorsitzende vom Beschwerdeführer in den Streit miteinbezogen, weil er ihr anlastete, daß sie in unzulässiger Weise die Interessen des Streitpartners unterstützt habe. Ging es dabei aber ausschließlich um gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungen und war auch der Streit ausschließlich gesellschaftsrechtlicher Natur, dann kann der belangten Behörde kein Vorwurf der Willkür gemacht werden, wenn sie dem Beschwerdeführer anlastet, er habe gegen §18 RL-BA 1977 verstoßen, weil dieser der Vorsitzenden in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwaltsanwärterin eine Disziplinaranzeige bei der Rechtsanwaltskammer wegen einer von ihm mißbilligten Art der Ausübung des Vorsitzes angedroht habe.

Bei der Geschäftsordnung des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer für Salzburg handelt es sich um eine Regelung, der Verordnungscharakter iS des Art139 Abs1 B-VG zukommt. Beim Bericht des Untersuchungskommissärs handelt es sich um eine Stellungnahme, die der internen Willensbildung des Disziplinarrates darüber dient, ob Grund zu einer Disziplinarbehandlung gegen einen Rechtsanwalt vorliegt.

Keine Gesetzwidrigkeit des §18 Abs2 der GO des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer für Salzburg, mit dem bestimmte Ausnahmen von der Akteneinsicht normiert werden, im Hinblick auf §29 Abs3, §48 Abs2 DSt und Art6 MRK.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Rechtsanwälte Disziplinarrecht, Akteneinsicht, Verordnungsbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B939.1989

Zuletzt aktualisiert am

22.08.2008
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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