RS Vfgh 2000/12/4 A14/97

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Veröffentlicht am 04.12.2000
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art137 / sonstige Klagen
ABGB §1431

Leitsatz

Teilweise Stattgabe einer Klage gegen den Bund auf Rückzahlung einer trotz fehlender Zustellung eines Strafbescheides wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes geleisteten Geldstrafe; keine wirksame Zustellung des Strafbescheides aufgrund mangelnder Zustellung an den Rechtsvertreter des Klägers; Rückforderung der weder irrtümlich noch unter dem Druck von Exekutionsschritten geleisteten Teilzahlungen trotz Zustellmangels nicht möglich

Rechtssatz

Die privatrechtlichen Bestimmungen über Bereicherung finden auch im öffentlichen Recht direkt oder analog Anwendung, um vorhandene Lücken des öffentlichen Vermögensrechtes zu schließen. Entrichtete Geldstrafen können unter zwei Voraussetzungen gestützt auf §1431 ABGB zurückgefordert werden, nämlich wenn es an einem Titel im Sinne einer rechtlichen Deckung fehlt und die Leistung aufgrund eines Irrtums erbracht worden ist. Einem Irrtum hat der Verfassungsgerichtshof - hierin der zivilgerichtlichen Judikatur folgend - die Zahlung einer Nichtschuld unter dem Druck der Exekution (somit unter Zwang) gleichgehalten.

Das Fehlen einer rechtlichen Deckung steht außer Frage, da nach den Tatsachenfeststellungen der Strafbescheid zu keinem Zeitpunkt dem Kläger wirksam zugestellt worden ist.

Die Zahlungen im Ausmaß von S 90.000,-- können jedoch nicht zurückgefordert werden, weil es an der zweiten Voraussetzung fehlt:

Der Kläger hat diese Zahlungen weder irrtümlich, noch unter dem Druck von Exekutionsschritten, sondern in Kenntnis des Umstandes, daß ein rechtskräftiger Bescheid gar nicht vorlag, noch vor der Einleitung von Exekutionsschritten (und zunächst ohne die ihm mögliche Berufung auf die fehlende Rechtskraft des Bescheides) entrichtet, weil er damit die Absicht verfolgte, die Behörde bis zum Eintritt der Verjährung im Glauben zu lassen, daß die Rechtskraft des Bescheides eingetreten sei, um die bezahlten Beträge nach Ablauf dieser Verjährungsfrist zurückfordern zu können, ohne ein Nachholen der Zustellung befürchten zu müssen. Anders verhält es sich jedoch mit dem nach den vorliegenden Vollstreckungsakten und der Äußerung der MA 6 - Rechnungsamt im Wege der Verwaltungsexekution durch den Erhebungs- und Vollstreckungsdienst eingehobenen weiteren Zahlungen - soweit diesbezüglich der beklagte Bund passiv legitimiert ist - von insgesamt S 35.000,--. Insoweit wurde unter dem Druck eines Exekutionsverfahrens ohne rechtlichen Grund geleistet.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Zustellung, VfGH / Klagen, Zivilrecht, Bereicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:A14.1997

Dokumentnummer

JFR_09998796_97A00014_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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