RS Vwgh 2000/9/20 97/08/0564

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Veröffentlicht am 20.09.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
68/01 Behinderteneinstellung

Norm

AVG §11;
BEinstG;
VwGG §13 Abs1;
ZustG §25;

Rechtssatz

Der Verwaltungsgerichtshof findet nicht, dass der Schutz der Rechte und Interessen des Einzelnen wegen des allgemeinen Interesses an den auszutragenden Angelegenheiten (und, daraus abgeleitet, an Zustellungen ohne Kuratorbestellung) im Verwaltungsverfahren von geringerer Bedeutung sei als im Zivilprozess. Wie unzutreffend eine solche Verallgemeinerung wäre, zeigt wohl gerade der Fall eines Verfahrens über einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung eines begünstigten Behinderten mit besonderer Deutlichkeit. Auszugehen ist von der schon im E 2.2.1950, 740/48, VwSlg 1227 A/1950, hervorgehobenen Bedeutung des Parteiengehörs auch in Fällen, in denen die betroffene Partei nicht erreichbar ist (zum davon zu unterscheidenden Fall der Kuratorbestellung gemäß § 11 AVG wegen mangelnder Handlungsfähigkeit vgl schon das

E 25.3.1999, 98/06/0141, mit weiteren Nachweisen). Die Behörde hat hier im Rahmen einer Interessenabwägung zu entscheiden, ob es wegen der Wichtigkeit der Sache eines Vorgehens nach § 11 AVG bedarf, wobei ihr ein gewisser Beurteilungsspielraum offen steht (vgl in diesem Sinn Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht/7, Rz 148; mit weiteren Nachweisen). Wird dieser Spielraum überschritten und ist das Unterbleiben eines Vorgehens nach § 11 AVG daher rechtswidrig, so ist auch die Zustellung der Entscheidung durch öffentliche Bekanntmachung statt an den zu bestellenden Kurator nicht wirksam (vgl in dieser Hinsicht das zu § 147 Finanzstrafgesetz ergangene E 22.10.1991, 91/14/0156). Einer Verstärkung des Senates gemäß § 13 Abs 1 VwGG bedarf es für eine auf diese Rechtsansicht gestützte Entscheidung nicht (ausführliche Begründung im E). Die Wichtigkeit der Sache angesichts des massiven Eingriffes in die Lebensinteressen eines begünstigten Behinderten, der in der Zustimmung zu dessen Kündigung zu sehen ist, erfordert an Stelle der Durchführung des Verfahrens ohne den Behinderten und der Zustellung der Entscheidung an ihn durch öffentliche Bekanntmachung ein Vorgehen nach § 11 AVG.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997080564.X01

Im RIS seit

21.12.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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