TE Vfgh Erkenntnis 2004/10/13 A5/04

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Veröffentlicht am 13.10.2004
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art137 / sonstige zulässige Klagen
B-VG Art137 / sonstige Klagen
AlVG §33, §36
NotstandshilfeV §6
Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19.12.78 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (Gleichbehandlungsrichtlinie bzw Gleichbehandlungs-Richtlinie)

Leitsatz

Abweisung einer Staatshaftungsklage wegen Verlustes der Notstandshilfe aufgrund Anrechnung des Partnereinkommens; kein qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie; keine Vorlagepflicht des Verwaltungsgerichtshofes infolge vertretbarer Rechtsauffassung

Spruch

Das Klagebegehren wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Klägerin begehrt unter dem Titel der so genannten Staatshaftung, den Bund schuldig zu erkennen, ihr für den Verlust der Notstandshilfe und für die Kosten der anwaltlichen Vertretung sowie für sonstige Aufwendungen den Betrag von € 10.029,44 samt Zinsen zu bezahlen. Sie begründet ihr Begehren damit, dass der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 14. Jänner 2004, Zl. 2003/08/0002, einen Schaden in dieser Höhe wegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht verursacht habe.

2. Die Klägerin beantragte - gemäß ihrem Vorbringen - am 20. September 2002 die Gewährung der Notstandshilfe beim Arbeitsmarktservice Freistadt, welches jedoch dem Antrag mangels Notlage mit Bescheid keine Folge gegeben habe. Die mangelnde Notlage sei damit begründet worden, dass der Lebensgefährte der Klägerin über ein entsprechendes Bruttoeinkommen verfüge. Die Berufung gegen den Bescheid des Arbeitsmarkservice Freistadt sei erfolglos geblieben.

Gegen den im Rechtsmittelweg ergangenen Bescheid habe die Klägerin eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung erhoben, dass sie in ihrem Recht auf Erhalt der Notstandshilfe ab 23. September 2002 gemäß §§33 ff. Arbeitslosenversicherungsgesetz verletzt worden sei. Bei Anrechnung des Partnereinkommens auf Grund der überwiegenden Betroffenheit von arbeitslosen Frauen sei eine mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes und damit ein Verstoß gegen Art3 und 4 der Richtlinie 79/7/EWG gegeben. Die Klägerin habe im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ausführlich dargelegt, dass es keine vergleichbare Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden kurz: EuGH) zum gänzlichen Wegfall einer Versicherungsleistung in Folge Anrechnung des Partnereinkommens gebe und in Anbetracht des niedrigen Sockelbetrages sowie der sonstigen Rechtsfolgen des Verlustes der Notstandshilfe, insbesondere der Ersatzzeit der Pensionsversicherung und des Krankenversicherungsschutzes, eine grobe Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorliege. Der Verwaltungsgerichtshof habe dessen ungeachtet die Beschwerde abgewiesen und damit seine Vorlageverpflichtung gemäß Art234 EG verletzt.

3. Der Bund als beklagte Partei bestreitet in seiner Gegenschrift den Sachverhalt nicht, führt aber aus, warum seiner Ansicht nach dem Verwaltungsgerichtshof kein "hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht" vorzuwerfen sei.

II. 1. Gemäß §33 Abs1 und 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609 idF BGBl. I Nr. 77/2004 (im Folgenden kurz: AlVG), kann Arbeitslosen, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft haben, auf Antrag Notstandshilfe gewährt werden, wenn der Arbeitslose der Vermittlung zur Verfügung steht und sich in Notlage befindet. Notlage liegt gemäß §33 Abs3 AlVG vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist. §36 Abs1 AlVG enthält eine Ermächtigung, wonach der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit nach Anhörung der gesetzlichen Interessenvertretungen der Dienstgeber und der Dienstnehmer Richtlinien über das Ausmaß der Notstandshilfe zu erlassen hat. Gemäß §36 Abs3 litB AlVG ist bei der Erlassung der Richtlinien ua. auch die "Berücksichtigung des Einkommens des Ehepartners (des Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin)" zu beachten.

Auf Grund dieser Ermächtigung wurde die Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 10. Juli 1973 betreffend Richtlinien für die Gewährung der Notstandshilfe (Notstandshilfeverordnung) erlassen und mehrfach geändert. Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 14. Jänner 2004 davon aus, dass er die Notstandshilfeverordnung "BGBl. Nr. 352/1973, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 490/2001", insbesondere dessen §6, anzuwenden habe. Diese Bestimmung lautet:

"§6. (1) Bei Heranziehung des Einkommens des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) des (der) Arbeitslosen für die Beurteilung der Notlage ist wie folgt vorzugehen: Von dem Einkommen ist ein Betrag freizulassen, der zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) und der allenfalls von ihm zu versorgenden Familienmitglieder bestimmt ist (Freigrenze). Der die Freigrenze übersteigende Teil des Einkommens ist auf die Notstandshilfe anzurechnen.

(2) Die Freigrenze beträgt pro Monat 430 Euro für den das Einkommen beziehenden Ehepartner (Lebensgefährten bzw. die Lebensgefährtin) und die Hälfte dieses Betrages für jede Person, für deren Unterhalt der Ehepartner (Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin) auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt.

(3) Die Freigrenze beträgt das Doppelte des jeweils maßgeblichen Betrages gemäß Abs2, wenn der Arbeitslose nach dem 50. Lebensjahr einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von 52 Wochen (§18 Abs2 litb Arbeitslosenversicherungsgesetz) oder länger erschöpft hat.

(4) Die Freigrenze beträgt das Dreifache des jeweils maßgeblichen Betrages gemäß Abs2, wenn der Arbeitslose bei Eintritt der Arbeitslosigkeit nach dem 55. Lebensjahr einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von 52 Wochen oder länger erschöpft und auf die Anwartschaft anrechenbare Zeiten (§14 Abs4 AlVG) von mindestens 240 Monaten oder von 1 040 Wochen nachgewiesen hat. Das Gleiche gilt, wenn eine Arbeitslose das 54. Lebensjahr vollendet hat und in den letzten 25 Jahren vor Vollendung des 54. Lebensjahres mindestens 180 Monate arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war.

(5) Die im Abs3 und 4 genannten höheren Freigrenzen sind jeweils nur anzuwenden, wenn das Arbeitsmarktservice dem Arbeitslosen auch unter weitestmöglichem Einsatz von Beihilfen keine zumutbare Beschäftigung vermitteln konnte.

(6) Wenn der Arbeitslose oder sein Ehepartner (Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin) das 50. Lebensjahr vollendet hat und einen Grad der Behinderung von mindestens 50 vH aufweist oder eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit bezieht, so ist in jedem Fall eine Erhöhung der Einkommensgrenzen um 50 vH vorzunehmen; der Nachweis der Behinderung hat gemäß §14 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, zu erfolgen.

(7) Bei der Anrechnung ist §5 Abs1 erster Satz und Abs4 sinngemäß anzuwenden. Bei der Anrechnung von Notstandshilfe als Einkommen ist nur die niedrigere Notstandshilfe auf die höhere Notstandshilfe anzurechnen. Bei der Ermittlung des Einkommens aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit - ausgenommen einem Einkommen aus einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb - ist §5 Abs3 anzuwenden.

(8) Hat der Ehepartner (Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin) ein schwankendes Einkommen, wie zB Akkordverdienste, regelmäßige, aber ungleiche Überstundenleistungen, so ist der Anrechnung jeweils das durchschnittliche Erwerbseinkommen der letzten drei vollen Monate für den Anspruch auf Notstandshilfe für die darauffolgenden 52 Wochen zugrunde zu legen. Zwischenzeitliche Erhöhungen oder Verminderungen des schwankenden Einkommens bewirken keine Änderung der zuerkannten Notstandshilfe. Fällt das schwankende Erwerbseinkommen zur Gänze weg, ist der Anspruch auf Notstandshilfe neu zu bemessen.

(9) Bei der Anwendung des Abs8 ist eine Neubemessung des Anspruches auf Notstandshilfe auf Antrag des Leistungsbeziehers auch dann vorzunehmen, wenn die Methoden der Entgeltfindung geändert werden, zB Übergang von Akkord- zu Prämienentlohnung, oder durch Neubewertung der Entgeltfindung der mittlere Verdienst im Beurteilungszeitraum nach unten absinkt."

2. Die Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (im Folgenden: Gleichbehandlungsrichtlinie), gegen die nach Auffassung der Klägerin das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 2004 verstößt, hat zum Ziel, dass auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit der Grundsatz der Gleichbehandlung schrittweise verwirklicht wird (Art1) und findet auf die "Erwerbsbevölkerung" sowie auf die im Ruhestand befindlichen oder arbeitsunfähigen Arbeitnehmer und Selbständigen Anwendung (Art2). Sie findet auch auf den Fall der Arbeitslosigkeit und auf Sozialhilferegelungen Anwendung (Art3 der Gleichbehandlungsrichtlinie). Art4 Abs1, auf den sich die Klägerin mehrfach beruft, lautet:

"Der Grundsatz der Gleichbehandlung beinhaltet den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, und zwar im Besonderen betreffend:

-

den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen,

-

die Beitragspflicht und die Berechnung der Beiträge,

-

die Berechnung der Leistungen, einschließlich der Zuschläge für den Ehegatten und für unterhaltsberechtigte Personen, sowie die Bedingungen betreffend die Geltungsdauer und die Aufrechterhaltung des Anspruches auf die Leistungen."

III. 1. In ihrer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof stellte die nunmehrige Klägerin ausführlich dar, warum nach ihrer Ansicht die österreichische Rechtslage nicht mit der Gleichbehandlungsrichtlinie vereinbar sei. Der Verwaltungsgerichtshof fasste daraufhin am 19. März 2003 einen Beschluss, in dem die Parteien aufgefordert wurden, sich zu einer Reihe von Fragen zu äußern. Dieser Beschluss, der im Übrigen zu einer Reihe beim Verwaltungsgerichtshof anhängiger Verfahren, darunter auch zum Beschwerdefall der nunmehrigen Klägerin, erging, lautet:

"Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens werden gemäß §41 Abs1 zweiter Satz VwGG aufgefordert, sich zu den im Folgenden dargelegten Gründen zu äußern, von denen der Verwaltungsgerichtshof vorläufig annimmt, dass sie für die Beantwortung der Frage von Bedeutung sein werden, ob die gesetzliche Anordnung der Berücksichtigung des Einkommens des Ehemannes bei Beurteilung der Notlage der im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehefrau im Zusammenhang mit der Gewährung von Notstandshilfe dem Gemeinschaftsrecht entspricht, insbesondere ob darin nicht eine mittelbare Diskriminierung der betroffenen Frauen erblickt werden kann (vgl. die Kundmachung gem. §26a VwGG, BGBl. II Nr. 15/2003):

[...]

2. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vertritt in ständiger Rechtsprechung [vgl. die Urteile vom 4. Dezember 1986, Rs 71/85 ('FNV'), Slg. 1986, 3870, vom 24. März 1987, Rs 286/85 ('McDermott und Cotter'), Slg. 1987, 1463, vom 27. Juni 1987, Rs 384/85 ('Clarke'), Slg. 1987, 2877 ua] die Auffassung, dass Art4 Abs1 der RL für sich betrachtet unter Berücksichtigung der Zielsetzung der Richtlinie und ihres Inhalts hinreichend genau und unbedingt ist, um von einem Einzelnen in Anspruch genommen und vom Gericht angewandt zu werden. Auch wenn Art5 der RL den Mitgliedstaaten ein Ermessen in Bezug auf die Mittel einräume, so schreibe er doch das Ziel vor, das mit diesen Mitteln erreicht werden muss, nämlich die Beseitigung aller mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung unvereinbaren Vorschriften. Art4 Abs1 RL könne seit Ablauf der Umsetzungsfrist (bzw. seit dem Wirksamwerden der Richtlinie für neu beigetretene Mitgliedstaaten der Europäischen Union) bei Fehlen angemessener Durchführungsmaßnahmen von Einzelnen vor den innerstaatlichen Gerichten in Anspruch genommen werden, um die Anwendung jeder mit diesem Artikel unvereinbaren innerstaatlichen Vorschrift auszuschließen. Auf Grund des Art4 Abs1 haben Frauen Anspruch auf die gleiche Behandlung und auf Anwendung der gleichen Regelung wie Männer, die sich in gleicher Lage befinden, wobei die Richtlinie, soweit sie nicht durchgeführt wird, das einzige Bezugssystem bleibt (vgl. das o.a. Urteil in der Rs 'Clarke', Rz 9 bis 11; ferner das Urteil vom 11. Juli 1991, Rs C-31/90, 'Johnson', Slg. 1991,I-3744).

Dem ist (ceteris paribus) der Fall gleichzuhalten, dass eine Maßnahme wesentlich mehr Frauen als Männer trifft, es sei denn, der Mitgliedstaat legt dar, dass die betreffende Regelung durch objektive Faktoren, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes zu tun haben, gerechtfertigt ist ('indirekte Diskriminierung' - Urteil vom 13. Juli 1989, Rs 171/88, 'Rinner-Kühn', Slg. 1989, 2757).

3. Eine Leistung, die ein Mitgliedstaat einer Person gewährt und die zu einem System gehört, welches Schutz gegen eines der im Art3 RL genannten Risken bietet (wozu auch die Arbeitslosigkeit gehört), darf einer verheirateten Frau, die mit ihrem Ehemann zusammenlebt oder von ihm Unterhalt bezieht, dann nicht verweigert werden, wenn die Leistung einem verheirateten Mann in der gleichen Lage zusteht, da dies eine gegen Art4 Abs1 RL verstoßende Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes darstellen würde (vgl. ua. das Urteil vom 24. Juni 1986, Rs 150/85, 'Drake', Slg. 1986, 2002).

Art 4 Abs1 RL bezieht sich aber nicht auf eine Leistung, die in bestimmten persönlichen Situationen Personen gewährt werden kann, deren Mittel nicht ausreichen, um ihre Bedürfnisse im Sinne des Gesetzes zu decken, wobei dies nicht davon abhängt, ob der Leistungsempfänger Opfer eines der in Art3 der RL genannten Risken ist (vgl. das Urteil vom 16. Juli 1992, Rs C-63/91, C-64/91, 'Jackson & Cresswell', Slg. 1992,I-4774).

Art 4 Abs1 RL wurde daher vom EuGH ua. dahin ausgelegt, dass ein System von Leistungsansprüchen bei Arbeitsunfähigkeit, bei dem die Höhe der Leistung durch den Familienstand und das Einkommen des Ehepartners aus oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit mitbestimmt wird, im Einklang mit der RL steht, wenn dieses System den Anspruchsberechtigten mit Unterhaltsverpflichtungen gegenüber einem Ehepartner oder Kindern durch den Ausgleich ihrer im Vergleich zu Alleinstehenden höheren Belastungen mit Hilfe eines Zuschlages zu der Leistung ein angemessenes Existenzminimum garantieren soll. Es wurde daher die Garantie auf eine bestimmte Mindestleistung, die nur für Personen mit einem unterhaltsberechtigten Ehepartner oder mit einem Ehepartner gilt, der nur ein sehr niedriges Einkommen bezieht, als mit Art4 Abs1 RL vereinbar angesehen (Urteil vom 11. Juni 1987, Rs 30/85, 'Teuling', Slg. 1987, 2516).

Gleiches wurde für ein System von Leistungen bei Arbeitslosigkeit und Invalidität entschieden, bei dem sich die Höhe der Leistung ua. in Abhängigkeit von Einkünften unterhaltsberechtigter Personen bestimmte: Artikel 4 Absatz 1 RL sei so auszulegen, dass ein System von Leistungen bei Arbeitslosigkeit und Invalidität, bei dem die Höhe der Leistung unter Berücksichtigung sowohl der Existenz von Personen, die dem Leistungsempfänger gegenüber unterhaltsberechtigt sind, als auch eventueller Einkünfte dieser Personen festgelegt wird, mit dieser Vorschrift vereinbar sei, wenn dieses System den Zweck habe, Familien ein Mindestmaß an Ersatzeinkünften zu garantieren und die Zuschläge, die den Personen gewährt werden, die mit einem Ehepartner oder Kindern ohne eigene Einkünfte zusammenwohnen, die Höhe der Belastungen, die bei vernünftiger Betrachtung mit dem Vorhandensein dieser Personen verbunden sind, nicht übersteigen. Ein solches System dient nämlich einem berechtigten Ziel der Sozialpolitik und setzt hiefür geeignete und erforderliche Mittel ein, so dass es aus Gründen, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes zu tun haben, gerechtfertigt ist (Urteil vom 7. Mai 1991, Rs C-229/89, Kommission/Belgien, Slg. 1991,I-2223).

Auch der Ausschluss von Beschäftigungen mit geringem zeitlichen Ausmaß (regelmäßig weniger als fünfzehn Stunden in der Woche) und geringfügigem Entgelt (einem Arbeitsentgelt, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt) von der gesetzlichen Rentenversicherung wurde vom EuGH als nicht gegen Art4 Abs1 der RL verstoßend beurteilt, und zwar auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass sie erheblich mehr Frauen als Männer betrifft, da der nationale Gesetzgeber in vertretbarer Weise habe davon ausgehen können, dass die fraglichen Rechtsvorschriften erforderlich waren, um ein sozialpolitisches Ziel zu erreichen, das mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes nichts zu tun hat (Urteil vom 14. Dezember 1995, Rs C-317/93, 'Nolte', Slg. 1995,I-4650).

Ferner wurde vom EuGH entschieden, dass die RL der Anwendung einer nationalen Regelung der Altersversicherung nicht entgegensteht, nach der die Gewährung und die Höhe eines Zuschlags, auf den Rentenberechtigte Anspruch haben, deren unterhaltsberechtigter Ehepartner das Rentenalter noch nicht erreicht hat, unabhängig vom Geschlecht allein von dem Einkommen abhängig sind, das der Ehepartner aus oder im Zusammenhang mit einer Erwerbstätigkeit bezieht, auch wenn diese Regelung zur Folge hat, dass eine wesentlich größere Anzahl von Männern als von Frauen den Zuschlag erhält (Urteil vom 19. November 1992, Rs C-226/91, 'Molenbroek', Slg. 1992,I-5963).

Da beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts die Mitgliedstaaten für die Sozialpolitik zuständig sind, haben sie die geeigneten Maßnahmen zur Verwirklichung ihrer sozialpolitischen Ziele auszuwählen. Bei der Ausübung dieser Befugnis verfügen die Mitgliedstaaten über einen weiten Ermessensspielraum (vgl. das Urteil vom 8. Februar 1996, Rs C-8/94, 'Laperre', Slg. 1996,I-288 mit weiteren Hinweisen in Rz 18).

4. Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund dieser Rechtsprechung des EuGH daher vorläufig davon aus,

a) dass die RL, soweit sie direkt oder indirekt nach dem Geschlecht diskriminierenden gesetzlichen Bestimmungen entgegensteht, unmittelbar anzuwenden ist und dass sich die betroffenen Personen auf diese Richtlinie berufen können;

b) dass die Regelungen über die Voraussetzungen für die Gewährung von Notstandshilfe, soweit die Anspruchsvoraussetzung des Vorliegens einer Notlage in Rede steht, dem sozialpolitischen Ziel dienen, Personen, die ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld erschöpft haben, ohne wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert zu sein, nur im Falle der Notlage ein Mindesteinkommen in Abhängigkeit von der Höhe des Arbeitslosengeldes zu sichern;

c) dass daher die Berücksichtigung von Einkünften des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners bei Ermittlung der Notlage diesem sozialpolitischen Ziel dient, welches mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes nichts zu tun hat;

d) dass daher die Regelung Art4 Abs1 der RL auch dann nicht verletzt, wenn auf Grund der Berücksichtigung des Partnereinkommens innerhalb des Kreises der in Betracht kommenden Anspruchsberechtigten wesentlich mehr Frauen als Männer keine Notstandhilfe erhalten sollten, sowie letztlich

e) dass alle in diesem Zusammenhang zu beurteilenden gemeinschaftsrechtlichen Fragen durch die oben wiedergegebene Rechtsprechung des EuGH in einer Weise beantwortet sind, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (Urteil vom 6. Oktober 1982, Rs 283/81, 'C.I.L.F.I.T.', Slg. 1982, 3415).

Da sich nach vorläufiger Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes somit einerseits ergibt, dass sich hinsichtlich der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts eine Vorlage an den EuGH als nicht erforderlich erweist, andererseits für die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides Gründe maßgebend sein könnten, die von keiner Partei im bisherigen Verfahren erörtert und insoweit daher auch keiner Partei bekannt gegeben wurden (nämlich das Nichtvorliegen einer mittelbaren Diskriminierung im Sinne des Art4 Abs1 RL in den vorliegenden Fällen), wird den Parteien gemäß §41 Abs1 zweiter Satz VwGG Gelegenheit gegeben, sich zu diesen Gründen binnen v i e r W o c h e n von der Zustellung dieses Beschlusses an zu äußern."

Die Beschwerdeführerinnen, darunter die Klägerin, beantworteten in einer ausführlichen Stellungnahme vom 15. April 2003 die im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes gestellten Fragen und wiesen auf die zahlreichen Entscheidungen, die der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss zitierte, hin. Sie nannten auch eine Reihe von Literaturzitaten. (Die Argumente entsprechen im Wesentlichen jenen, die auch in der Klage beim Verfassungsgerichtshof dargelegt werden.)

2. In seinem Erkenntnis vom 14. Jänner 2004 führte der Verwaltungsgerichtshof zur gemeinschaftsrechtlichen Frage Folgendes aus:

"Soweit die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, die vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang in Betracht gezogenen Entscheidungen des EuGH würden sich vom vorliegenden Beschwerdefall unterscheiden, so ist dem insofern beizupflichten, als in manchen Fällen eine 'Mindestnettoleistung' von der Anrechnung nicht erfasst gewesen ist (Urteil vom 11. Juni 1987, Rs 30/85 'Teuling', Slg. 1987, 2516 bzw. Urteil vom 7. Mai 1991, C-229/89, Kommission gegen Belgien, Slg. 1991,I-2223) oder die Anrechnung erst nach einem Jahr des Bezuges begonnen hat (vgl. Urteil 'Kommission gegen Belgien').

Der Verwaltungsgerichtshof hält jedoch dessen ungeachtet an seiner im oben wiedergegebenen Vorhalt geäußerten Rechtsauffassung fest. Die Hinweise der beschwerdeführenden Partei vermögen nämlich schon insofern nicht zu überzeugen, als diese darauf beruhen, argumentativ jeweils den gesamten Sachverhalt der in ihrer Stellungnahme angesprochenen Entscheidungen des EuGH als für die jeweilige Entscheidung maßgebend zu erachten und sodann aus den Unterschieden im Sachverhalt die Unanwendbarkeit der jeweiligen Entscheidung des EuGH auf den vorliegenden Fall und daraus die Vorlagepflicht abzuleiten sucht:

Zunächst ist der Beschwerdeführerin einzuräumen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH eine Rechtfertigung indirekter Diskriminierung nur dann möglich ist, wenn die gewählten Mittel einem legitimen Ziel der Sozialpolitik des Mitgliedstaates dienen und zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sind.

Es besteht aber als Ausgangspunkt der folgenden Argumentation zunächst kein Zweifel daran, dass hinsichtlich der Dauer des Anspruchs auf Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung gemeinschaftsrechtliche Vorgaben nicht bestehen, dh. dass das Gemeinschaftsrecht nicht dazu zwingt, solche Geldleistungen unbedingt auch für Zeiträume zu gewähren, für die nach derzeitigem österreichischem Arbeitslosenversicherungsrecht nur mehr ein Anspruch auf Notstandshilfe besteht.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch der Rechtsprechung des EuGH keine gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze zu entnehmen, aus denen abgeleitet werden könnte, dass in einem solchen Fall ein garantiertes 'Mindesteinkommen' unabhängig von der wirtschaftlichen Lage einer arbeitslosen Person gewährt werden müsste und nur der ein solches (gleichsam: geschütztes) Mindesteinkommen übersteigende Betrag einer Minderung durch Einkommensanrechnung unterworfen werden dürfte. Ob und welche Transferzahlungen ein Staat unabhängig von Einkommen und Vermögen als 'Grundlohn' gewährt (und darauf läuft dieses Argument der Beschwerdeführerin hinaus), liegt zweifelsfrei in dessen sozialpolitischem Ermessen. Ebenso liegt es im rechtspolitischen Spielraum des nationalen Gesetzgebers, die Aufgabenverteilung zwischen Arbeitslosenversicherung und Sozialhilfe in der Weise vorzunehmen, dass die Garantie eines Mindesteinkommens in Form eines für die Bestreitung des Lebensunterhaltes bestimmten (geschlechtsneutral festgelegten) Richtsatzes der Sozialhilfe überlassen wird, während in der Arbeitslosenversicherung ab dem Auslaufen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ein Beitrag zur Existenzsicherung nur in Relation zum letzten Arbeitseinkommen gewährt wird (Versicherungsgedanke), der insoweit dem letzten Einkommen entsprechend daher auch verschieden hoch sein kann. Da es eines solchen Beitrages zur Existenzsicherung eine Person insoweit nicht bedarf, als ihr in entsprechendem Ausmaß anderweitig Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen, kann es auch nicht dem Gemeinschaftsrecht widersprechen, diese Mittel bei Beurteilung der Frage der Notlage entsprechend mit zu berücksichtigen. In all diesen Fragen ist der jeweilige Mitgliedstaat in seiner Sozialpolitik autonom (vgl. das Urteil vom 8. Februar 1996, Rs C-8/94, 'Laperre', Slg. 1996,I-288 mit weiteren Hinweisen in Rz 18; zum Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung der innerstaatlichen Rechtslage auch auf Grund budgetärer Erwägungen im Zusammenhang mit indirekter Diskriminierung vgl. das Urteil vom 1. Februar 1996, Rs C-280/94, 'Posthuma-van Damme', Slg. 1996,I-194).

Es kann daher für die Beantwortung der hier zu untersuchenden Frage der sozialpolitischen Rechtfertigung der Einkommensanrechnung beim Bezug von Notstandshilfe keinesfalls darauf ankommen, ob den 'Diskriminierten' ein Mindesteinkommen ungeschmälert verbleibt, wie die Beschwerdeführerin meint, oder ob dies - bei Vorhandensein anderweitiger Mittel und dem sich daraus ergebenden Fehlen der Bedürftigkeit - nicht der Fall ist.

Erörterungsbedürftig könnte allenfalls sein, ob bei einer solchen Einkommensanrechnung nur eigene Mittel der arbeitslosen Person berücksichtigt werden dürfen, oder ob es gemeinschaftsrechtlich zulässig ist, insoweit zwischen allein stehenden Personen und in Hausgemeinschaft mit Partnern lebenden Personen zu unterscheiden, als das jeweilige Partnereinkommen als zumindest zum Teil zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehend angesehen wird.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass es zumindest zulässig ist (wenn nicht sogar verfassungsrechtlich geboten sein könnte, was aber hier offen bleibt), den unterschiedlichen wirtschaftlichen Situationen von allein stehenden Frauen und von Frauen, die in Ehe- oder in Lebensgemeinschaften leben, dadurch Rechnung zu tragen, dass einerseits Unterhaltsverpflichtungen dieser Personen, andererseits aber auch das zum gemeinsamen Wirtschaften zur Verfügung stehende Einkommen des jeweiligen Partners entsprechend berücksichtigt werden.

Der EuGH hat es bisher nicht nur als zulässig erachtet, Unterhaltspflichten von Beziehern einer Sozialleistung für die Höhe dieser Sozialleistung als maßgeblich festzulegen, sondern es auch zugelassen, das Erwerbseinkommen des Ehegatten zu berücksichtigen: Im Urteil vom 19. November 1992, C-226/91, 'Molenbroek', ging es um Zuschläge zu Pensionsleistungen, die nach niederländischem Recht nur im Falle der Bedürftigkeit gewährt wurden und auf die das Einkommen des Ehepartners anzurechnen war, sodass dieser Zuschlag - vergleichbar der in Österreich in solchen Fällen vorgesehenen Ausgleichszulage im Sinne der §§292 ff ASVG - unter Umständen auch zur Gänze wegfallen konnte. Der EuGH hat seine Entscheidung nicht auf den Umstand gestützt, dass der betroffenen Person ihre Pensionsleistung jedenfalls zustehe und es daher auf die indirekte Diskriminierung beim Zuschlag nicht weiter ankomme; dies wäre im Übrigen sachlich fragwürdig, weil diese Pension ja vom Gesetzgeber definitionsgemäß als zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht ausreichend erachtet und deshalb ein Zuschlag gewährt wurde. Dieser Fall ist daher - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - mit der hier zu beurteilenden Konstellation in einer Weise vergleichbar, dass kein vernünftiger Grund zu zweifeln übrig bleibt, dass unter Zugrundelegung der Grundsätze der 'Molenbroek'-Entscheidung auch die Anrechnung von Ehepartnereinkommen auf die Notstandshilfe mit der möglichen Konsequenz, dass diese uU auch zur Gänze wegfallen kann, und trotz des Umstandes, dass hievon mehr Frauen als Männer betroffen sind, zulässig ist.

Dies wird noch durch zwei Überlegungen erhärtet: erstens würde es dem nationalen Gesetzgeber unmöglich gemacht, eine Leistung der hier vorliegenden Art im Falle der Notlage zu gewähren, wenn es ihm gemeinschaftsrechtlich verwehrt wäre, dabei die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der arbeitslosen Person einschließlich des Ehepartnereinkommens zu berücksichtigen. Zweitens hat es der EuGH auf Grund des von ihm angenommenen rechtspolitischen Spielraums des nationalen Gesetzgebers für nicht gemeinschaftsrechtswidrig erachtet, wenn eine Leistung davon abhängt, dass vorher ein Einkommen über einer bestimmten Grenze bezogen wurde und dadurch mehr Frauen als Männer (von vornherein) vom Leistungsanspruch ausgeschlossen werden (Urteil vom 1. Februar 1996, Rs C-280/94, 'Posthuma-van Damme'). Es kann daher auch nicht gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen, wenn die Höhe eines Beitrages zur Existenzsicherung mit der Höhe des Arbeitslosengeldes und damit des seinerzeit erzielten Erwerbseinkommens in Relation steht.

Nur dann, wenn dasselbe sozialpolitische Ziel (Leistung beschränkt auf Fälle der Notlage) auch dann erreicht werden könnte, wenn die Anrechnung des Partnereinkommens unterbliebe, könnte die Regelung als unverhältnismäßig qualifiziert werden (vgl. ua. die von der Beschwerdeführerin zitierte Rz 42 der Entscheidung des EuGH vom 19. März 2002, Rs C-476/99, 'Lommers', Slg. 2002,I-2921). Dies ist aber offenkundig hier nicht der Fall und wird auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet."

Sodann meinte der Verwaltungsgerichtshof, dass die Einkommensanrechnung auch nicht unverhältnismäßig sei. Unter Hinweis auf seine Vorjudikatur und die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 12.641/1991 (Studienbeihilfe) und VfSlg. 12.833/1991 (Anrechnung des Partnereinkommens von Lebensgefährten bei Notstandshilfebeziehern) hielt der Verwaltungsgerichtshof die Gleichbehandlung von Lebensgefährten mit Ehepartnern für unbedenklich. In der Folge führte der Verwaltungsgerichtshof aus:

"Die von der Beschwerdeführerin herangezogenen Literaturstellen behandeln den hier zu entscheidenden Fall nicht, sondern gehen nur auf die allgemeine Problematik indirekter Diskriminierung ein und geben im Wesentlichen die Rechtsprechung des EuGH wieder. Nur Bieback (Die mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts, Nomos-Verlagsgesellschaft Baden-Baden, 216) setzt sich mit der Frage der Anrechnung von Partnereinkommen ausdrücklich (kritisch) auseinander, räumt im Zusammenhang mit einer Kritik am Gesetzgeber durch seine Bezugnahme auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (aaO, 220) letztlich aber ein, dass eine solche Anrechnung unter Beachtung eines beim verdienenden Partner freibleibenden Existenzminimums den Anforderungen an eine sachliche und verhältnismäßige Regelung nicht widerspricht (ganz ähnlich auch VfSlg. 12833/1991 zum Freibetrag im Sinne des §6 NHV).

Die Einwände der Beschwerdeführerin, die Regelung sei im gemeinschaftsrechtlichen Sinne unverhältnismäßig, laufen somit - zusammengefasst - entweder auf die Forderung nach einem garantierten Mindesteinkommen der arbeitslosen Person hinaus, das völlig unabhängig vom Einkommen ihres Partners zu gewähren ist, oder aber sie wären so zu deuten, dass der Sockelbetrag, der in §6 der Notstandshilfeverordnung vorgesehen ist, als unzureichend betrachtet wird. Die erstgenannte Forderung steht mit dem grundsätzlichen und gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstandenden Anliegen des Gesetzgebers in Widerspruch, solche Geldleistungen nur bei Notlage zu gewähren, welches aber - wie vorstehend dargelegt - ohne Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse von Partnerschaften im Verhältnis zu Einzelhaushalten nicht verwirklicht werden kann. Die zweitgenannte Forderung setzt einen Maßstab voraus, an Hand dessen die Regelung des §6 der Notstandshilfeverordnung als unverhältnismäßig beurteilt werden könnte. Ein solcher Maßstab steht dem Verwaltungsgerichtshof aber nur bedingt zu Gebote, da die Definition dessen, was unter Notlage zu verstehen ist, Sache des Gesetz- und Verordnungsgebers ist, dem demzufolge auch bei der Grenzziehung zwischen Freibetrag und anrechenbarem Einkommen ein erheblicher rechtspolitischer Spielraum zukommt. Weder kann der Verwaltungsgerichtshof finden, dass die in Betracht kommenden Normsetzungsautoritäten die ihnen dabei gesetzten Schranken überschritten hätten, noch findet sich dazu in den Schriftsätzen der Beschwerdeführerin eine konkretisierte Behauptung.

Der Verwaltungsgerichtshof hegt daher keine Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht, und zwar ungeachtet dessen, dass zwar genau dieser Fall vom EuGH bisher nicht entschieden wurde, weil aber das vom EuGH in seiner Rechtsprechung zur indirekten Diskriminierung bei Sozialleistungen errichtete Gedankengebäude die Beantwortung aller hier entscheidungswesentlichen Fragen auf einer höheren Abstraktionsebene bereits vorweggenommen hat (vgl. im Übrigen die hg. Erkenntnisse vom heutigen Tage, Zl. 2002/08/0038 sowie Zl. 2002/08/0202).

Die von der Beschwerdeführerin aufgeworfene weitere Frage, ob die Anrechnung von Ersatzzeiten für Zeiten des Bezuges von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung (§227 Abs1 Z. 5 ASVG) dem Gemeinschaftsrecht entspricht, obwohl auch dies zu einer indirekten Diskriminierung weiblicher Arbeitsloser führen kann, muss der Verwaltungsgerichtshof hingegen offen lassen. Der in diesem Zusammenhang zu beantwortenden Frage, ob die Beschränkung der Gewährung solcher Ersatzzeiten auf den Personenkreis von Beziehern und Bezieherinnen von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung sachlich gerechtfertigt werden kann, bzw. ob die Nichtberücksichtigung dieser Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung bei jenen Arbeitslosen, die der Arbeitsvermittlung (mangels Notlage freilich ohne Anspruch auf Notstandshilfe) zur Verfügung stehen, vor dem Hintergrund des Art4 der RL 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 verhältnismäßig ist, kommt für den Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Verfahren nämlich keine Entscheidungserheblichkeit zu, sodass er gar nicht befugt wäre, diese Frage gemäß Art234 EG dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen. Diese Frage wäre vielmehr in erster Linie von den ordentlichen Gerichten in Leistungsstreitverfahren über Leistungen aus der Pensionsversicherung sowohl aus verfassungsrechtlicher als auch aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht zu beantworten."

IV. 1. In ihrer Klage konstatiert die Klägerin zunächst, dass in den Jahren 2000 und 2001 durch die Berücksichtigung des Partnereinkommens Anträge auf Notstandshilfe in nahezu 90 % der Fälle bei Frauen mangels Notlage abgewiesen wurden und dies zu den vorhandenen Einkommensunterschieden zwischen Männern und Frauen beitrage. Die Einrechnung des Partnereinkommens führe daher zu einer mittelbaren Diskriminierung von Frauen, die gemäß Art4 der Gleichbehandlungsrichtlinie verboten sei.

Eine mittelbare Diskriminierung liege nicht vor, wenn die Unterscheidung aus objektiv sachlichen Gründen erfolge. Im Hinblick auf die "Gefährdung des finanziellen Gleichgewichtes des Systems der sozialen Sicherheit" als allfälligen Rechtfertigungsgrund habe der EuGH allerdings entschieden, dass Haushaltserwägungen den sozialpolitischen Entscheidungen eines Mitgliedstaates zwar zugrunde liegen und die Art und das Ausmaß der sozialen Schutzmaßnahmen, die er treffen möchte, beeinflussen, als solche jedoch eine Diskriminierung nach dem Geschlecht nicht rechtfertigen könnten. Daraus folgert die Klägerin, dass "Sparüberlegungen" für die gegenständliche Regelung nicht herangezogen werden könnten. Dann heißt es in der Klage:

"In den Rs C-317/93, 444/93 (vgl EuGH 14.12.1995, Rs C-317/93, Slg 1995,I-4625 (Nolte); EuGH 14.12.1995, Rs C-444/93, Slg 1995,I-4741 (Megner, Scheffel); Felix, Geringfügigkeitsgrenzen sind gemeinschaftsrechtlich zulässig, SozSi 1996, 306) wurde der Ausschluss geringfügiger Beschäftigungen von der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung zugelassen, weil dies einem Strukturprinzip eines auf Beiträgen beruhenden Systems der sozialen Sicherheit entspricht. Wendet man diesen Grundsatz hier an, so haben die betroffenen Arbeitnehmerinnen Beiträge für die Arbeitslosenversicherung gezahlt und erhalten dennoch wegen der Berücksichtigung des Partnereinkommens keine Leistung. Da somit kein objektiver Rechtfertigungsgrund vorliegt, liegt bei §36 AlVG iVm §6 Notstandshilfeverordnung eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor. Gerade am Punkt der Rechtfertigung scheiden sich die Geister. Während der Verwaltungsgerichtshof das sozialpolitische Ziel einer 'Leistung beschränkt auf Fälle der Notlage' ohne weitere Prüfung als legitim beurteilt, kann die Klägerin bei einer Versicherungsleistung keinerlei legitimes Ziel der Sozialpolitik für eine Einschränkung erkennen und fehlt auch die Beachtung des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit."

Nach Auffassung der Klägerin sei die Gleichbehandlungsrichtlinie Teil des aquis communautaire gewesen, so dass der Verwaltungsgerichtshof daher einen Vorrang dieser Bestimmung vor dem nationalen Recht zu beachten gehabt hätte. Schließlich führt die Klägerin aus, weshalb nach ihrer Auffassung dem Verwaltungsgerichtshof eine Verletzung der Vorlagepflicht anzulasten sei:

"Der VwGH wirft der Klägerin vor (Seite 7 des Erkenntnisses), sie habe die Unterschiede zwischen den vom EuGH entschiedenen Fällen und ihrem eigenen herausgearbeitet und daraus unterschiedliche Rechtsfolgen abgeleitet. Dies ist aber nichts anderes als die Anwendung des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes! Ein derartiger Hinweis des VwGH (Seite 7: '... vermögen nämlich schon insofern nicht zu überzeugen...') lässt nämlich befürchten, dass der VwGH seine negative Entscheidung bereits getroffen hat, bevor er überhaupt Unterschiede im Tatsächlichen überprüft hat.

Nachdenklich stimmt auch die häufige Verwendung von Floskeln wie 'kein vernünftiger Zweifel' (Seite 6 e)), 'kein Zweifel' (Seite 7 vorletzter Absatz), 'zweifelsfrei' (Seite 8 oben), 'kein vernünftiger Grund zu zweifeln' (Seite 10 oben) und 'keine Zweifel' (Seite 14 unten), da solche Ausdrücke eher die (erheblichen) Zweifel des Textverfassers zum Ausdruck bringen.

Der zweite Zweifel auf Seite 7, vorletzter Absatz, stellt schon eine Missachtung des gemeinschaftsrechtlich zwingend zu beachtenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Es gibt zwar keine explizit normierte Dauer eines Anspruchs auf Geldleistungen, doch sind hierauf sowohl die VO 1408/71 (Abschnitt 3) als auch die RL 79/7 und damit die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, anzuwenden. Die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit ist sicher nicht einfach und können diesbezüglich nur dann keine Zweifel bestehen, wenn man diesen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet bzw übersieht. Diese Missachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gipfelt auf den Seiten 8 und 9 in ein offenbar - auch gemeinschaftsrechtlich unbegrenztes - sozialpolitisches Ermessen des nationalen Gesetzgebers.

Zwischen einer Regelung zur Sicherung eines Existenzminimums und einer Versicherungsleistung wie der Notstandshilfe besteht ein markanter Unterschied. Da die Notstandshilfe ebenso wie das Arbeitslosengeld eine Versicherungsleistung ist (vgl ua VwGH 15.11.2000, Zl 96/08/0108, ARD 5214/22/2001), müssen auch die für den Anspruch auf Arbeitslosengeld geltenden Voraussetzungen erfüllt sein (§33 Abs2 AlVG). Weiters entfällt der Anspruch auf Notstandshilfe in den Fällen des §10 AlVG, zB bei fehlender Arbeitswilligkeit. Sowohl die Eigenschaft der Versicherungsleistung als auch der Ersatz eines Erwerbseinkommens sind beiden Geldleistungen gemeinsam. Bei keiner dieser Leistungen hat der Gesetzgeber jedoch ein Existenzminimum normiert. Die im Folgenden zu besprechenden Entscheidungen des EuGH gehen aber in jedem einzelnen Fall davon aus, dass es derartige gesetzliche Mindestleistungen (zB 35%, 70%) gibt, sodass schon dieser (gravierende) Unterschied für die fehlende Vergleichbarkeit spricht.

Aber sogar bei Verneinung dieses Unterschiedes zwischen einer Versicherungsleistung und einer Sozialhilfeleistung ist die Frage der Verhältnismäßigkeit der Regelung genau zu prüfen."

Die Klägerin befasst sich mit den vom Verwaltungsgerichtshof zitierten Urteilen des EuGH und widerspricht den vom Verwaltungsgerichtshof aus diesen Urteilen gezogenen Schlüssen.

Zusammenfassend führt die Klägerin aus:

"1. Anerkanntes Ziel der Sozialpolitik ist die Sicherung eines Existenzminimums.

2. Alle Verfahren behandeln nur die Frage der Gewährung von Zuschlägen neben einer garantierten Mindestleistung (= Existenzminimum).

3. Der Gerichtshof hat betont, dass eine Beschränkung der Zuschläge zulässig sein kann, wenn die gewählten Mittel für die Erreichung des sozialpolitischen Ziels (zur Garantierung der Mindestleistung) geeignet und erforderlich (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz) sind.

4. In keinem der entschiedenen Fälle führt eine Anrechnung zu einer Minderung der Mindestleistung, sondern nur zu einer Einschränkung einer zusätzlichen Geldleistung.

5. In keinem der entschiedenen Fälle führt eine Anrechnung auf eine Geldleistung zu einem Verlust des Sozialversicherungsschutzes."

Die Klägerin meint dann:

"Das österreichische Recht sieht im Unterschied zu den oa Urteilen des EuGH bei der Anrechnung eines Partnereinkommens keinen Mindestbetrag an Notstandshilfe, also keine (individuelle) garantierte Mindestleistung (= Existenzminimum) vor. Da die grundsätzliche Rechtfertigungsmöglichkeit bisher nur Sachverhalte betroffen hat, welche bei zusätzlich zur garantierten Mindestleistung gewährten Zuschlägen bestimmte Voraussetzungen bzw eine Anrechnung eines Partnereinkommens normiert haben, liegt zum vorliegenden Sachverhalt keine vergleichbare Judikatur des EuGH vor. Die Notstandshilfe garantiert dem Versicherten eben keine garantierte Grundleistung, sodass das in den EuGH-Entscheidungen akzeptierte Ziel der Sozialpolitik, nämlich die Sicherung einer Mindestleistung, nicht auf diese Rechtssache übertragen werden kann. Würde hingegen §6 der Notstandshilfe-VO eine Freigrenze von 430 Euro/Monat unmittelbar bei der Notstandshilfe und nicht beim Einkommen des Ehepartners bzw Lebensgefährten vorsehen, so wäre die Vergleichbarkeit mit der EuGH-Judikatur gegeben. In diesem Falle könnte die Sicherung der Mindestleistung als legitimes Ziel der Sozialpolitik übernommen werden und müsste nur hinsichtlich von über 430 Euro liegenden Notstandshilfen geprüft werden, ob eine Anrechnung auf diesen Differenzbetrag verhältnismäßig ist. So wie sich aber die österreichische Rechtslage dzt darstellt, ist keine Mindestsicherung, sondern die Sicherung des Staatshaushaltes beabsichtigt. Letztere ist aber nach der Judikatur kein geeignetes Ziel der Sozialpolitik

[...]."

Zur Frage der Verhältnismäßigkeit bringt die Klägerin vor, dass durch die Anrechnung des Partnereinkommens mangels Untergrenze keine Sicherung des Existenzminimums vorgenommen werde. Die Notstandshilfe falle bereits bei einem Partnereinkommen von € 630,-- weg, und der Ausgleichszulagenrichtsatz 2004 betrage schon für Alleinstehende € 654,19 und der Familienrichtsatz € 1.015,--. Die innerstaatliche Regelung sei daher nicht verhältnismäßig. Dies zeige sich auch darin, dass §6 Abs2 der Notstandshilfeverordnung eine Freigrenze von € 430,-- normiere, die sich aber bei über 50-jährigen auf das Doppelte (Abs3) und in bestimmten Fällen des Abs4 sogar auf das Dreifache erhöhe. Eine Erhöhung der Freigrenze bei Behinderungen sei zwar berechtigt, nicht aber eine altersabhängige unterschiedliche Festlegung der Freigrenzen. Unverhältnismäßig sei die Regelung auch deshalb, weil sie in Missachtung des Prinzips einer Versicherungsleistung die Dauer der Beitragszeiten nicht berücksichtige. Ferner sei die Regelung unverhältnismäßig, weil sie das Einkommen von Ehepartnern und jenes von Lebensgefährten gleichstelle, ohne dabei zu beachten, dass bei bloßen Lebensgemeinschaften kein Unterhaltsanspruch bestehe. Die Verhältnismäßigkeit könne man auch nicht - wie vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis behauptet - anhand der finanziellen Leistung alleine beurteilen. Sie sei in Verbindung mit dadurch ausgelösten Rechtsfolgen zu beurteilen, zu denen auch der Wegfall des Sozialversicherungsschutzes gehöre. Im Falle des Wegfalles der Notstandshilfe würden sich folgende sozialversicherungsrechtliche Nachteile ergeben:

"-

Gem §18 Abs1 AlVG beträgt die Dauer des Arbeitslosengeldbezuges im Normalfall nur 20 Wochen. Darüber hinaus gebührt gem §33 Abs1 AlVG lediglich Notstandshilfe, sodass bereits aus der kurzen Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld im Verhältnis zur langen Bezugsdauer in den oa Urteilen des EuGH kein direkter Vergleich möglich ist. Auf diese kurze Bezugsdauer ist bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung besonders Bedacht zu nehmen.

-

Dieser an sich schon schmerzliche Entgeltverlust der Notstandshilfe führt jedoch auch zum Verlust der Ersatzzeiten in der Pensionsversicherung. §227 Abs1 Z5 ASVG normiert nämlich, dass als Ersatzzeiten nur 'die Zeiten, während derer der Versicherte nach dem 31. Dezember 1970 wegen Arbeitslosigkeit eine Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, oder ..., rechtmäßig bezog bzw. die Zeiten, während derer der Anspruch auf Arbeitslosengeld ausschließlich gemäß §16 Abs1 lit1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 geruht hat; .... Dies ist eine der Ursachen, warum die durchschnittliche Eigenpension von Frauen bei den Neuzugängen im Jahr 2000 nur ATS 9.329.-, jene von Männern jedoch ATS 19.865,- betragen hat, also knappe 47%. Lediglich für einige Jahrgänge wurde für die Jahre 2000 bis 2002 in §34 Abs1 AlVG eine Übergangsregelung geschaffen, wonach die Ersatzzeit trotz fehlendem Bezug der Notstandshilfe infolge §6 Notstandshilfe-VO trotzdem gewährt wird.

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Eine weitere Folge des Verlustes der Notstandshilfe ist der Verlust der Krankenversicherung gem §40 AlVG.

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Im Falle einer Erkrankung gebührt Krankengeld nur dann, wenn die Erkrankung binnen drei Wochen nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung eintritt (§122 Abs2 Z2 ASVG). Erkrankt also jemand außerhalb dieser Frist und hat bereits die Notstandshilfe und damit die Pflichtversicherung wegen der Anrechnung des Partnereinkommens verloren, so gebührt auch kein Krankengeld, da dieses nach dem Leistungsbezug zu berechnen ist (§41 AlVG).

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Auch eine allfällige Unfallversicherung gem §40a AlVG kommt nicht zum Tragen, da diese nur während der Bezugsdauer greift. In der Praxis kommt eine weitere Diskriminierung hinzu, nämlich dass Personen ohne Leistungsbezug in keine Maßnahmen einbezogen werden. Auch dies trifft als Folge der Anrechnung des Partnereinkommens wieder fast ausschließlich Frauen und führt dazu, dass sie keinen neuen Arbeitsplatz erhalten.

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Auch die besondere Eingliederungsbeihilfe gem §34a AMSG gebührt nur dann, wenn ein Anspruch auf eine Geldleistung nach dem AlVG gebührt.

All diese Negativfolgen des Verlustes der Notstandshilfe belegen, dass durch die Bezugnahme auf den Leistungsanspruch zahlreiche Folgediskriminierungen verursacht werden, welche nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Gemeinschaftsrechts in keiner Weise rechtfertigbar sind."

Unter Hinweis auf Literaturstellen führt die Klägerin weiters aus, dass erwerbstätige Ehefrauen durch den Wegfall der Notstandshilfe eigene Ansprüche verlieren würden, die sie auf Grund ihrer Erwerbstätigkeit und Beitragszahlung erlangen. Sie würden letztlich genauso gestellt wie eine nichterwerbstätige Ehefrau. Es würde weiters die Ehe, in der beide Ehepartner arbeiten, mit jener Ehe gleichgestellt, in der nur ein Ehepartner arbeitet. Der eigene frühere finanzielle Beitrag der erwerbstätigen Ehefrau zum gemeinsamen finanziellen Unterhalt werde nicht berücksichtigt. Würde hingegen das Familieneinkommen durch einen Ehepartner allein verdient und würde dieser arbeitslos, so bliebe der Anspruch ungeschmälert. Werde dasselbe Familieneinkommen durch beide Partner erwirtschaftet und einer der beiden arbeitslos, entfalle die Lohnersatzleistung ganz oder werde erheblich gekürzt. Im Falle der Arbeitslosigkeit beider Partner würden beide Leistungen nicht ungeschmälert ausbezahlt. Daher könne eine Anrechnung des Partnereinkommens nur in Systemen, die nicht beitragsbezogen sind, nicht auf vorheriges Erwerbseinkommen abstellen und die wirklich nur ein Existenzminimum garantieren wollen, gerechtfertigt sein.

Die Klägerin weist ferner auf das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1972 (BVerfGE, 78, 234 [258f]) hin, wonach durch die Anrechnung des Partnereinkommens dem Ehepartner, dessen Höhe angerechnet wird, als verhältnismäßige Mindestposition zumindest ein Freibetrag in Höhe seines potentiellen Arbeitshilfeanspruches verbleiben müsse, der ihm nach seinem eigenen Einkommen zustehen würde. Bereits die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zeige, dass in Österreich die Pauschalfreigrenze von € 430,-- ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände und unter Missachtung des sonst geltenden Existenzminimums in der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes von € 634,54 gegen diesen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoße. Die Klägerin schließt daraus Folgendes:

"Daher kann die Lösung des gegenständlichen Problems nur darin liegen, dass unter Beachtung eines konkreten legitimen Ziels der Sozialpolitik und der zwingenden Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Gesetzgeber zumindest eine gesicherte Mindestgrenze des Notstandshilfeanspruchs festlegt, welche unabhängig vom Partnereinkommen gebührt.[...]

Der VwGH geht offenbar davon aus, dass die Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu keinerlei Mehrkosten führen dürfe. Wisskirchen (vgl Wisskirchen, Mittelbare Diskriminierung von Frauen im Erwerbsleben (1994) 107 ff) hat zur Frage weniger diskriminierender Alternativmaßnahmen mE zu Recht ausgeführt, dass eine diskriminierte Person nur so gering wie möglich belastet werden dürfe. Auf der Ebene der Rechtfertigung müsse daher eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen werden, die eine Erforderlichkeit im engeren Sinne, also das Kriterium des mildesten Mittels, beinhalte. Dabei weist sie auch auf die vom EuGH noch nicht endgültig entschiedene Frage hin, ob Alternativmaßnahmen (hier: zB die Gewährung eines Teils der Notstandshilfe) au

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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