RS Vfgh 1992/10/7 B724/92

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Veröffentlicht am 07.10.1992
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
EMRK Art6 Abs1 / Tribunal
EMRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
Tir GVG 1983 §1 Abs1 Z2
Tir GVG 1983 §3 Abs1 lita
Tir GVG 1983 §13
AVG §7
AVG §38
AußStrG §178

Leitsatz

Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Rechtserwerbs wegen Vorliegen eines nichtigen Umgehungsgeschäftes; keine Bedenken gegen präjudizielle Bestimmungen des Tir GVG 1983 hinsichtlich Amtszeit und Widerrufsmöglichkeit der Mitglieder der Landesgrundverkehrsbehörde sowie gegen das Fehlen eines Rechtes auf Ablehnung befangener Behördenmitglieder; keine Verletzung im Eigentumsrecht

Rechtssatz

Der Verfassungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, hinsichtlich §13 Abs4, Abs7 und Abs12 Tir GVG 1983 idF LGBl. 74/1991 (dreijährige Amtszeit der Mitglieder der Landesgrundverkehrsbehörde sowie Widerrufsmöglichkeit der Bestellung ihrer Mitglieder) ein Gesetzesprüfungsverfahren gemäß Art140 B-VG einzuleiten (vgl. VfSlg. 10639/1985).

Was das Fehlen eines Rechtes der Parteien, befangene Behördenmitglieder im grundverkehrsbehördlichen Verfahren ablehnen zu können, betrifft, so ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, daß dem Grundsatz des fair trial nach dem Art6 Abs1 EMRK dadurch Genüge getan ist, daß nach den auch diesfalls anzuwendenden Bestimmungen des AVG Befangenheitsgründe von Amts wegen wahrzunehmen sind und es jeder Partei offensteht, eine allenfalls von einem befangenen Organ gesetzte Amtshandlung als Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Rechtsmittelweg geltend zu machen.

Ungeachtet einer Amtsbestätigung gemäß §178 AußStrG ist die absolute Nichtigkeit eines Vermächtnisses von Amts wegen wahrzunehmen. Hiezu kommt, daß sich eine derartige Bestätigung ausschließlich auf zivil-, nämlich erbrechtliche Aspekte bezieht, währenddem die im Tir GVG 1983 verankerten grundverkehrsrechtlichen Interessen allein von den Grundverkehrsbehörden in Zusammenwirken mit dem Landesgrundverkehrsreferenten wahrzunehmen sind.

Der belangten Behörde ist bei ihrer Vorfragenbeurteilung kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen. Sie hat aufgrund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und des auf dessen Grundlage ermittelten Sachverhaltes den nicht zu beanstandenden Schluß gezogen, das seinerzeitige Rechtsgeschäft (Vermächtnis zugunsten einer deutschen Staatsangehörigen) sei im Sinne des §879 ABGB als nichtiges Rechtsgeschäft zu werten.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht ihre Zuständigkeit verneint, weil ein Rechtserwerb seitens der Beschwerdeführerin nicht vorliegen kann.

Da ein Bescheid, dem ausschließlich verfahrensrechtliche Wirkung beizumessen ist, den Beschwerdeführer nur in einem formellen, nie aber in einem materiellen Recht, über das gar nicht entschieden wurde, verletzen kann, ist es ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden wäre.

(Ebenso: E v 07.10.92, B725/92).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Kollegialbehörde, Tribunal, Ausländergrunderwerb, Befangenheit, Vorfrage, Umgehungsgeschäft, fair trial

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B724.1992

Dokumentnummer

JFR_10078993_92B00724_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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