RS Vfgh 1993/3/18 B930/92, B1620/92, B1751/92, B1820/92

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Veröffentlicht am 18.03.1993
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Index

96 Straßenbau
96/01 Bundesstraßengesetz 1971

Norm

StGG Art5
BStG 1971 §3
BStG 1971 §17
BStG 1971 §7a

Leitsatz

Denkunmögliche Anwendung der Enteignungsvorschriften des BStG 1971 durch Enteignung von Grundstücken für landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen im Zuge des Ausbaues der B 146 Ennstal Straße; Denkunmöglichkeit der Verwirklichung naturschutzrechtlicher Auflagen auf der Grundlage bundesstraßenrechtlicher Enteignungsregelungen

Rechtssatz

Für die Zulässigkeit einer Enteignung nach §17 BStG 1971 ist schon aus der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit einer entsprechenden tatbestandlichen Spezialisierung der Enteignungszwecke durch den einfachen Gesetzgeber jedenfalls davon auszugehen, daß die Bestandteile einer Bundesstraße und die damit in Zusammenhang stehenden Anlagen, für die enteignet werden darf, in §3 und §17 BStG 1971 vom Gesetzgeber abschließend geregelt wurden.

Maßnahmen, die aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes raumbeanspruchend gesetzt werden, also Bepflanzungen u.ä., fallen weder unter die Aufzählung der Bestandteile einer Bundesstraße gemäß §3 BStG 1971 noch dürfen sie im Wege der Enteignung gemäß §17 iVm §3 BStG 1971 durchgesetzt werden. Es ist schlechthin denkunmöglich, auf der Grundlage der für den Bau von Bundesstraßen (einschließlich ihrer in §3 BStG 1971 umschriebenen "Bestandteile") vorgesehenen Enteignungsbestimmung des §17 BStG 1971 über die für den Bau der verordneten Trasse erforderlichen Grundstücke hinaus weitere Grundstücke in deren Umgebung im Wege der Enteignung für sogenannte "landschaftspflegerische Begleitmaßnahmen" in Anspruch zu nehmen.

Die landschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen können - jedenfalls in ihrer Gesamtheit - auch nicht als "Anlagen zum Schutz der Nachbarn vor Beeinträchtigungen durch den Verkehr auf der Bundesstraße" gemäß §3 BStG 1971 verstanden werden.

Der Gesetzgeber kennt für Maßnahmen zum Schutz der Nachbarn vor Beeinträchtigungen durch Bundesstraßen gemäß §7a Abs2, Abs3 und Abs5 BStG 1971 von vornherein keine Enteignungsmöglichkeit.

Denkunmöglich ist es aber auch, naturschutzrechtliche Auflagen auf der Grundlage bundesstraßenrechtlicher Enteignungsregelungen zu verwirklichen.

Da es sich bei den im Zuge der landschaftspflegerischen Begleitplanung erwogenen Maßnahmen um Vorhaben handelt, die der Erfüllung natur- und landschaftsschutzrechtlicher Auflagen dienen, ohne den Bau der Bundesstraße als solchen zu betreffen, bietet §17 BStG 1971 in verfassungskonformer Auslegung keine Rechtsgrundlage für die Inanspruchnahme von Grundstücken durch Enteignung zum Zwecke der Verwirklichung jener Maßnahmen.

(E v 28.09.93, B494/93 ua: Aufhebung weiterer Enteignungsbescheide für landschaftspflegerische Maßnahmen im Zuge des Ausbaus der B 146 Ennstal Straße; allerdings Ablehnung dieser Beschwerden hinsichtlich der Enteignung von Grundstücken für den Ausbau dieser Straße - siehe E v 03.10.92, V62/91 ua).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Straßenverwaltung, Enteignung, Naturschutz, Landschaftsschutz, Auslegung verfassungskonforme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B930.1992

Dokumentnummer

JFR_10069682_92B00930_2_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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