RS Vfgh 1998/6/13 G78/98

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 13.06.1998
beobachten
merken

Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 1997 §44 Abs2

Leitsatz

Verstoß einer Übergangsbestimmung im AsylG 1997 betreffend beim Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof anhängiger Beschwerdeverfahren zum Zeitpunkt der Kundmachung des Gesetzes gegen das auch den Gesetzgeber bindende Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; Ausdehnung der Anlaßfallwirkung

Rechtssatz

Der letzte Halbsatz (", sofern die Anfechtung vor Kundmachung dieses Bundesgesetzes erfolgte") im §44 Abs2 des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle ist nicht etwa jenem Typus von Übergangsvorschriften zuzurechnen, welche im Rahmen eines neuen Gesetzes für bereits anhängige Rechtssachen festlegen, ob und inwieweit dieses oder das frühere Gesetz als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen ist.

Der zu prüfende letzte Halbsatz im §44 Abs2 AsylG 1997, welcher nicht nur im Kontext mit dem übrigen Inhalt des Abs2, sondern auch mit Abs3 dieses Paragraphen zu verstehen ist, ist vielmehr Teil einer der Entlastung primär des Verwaltungsgerichtshofs und - im Zusammenhang damit (gewiß wegen der in Art144 Abs3 B-VG vorgesehenen Möglichkeit der Abtretung von Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof) - auch des Verfassungsgerichtshofs dienenden Gesamtregelung, die das Vorgehen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in Form einer Verminderung ihrer Entscheidungsverpflichtung samt diesbezüglicher Ausnahmen, damit aber den Maßstab für ihre Entscheidungstätigkeit festlegt: die Zurückweisung nicht mit bestimmten Prozeßhindernissen belasteter, vor der Kundmachung des AsylG 1997 erhobener sowie die meritorische Prüfung späterer Beschwerden. Es stellt sich die Frage, inwieweit das - verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende - Ziel, die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts von pendenten Beschwerden zu entlasten, die im Grundsätzlichen im Prüfungsbeschluß schon dargelegte völlig unterschiedliche Behandlung von Rechtsschutzsuchenden rechtfertigt, nämlich daß eine Gruppe von Beschwerdeführern - im Ergebnis: als ob sie Prozeßerfolg erzielt hätte - Anspruch auf Beurteilung des erstinstanzlichen Bescheides anhand des (neuen) AsylG 1997 aufgrund der früher erhobenen Berufung hat, die andere Gruppe dagegen nur dann in die gleiche Situation gelangt, wenn sie einen im verfassungsgerichtlichen oder im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren wahrzunehmenden Fehler des angefochtenen Bescheides auf dem Boden des AsylG 1991 nachweist. Es wäre durch verschiedene Maßnahmen unschwer möglich, die der Gruppe der früheren Beschwerdeführer gewährte Begünstigung auch jenen Adressaten negativer Berufungsbescheide zukommen zu lassen, die nicht bereits vor der Kundmachung des AsylG 1997 Verfassungs- oder Verwaltungsgerichtshofbeschwerde einbringen konnten; dies z.B. durch die Einräumung der Befugnis, im Verwaltungsweg eine neuerliche Berufungsentscheidung unter dem Aspekt zu verlangen, ob der an sie gerichtete Berufungsbescheid sich auch auf dem Boden des AsylG 1997 als rechtmäßig erweist.

Die geprüfte Gesetzesvorschrift widerspricht daher dem durch das BVG BGBl. 390/1973 (auch) an den Gesetzgeber gerichteten Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen (s. z. B. VfSlg. 14421/1996 mit weiteren Judikaturangaben).

(Anlaßfall: B2113/97, B v 24.06.98, Ablehnung der Behandlung der Beschwerde auf dem Boden der bereinigten Rechtslage).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Übergangsbestimmung, VfGH / Anlaßverfahren, VfGH / Aufhebung Wirkung, Rechtsschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:G78.1998

Dokumentnummer

JFR_10019387_98G00078_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten