RS Vfgh 1997/10/8 B35/97, B122/97

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Veröffentlicht am 08.10.1997
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AVG §39
AVG §67c

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch willkürliche Verneinung der Zulässigkeit der Konkretisierung der angefochtenen Festnahme auch nach Ablauf der Beschwerdefrist; kein Austausch des Beschwerdegegenstandes

Rechtssatz

Ist die Behörde der Auffassung, ein Anbringen weise in inhaltlicher Hinsicht einen Mangel auf, der sie darin hindert, es in Behandlung zu nehmen, und läßt sich dieser Mangel durch eine klarstellende Erklärung der Partei beheben, so trifft sie die Verpflichtung, der Partei im Ermittlungsverfahren gemäß §37 AVG Gelegenheit zur Geltendmachung der klärenden Umstände zur Wahrung ihrer Rechte zu geben (s. VwSlg. 11.625 A/1984). Ebenso wie die Behörde etwa verpflichtet ist, den Sinn eines mehrdeutigen Parteienantrages durch Herbeiführung einer entsprechenden Parteienerklärung festzustellen (s. VfSlg. 3517/1959, 7684/1975), hat sie sich im Zweifelsfall darüber Klarheit zu verschaffen, gegen welchen Verwaltungsakt sich ein Rechtsmittel richtet.

Unbeschadet der Tatsache, daß eine Maßnahmebeschwerde nach Ablauf der sechswöchigen Frist gemäß §67c Abs1 AVG unzulässig ist, sind im Grunde des §39 AVG auch im Verfahren nach §67c AVG die Grundsätze der Amtswegigkeit und der materiellen Wahrheit zu beachten. Das hat zur Folge, daß der UVS auf neue Tatsachen und Beweismittel, mag er aus welchem Grund immer davon Kenntnis erlangt haben, Bedacht zu nehmen hat. Den Parteien kann es daher keineswegs verwehrt sein, im weiteren Verlauf des Verfahrens, solange die Bescheide des UVS nicht ergangen sind, neue Tatsachen und Beweise vorzubringen. Mit diesen hat sich der UVS, soweit nicht der Beschwerdegegenstand "ausgetauscht" wird - solches liegt hier jedoch nicht vor - mangels eines sich aus dem AVG ergebenden Neuerungsverbotes auf jeden Fall auseinanderzusetzen. Denn nur in bezug auf die formalen Erfordernisse einer Beschwerde gilt der Grundsatz, daß nach Ablauf der Berufungsfrist nichts mehr nachgetragen werden darf (s. VfGH 26.6.1996, B1652/94).

Entscheidungstexte

  • B 35/97,B 122/97
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 08.10.1997 B 35/97,B 122/97

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Neuerungsverbot, Unabhängiger Verwaltungssenat, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Festnehmung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1997:B35.1997

Dokumentnummer

JFR_10028992_97B00035_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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